[Ludus] In der Gladiatorenschule

  • Jedesmal wenn die Schilder der beiden Kontrahenten zusammenkrachten, kniff ich unwillkürlich die Augen zu und biss die Zähne zusammen. Dazu nervten mich, warum auch immer, die Begeisterung und die Kommentare von Balbus. Nein ich wollte das nicht hören. Es war doch der helle Wahnsinn hier.
    Dann kam der Folgenschwere letzte Angriff, wobei Hiltbert schließlich auf dem Boden landeten. Voller entsetzen hörte ich Balbus Gebrüll, drehte mich zu ihm und starrte ihn mit geöffnetem Mund an.
    Das konnte nicht war sein, er war Chirurgicus, sein Berufsziel war Menschen zu helfen. Sie zu heilen und er brüllte "Jugula! Stich ihn ab!"
    Alles was weiter geschah nahm ich nicht wirklich wahr. Ich stand einfach nur da und starrte Publius Gavius Balbus, den überaus guten Chirurgicus an.

  • Als Balbus den Blick seines neuen Gehilfen sah, wurde ihm bewusst, was er gerade gebrüllt hatte. Er fand zwar nichts dabei. Schließlich war es der Job eines Gladiators irgendwann sein Leben in der Arena auszuhauchen, aber hier ging es ja nur um eine Schauprobe.
    "Was glotzt du so, Kaeso? Ich habe mich mitreißen lassen. Das kommt vor. Mit dem Holzschwert ersticht er ihn sowieso nicht. Aber der Junge hat´s drauf! Das wirst du schon noch sehen, du Zimperliese! Und jetzt komm! Unsere Arbeit ruft."


    Der Chirurgicus bahnte sich einen Weg durch die Zuschauer und traf am Ausgang der Arena auf Bato und Pugnax. Man wartete auf die Kämpfer. Astivus ließ sich auf die Schulter klopfen und mit einem gönnerhaften Lächeln klopfte Bato dem Unterlegenen auf die Schulter. Hiltbert schüttelte enttäuscht den Kopf.
    "Mach dir nix draus. Astivus ist ein Ass! Es ist keine Schande gegen ihn zu verlieren. Wenn du deine Armatura ausgezogen hast, gehst du mit dem Chirurgicus in seine Räume und lässt dich untersuchen. Anschließend sehen wir uns in meinen Räumlichkeiten, dann besprechen wir das Geschäftliche."


    Balbus wartete bis Hiltbert seine Rüstungsteile und Waffen abgegeben hatte, dann nahm er ihn mit sich.

  • Die folgende Untersuchung richtete ihr Augenmerk auf die körperliche Verfassung des Hiltbert. Balbus suchte den Körper gezielt nach alten Verletzungen und Gebrechen ab. Nebenbei befragte er ihn. Es stellte sich heraus, dass Hiltbert in einer Auxiliareinheit gedient hatte, dann aber wegen ständiger Reibereien mit seinen Vorgesetzten und einer Messerstecherei unehrenhaft entlassen worden war. Deshalb war er zwar ein guter Kämpfer und geübt mit Schert und Schild, doch arm wie eine Tempelmaus. Ihm blieben nur wenig Optionen. Entweder als Hilfsarbeiter mehr schlecht als recht ein Auskommen zu finden, sich als Söldner anwerben zu lassen, wobei ihn germanische Stämme wegen seiner Nähe zur römischen Armee argwöhnisch beäugten, oder aber seinen Leib einem Lanista wie Bato zu verkaufen. Er wählte letztere Möglichkeit.


    Die Untersuchung ergab ein paar kleine Narben, nichts von Belang. Mit seinen knapp 25 Wintern konnte er sich durchaus berechtigte Hoffnungen auf eine Missio nach Ablauf der Gladiatur machen.
    Balbus hatte die normale Untersuchung beendet und kam nun zu seinen speziellen Untersuchungsmethoden.
    "Ich brauche nun noch Urin, Stuhl und vor allem Blut von dir, Hiltbert", sagte er sachlich.


