Cubiculum Furia Stella

  • Ruhig , mit einem verschmutzten lächeln, hörte Appius zu. Er wollte sich da nicht einmischen. Schliesslich war Stella die Chefin hier. Und wenn Stella etwas sagte, anordnete oder einen Standpunkt hatte sollte man nicht versuchen das Gegenteil zu tun.
    Aber grundsätzlich war sie ein liebevoller Mensch.


    Appius' verabschiedete Lydia mit einem breiten Grinsen und sah dann Stella an.


    " Wen ich das jetzt so richtig verstanden habe hast du so gut wie keine Ahnung was sich hier in den letzten Tagen abgespielt hat?" Ein unglaublicher Blick traf Stella.


    " Möchtest du dass ich dir hierbei ein wenig helfen. Also ich könnte mit diesen Tiberios reden und ihm vllt erklären wie er sich zu verhalten hat und welche Grenzen ihm gesetzt sind. "


    Appius hob verwundert eine Braue und sah Stella weiterhin an. Dass sie nun ihr Gesicht hinter dem Fächer verbarg ließ den Furier nun zu Vermutungen hinreißen. Er kannte Stella gut genug um zu erahnen was sich hinter dem Fächer nun abspielte.


    " Ach..das ist natürlich ein blendender Gedanke. Ich, vor dem Haus der Duccier vllt noch mit einem Sträusslein Blumen in der Hand. Und vllt noch ein paar Musiker."
    " Ich wollte nur sicher gehen dass ich sie nicht beleidigt habe."


    Wobei der Besuch bei Duccia war eine Überlegung wert. Vllt ja..vllt auch nein.


    " Wann warst du das letzte Mal unter Leuten."

  • "Ja, lieber Cousin, ich habe irgendwie den Überblick verloren, was in Casa in den letzten Tagen abgespielt hat..."sie seufzte, "und nicht nur in der letzten Zeit, leider" , dabei schaute sie nebenbei auf den Tablett und entdeckte da einen Becher voll Kräutertee, Lyda wusste schon, was ihre aufgeregte Herrin brauchte - einen beruhigenden Tee! Sie nahm den Becher und trank genüsslich das heiße Getränk.


    "... Aber ab jetzt wird es wieder die Ordnung im Hause geben, ich werde schon dafür Sorgen! Und werde Dir sehr dankbar sein, wenn Du mir helfen könntest, aber eigentlich brauchen wir einen Verwalter. Der alte hat sich in seine Heimat zurückgezogen und seitdem haben wir das Chaos hier im Haus! "


    Stella machte eine undefinierbare Geste und und wechselte das Thema,


    "Nun, es gibt keine Casa Duccia hier in Rom, auf jeden Fall nicht, dass ich wüsste... , und Clara wohnt in der Casa Sergia bei Sergia Severa zur Miete. Traurig, aber war ... Früher lebte Clara in Mongontiacum...., aber dann ... Nun, darüber kann sie Dir selbst erzählen, wenn Du sie mal besucht. "


    Stella wirkte auf einmal sehr nachdenklich, überlegte kurz und sah Appius an,


    "Wir können sie ja zusammen besuchen, wenn Du mal wieder Zeit hast, sie wird sich freuen, und ja, ich weiß nicht mehr, wann ich das letzte Mal unter Leuten war!"

  • " Mach dir keine Gedanken, Stella. Mit Anweisungen läuft alles gleich viel besser."
    " Ich werde mit Tiberios ein Wörtchen reden. Ihm kurz erklären was erlaubt ist." dabei legte er seine Hand ans Kinn und strich darüber als würde er einen Bart glatt streichen.


    " Was den Verwalter angeht, wärst du gut beraten damit. So hast du dann auch weniger selbst im Auge zu behalten. Und wenn etwas nicht in geregelten Bahnen läuft dann ist der Verwalter dran"


    Somit war das Thema abgeschlossen. Appius blickte auf das Tablett. Seine Hand streckte sich nach dem Becher Wasser der für ihn bereitstand und nahm diesen auf.
    " Übrigens. Bevor ich es vergesse. Ich habe eine Wertkarte anlegen lassen. Falls du Briefe hast und diese verschicken lässt so musst du nichts bezahlen." Appius' Gesichtsaudruck zeigte dass er zufrieden war mit seinem Einfall.


    Das Angebot Stellas kam ihm sehr entgegen. Alleine wäre es wahrscheinlich wieder zu einem Trauerspiel geworden.
    " Du würdest mir, und Clara, einen großen Gefallen damit machen wenn du mit kommen würdest. Wer weiß wie sie regiert wenn ich allein vor der Tür stehen würd."

  • Mit seiner netten Art und mit seiner angenehmen Stimme wirkte Appius immer beruhigend auf Stella. Auch der Kräutertee diente zur Entspannung.


