Atrium | M. Flavius Gracchus Minor

  • Silana nahm vorerst eine passive Rolle ein, was Manius Minor ein wenig kalmierte, nachdem bisherig ihre Fragen und Gesten nicht selten ihn aus der Reserve gelockt hatten. Dennoch genügten weiterhin ihre Blicke, um den Jüngling aus dem Konzept zu bringen.


    Fortunablerweise erwiderte Menecrates seine ob der Genanz so unverhüllte Anfrage indessen positiv, was dem flavischen Jüngling gestattete, seine emotionale Perturbation durch die darob aufkeimende Freude aufs Neue zu dirigieren. Die Unterstützung eines potentiellen Consuls zu genießen, würde der flavischen Hausmacht zweifelsohne eine pretiose Verstärkung sein, obschon der Claudius ob seiner bisweilen zu beobachtenden Unzugänglichkeit gelegentlich ein wenig isoliert im Senat wirkte.


    "Ich danke dir!"
    , erwiderte er somit mit einem relaxierten Lächeln, ehe die weiteren Ausführungen des greisen Flavius neuerliche Irritation evozierten, da zwar ihm wohlbewusst war, dass ihm der Aufstieg in den Senat bevorstand, dass ebenso Manius Maior dem hohen Hause bereits angehörte, ja gar zu höchsten Würden war aufgestiegen und dennoch weiterhin sein Vater und Gewalthaber blieb. Welche Verbindung hingegen zwischen jenen Fakten bestand, auf die Menecrates augenscheinlich anzuspielen gedachte, erschloss sich ihm nicht recht, weshalb fragend er erstlich zu seinem Opponenten blickte, sodann einen kurzen Blick auf die Claudia riskierte und sodann wieder zu ihrem Großvater zurück ging.
    "Verzeih, werter Claudius, ich fürchte, ich verstehe nicht recht..."
    Die paternale Gewalt repräsentierte für ihn keinerlei Hindernis, sodass für einen Moment er erwog, ob der Alte ihm nahezulegen gedachte, selbst zu einem Familienoberhaupt zu avancieren, indem er sich verehelichte, ja womöglich gar auf verschleierte Weise dazu ansetzte, seine Enkelin ihm als Gattin zu offerieren, was doch ihn in größte Nöte würde bringen, nachdem sein Herz durchaus in jene Direktion ihn zu ziehen schien (obschon er dessen höchst insekur mochte sein), er jedoch bereits seit Kindestagen einer anderen war versprochen, mit der man bereits einen Hochzeitstermin hatte anberaumt.

  • Die Hoffnung, der junge Gracchus würde das Thema erahnen und aufgreifen, erfüllte sich leider nicht, weswegen Menecrates innerhalb von Sekunden entschied, es nicht zu vertiefen. Es handelte sich ja auch wirklich nicht um seine Angelegenheit.
    "Ach, das ist auch nicht so wichtig", wiegelte er ab. Eine Handbewegung untermauerte die Aussage. "Wichtig ist jetzt erst einmal der nächste angestrebte Schritt: für dich die Quaestur, für mich das Consulat." Trotzdem huschten ihm Bilder durch den Kopf, die ihn in der Zukunft gemeinsam mit dem jungen und alten Gracchus zeigten. Den einen mochte er, dem anderen vertraute er nicht bzw. nicht mehr. Er wusste nicht, wie er solche Situationen meistern würde, aber er wollte sich auch nicht den Kopf über Dinge zerbrechen, die sich bislang nur in seiner Fantasie abspielten. Dabei fiel ihm ein, dass nicht nur der Senat, sondern auch die Familie eine Plattform für solche Begegnungen darstellte. Scato und Sassia verbanden ein weiteres Mal die beiden patrizischen Häuser, was Menecrates grundsätzlich befürwortete.

    Sein Blick streifte Silana und blieb an ihr haften. Zum ersten Mal kam ihm der Gedanke, seine Enkelin könne sich für den jungen Gracchus interessieren. Sogleich sandte er einen prüfenden Blick zu seinem Gast, bevor er wieder Silana betrachtete. Er nahm sich vor, in einer ruhigen Minute dieses Thema anzusprechen, denn er wollte im Bilde sein.

  • Als der Claudius seine nebulösen Andeutungen sogleich begrub, hinterließ dies bei dem jungen Flavius nur umso größere Konfusion, obschon selbstredend er nicht wagte, diese durch weitere Rückfragen zu klarifizieren.


    Stattdessen fügte er sich gehorsam in die Rekalibrierung des Sujets, welche ohnehin ja seiner originären Intention entsprach.
    "Nun, ich hörte bereits davon und wünsche dir selbstredend auch viel Erfolg."
    , griff er somit den Faden hastig auf und erwog für einen Augenschlag, wortreich seine Inkapabilität zu beklagen, die Unterstützung Menecrates' nicht in selbiger Weise erwidern zu können, nahm davon jedoch Abstand, um nicht zusätzlich die Schuld zu betonen, in welche die Flavii sich durch sein Ersuchen begaben.


    Er räusperte sich also ein wenig nervös, nahm einen Schluck aus dem zuletzt ein wenig verwaisten Weinbecher und fragte sodann in Ermangelung wahrhaftiger Projekte, die er selbst für seine Amtszeit hätte vorstellen können:
    "Verfügst du bereits über konkrete Pläne, denen du dich im Falle einer Wahl zu widmen gedenkst?"
    Wieder schweifte sein Blick kurz hinüber zur Enkelin des Praetorius, deren Mimik sich ihm indessen ob ihrer Proximität nicht recht erschloss.