    Hiltbert funkelte den Chirurgicus zornig an. "Was? Was willst du? Spinnst du, Römer?"


    Balbus lächelte ungerührt. "Wenn du als Gladiator akzeptiert werden willst, muss ich sicher sein, dass deine Säfte in Ordnung sind. Also Urin, Stuhl und Blut. Das übernimmt mein Gehilfe hier. Ich werde ihm dabei zusehen, wie er dich zur Ader lässt."


    Dassselbe Lächeln wie er es dem Germanen schenkte, hatte Balbus für seinen Gehilfen übrig. Man konnte meinen ihn feixen zu sehen.

  • Ja spinnt der denn total? Wütend schaute ich Balbus an. Zuerst schimpft er mich Zimperliese und nun soll ich den Hiltbert zur Ader lassen, wobei ich das noch nie sah und überhaupt nicht weiß wie es geht.
    Ich hatte natürlich bei der Untersuchung genau aufgepasst und mir gemerkt worauf der Chirurgicus sein besonderes Augenmerk hatte. Als dann aber die Rede davon war Urin, Stuhl und Blut zu untersuchen konnte ich das Aufmucken von Hilbert gut verstehen. Ehe ich überhaupt darüber nachdenken konnte, wofür und wie solche Untersuchungen durchgeführt wurden, kan die Anweisung ich sollte Blut zapfen. Die frage war nur wie.
    Ich hatte zwar beim Instrumenten reinigen mir sein Sortiment gut angesehen und Gedanken über die Verwendungsmöglichkeiten gemacht, doch ob meine Gedanken dazu richtig waren würde erst die Zukunft zeigen. So waren jedenfalls meine Gedanken bis dahin aber nun? Hilflos stand ich bei den Instrumenten, wovon es eine Menge gab.
    Messer, kleine scharfe, ich glaubte Skalpelle genannt, Haken in einigen Varianten , genau wie Nadeln. Spachtel, Löffel, alles an besonderen Stielen, Zangen ähnlich wie beim Barbier, Sägen und Meißel. Aber, jetzt kam die große Frage was brauchte ich für den Aderlass?
    Etwas um das Blut aufzufangen, einen Becher oder etwas in der Art, dann? Eine Nadel? Ein Skalpell? Wo aber sollte ich ihn stechen oder schneiden? Wie bekäme ich Blut und vorallem wieviel Blut brauchte ich.
    Ich stand da kratzte mein Kinn, schaute Hiltbert und dann Balbus an.
    Kurz entschlossen, schnappte ich mir eins von den Messerchen und den Arm von Hiltbert, schloss meine Augen um mich zu sammeln und wollte ihm den Unterarm aufritzen, nur wo, innen oder außen. Den Unterarm wieder loslassend nahm ich eine kleine Tonschale und stellte sie in meine Nähe. Hilfesuchend schaute ich dann doch zu Balbus. Ich konnte doch den Hiltbert nicht einfach irgendwo aufschneiden. Vielleicht sollte ich ihm eins auf die Nase geben? Oft lief das Blut dann ganz von selbst

  • Feixend beobachtete Balbus wie ratlos Kaeso vor den Instrumenten stand. Als er ein Skalpell griff hob sich die Augenbraue des Chirurgicus und noch höher wanderte sie als er den Arm des noch immer schimpfenden Germanen ergriff und ein Tonschälchen unterhielt. Schließlich aber verließ Kaeso doch der Mut. Balbus nickte ihm zu.
    "Grundsätzlich gibt es zwei Stellen an denen man einen Patienten bevorzugt zur Ader lassen kann. Den Arm unterhalb der Ellbeuge oder das Bein an der Wade oder am Knöchel. Es richtet sich nach der Stelle der Verletzung oder Erkrankung. Da Hiltbert aber nichts hat, können wir es uns aussuchen. Der Mann ist Kämpfer. Wirst du also den Arm nehmen, wenn du es dir aussuchen kannst?"