    "Du hast Recht, Appius, einen Verwalter brauchen wir auf jeden Fall. Aber heutzutage ist es nicht einfach, einen guten und vertrauenswürdigen zu finden.... ", seufzte Stella und trank ihren Tee weiter, aber es gab auch gute Nachrichten,


    "So, Du hast eine Wertkarte anlegen lassen, das ist aber sehr erfreulich, ich habe ein paar Briefe hier liegen, die ich nun abschicken werde", Stella schaute Appius mit glänzenden Augen an... "Danke sehr, lieber Cousin!"


    "... Ja, natürlich können wir Clara zusammen besuchen, wann immer Du Zeit hast, ich habe sie auch schon lange nicht gesehen", - es war Stella immer noch nicht ganz klar, was zwischen den beiden passierte, anscheinend hatte Appius Bedenken, Clara allein zu besuchen, sonst hätte er sie nicht um einen Gefallen gebeten.


    "Sie wird sich bestimmt über unseren Besuch freuen", dabei lächelte Stella ihren Cousin aufmuntern an.

  • Nach einer Weile klopfte Lyda leise an die Tür und betrat dann das Cubiculum mit noch einem Tablett und stellte ihn auf ein anderes Tischchen.


    "Hier habe ich die Käsebrote serviert ... Guten Appetit", sie wusste, dass Käsebrote Stellas Lieblingsessen war!


    "Übrigens, Herrin, die beiden Sklaven sind wieder da ..., das wollte ich noch sagen ..." und nach einer kurzen Pause fragte sie, " Willst Du die gleich sehen, oder später?"

  • Als Stella die Käsebrote erblickte, verbesserte sich ihre Laune erheblich. Sie nahm gleich ein Brot und hat angefangen, das genüsslich zu verzehren. Erst dann schaute sie ihre Sklavin an,


    "Ja, Lyda, sie sollen kommen, etwas später, ich werde sie im Garten erwarten. ... Und auch dieser neue Sklave von Furius Philus, der soll auch kommen, wenn er im Hause ist ..."


    Es war höchste Zeit, die Ordnung in der Casa zu schaffen. Stella nickte zufrieden, trank noch einen Schluck Tee und fügte hinzu,


    "So, nun kannst Du jetzt gehen und die Sklaven zusammensammeln".

  • Appius hatte sich still verhalten bis Lydia eintrat. Überrascht blickte er die Sklavin und dann das Essen an.


    " Ich muss nun los. Mein Dienst beginnt bald und wenn ich zu spät komme gibt es wieder Ärger. Centurio Octavius ist streng. Aber gerecht.


    Stella. Danke dir für die nette Unterhaltung und ich sehe es mit Freuden dass es dir gut geht.
    Und was das Sklavenproblem angeht. Ich bin mir sicher du hast die Sache fest im Griff." Der Furier erhob sich und küsste Stella auf die Stirn da sich diese weiterhin in sitzender Position befand.


    " Ja, Lydia. Sammel die Sklaven zusammen. Rasch. Stella wird sonst wieder fuchtig." dabei schenkte er der Sklavin ein breites Grinsen und verabschiedete sich sogleich auch von den beiden Damen.

  • Da Tiberios die domina Furia Stella seit seiner Rückkehr vom Markt nicht gesehen hatte , beschloss er , ihr die Rechnung über die beiden Tinten, die er aus der Farbenmischerei Pater Danuvius mitgebracht hatte, persönlich vorbeizubringen.
    Er legte die Rechnung



    Farbenmischer Pater Danuvius


    Rechnung


    ANTE DIEM XII KAL MAI DCCCLXX A.U.C. (20.4.2020/117 n.Chr.)


    An: Furia Stella - Casa Furia, Roma



    Gesamtbetrag: 10 Sesterze


    Vielen Dank für euren Einkauf
    und beehrt uns bald wieder!


    Alle Preise sind in Sesterze angegeben.

    ,


    auf das Silbertablett, mit dem er auch die Post für Gnaeus Furius Philus zu holen pflegte, und stand nun vor der Tür des cubiculums der Hausherrin.


    Nicht zu fest klopfte er an die Tür und trat dann drei Schritte zurück.

  • Nach einem Bad wollte Stella sich eigentlich etwas ausruhen und die Briefe beantworten, als es klopfte,


    „Herein bitte, die Tür ist offen!“, sagte sie etwas lauter...

