Triclinium parvum | Non enim quod volo bonum, hoc facio: sed quod nolo malum, hoc ago

  • Nach jenem Empfang hatte Manius Minor sich in sein Cubiculum zurückgezogen, sich dem Rqusche hingegeben und seine Familiaren gemieden. Doch am folgenden Tag, welcher mit einiger Blümeranz ob des abendlichen Opium-Konsums hatte begonnen, vermochte Manius Minor Manius Maior nicht mehr zu entgehen, sodass final man im Triclinium zur Cena sich zusammenfand.

  • Der ältere Gracchus hatte kaum geschlafen in der vorangegangenen Nacht, hatte die Pflichten des Tages vorwiegend unbeteiligt über sich ergehen lassen, in seinem Geiste beständig schwankend zwischen frustriertem Ingrimm - ob der Eskapaden seines Sohnes -, defätistischer Desperation - ob seines vermeintlichen Schicksales -, väterlicher Sorge - ob der Zukunft Minors - und sinnfreier Leere - aus purem Schlafmangel.
    "Minimus"
    , grüßte er knapp seinen Sohn, der bereits vor ihm im Triclinium angelangt war, und nahm auf der ihm angestammten Position Platz.
    "Nun, welche Strategie hast du dir für die nächsten Wochen erda'ht?"
    fragte er sodann in weitaus gestrenger Couleur als er dies eigentlich intendierte, und griff zu den sauer eingelegten Oliven, um die Wartezeit zu überbrücken bis die Speisen würden kredenzt werden.

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  • Alles wichtige des Tages hatte Scato bereits am Vormittag erledigt, denn wirklich viel gab es für ihn im Moment ja nicht zutun, und deshalb kam er gänzlich ohne Pläne und ohne Verpflichtungen zur Cena.
    Die Nachricht von Gracchus Minors Rückkehr war natürlich zu ihm durchgedrungen, auch wenn sich der Bursche in den letzten Tagen rargemacht hatte, was ihm nicht zwingend ungelegen kam, schließlich hatte er einst den doch recht verzweifelt klingenden Brief des jungen Flavius als infantiles Hirngespinst abgetan und diesen ob dieser Einschätzung ignoriert.
    Aber Minimus war sichtlich älter geworden, und sicherlich war er sich selbst der Haltlosigkeit der damaligen Vorwürfe bewusst, weshalb sich Scato dazu entschloss dieses Thema einfach nur zu ignorieren.


    "Manius Minor, teurer Verwandter, lass dich ansehen." grüßte Scato seinen Onkel mit offenen Armen von der anderen Seite des Raumes, denn er war kein Mann der den Körperkontakt schätzte, "Alexandria scheint dir gut getan zu haben." komplimentierte er noch beiläufig, bevor er sich an Gracchus wandte, "Manius, es ist schön euch beide wieder vereint zu sehen."
    Durch seine eigenen Sorgen und Nöte war Scato die Absurdität seiner Aussagen freilich nicht bewusst, denn schließlich ahnte er ja nichts von den Verwerfungen zwischen Vater und Sohn.
    Er setzte sich auf einen der freien Plätze und ließ sich einschenken, bevor er eine Dattel nahm und eben jene in zwei Bissen aß.

  • Konträr zu Manius Maior hatte Manius Minor den vergangenen Tag vornehmlich im Schlafe, respektive Delirium verbracht, denn nachdem Patrokolos von seinem Einkauf war zurückgekehrt, im Beutel eine formidable Menge feinsten Mohnsaftes, hatten die beiden Heimkehrer sich dem Rausche ergeben und sich tapfer gemüht, das Leid ihres Daseins in der süßen Indifferenz des Morpheus zu ertränken. Auch die Übelkeit, welche einem derartigen Konsume folgen musste, hatten sie einsam verbracht, zumal den jungen Flavius im Afterrausch ohnehin kaum der Hunger quälte, sodass sie schlicht durch die Rezitation vertrauter Geschichten im Cubiculum sich von ihrem Elend abzulenken versucht hatten. Obschon bisweilen sie durchaus sich durch versonnenes Schwelgen in der vergangenen Libertät oder müßiges Klagen über die desolate aktuelle Situation hatten unterbrochen, war die Zukunft niemals zur Sprache gekommen, weshalb der Jüngling ertappt aufblickte, als sein Vater ohne Gruß und Introduktion seine politische Karriere thematisierte.
    "Nun..."
    , stammelte er, parallel nach Ideen ringend, wie jene Frage spontan am besten war zu parieren, was ob der langen Abstinenz vom Interesse für politische Aktivitäten kein Leichtes war.