    Diese rhetorische Frage war schnell beantwortet.
    "Nein, wir nehmen den Unterschenkel. Es muss auch nicht viel Blut sein. Nur soviel, dass es den Boden der Tonschale bedeckt."


    Balbus nahm einen Stoffstreifen und band den Unterschenkel unterm Knie ab. "So staut man das Blut im Bein" sagte er. Als nächstes wusch er den Bereich wo er den Aderlass vornehmen wollte mit heißem Wasser ab. Die Ader trat an der Innenseite der Wade deutlich hervor. "Sieh gut zu!", forderte Balbus, nahm Kaeso das Skalpell aus der Hand und schlitzte die Ader auf. Nur ein kleines Stück, doch schnell floss das Blut. Balbus löste den Stoffstreifen. Mehr Blut floss in die untergehaltene Schale. Dann griff sich der Chirurgicus ein weiters Stück Stoff, drückte es darauf und band es mit starkem Druck fest.


    "Hier, drück das fest zu und leg das Bein hoch!" befahl er dem angehenden Gladiator. Er selbst beugte sich mit Kaeso über die rote Flüssigkeit.
    "Wir beobachten ob das Blut flüssig und hellrot, dunkel oder klumpig ist. Schleim oder Schaum wären auch Anzeichen für eine Krankheit. Also? Was siehst du, Kaeso?"

  • Erleichtert atmete ich auf, mein Lehrer ließ mich doch nicht hängen und erwartete nicht von mir, Hiltbert einfach aufs gerade wohl zu schneiden.
    Aufmerksam schaute und hörte ich zu, bekam aber bei der Vorstellung, dies irgendwann alleine machen zu müssen, doch ein wenig Panik.
    Schon hörte ich seine Frage. Ja nun, was sehe ich Blut, rotes Blut, für mich schaut es normal aus. Dies waren meine Gedanken dazu.
    „Nach meiner Sicht, ist es normales rotes, flüssiges, nicht schäumendes oder schleimendes Blut, doch ich bin nur ein unerfahrener Schüler.“
    Es war aber trotzdem interessant zu hören wie Blut sonst noch aussehen konnte. Ob ich die Anomalien auch noch kennen lernte? Dabei stellte sich mir die Frage, was es für Unterschiede es bei Urin und Stuhl geben könnte.

  • Balbus nickte als er die Aussage seines Assistenten hörte.
    "Richtig, Kaeso. Also beides natürlich. Ja, du bist noch unerfahren aber nicht dumm und nicht blind. Deine Antwort ist auch richtig. Das Blut zeigt keine Auffälligkeiten. Hiltbert scheint gutes Blut zu haben. Nun müssen wir noch Urin und Stuhl überprüfen. Wenn das nicht gleich möglich ist, werden wir das morgen früh machen. Er wird ohnehin die Nacht hier verbringen. Na, Hiltbert, kannst du uns was von deinen Ausscheidungen liefern?"


    Der Germane war angefressen. Er beschwerte sich zunächst lautstark, dass man ihn für nichts und wieder nichts zur Ader gelassen hatte und stellte sich auch sonst stur. Balbus grinste.
    "Ich kenne Bato. Er wird dich nicht unter Vertrag nehmen bis er nicht meine Zustimmung hat. Wir können warten."


    Er wartete wieder ab, bis der angehende Gladiator seine Schimpfkanonade losgelassen hatte, dann grinste er Kaeso zu. "So mein Junge, wir nehmen ihn jetzt mit zu Bato. Wenn wir Glück haben können wir bei den Verhandlungen zugegen sein. Wenn nicht..." Er zuckte mit den Achseln. "... dann wirst du ein anderes Mal erfahren wie man Gladiator wird und zu welchem Preis. Das hast du schon ganz gut gemacht, Junge. Das nächste Mal darfst du das Skalpell führen. Un nun komm, Kaeso!"

