Am Morgen nach jener ersten Probe vom Saft des Schlafmohnes erwachte der junge Flavius mit einem überaus blümeranten Gefühl innerhalb seiner Vitalia. Obschon keineswegs ihn die vertrauten Leiden des erloschenen Weinrausches plagten, da doch er am Vorabend keinen Anlass mehr hatte erkannt, sich hemmungslos dem Weine zu ergeben, so hatten jene Wirkungen sich keineswegs durch ein Wohlsein vertauscht, denn statt seinem Haupte schmerzte nun primär sein Unterleib.
"Patrokolos... mir ist unwohl!"
, murmelte er dem Diener zu, welcher wie gewohnt zu seinen Füßen auf seinem Lager sich hatte ausgestreckt, nachdem er seinen Herrn nach einem Abend voll wohliger Saturiertheit und erquicklicher Gespräche nach Hause hatte geleitet. Wie Manius Minor nunmehr gewahr wurde, vermochte er jenes Geschehen, konträr zum Ende der üblichen Gelage im Hause des Dionysios recht deutlich zu memorieren, was indessen ihn nicht mit ungetrübter Freude erfüllte, denn es erschienen ebenso Remineszenzen an einen Tanz, welchem er sich gemeinsam mit Anaximander und Dionysios zu späterer Stunde hatte hingegeben und der bestenfalls einem Schauspieler zur Ehre hätte gereicht.
"Erwache, Patrokolos!"
, fügte er, nachdem der Sklave sich nicht rührte, mit größerem Nachdruck an. Die Übelkeit in seinem Inneren trieb ihm bereits den Schweiß auf die Stirne und schon fürchtete er, in seine Liegestatt zu vomitieren, würde man ihm nicht rasch seine Waschschale oder ein alternatives Behältnis reichen. Doch Patrokolos schlief augenscheinlich den Schlaf der Gerechten, denn anstatt wie gewöhnlich eiligst sich zu erheben, wand er sich nur ein wenig auf seinem Lager und ließ ein zufriedenes Schmatzen vernehmen.
Mit einem tiefen Seufzen fasste der junge Flavius endlich den Beschluss, selbst tätig zu werden und schob zaghaft ein Bein von der Kline. Die Bewegung seiner Glieder indessen entlockte seinem Magen ein grimmiges Knurren, welches, wie der assistierende stechende Schmerz offenbarte, keineswegs dem Hunger, sondern vielmehr der Überfülle war geschuldet. Neuerlich seufzte der Jüngling, doch glitt er endlich von seinem Bett und machte einige Schritte hinüber zu dem Tisch, auf welchem eine Schüssel sowie eine Karaffe mit klarem Wasser ihn erwartete. Jeder Schritt schien einen neuen Schwall eisigen Schweißes aus seinen Poren zu treiben, verbunden mit einem gräulichen Rebellieren sämtlicher Vitalia. Gerade zur rechten Zeit gelangte er noch ans Ziel und erbrach sich, ohne die Spiegelung seines Schemen im blankgeputzten Metall zu achten, herzhaft in die Schüssel. Derartiges war ihm mit Wein niemals geschehen (obschon er sich am Abend des Gelages selbst nicht selten bewusst zum Vomitieren hatte gereizt, um einem Unwohlsein zuvorzukommen).
Nachdem sein Magen augenscheinlich sich hatte entleert, wurde der junge Flavius noch sehr viel deutlicher jener abscheulichen Kälte gewahr, welche der Schweiß seines Leibes selbst zu produzieren schien, sodass ihn trotz des sonnigen Morgens geradezu ein Schüttelfrost befiel. Noch immer drückte ihn sein Unterleib und so brach er, nicht im geringsten geneigt, sich länger auf den Beinen zu halten, kraftlos an Ort und Stelle zusammen. Gelehnt an die filigranen Beine des Tischchens, welches durch die Last seines Gewichtes gänzlich an die Wand wurde gerückt, blickte er zu jenem schemenhaften Bündel, welches sein Diener musste sein und rief mit jämmerlicher, klagender Stimme:
"Patrokolos!"
Dann schloss er die Augen. Opium hatte ihm einen fabulösen Abend bereitet. Der Morgen war eine abscheuliche Mär.