  • Tiberios öffnete die Tür, wobei er das Tablett in eine Hand nahm, trat ein und schloss sie wieder.
    Er blieb stehen und sagte mit einer tiefen Verbeugung:
    " Salve, domina "
    Der furische Sklave sah der Herrin nicht in die Augen, sondern blickte an ihr vorbei zu Boden:
    "Verzeih die Störung, domina. Ich wollte dir die Rechnung über die Tinten aus dem Farbengeschäft Pater Danuvius bringen. "

  • "Ach, du bist es Tiberios, leg die Rechnung auf den Tisch, ich werde es mir später ansehen"


    Über das Geld sprach Stella nicht so gerne ... "Ich werde den Betrag natürlich begleichen"


    Da war noch etwas, was Stella den höflichen jungen Bibliothekar fragen wollte,


    "Haben wir die Schriften über den Boudicca-Aufstand? ... Ich möchte mehr über Kelten erfahren. Wir haben jetzt eine neue keltische Sklavin, die ist zwar weg gelaufen, aber sie wird schon zurückkommen, oder gebracht, alleine wird sie da draußen nicht überleben, zu jung ... ,"


    Stella seufzte und schaute Tiberios fragend an.

  • Tiberios stellte das Tablett samt der Rechnung auf dem Tisch ab .


    Die Frage der Herrin der Casa erstaunte den jungen Alexandriner..
    Nicht weil die domina die Schriften über den Boudicca- Aufstand lesen wollte, sondern weil sie eine keltische Sklavin erwähnte, die weggelaufen war.


    Bei den Göttern, waren denn all diese Keltinnen gleich !
    Er selbst hatte Eireann auf dem Frühlingsfest schon einmal in bösem Spott als "Königin Boudicca " bezeichnet. Und nun eine fugitive keltische Sklavin - vermutlich ein ähnlicher Feuerkopf wie seine Eireann.
    Einen Moment lang gestattete er sich Traurigkeit - er wußte nicht, was aus der jungen Frau geworden war.
    Aber dann bewahrte er Haltung:


    "Die Ab excessu divi Augusti beziehungsweise Annalen des Publius Cornelius Tacitus, das vierzehnte Buch ....in der Tat, domina, ich bin sicher, das ist im Bestand", sagte Tiberios.


    Zwar war der neue Bibliothekar mit seinem Codex noch nicht bis zum Buchstaben T gekommen, aber die Werke des berühmten Geschichtsschreibers fehlten in der Furischen Bibliothek bestimmt nicht.


    Die domina Furia Stella interessiert sich für die Geschichte der Kelten, um eine Sklavin, die dazu noch ungehorsam war, besser zu verstehen, dachte Tiberios, das ist in der Tat bemerkenswert.


    Er ließ sich seine Gedanken jedoch nicht anmerken, solch ein Urteil stand ihm auch nicht zu.


    Stattdessen fragte er:


    " Wünschst du, dass ich dir die Schriftrolle hierher bringe, domina ?"

  • Stella merkte, dass ihre Frage nach dem Buch den jungen Mann etwas verblüffte, warum auch immer. ... Dann hörte sie aufmerksam Tiberios zu,


    "Ja, natürlich, die "Annalen" des Publius Cornelius Tacitus, das Buch musste da sein", freute sich Stella, "Ich dachte aber, ob auch andere Autoren darüber etwas zu berichten hätten?"


    Sie dachte kurz nach, es gab noch eine andere Möglichkeit über den Aufstand und die Kelten zu erfahren, dabei dachte Stella an den Brief, den sie kürzlich erhielt und noch nicht beantworten hatte.


    "Nein Tiberios, ich komme später selbst in die Bibliothek, nach der Cena, aber jetzt möchte ich dich nicht mehr von deinen Beschäftigungen abhalten, du kannst gehen und danke ..."

  • "Andere Autoren zu diesem Thema sind mir leider nicht bekannt, domina" , sagte Tiberios bedauernd:
    "Über Britannien selbst hat Pytheas von Massalia einen Reisebericht verfasst"


    Tiberios erinnerte sich noch gut daran, wie er selbst in Alexandria das Buch Über den Ozean gekauft und gelesen hatte.
    Allerdings interessierte sich Pytheas mehr für Naturphänomene als für Menschen.


    Und bestimmt hatte auch Gaius Suetonius Paulinus, der damalige britannische Statthalter , über die Niederschlagung des Aufstandes seinen Militärbericht geschrieben.


    Aber ein nüchterne Zahlen waren vermutlich nicht das , was Furia Stella lesen wollte.


    Tiberios bedauerte es , nicht nützlicher sein zu können. Als ihn die domina entließ, verbeugte er sich tief.
    Dann ging er zurück in die Bibliothek.

  • Nachdem Tiberios das Cubiculum verlassen hat, nahm Stella den Brief von Clara und las es noch mal. Sie hat Appius gesehen, er hat aber nichts darüber erzählt ... Seltsam...


    Ad


    Furia Stella


    Casa Furia


    Roma, Italia
    ___________


    Salve liebe Stella,


    habe lange nichts von dir gehört und hoffe, du bist wieder gesund!