  • Ich konnte es nicht verstehen, da ließ so ein angehender Gladiator mit Freuden auf einen Kampf ein, bei dem er ohne weiteres schwerste Verletzungen davon tragen konnte, schlimmer noch, er konnte ohne weiteres sein Leben verlieren, aber über so einen winzigen Schnitt zum Aderlass regte er sich unsagbar auf und beschimpfte uns aufs übelste.
    Balbus Ruhe und Gelassenheit konnte ich in dem Fall nur bewundern. Jetzt wollte ich aber die Gunst der Stunde nutzen, dass ich das nächste Mal selber schneiden sollte, ignorierte ich fürs Erste, darüber würde ich mir schon noch früh genug den Kopf zerbrechen, jetzt wollte ich endlich zum Thema Frühlingsfest kommen. Es eilte wirklich ich brauchte frei.
    „Ich... ich habe da ein Anliegen, eher mehrere.“ Zögernd und stotternd begann ich, gab mir dann aber einen Ruck und versuchte es so schnell wie möglich los zu werden. „Ich muss dringend zuerst einen Tag für ein Amtsgeschäft frei bekommen und dann bestimmt acht oder mehr Tage in einer dringenden Familienangelegenheit weg.“ Nervös kniff ich die Augen zusammen, zog unwillkürlich die Schulter hoch, ich erwartete jede Sekunde einen schimpfenden, wütenden Ausfall. „Ich bin auch so schnell wie möglich wieder zurück und arbeite wenn nötig nach.“ Ergänzte ich noch schnell.

  • Balbus hörte die Bitte seine Assistenten. Er runzelte die Stirn. Alles an Kaesos Verhalten zeigte dem Chirurgicus, dass der Junge log.
    "Soso, in einer Amtsangelegenheit. Nun denn, wenn es so wichtig ist." Balbus machte ein gewährende Handbewegung. "Dann will ich dich nicht aufhalten. Ich halte die Stellung. Nacharbeiten wird nicht nötig sein, aber ich erwarte dich so bald wie irgendmöglich zurück und hoffe, dass du nicht allzuoft Amtsgeschäfte hast."


    Das Blitzen in Balbus Augen und die hochzuckenden Augenbrauen würden Kaeso klar machen, dass er ihm kein Wort glaubte, aus Großzügigkeit heraus aber nicht nein sagte. Vermutlich ging es um eine Frau. Wenn ein junger Kerl so nervös war, stotterte und seine Mimik nicht im Griff hatte, dann stand gewiss ein geheimes Verhältnis dahinter. Balbus hoffte nur, dass es keinen Ärger gab. Hoffentlich hatte sich Kaeso nicht mit einer verheirateten Frau eingelassen, deren wutschnaubender Ehemann bald im Ludus auftauchte.

  • Die Antwort von Balbus beruhigte mich. Trotzdem hatte ich ein sehr schlechtes Gefühl, zum ersten Mal hatte ich bewusst jemanden angelogen und das nicht nur mit einer Notlüge sondern um mir wie es sich anfühlte etwas unrechtmäßig zu ergaunern. Dazu kam noch die Überlegung, dass der großen Mutter dies bestimmt nicht gefallen würde. Ich war nahe dran, Balbus alles zu gestehen. Doch was wäre dann? Würde ich noch an den Feierlichkeiten und an meiner Initiation teilnehmen können und wenn bestimmt nur mit dem Verlust meiner Lehrstelle.
    „Danke!“ Dies kam mit einem sehr bitteren Beigeschmack über meine Lippen.
    Dann erst drang zu mir bewusst vor, was ich nicht hatte sehen wollen Balbus glaubte mir nicht. Sah ich da nicht Spott in seinen Augen.
    Was würde passieren wenn mein Schwindel aufflog. Mit gesenktem, roten Kopf, schlich ich fast, hinter ihm her zu Bato.

  • Für Balbus war die Sache abgehakt. Er hatte seine Zustimmung gegeben, nun konnten sie sehen ob Bato den Chauken als Gladiator verpflichtete. Zielstrebig lief der Chirurgicus voran und erwartete, dass Kaeso und Hiltbert ihm folgten.