    Fortunablerweise erschien in jenem Augenblick sein Vetter Scato und bereitete ihm einen leutseligen Empfang. Seine Appelle vor Jahren gänzlich vergessend erfreute es ihn tatsächlich, den Bruder Iullus' wohlauf zu sehen, obschon er argwöhnte, dass letzterer größeres Verständnis für seine jüngsten Lebensentscheidungen hätte aufgebracht als sämtliche Attendenten.
    "Danke, die Quaestur dir augenscheinlich ebensowenig!"
    , erwiderte er artig, jene Maßstäbe thematisierend, welche ihm selbst nichts, den übrigen Flavii dagegen alles bedeuteten.


    Verstohlen wandte er seinen Blick neuerlich zu Manius Maior, der indessen unverwandt ihn anblickte und augenscheinlich einer Replik gewahrte.
    "Nun."
    , setzte er aufs Neue an und fuhr bedächtig sich über das Kinn.
    "Ich bin zu dem Schluss gelangt, dass dies umsichtiger Planung bedarf."
    Ein kläglicher Anlauf für den Gewinn von Zeit, während fieberhaft er zu reminiszieren versuchte, welche Formen des Wahlkampfes für das Vigintivirat mochten adäquat erscheinen.

  • "Dies ist in der Tat nicht nur schön, Caius, sondern ein Glück für die ganze Familie"
    , griff der ältere Gracchus die Worte seines Neffen auf und wandte seinen Blick sodann auf seinen Sohn.
    "Fehlte es Minimus in Alexandria doch an re'hter Orientierung, so dass er statt dem unschätzbaren Reichtum an Wissen der Stadt sich hinzugeben maßlose Kapriolen und infantile Eskapaden bevorzugte und seinen Gastgeber, wiewohl seine eigene Familie durch sein schamloses Gebaren kompromittierte."
    Die Couleur seiner Stimme war bei dieser Feststellung überaus sachlich, nur marginal von einem eisigen Hauch gleich dem des Boreas durchzogen, lag es doch nicht in Gracchus' Intention Minor vorzuführen. Indes hatte es keinen Sinn, diesen Fehltritt vor der Familie zu verheimlichen, gegenteilig würden im Zuge der Kandidaturen allfällig alsbald Gerüchte über jene Ereignisse in Rom angelangen, so dass Scato besser darauf war vorbereitet. Sein Blick wandte sich zurück zu seinem Neffen, seine Explikation fortführend.
    "Um ein tieferes Ver..ständnis zu entwickeln, was es bedeutet, ein Flavius zu sein, wird Minimus darob zur nächsten Wahl um ein Vigintivirat kandidieren. Allfällig hast du einige Ratschläge für ihn in Hinblick auf eine bestmögli'he Wahlvorbereitung?"
    Obgleich dies aus dem Alter und der Erfahrung eines Lebens heraus rückwirkend betrachtet zweifelsohne für einen jeden Mann überaus unverständlich war, so schien es in der Jugend doch stets einfacher den Rat eines nicht wesentlich Älteren anzunehmen als den des Vaters. Auch in Gracchus' eigener Jugend war dies nicht anders gewesen, ob dessen er hoffte, dass Minor Scatos' Rat allfällig eher würde akzeptieren denn seinen eigenen.