    Ich fahre bald nach Brundisium, um meiner Gesundheit mal etwas Gutes zu tun und möchte dich einladen, mir Gesellschaft zu leisten. Wie du weißt, wohne ich da in der Villa am Meer. Wir können viel Schönes erleben, den Strand entlang zu reiten und sogar ein kleines Wagenrennen veranstalten!


    Also, überlege es dir und sag mir Bescheid. Ich werde so in 6-7 Tagen aufbrechen.


    (Habe vor kurzem deinen Cousin gesehen, aber darüber erzähle ich dir später.)


    Vale bene


    Clara


    ROMA - ID APR DCCCLXX A.U.C. (13.4.2020/117 n.Chr.)



    Das war in der Tat eine gute Idee, Roma für eine Weile zu verlassen und das Meer und die Natur voll zu genießen. Und Stella war eine Spartanerin und konnte durchaus einen Wagen lenken. Dabei dachte sie an ihre Jugendzeit, lächelte in sich hinein und schrieb eine kurze Antwort:


    Ad


    Duccia Clara


    Casa Sergia - Via Nomentana,


    Roma, Italia


    _____


    Liebste Clara,


    habe mich sehr gefreut von Dir zu hören. Ich bin wieder gesund, brauche aber auch eine Erholung und würde gerne Deine Einladung nach Brundisium annehmen.


    Komme aber etwas später, denn ich habe noch einiges zu Hause zu erledigen. Bin dann etwa in 10 - 14 Tagen bei Dir.


    Freue mich schon sehr, Dich zu sehen und wir haben uns viel zu erzählen.


    Vale bene,


    Stella



    ANTE DIEM VII KAL MAI DCCCLXX A.U.C. (25.4.2020/117 n.Chr.)

  • Nachdem Tiberios über alles nachgedacht hatte, beschloss er domina Furia Stella, die so freundlich zu ihm gewesen war, zu informieren, was an der Porta Praetoria vorgefallen war. Er hielt es auch für besser, ihr alles zu sagen, bevor es vielleicht andere taten.
    Sehr vorsichtig klopfte er an der Tür des Cubiculums von Furia Stella.

  • Eigentlich hatte Stella heute keinen Besuch mehr erwartet und lag entspannt mit einer Lektüre im Bett, als es klopfte.


    "Einen Moment bitte...," ungern stand Stella auf, hüllte sich in einen großen Umhang und ging zur Tür. Sie machte die einen Spalt auf und erblickte Tiberios.


    "Na, komm rein ... Was ist denn passiert?"

  • "Salve, domina, verzeih die Störung zu solch später Stunde.", erwiderte Tiberios und verbeugte sich tief:
    " Darf ich frei mit dir sprechen ? Es geht um meinen geplanten Besuch bei der Sklavin Eireann im Carcer. Leider kam es zu einem unerfreulichen Ereignis."

    Er brach ab und wartete, was domina Furia Stella entgegnen würde.

  • Ach ja, Stella erinnerte sich, dass Tiberios die keltische Sklavin besuchen wollte. Es war eigentlich keine günstige Zeit, Gespräche zu führen, aber Tiberios sah wieder so unglücklich aus, dass sie entschloß sich, ihn ausreden zu lassen.


    "Nun, erzähl schon, hast du die Erlaubnis bekommen?" Stella blieb stehen und hoffte, es wird nicht lange dauern. "Natürlich kannst du mit mir frei sprechen ..."

  • Tiberios sammelte sich einen Moment , bevor er berichtete:


    " Nur so viel. Der Besuch fand nicht statt.
    Es ist Sklaven verboten, die Castra zu betreten.
    Ich hatte für Eireann ein Bündel mit nützlichen Dingen gepackt und eine Liste darüber erstellt, aber auch das durfte ich nicht abgeben.
    Dann bat ich darum , Eireann einen Brief hinterlassen zu dürfen, aber auch das wurde mir verwehrt.
    Stattdessen nannten die beiden Urbaner, die mit mir sprachen, Eireann eine Brandstifterin und Mörderin und verdächtigte auch den Packer des Bündels – also mich – romfeindlicher Gesinnung; der Ton wurde schärfer und man hieß mich, zu verschwinden.
    Ich schwöre bei den Göttern, dass ich bis zu diesem Moment ehrerbietig und höflich war.
    Aber dann verlor ich meine Zurückhaltung, ich sprach voller Ironie und Spott, und als mich einer der Soldaten ergriff, um mich auf die andere Straßenseite zu bringen, habe ich die Furien, die Rachegöttinnen, um Gerechtigkeit beschworen."


    Tiberios sah schuldbewusst zu Boden:
    " Ich habe die Kontrolle verloren. Es tut mir so leid, domina, ich habe der furischen familia keine Ehre gemacht. ", sprach er leise.




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