    Das Tablinium des Lanista lag an der Straßenfront des Ludus. Man hörte bereits Stimmen, als die drei sich näherten. Bato unterhielt sich mit Pugnax. Balbus klopfte.
    "Intrate!" kam die Aufforderung von drinnen.


    Der Lanista hatte es sich in seinem Sessel bequem gemacht und auch Pugnax flezte auf einem bequemen Lehnstuhl. Für die neu Hinzukommenden gab es nur noch einfache Klappstühle. Balbus schob Hiltbert einen Stuhl so hin, dass er Bato und Pugnax gegenüber saß. Kaeso und der Chirurgicus hielten sich am Rande des Geschehens.
    Ganz in seinem Element wandte sich der Lanista an den Chirurgicus.
    "Nun, Balbus, was kannst du uns vermelden? In welcher Verfassung ist Hiltbert?"


    Balbus richtete sich auf. Man sah ihm an, dass er es genoss im Mittelpunkt zu stehen. Allzuoft kam das nicht vor.
    "Hiltbert ist in guter körperlicher Verfassung. Keine erkennbaren Erbdefekte oder schlecht ausgeheilte Verletzungen. Sehr gute Muskelanlagen, ein ausreichend trainierter körperlicher Zustand. Mit dem notwendigen Kraft- und Konditionstraining wird er schnell den Zustand der anderen Kämpfer erreicht haben."


    Der Chirurgicus schenkte dem "Schinder" ein gewinnendes Lächeln mit seinen abgebrochenen Schneidezähnen. Der nickte bejahend. Balbus fuhr fort.
    "Das Blut ist gesund, die Untersuchungen von Urin und Stuhl stehen noch aus. Ich erwarte nichts besonderes. Morgen kann ich eine endgültige Aussage treffen."


    Bato nickte zufrieden. Dann wandte er sich an Hiltbert.
    "Hiltbert, dein Kampf war nicht wirklich beeindruckend..." Er machte eine bedeutsame Pause, sah den Chauken lange an und drehte derweil einen Holzstab zwischen den Fingern. "Dennoch willst du dich als Auctoratus, als Freiwilliger, für die Gladiatur verpflichten, nicht wahr? Weißt du, was das für dich bedeutet?"


    Der Germane nickte. Bato begann dennoch ihn aufzuklären.
    "Als Freiwilliger musst du denselben Eid schwören wie die Sklaven. Du versklavst dich für eine vorher bestimmte Zeit bis du diesen Holzstab, den rudis, als Zeichen deiner Freilassung erhältst." Wieder drehte er den Stab geschickt und zugleich bedeutungsvoll zwischen den Fingern. "Offiziell giltst du mit dem Unterzeichnen deines Auctoramentums als "infam", rechtlos. Aber eine politische Karriere strebst du wohl ohnehin nicht an, was?"


    Schallendes Gelächster begleitete die rhetorische Frage des Lanistas. Balbus stimmte mit ein und sah auffordernd zu Kaeso hinüber es ihm gleich zu tun.


    Hiltbert schüttelte den Kopf und Bato fuhr fort. "Du verpflichtest dich also, wenn du in meinem Ludus dienst zu 30 Kämpfen. Bezahlt wirst du je nach deiner Waffengattung und dem Palus, also dem Rang innerhalb dieser Armatura. Kennst du diese?"
    Als der Germane wieder nickte, erweiterte der Lanista seine Vertragsbedingungen. "Pro Kampf erhältst du 25 % des Preises, den der Veranstalter für dich zahlt. Von ausgezahlten Siegesprämien erhältst du 50 %, Sachgeschenke gehören dir alleine. Dazu sind Kost und Unterkunft im Ludus frei, sowie eine einfache Garnitur Bewaffnung und Schutzkleidung. Du wirst nicht eingesperrt wie die Sklaven. Ist das akzeptabel?"


