Thermae | Miles peritus II

  • Nach dem unerquicklichen Empfang im Atrium suchte Manius Minor eiligst die hauseigenen Thermae auf, um sich von den Mühen der Reise zu erholen, insonderheit jedoch seinen aufbrandenden Zorn über jene aurelische Natter zu kühlen, welche es wagte sich als Herrin seines Vaterhauses aufzuspielen. Was fiel ihr ein, ausgerechnet im Angesicht des Sohnes des Hausherrn sich als Matrone aufzuspielen und ihm gar unterschwellig zu drohen, jenes familiäre Refugium in einen Tartaros zu verwandeln? Glaubte sie etwa, mit ihm einen ihrer servilen Diener vor sich zu haben, mit welchen sie doch umzuspringen pflegte, als handele es sich bei ihnen nicht um Menschen, sondern um tumbes Vieh? Vermeinte sie sich den Respekt eines Flavius zu erwerben, indem sie ihm drohte, ja zugleich jedweden Anstand missen ließ und selbst ihren Stiefsohn, welcher soeben vom Kriegsdienst heimkehrte, mit Gift und Galle zu empfangen?


    Es verlangte ihn geradehin, in die kühlenden Fluten des Frigidariums abzutauchen, um all jenen heißen Zorn zu dämpfen, während ein Sklave ihn mit dem Strigilis traktierte. Dann jedoch war es endlich so weit. Achtlos sprang der feiste Flavius in das Becken, dass die Wogen über die marmorne Umfassungen traten und die parat stehenden Sklaven benetzten. Der Jüngling verblieb abgetaucht, um die Kühle auch auf seinem Antlitz und zwischen den Haaren zu spüren, als ließe sich der Groll durch das kühle Element hinfortspülen. Doch in der Tat schienen seine sinistren Gedanken, die Aurelia womöglich durch einen gedungenen Mörder auszuschalten, zurückzutreten, während die Kälte von ihm Besitz ergriff und seine Haut jener des Federviehs approximierte. Als sein Schaudern schließlich in beständige Muskelkontraktionen sich wandelte und zähneklappernd er wieder auftauchte, war die erste Wut verraucht und er wandte sich den ihm bekannten Sklaven zu, die bereits emsig damit begonnen hatten, das aquarelle Malheur ihres Herrn zu bändigen.


    So erkundigte er sich hinsichtlich der Geschehnisse in der Villa Flavia Felix und ganz Rom während des vergangenen Jahres, ehe er endlich ins Caldarium wechselte, wo er Scatos Ankunft erwartete.

  • Es dauerte nicht allzu lange bis Scato sich, natürlich nur in seiner eigenen Haut und einem Tuch bekleidet, ins Caldarium setzte und sich von der nebelig-warmen Luft umströmen ließen.
    "Manius, ich hoffe du hast den Staub der Straße abwaschen können und dich einigermaßen erholen können. Ich hoffe es geht dir gut?" fragte Scato und brachte das Gespräch damit beiläufig ins rollen, während er sich ein wenig zurücklehnte und die Augen schloss. Dieser Ort war schon was feines.

  • Der junge Flavius trug kein Handtuch, sodass sein feister, von Schweiß und Wasser glänzender Leib zur Gänze zu inspizieren war, da doch zum einen dies keineswegs als anstößig galt, zum andern die Sklaven die Marmorstufen, auf welchen sie sich platziert hatten, ohnehin zu reinigen hatten.
    "Oh, ich muss sagen, die Heimkehr war ein wenig... ernüchternd."
    , erwiderte er freimütig auf die initiante Frage Scatos, da erstlich er seinem Vetter durchaus hinreichend Vertrauen entgegenbrachte, um ihm jenen Konflikt nahezubringen, zum zweiten jedoch es ohnehin vergebens war, ihn innerhalb der eigenen vier Wände verbergen zu wollen.
    "Mir scheint, zwischen meiner Stiefmutter und mir bestehen gewisse Differenzen, welche meine Absenz augenscheinlich nicht zum Verschwinden brachte."