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  • Obschon ideell noch immer von seiner Konversion zum Epikureer, wie auch dem Gros seines Lebensstiles in Alexandreia prinzipiell überzeugt, beschämte es Manius Minor nicht wenig, als Manius Maior ihn coram Scatone in derart despektierlicher Weise als unreflektierten Narren präsentierte, was als Resultat seine feisten Wangen rötlich colorierte. Indessen verärgerte zugleich ihn der Umstand seiner Pudenz ihn, als ihm gewahr wurde, dass konträr zur Prätension seines Vaters nicht er, sondern jener selbst ebenso wie Supplicius und all die ruhm- und ehrversessenen Herren und Damen der vermeintlichen aristokratischen Gesellschaft die wahrhaftigen Narren waren. Und dennoch sprach der ältere Gracche augenscheinlich die Wahrheit, als er die Begründung seiner Kandidatur verkündete, denn hieß es ein Flavius zu sein wohl nichts anderes, als ein Narr zu sein.


    Eine Narretei freilich, welcher der junge Flavius konsentiert hatte, um seine armseligen Annehmlichkeiten zu retten, welche auch er angesichts dieser Degradation nicht hinter sich zu lassen imstande war, sodass auch nun er seine Widerworte hinabwürgte und hastig nach einer Dattel griff.
    Obschon in Honig eingelegt vermochte sie jedoch nicht, den bitteren Geschmack seiner Niederlage zu vertreiben.
    Er bedurfte dringlich eines Schluckes Opium, wollte er jenen Spießrutenlauf paternaler Verachtung den gesamten Abend ertragen!

  • Die Spannungen zwischen Vater und Sohn bemerkend, entschloss sich Scato dazu, etwaige Kommentare für sich zu behalten, und sich dem rettenden Strohhalm, den Empfehlungen zum Wahlkampf zu stellen..
    "Nun Minimus. Es empfiehlt sich natürlich dem Volke Brot und Wein zu spenden. Der Großteil der Menschen kann sich nicht für etwaige politische Idealismen erwärmen. Es sind die Dinge die sie in der Hand halten können welche zählen." erklärte Scato und fuhr fort, "Darüber hinaus, ob deiner Entwicklung und deiner Laufbahn willen, bin ich bereit die Ausrichtung meines Festes zur Wahl mit dir zu teilen. Ein flavisches Fest sozusagen, bei welchem du wichtige Verbündete finden kannst."
    Scato war sich sicher dass es noch immer die wenigen privilegierten waren, welche Wahlen und Politik in Rom entschieden, weshalb es immer klug war sich eben jene Leute nahe zu halten.

  • Eine Weile herrschte eisiges Schweigen, nachdem Scato seine Offerte hatte getan, denn Manius Minor, welchem ja keineswegs daran war gelegen, ein Amt zu ergreifen, vermochte keine rechte Freude und folglich kaum Dankbarkeit für selbige zu verspüren. Um indessen nicht seinen Anverwandten zu brüskieren und in jenen Konflikt, dessen Ursache allein Manius Maiors Verblendung repräsentierte, zu integrieren, sprach er endlich doch:
    "Das wäre zweifelsohne nützlich. Ich danke dir."
    Um sodann nicht neuerlich eine Debatte hinsichtlich seines Lebenswandels zu riskieren, fügte er nach einem weiteren Zögern an:
    "Ist es denn erforderlich, das Volk mit Brotspenden zu umgarnen, wo es von der Kür der Magistrate gänzlich exkludiert ist?"
    Selbstredend erschien auch dieses Sujet ihm völlig arbiträr, doch womöglich fruchtbarer als Debatten um Philosophie und deren Konsequenzen, jedoch jedwedes Gespräch seinen Geist womöglich ein wenig vom steten Kreisen um seine Begierde nach dem Trank des Morpheus abbringen mochte.