  • Die Frage nach seinen Plänen überraschte Menecrates im ersten Moment, denn aus reiner Höflichkeit erwartete er eine solche Nachfrage nicht. Er hörte außerdem ernsthaftes Interesse heraus, weswegen er eine kurzen Überblick gab.
    "Ich habe mir zwei Schwerpunkte gesetzt, die beide die innere Sicherheit Roms wiederherstellen bzw. sichern sollen. Ich möchte dazu eine Projektgruppe ins Leben rufen, die sich einzig damit beschäftigt, die Ursachen für die schweren Unruhen der letzten Wochen, ja Monate herauszufinden. Sie soll außerdem ein Konzept erarbeiten, wie diese gefunden Ursachen beseitigt werden könnten und das Ganze dem Senat präsentieren, der anschließend das weitere Vorgehen beschließt. Der zweite Schwerpunkt gilt der lückenlosen Durchführung sämtlicher Staatsopfer. Wir brauchen der Götter Unterstützung, sind aber zunächst in einer Bringschuld."
    Vielmehr glaubte er sogar, dass in der Vergangenheit zu nachlässig geopfert und gesühnt wurde.

  • Was Menecrates da so wortreich projektierte, erschien dem jungen Flavius überaus interessant, zumal es die beiden Schwerpunkte umfasste, welche die Zeit seit seiner Purgation hatten bestimmt: der Kriegsdienst auf der einen, der Götterdienst auf der anderen Seite. Ersteres lag als Necessität seit dem Sklavenaufstand auf der Hand, zweiteres in mindestens demselben Maße seit seinen visionären Begegnungen.
    "Der Senat wird deine Projekte zweifelsohne unterstützen."
    , bemerkte er daher und nickte konfirmierend.


    Ein wenig insekur blickte sodann er zu Boden, neuerlich zu der Claudia und endlich zurück in das Antlitz des consularen Kandidaten, als er zu einem weiteren Vorstoß sich wagte, zu welchem sein Kommentar lediglich den Introitus hatte dargestellt:
    "Indessen frage ich mich... ob dir nicht womöglich auch meine Unterstützung von Nutzen wäre, sofern auch ich mein Amt erlangen würde und als Quaestor Consulum kandidieren würde."
    Manius Minor war keine Zeit verblieben, Manius Maior bezüglich der Wahl der Quaestur zu konsultieren, sodass lediglich er höchsteigene Reflexionen hatte angestellt, welchem Magistraten für ihn zu dienen schicklich sein würde. Seinem Stande gemäß kamen selbstredend lediglich die angesehensten der Ämter infrage, vornehmlich das des Quaestor Principis, doch hatte er, nachdem der Kaiser ihn hinsichtlich seiner insuffizienten Amtsführung als Vigintivir, wenn auch sanft, gerügt hatte, nicht gewagt, den Augustus selbst um die Gnade seiner Unterstützung zu bitten. Somit war das Amt des Quaestor Consulum verblieben, welches zumal die Option bot, Bande zu einer potenten Familie wie der der Claudii zu knüpfen.





    PROXENIOS - ALEXANDRIA

  • Menecrates nickte mehrere Male bedächtig und stellte sich gleichzeitig Szenarien vor. Er kam letztlich in seinen Überlegungen zu einem positiven Schluss, den er mit geöffneten Händen in einer schweifenden Armbewegung ankündigte.


    "Warum nicht? Ich vertrete die Auffassung, dass produktive Arbeit dort am besten gelingt, wo Diskrepanz sich in Grenzen hält, hingegen wertschätzendes Auftreten und Einvernehmen tonangebend sind. Ich kann mir sehr gut vorstellen, mittels deiner Unterstützung für Rom das Bestmögliche während einer Amtszeit zu bewirken. Umso mehr möchte ich nun deine Kandidatur unterstützen."


    Flüchtig warf er noch einen Blick in eine ungewisse, aber angestrebte Zukunft. "Ich würde dich, sollte der Fall eintreten, dass unser beider Kandidatur erfolgreich ist, als rechte Hand ansehen. Bei Eignung würde sich die Eigenverantwortlichkeit sukzessive vergrößern. Ich müsste dann noch mehr über besondere Eignungen, Vorlieben und Fähigkeiten deinerseits erfahren, aber alles zu seiner Zeit. Überlassen wir den Göttern, unsere Schritte zu lenken."

  • Der junge Flavius lächelte ein wenig amüsiert ob jener vollendeten Ankündigung an Erwartungen und Perspektiven, wie sie in späteren Millenien womöglich als adäquate Inhalte einer Stellenausschreibung für eine Ausbildung würden gelten, während sie ihm für einen offiziellen römischen Magistraten beinahe ein wenig despektierlich erschienen. Indessen überwog die Freude angesichts der Akzeptanz seiner Offerte, zumal die Worte ihn gar ein wenig kalmierten, da der greise Claudius augenscheinlich gedachte, den Jüngling nicht zu überfordern, sondern behutsam an die Arbeit eines wahrhaftigen Magistraten heranzuführen.
    "Nun, es wäre mir in jedem Falle eine Ehre, an deiner Seite zu dienen."
    , erwiderte er somit und nickte.





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