  • "Ich habe eure Differenzen bereits vernehmen können. Ich kann mir gut vorstellen welche Enttäuschung deine Rückkehr gewesen sein muss, insbesondere da dein Vater momentan nicht in Rom weilt." entgegnete Scato, erst einmal ohne wirklich auf Prisca einzugehen, wobei er dieses Thema wohl nicht ignorieren könnte wenn Manius es direkt ansprach.
    "Prisca scheint ihre Rolle als Matrone in diesem Haus recht energisch ausfüllen zu wollen. Ich frage mich jedoch, weshalb euer Verhältnis dermaßen angespannt ist. Ist da etwas vorgefallen Manius? Was sind diese Differenzen" fragte Scato und blickte den jungen Flavier fragend an. Er selbst hatte ja eine eigene kurze aber recht stürmische Vergangenheit mit Prisca und hatte diese eigentlich als recht umgänglich in Erinnerung.

  • Manius Minor schwieg eine Weile, als Scato ihn so direkt bezüglich seiner Relation zur aurelischen Natter befragte, konnte er wohl kaum in gänzlicher Offenheit seine infantile Furcht vor jener fremden Favoritin Manius Maiors formulieren, zumal er selbst erst genötigt war, seine Gedanken hinsichtlich ihr zu ordnen. Noch trefflich memorierte er den Schrecken, welcher ihn hatte befallen, als sein Vater ohne jedwede Konsultation seiner Kinder sich an einer Verbindung mit Prisca interessiert gezeigt hatte, jenen überaus heftigen Streit mit ihm hinsichtlich ihrer Person, welcher final in eine beiderseitige Absage aneinander hatte gemündet, seine erfolglose Aktivierung diviner Mächte, um zur rechten Zeit ihrer ledig zu werden, und seinen erschröcklichen Verdacht, sie trüge Schuld am Tod seiner Schwester, den final er in Opium und Wein hatte verdrängt. Während er so nachsann, erwachte jedoch auch eine überaus unrühmliche Remineszenz an jenen Brief an Scato, den er infantiler Machtlosigkeit von Alexandria nach Rom hatte gesandt. Noch immer, und insonderheit nach jenem Empfang, hegte er Argwohn hinsichtlich der Todesumstände seiner Schwester, doch musste retrospektiv sein Alarmruf geradehin paranoid gewirkt haben, weshalb er es vorzog, ihn nicht weiter zu thematisieren in der Hoffnung, ein dreimalig aufgegebener Brief mit expliziter Mahnung zur persönlichen Zustellung hätte seine Destination schlicht nicht erreicht.
    "Nun, als Erstgeborener meines Vaters erachte ich es als meine Pflicht, für das Wohl der Familie zu sorgen."
    , begann er und sog ein wenig der heißen Luft ein, während zugleich er im Geiste weitere Worte präparierte:
    "Und ich erachte die Verbindung meines Vaters zu Aurelia als schädlich. Ihr Empfang hat lediglich konfirmiert, dass sie bestrebt ist, nicht wie es einer guten Matrone wohl ansteht, ihrem Gatten eine Stütze zu sein, sondern vielmehr von Machtgier getrieben ist, um nicht das Wohl unserer Familie, sondern lediglich ihr eigenes zu mehren. Mein Vater will dies augenscheinlich nicht akzeptieren, doch nun, da er seit geraumer Zeit fern von Rom weilt, fürchte ich umso mehr, dass Aurelia unkontrolliert ihr Regiment in unserem Hause führt und womöglich selbst unseren Besitz zum Nutzen von ihr und ihrer Familie veruntreut."
    Nichts von jenen Anschuldigungen war durch irgendwelche Fakten zu konfirmieren. Dennoch fühlte Manius Minor sich genötigt, seiner Haltung eine leidlich intellegible Justifikation zu verleihen.