    Der Chauke sah angesichts der Zahlen und Prozentangaben etwas überfordert drein. Pugnax raunte Bato noch etwas zu. Dieser nickte.
    "Richtig. Ich vergaß. Der Ludus stellt den Chirurgicus für deine Verletzungen, im Falle einer Verletzung während eines Kampfes, die zur dauerhaften Kampfunfähigkeit führt, muss der Editor, also der Veranstalter, eine festgesetzte Summe zahlen. Wir haben ein Begräbnis-Collegium, in das aus deinem Preisgeld 1 % eingezahlt wird. Stirbst du trägt das Collegium die Kosten des Begräbnisses und des Grabsteins. Der Ludus hat ein eigenes Gräberfeld an der Via Borbetomagus. Sonst noch was?"
    Er sah sich fragend um.


    Nachdem kein Widerspruch kam besiegelten der Chauke und der Lanista den Contrakt mit einem Handschlag.

  • Aus dem einen Becher Wein waren am Vortag mehrere geworden. Entsprechend verkatert quälte sich Publilus Gavius Balbus an diesem Morgen aus seinem Bett. Er war gespannt ob sein neuer Gehilfe genügend Mumm in den Knochen hatte, sich wieder bei ihm zu zeigen. Eiskaltes Wasser zum Waschen und ein Becher desselben hinunter gestürzt halfen ein wenig die Spuren des Vortages zu beseitigen. Balbus schlüpfte in seine Tunika. Er fluchte. Weinflecken verrieten seine Zügellosigkeit. Er zog sich um und musste auf eine ältere schon ein wenig zerschlissene Tunika zurückgreifen. Die befleckte Bekleidung gab er einem der Sklaven in die Wäsche.


    Dann öffnete Balbus die Tür seiner Kammer und trat auf den großen Innenhof des Ludus hinaus. Unbarmherzig brannte Sol vom Himmel und schmerzte in seinen Augen. Der dumpfe Kopfschmerz, der sich dadurch noch verschlimmerte, war kein Unbekannter für den Chirurgicus. Immer häufiger musste er gegen die Folgen seines zügellosen Weinkonsums ankämpfen. Ärgerlich blinzelnd sah sich Balbus nach seinem Gehilfen um. Es war spät genug. Eigentlich müsste Kaeso hier irgendwo herumwuseln.

  • Nach dem Ende der Festtagen des Kultes hatte ich noch eine Nacht im Tempel verbracht ehe ich in aller Frühe zum Ludus aufbrach. Sofort begab ich mich in meine Kammer und zog mich für meine Arbeit um. Mein nächster Weg führte mich zu den Kammern wo die eventuell schwer Verletzten untergebracht waren. Danach würde ich meinen Lehrmeister Balbus suchen.

  • Aus dem Augenwinkel nahm Balbus eine Bewegung wahr. War das nicht sein tuntiger Gehilfe Kaeso? Balbus setzte sich in Gang und erwischte den Hänfling beim Durchgang zu den Kammern für die Schwerverletzten.
    "Halt! Stehengeblieben, mein Guter!"


    Mit festem Griff packte er den jungen Mann am Oberarm und zog ihn zurück. Mit einer Hand drückte er Kaeso an am Hals an den Türstock, mit der anderen griff er prüfend unter die kurze Tunika seines Gehilfen.
    "Will nur mal nachsehen ob noch alles dran ist bei dir. Nach deinem Auftritt bei diesem Zirkus könnte ja alles möglich sein."


    Balbus grinste und entblößte seine Schneidezähne. "So ne Tunte ohne Eier können wir hier überhaupt nicht brauchen, Kaeso! Überhaupt ist das eine unglaubliche Bodenlosigkeit, die du dir da erlaubst und dass du mich angelogen hast, wird Folgen haben!"


    Die Stimme des Chirurgicus wurde tief und drohend.

