Kurz nach der Debatte um die Amnestie über die beiden Kandidaten des Ulpianums brachte der Kaiser einen weiteren Antrag in den Senat ein, diesmal von vermutlich weit größerer Reichweite:
"Verehrte Senatoren," begann er wie üblich. "Der Senat soll heute über einen Mann entscheiden, der über Jahrezehnte die Geschicke unseres Reiches gelenkt hat. Ich bitte den Senat, jeden einzelnen von euch darum, den großen Kaiser Valerianus, der uns allen noch in bester Erinnerung ist, ob wir ihn nun selbst als Kaiser erlebt haben oder nur aus den Geschichtsbüchern unseres Reiches über ihn Bescheid wissen, die Vergöttlichung zu erteilen und ihn damit in die so vortreffliche Reihe der vergöttlichten Kaiser aufzunehmen, in die schon Divus Iulius, Divus Augustus oder nicht zuletzt Valerianus' Vater, der von uns allen verehrte Divus Iulianus ihre Aufnahme gefunden haben."[/B] Severus hielt kurz inne. Er hatte diese Rede einem Ghostwriter übergeben und dieser endlose Satz hatte ihm beim Lernen durchaus Schwierigkeiten bereitet. "Die Aufnahme des Valerianus in diesen Kreis der vergöttlichten Kaiser entspricht der Tradition unseres Reiches wird dem Kaiser die Ehre zuteil werden lassen, die ihm zusteht:
Als junger Mann und als Thronfolger des vergöttlichten Iulianus war Valerianus ein Mann des Schlachtfeldes. In zahlreichen Schlachten erwies er sich als hervorragender Taktiker und Stratege und stieß nicht nur einmal die Feinde unseres Reiches in Staub. Ich weiß, dass noch Senatoren anwesend sind, die an der Schlacht bei Picentia teilgenommen haben. Die Schlacht war ein erstes, ein kraftvolles Zeichen dafür, dass der frischernannte Caesar die Götter auf seiner Seite hatte, indem er den Aufstand des Usurpators Porcius Laeca mithilfe der Legionen I und XIV niederschlug, den aufkommenden Bürgerkrieg beendete und seinem neuen Amt alle Ehre machte. Auch in seiner späteren Militärzeit als Legat der Legio XIV sorgte er dafür, dass die Grenzen sicherer wurden und zog mit seinen Männern nicht nur einmal aus, um aufrührerische Männer jenseits der Grenze zur Ordnung zu rufen. Valerianus war ein hervorragender Kommandant und stets bemüht, den römischen Sitten auch am Rande des Reiches Geltung zu verschaffen. Schon als Caesar war er also der geborene Anführer, der seine Soldaten zu motivieren wusste und auch stets darauf achtete, den Frieden mit den Göttern zu ehren." Er machte eine kurze Pause. Dieser Teil war wohl bereits der glanzvollste in der Biographie dieses glücklosen Kaisers.
Dennoch ging es tapfer weiter: "Nach dem Tod seines vergöttlichten Vaters zog er sich weitgehend von seinen militärischen Verpflichtungen zurück und wandte sich stattdessen seinen umfassenden kaiserlichen Aufgaben zu. Wie auch in seiner Zeit als Legat und vielleicht noch mehr, da er nun nicht mehr nur Vorbild für die Soldaten und Offiziere seiner Legion war, sondern Vorbild für alle Bürger und Einwohner des Reiches, brachte er den Göttern jene Verehrung dar, die die Pflege des Pax Deorum von ihm, wie auch von uns allen verlangte. Er sorgte dabei nicht nur dafür, dass ein Veruntreuungsfall im Collegium Pontificium rasch aufgeklärt und die verantwortlichen Priester umgehend aus dem Collegium entfernt wurden, er besetzte die vakanten Stellen auch gleich neu, damit die Aufgaben der jeweiligen Priesterschaften nicht unerledigt blieben. Überhaupt sorgte er stets dafür, dass die Priesterschaften besetzt waren und hatte auch immer ein sorgendes Auge auf seine Töchter im Atrium Vestae. Immer wieder berief er neue Mitglied in dieses ehrwürdige Kollegium, damit der Herd der Vesta stets angeheizt wurde und dessen Flamme zum Wohle des Reiches niemals verlöschte. Nicht zuletzt sei das große Sühneopfer von ihm und den Konsuln genannt, um den Zorn des Summanus zu besänftigen, den dieser zuvor in einem Prodigium kundgetan hatte." Die Pax Deorum war eine Aufgabe, die manchmal auch zur Bürde werden konnte. Wer wusste das besser als der amtierende Kaiser selbst? "Wäre er nicht durch eine eher schwache Konstitution zurückgehalten worden, er hätte sicherlich noch mehr erreicht." Sein Namensvetter hatte sehr treffend darauf hingewiesen, dass ein weiteres Eingehen auf diese Krankheit seinem Vorhaben eher abträglich sein würde.
Damit setzte der Aquilier zum Abschluss der Rede an. "Ein solcher Herrscher, Patres conscripti, hat es verdient, in die Reihe der Divi August aufgenommen zu werden und daher beantrage ich nun, im Sinne unserer althergebrachten Traditionen den ehemaligen Kaiser Valerianus in die Reihe der vergöttlichten Kaiser aufzunehmen und ihm gleichzeitig an der Seite seines Vaters das Ulpianum als Tempel zu weihen, damit die Bürger und Einwohner einen Ort haben, an dem sie ihn öffentliche Opfer darbringen können." Zuletzt blickte er wie gewohnt in die Runde, um erste Reaktionen aus den Gesichtern der wichtigsten Senatoren ablesen zu können.