  • Scato hörte sich ruhig und gelassen die Gedankengänge seines Verwandten an während er selbst sein Handtuch zur Seite schob und einmal laut seufzte ob der Wärme und des Dampfes welcher ihn umhüllte.
    "Deine Abneigung gegen Prisca ist mir ja bereits länger bekannt. Als du noch ein Junge warst, hattest du mir einmal einen Brief geschrieben, erinnerst du dich?" fragte Scato nach, er hatte das Schreiben damals mehr oder minder ignoriert, da er sich nicht in die Angelegenheiten seines Onkels einmischen wollte.
    "Der Groll scheint dir nicht vom Gemüt gewichen zu sein. Ich maße mir bezüglich Prisca kein Urteil an. Ich gehe ihr seit einiger Zeit schon aus dem Weg, die Ursprünge für diese persönliche Entscheidun rühren aus Tagen die noch vor der Ehe deines Vaters lagen." äußerte sich Scato vorsichtig, besann sich dann jedoch trotzdem auf seine Rolle als 'ältester Mann im Haus', und versuchte sich dem Problem anzunehmen.
    "Du bist nun in Rom und da dein Vater nicht hier ist, trägst du eine große Verantwortung. Egal was du ihr vorwirfst, du wirst nun die Möglichkeit haben es zu unterbinden und die Villa Flavia wieder zu ordnen." bestärkte er ihn, auch wenn er selbst natürlich ebenfalls für Ordnung in der Villa sorgte.

  • Augenscheinlich war der Brief keineswegs in Vergessenheit geraten, wie Manius Minor mit einigem Bedauern erkannte, obschon seine Betrübnis sich mäßigte, als Scato nicht lediglich erwähnte, dass er seiner Einschätzung, wenn auch aus augenscheinlich differenten Motiven, konsentierte und ihm gar den Rat gab, seine Position zu halten. In der Tat wurde ihm erst nun bewusst, dass es ihm keineswegs anstand, sich in Furcht vor seiner Stiefmutter zu verkriechen, sondern er nunmehr ein Mann war, welcher mit demselben Recht den Haushalt verwaltete und seinen Vater vertrat wie jene aurelische Natter, ja dies womöglich gar eine Obliegenheit darstellte, die auch die Maiores ihm auftrugen.
    "Ich werde tun, was mir possibel ist."
    , erwiderte er somit nachdenklich und verfiel für einen Augenblick in spintisierendes Schweigen.


    Dann jedoch wandte er seinen Kopf wieder seinem Anverwandten zu und erklärte:
    "Aber ich wollte dich nicht mit meinen privaten Querelen torquieren. Sprechen wir lieber über Dinge größerer Bedeutung: Auf meiner Reise hierher begleitete mich ein jungen Tiberius namens Merula, ein Verwandter von Tiberia Lucia. Er berichtete mir extensiv über den Sklavenaufstand, welcher deine Spiele überschattete. Wie konnte es dazu kommen? Hat unser Besitz alles wohlbehalten überstanden?"
    Seitens der Flavii hatte Manius Minor keinerlei Informationen über den Aufstand erhalten, jedoch aus dem Fehlen expliziter Nachrichten geschlossen, dass seine Familie im Wesentlichen alles unbeschadet überstanden hatte, zumal er aus zweiter Hand hatte erfahren, dass der amtierende Aedil durchaus unbeschadet von seinen Spielen war zu evakuieren gewesen.

  • Natürlich musste es wieder um den Aufstand gehen, dieses Thema hatte Scato nun schon jeden Tag seit Ausbruch der Unruhen verfolgt, schließlich waren es nun einmal seine Spiele, und dennoch wäre er froh gewesen wenn die Ereignisse im kollektiven Gedächtnis der Stadt verblassen würden. Doch noch war zu wenig Zeit vergangen...
    "Unser Besitz hat alles gut überstanden." entgegnete Scato und verschwieg dabei, dass einer der Badesklaven klare Sympathien für die Aufständischen hegte. Die Sklaven hatten nun einmal ebenfalls Ohren, und Scato wollte sich dem Problem später selbst annehmen.
    "Mein Aedilat jedoch ist natürlich von diesem Makel gezeichnet. Schon während meiner Amtszeit versuchte mir irgendein freigelassener Sklave einen Strick aus großzügigen Spenden für das arme Volk zu drehen. Es war absurd." echauffierte sich Scato, besann sich dann aber wieder darauf, dass er eigentlich zur Entspannung hier war.
    "Es war eine unruhige Zeit während du weg warst. Die Aufstände kamen für mich aus dem nichts und auch die Stadteinheiten haben sich scheinbar im Vorfeld nicht mit Ruhm bekleckert."

