Still und unberührt liegt der Albaner See im winterlichen Dunst, seine Oberfläche von einem leichten Schimmern überzogen als wäre das Wasser gefroren. Auch das Land ringsum ist erstarrt in der Kälte, alle Bewegungen sind langsam und bedacht als müsste die Natur mit ihrer Energie gut haushalten. Alles Leben hält inne, kommt zur Ruhe und wartet still und leise auf das Ende des Winters.
Alles Leben? Nein! Ein von Großtante Drusilla besetztes Anwesen hört nicht auf, dem eindringenden, eintönigen Winter Widerstand zu leisten!
Dieses Anwesen liegt an den sanften Hängen die das Wasser umgeben, so dass es im Sommer nicht allzu weit zum Planschen ist, man aber trotzdem einen guten Blick über den See genießen kann. Seit Wochen schon werden unzählige Ladungen Holz herangekarrt, unzählige Kisten mit allen möglichen Waren, eine neue Lieferung Sklaven, und natürlich auch immer wieder neue Künstler. Drusilla liebt Künstler, deswegen hat sie sich viel Zeit gelassen mit ihrer Auswahl. Und das Essen musste natürlich auch mehrmals probegegessen werden. Denn gutes Essen liebt Drusilla auch.
Außerdem liebt Drusilla Caius Bacillus Ambustus, genannt "Bubu". Und da Drusilla es sich in ihrem Alter wahrlich verdient hat auch endlich mal einen Mann zu heiraten, den sie liebt, wird sie am heutigen Tag genau das tun. Natürlich wäre Großtante Drusilla nicht Großtante Drusilla wenn sie dieses Ereignis nicht groß im Kreis ihrer Familie feiern würde (auf die urrömische Gepflogenheit, die Hochzeit im Haus der Braut zu beginnen und im Haus des Bräutigams zu beenden, kann Drusilla in ihrem Alter getrost verzichten). Aus diesem Grund hat sie ihre Familie von Nah und Fern eingeladen und viele sind auch gekommen. Beinahe alle Gästezimmer des Anwesens sind belegt (ein paar Bacillier sind natürlich auch da), die Sklaven schaufeln wie verrückt Holz, um die Hypocausthen mit heißer Luft zu füllen, und die Küchensklaven sind schon am rotieren (was in Großtante Drusillas Haushalt aber nicht ungewöhnlich ist).
Manche Gäste sind gemeinsam angereist, manche haben sich am Vorabend schon bei einem Essen im Kreis der Familie getroffen, manch einer hat am Morgen erst sein Zimmer bezogen und gerade noch genug Zeit, sich für den großen Abend vorzubereiten.
Dieser große Abend, der genau genommen am Nachmittag beginnt, beginnt … genau hier und genau jetzt!