  • Erwartungsvoll drehte ich mich in Richtung Balbus um, zu einer freundlichen Begrüßung kam ich nicht mehr. Nachfolgendes passierte so schnell und unerwartet, dass ich überhaupt keine Chance hatte mich zu wehren. Wenn ich auch nicht Kampferprobt war, so hatte ich aber ein paar Kniffe als ehemaliger Straßenjunge drauf. Doch wie hätte von Balbus solch einen Übergriff ahnen können. Den Kloß der sich gerade in meinem Hals bildete konnte ich nicht runterschlucken, da sein Hand noch immer meinen Hals umklammerte. Seine Anschuldigung ich wäre eine Tunte, versetzte mich in Wut und ich zerrte sein Arm weg.
    Sein bösartiges Grinsen und seine Drohung passten zueinander. Ich ahnte, dass dazu noch einiges kommen würde. Ich steckte wirklich in der Bredouille. Einmal war ich sehr wütend , aber gleichzeitig voller Reue. Warum hatte ich auch gelogen. Zum ersten mal log und schon flog alles auf.
    Meine Wut war im Augenblick aber größer. „Ich bin keine Tunte, ich bin ein Mann und treibe es mit Frauen und wehe du behauptest etwas anderes oder verbreitest irgendwelche Gerüchte“, fauchte ich ihn mit kratziger Stimme an. "Es tut mir wirklich sehr leid, dass ich dich belogen habe. Ich habe mich einfach nicht getraut dir den wirklichen Grund zu nennen, da ich ahnte, dass solche Reaktionen von dir kommen würden. Überhaupt was erlaubst du dir mir unter die Tunika zu greifen. Ich hatte noch nie das verlangen nach einem Mann, das habe ich überhaupt nicht nötig. Ich besitze die schönste Frau von Mogontiacum“.
    Meine Göttin würde es mir schon verzeihen, ich wusste sie würde mir nie gehören, eher umgekehrt, doch das spielte im Augenblick keine Rolle und ging Balbus wirklich nichts an, ich war schließlich nicht sein Eigentum.
    Trotz meiner Rede spürte ich, wie langsam die Angst in mir hoch kroch.

  • Sieh da, der Kleine begehrte auf. Er ging hoch wie ein Hefegebäck. Mit einem süffisanten Lächeln hörte Balbus zu, was Kaeso zu seiner Verteidigung hervorbrachte.
    "So so, du treibst es mit Frauen, man bemerke den Plural", der Römer grinste mit seinen abgebrochenen Schneidezähnen. "Und du behauptest die Schönste Frau Mogontiacums zu besitzen! Hört, hört!"


    Balbus war laut geworden. Um ihn herum blieben die Gladiatoren stehen, die sich auf den Weg zur Palaestra machten. Grinsend sahen sie zu, wie der Chirurgicus sich mit dem neuen Gehilfen ein Wortgefecht lieferte.


    "Habt ihr gehört, Männer? Die kleine Tunte hier, die ihre Zeit lieber mit Männern in Weiberkleidern verbringt als in der Palaestra oder der Arena, behauptet die schönste Frau Mogontiacums zu "besitzen". Wer soll denn das sein? Das wirst du uns beweisen müssen! Du glaubst gar nicht, was hier für Schönheiten ein und ausgehen! Die schönsten Frauen der Stadt reißen sich darum mit Kerlen wie Astivus die Kline zu teilen oder mit Maximus im Sand der Arena zu rollen. Wenn du nicht als Lügner dastehen willst, dann wirst du es beweisen müssen! Schaff uns die schönste Frau Mogontiacums hier her! In den Ludus! Dann werden wir ja sehen ob du ein Lügner, eine Tunte oder gar beides bist!"


    Schallendes Gelächter brandete auf. Balbus Grinsen wurde breiter und breiter. Er stand im Mittelpunkt des Interesses und genoss es sichtlich.

