Zufrieden konstatierte Chrysogona, dass auch Chairedemos in der Sexualität zwar ein natürliches Bedürfnis, nicht aber unbedingt ein notwendiges erkannte. Ebnso stand er und damit Epikur zum Bedürfnis nach Familie. Dass der Mensch ein zoon politikon im Sinne von Aristoteles war, also ein soziales Wesen, bezweifelte die Medica nicht. Doch musste er dafür eine eigene Familie gründen? Wohl kaum. Für den Fortbestand der Spezies Mensch war es jedoch Voraussetzung dass man sich sexuell betätigte. Das sah Chrysogona ein.
Ehe sie sich noch intensiver damit auseinandersetzten konnte, ob sie deshalb der Theorie von einem notwendigen Bedürfnis nach Sexualität zustimmen konnte, kam der Lehrer auf die nächste ethische Fragestellung zu sprechen. Wie sollten wir mit den Bedürfnissen umgehen? Chrysogona war nun Feuer und Flamme für die Diskussion. Sie begann mit der Beantwortung.
"Es liegt auf der Hand, dass die natürlichen und notwendigen Bedürfnisse befriedigt werden müssen. Der Mensch wird nicht ruhen, bis er sie befriedigt hat, weil er sonst Unlust im schlimmsten Maße erlebt, bis hin zu Krankheit und Tod. Was die natürlichen und nicht notwendigen Bedrüfnisse angeht, so wird die Person sicherlich versuchen sie zu befriedigen, soweit es möglich ist und mit einigen Bemühungen zu vollbringen. Ob der Mensch dabei immer unterscheiden kann, ob es ein wirkliches Bedürfnis oder doch nur leere Meinung ist? Ich wage es zu bezweifeln. Woran sollte er das festmachen? Widernatürliche Bedürfnisse sollten in meinen Augen keinesfalls befriedigt werden! Das wäre ja ein Paradoxon! Man sollte niemal etwas weiter verfolgen, das der Natur zuwiderhandelt. Siehst du das nicht genauso, Iulius Dives?
Sie sprach den eloquenten Diskussionspartner direkt an. War sie doch tatsächlich sehr gespannt, wie er dieses schwierige Thema sehen würde.