  • "Dafür nicht, selbstredend werde ich dich in sämtlichen Belangen unterstützen." entgegnete Scato, bevor er einen Schluck trank, und sich selbst daran erinnerte, wie Furianus und Manius Maior auch ihn unterstützt hatten wo sie nur konnten.
    Bezüglich der Brot und Weinspenden an das Volk hatte Minor nicht unbedingt unrecht, aber auch nicht gänzlich recht, denn die Politik war ein Wechselspiel der Mächte, und während viele Senatoren den Pöbel gerne übersahen, erkannte Scato sein Potenzial... Was ihn nicht unbedingt zu einem Freund des gemeinen Volkes machte, aber dennoch jemanden der es zu umgarnen suchte.
    "Nun, du besetzt dein erstes Amt. Es wäre ratsam wenn dein Name einen positiven Klang erhält. Das Volk fördert und fordert, und auch wenn sich der Einfluss des Volkes bei deinem Amt noch nicht unmittelbar zeigt, so stehst du am Anfang deiner Laufbahn, und der Pöbel wird dir noch äußerst nützlich sein. Sofern du ihn zu schmeicheln weißt." erklärte Scato, und versuchte Manius Minor damit eine erste Lektion der Scato'schen Politikschule zu erteilen.

  • Obschon es einem wahren Epikureer zweifelsohne wohl hätte angestanden, keinerlei Distinktionen zwischen den verschiedenen Ordines zu treffen, welche doch gleich der Gerechtigkeit und sämtlicher Institutionen willkürliche Fügungen des schnöden Zufalles waren und somit gänzlich arbiträr, weshalb der Meister Sklaven und Frauen selbstverständlich unter seine Schüler hatte gezählt, missbehagte dem jungen Flavius als Spross seiner Sozialisation der Umgang mit der Plebs, welche stets ihm mit seinem vermeintlich tumb-geistlosen Auftreten stets einige Insekurität bereitete. Niemals würde ihm ein Bad in der Menge behagen, zumal bereits der Kontakt mit jener Schar von Senatoren, welche im Wahlkampf selbst für jenes niedere Amt, um welches er sich zu bewerben hatte, inevitabel war, ängstigte.
    "Welchen Nutzen sollte er mir bieten?"
    , hoffte er somit, ein rationales Argument für seine Distanz zum gemeinen Mann zu gewinnen, indem er die Haltung seines älteren Neffen disputativ überwand.

  • In seiner aus Schlafmangel resultierenden missmutigen Laune war Gracchus nicht bereit zu Zugeständnissen, insbesondere nicht so sie die politische Zukunft Minors betrafen.
    "Der Hund folgt der Hand, die ihn tagtägli'h füttert, nicht jener, welche ihm einmalig ein Stück Wurst zukommen lässt"
    , warf er darob ein.
    "Heute essen sie dein Brot und trinken deinen Wein, morgen nehmen sie es von einem anderen. Ist dann jedoch der Tag gekommen an welchem ihr Einfluss maßgeblich ist, so folgen sie blindlings ihrem Patron oder schli'htweg jenem, welcher in diesem Augenblicke das meiste bietet - und sei er ein Tyrann und Usurpator."
    Mit einem Schluck Wein spülte er diese bittere Erkenntnis hinab.
    "Darob haltet euch besser an jene Männer, welche tatsächlich hochmögend sind. Ihr Preis mag ver..meintlich höher sein, doch langfristig gesehen ist dies weitaus einträglicher."
    Um den Pöbel schnellstmöglich von diesem Tische zu verbannen, setzte Gracchus hernach:
    "Welche Gäste hast du geladen, Caius?"

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  • Zwar erleichterte ihn das Wort seines Vaters, welches ihn vom Kontakt mit der Plebs dispensierte, doch schreckte ihn zugleich der finale Rat, welcher mit größter Klarität offenbarte, dass das Geschäft, in welches Manius Maior ihn zu stoßen gedachte, mitnichten mit Wahrheit, Ehre und Tugend war verbunden, sondern primär einen Handel monetärer und anderer Gunsterweise repräsentierte, womit es in doppelter Weise als hohle Fassade sich enttarnte, da doch nicht einmal jene leeren, doch zumindest erfreulichen Meinungen von Werten und Tugenden sie dominierten, sondern nur niedere Instinkte und faule Kontrakte es bestimmten.


    Selbstredend enthielt er sich jedoch eines verbalen Kommentars, sondern markierte seine Abscheu lediglich durch ein melancholisches Seufzen, ehe er seinen Blick Scato zuwandte, der für sein höheres Amt zweifelsohne einen höheren Aufwand würde betreiben müssen, um letztlich zu reüssieren.

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