  • Himmel, was soll ich jetzt machen? Der Kerl hat es geschafft, dass der gesamte Ludus mich angafft und auslacht. Meine Göttin fragen? Sie wirde sich kaum hier, nur auf meinen Wunsch hin, mit mir zeigen. Da musste ich alleine durch. „Wenn sie es mit den schönsten Frauen treiben, dann braucht du mich ihnen zum Fraß vor zu werfen. Außerdem wenn du mich gesehen hast, dann hast du sie bestimmt auch gesehen. Und wie bekam dir ihr Anblick?“ Der Kerl redete doch ständig von Weibern, der war so scharf, da brauchte man nicht viel Hirn und wusste was bei ihm abging.
    Ich bewunderte Balbus für sein Können und Wissen, doch irgend etwas nagte in ihm, dass er oft so boshaft war. Ein Mensch der anderen so gut helfen kann, kann einfach nicht von Natur aus so sein, überlegte ich fieberhaft, ich muss ihn besänftigen, hinhalten. Da kam mir eine Idee. „Ich werde sie beim nächsten großen Kampf, der stattfindet hierher einladen.“
    Vielleicht reizte es Phryne ja diese Männerkörper aus der Nähe zu betrachten. Nur die Frage ob es mir gefiel und ich mich dann beherrschen konnte?

  • Abschätzig sah der Chirurgicus seinen Gehilfen an. Er konnte immer noch nicht glauben, dass Kaeso was mit dieser Schönen vom Kybelekult hatte. Und natürlich würde er auch nicht auf Kaesos Frage antworten wie ihm ihr Anblick bekommen war. Das ging den Hänfling einen feuchten Pferdeapfel an. Aber auf die Ausrede des jungen Mannes wollte er doch eingehen und ihn festnageln.
    "Ja, lade sie ein! Du weißt doch, am Abend vor dem Auftritt der Gladiatoren wird im Ludus hemmungslos geschlemmt, gesoffen und gehurt. Das gehört zur guten Sitte. Schließlich könnte es ja das letzte Mal für einige der Kämpfer sein. Da kannst du sie einladen. Habt ihr gehört, Männer? Er hat es versprochen! Handschlag drauf!"


    Balbus hielt Kaeso den rechten Unterarm zur Besiegelung ihrer Abmachung hin.

  • Unwirsch schüttelte ich mit dem Kopf, nein so habe ich es nicht gesagt, ich sagte zum nächsten Kampf. Damit meinte ich auch, sie würde sich den Kampf ansehen und nicht mit irgendwem feiern. Das würde dem Wüstling und seinen Saufkumpanen gefallen, über sie her zu fallen. Entweder wie ich es sage oder gar nicht.
    Dabei fiel mir ein, was wenn sie nicht kam oder jetzt nicht einwilligte?Schließlich hatte ich schön öfter ihren eigen Kopf erlebt. Lauernd fragte ich, „was wenn sie nicht kommt, kann ich dann eine von euren Schönheiten benutzen?“ Der sollte nur nicht auf dumme Gedanken kommen. Jetzt hatte ich ihm eine zweite Möglichkeit angeboten. Im Augenblick hatte ich keine weitere Ideen und konnte nur hoffen, dass er das Thema nicht noch weiter ausschöpfte. Wer konnte schon wissen auf was die Kerle für Gedanken kamen wenn sie sich abreagieren mussten.

  • Langsam ging Balbus der Kleine auf die Nerven. Erst spuckte er große Töne, dann fand er lauter Ausflüchte und bog sich wie eine Weide im Wind. Es war an der Zeit ihm zu zeigen wie man mit Lügnern und Wortbrüchigen umging. Das Grinsen des Chirurgicus verwandelte sich in ein Zähnefletschen.
    "Astivus, Maximus, was machen wir für gewöhnlich mit einem Lügner?"


    Balbus warf den beiden muskelbepackten Gladiatoren einen auffordernden Blick zu. Astivus nickte bedächtig, sah zu seinem Freund Maximus hinüber und setzte sich in Gang. Ohne ein weiteres Wort zu verlieren, packte er Kaeso am Oberarm.
    "Wir machen einen Spaziergang, Kleiner....", knurrte er drohend.


    In diesem Moment ergriff Maximus den zweiten Arm und schob Kaeso über den Hof zur hölzernen Trainingsarena.

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