  • Augenscheinlich grämte Scato noch immer jenes Fiasko seiner geplatzten Spiele, weshalb Gracchus Minor davon absah, diese intensiver zu thematisieren, obschon er sich fragte, ob ein derartiger Aufstand womöglich durch eine weniger beschwerliche Herrschaft über die Unfreien wäre zu vermeiden gewesen. Wieder dachte er zurück an die despektierliche Rede über das Gesinde, der etwa seine Stiefmutter sich zu befleißigen pflegte und runzelte die Stirne.
    "Durchaus erstaunlich, dass ein derart großer Aufstand den Schergen des Kaisers in seiner Präparation gänzlich entging."
    Sodann wandte er sich jedoch dem zweiten Zwischenfall zu, welchen Scato lediglich nebulös erwähnt hatte:
    "Wie ist aus einer Spende ein Strick zu drehen?"
    Selbstredend hatte den jungen Flavius in Germania keine Nachricht über die Anklage seines Vetters erreicht, sodass sein Vorwitz geweckt war.

  • "Nun, zur Feier meiner Wahl hatte ich vor der Straße der Villa einige Tische für Spenden errichten lassen. Augenscheinlich haben einige unserer Sklaven auch noch nach Ablauf der erlaubten Spendezeit Lebensmittel und Reste der Feierlichkeiten verteilt. Eine Ordnungswidrigkeit, und dennoch versuchte dieser Bursche mir Amtsanmaßung und ähnliche schwere Vergehen anzudichten. Es war ein groteskes Schauspiel." echauffierte sich Scato, und fuhr sich durch das Gesicht, "Diese Banalitäten vermögen es auch die ambitioniertesten Ziele ins stocken zu bringen. Eine Erfahrung die dir sicherlich auch irgendwann bevorsteht."

  • Der Jüngling schüttelte irritiert sein Haupt, erschien es ihm doch inimaginabel, wegen schnöder Speisenrestanten ein derartiges Spektakel zu initiieren.
    "Bisweilen frage ich mich, ob eine Bestrafung verleumderischer Klagen nicht ein geschicktes Regularium wäre."
    , bemerkte er hinsichtlich jener derart gegenstandslosen Akkusation, welche zweifelsohne politischer Natur war gewesen.
    "Indessen bleibt zu hoffen, dass Sciurus' Umsicht mich vor derartigen Nihilitäten bewahrt."
    Der Jüngling hegte keinerlei Interesse an der Administration der schnöden Ökonomie, weshalb selbstredend er all jene diesbezüglichen Obliegenheiten weit von sich und dem Vilicus der Familia Flavia Graccha hatte zugewiesen, über dessen Amtsführung hingegen weder unter der Ägide seines Vaters, noch seiner eigenen jemals Klagen waren aufgekommen.


    Einen Augenblick schwieg er, ehe er sodann das Gespräch aufs Neue aufnahm:
    "Gibt es weitere Novitäten aus der Urbs?"

  • "Es wäre sicherlich ein interessanter Ansatz, jedoch ist die Frage, wie derartige Vergehen sicher nachzuweisen sind. Denn das sich meine Sklaven etwas zuschulden haben kommen lassen steht außer Frage, jedoch war es eine Ordnungswidrigkeit die zu seiner schweren Straftat aufgebauscht werden sollte." erklärte Scato, zuckte aber dann mit den Schultern "Eventuell sollte ich meine Sklaven auch einmal in römischen Recht schulen lassen. Wie dem auch sei, ich habe es offensichtlich überstanden." wiegelte er das von sich selbst eingeführte Thema schnell ab.
    "Ich plane eine baldige Eheschließung mit Sassia. Sollte Menecrates das Amt des Consuls antreten so werde ich die Vermählung während dieser Amtszeit vollziehen. Ich denke, dass sich das einfach anbietet. Darüber hinaus wurde mit der Posten des Curator Aquarum angeboten welchen ich annehme. Das sind die Neuigkeiten mit denen ich dienen kann. Indes wird es bald an der Zeit sein, etwaige Feste wie die Saturnalien oder ähnliches zu planen und vorzubereiten. Ich denke, dass es eine gute Idee wäre öffentlichkeitswirksam auszurichten, was meinst du?"

  • Jurisprudenz zählte bisherig nicht zu den favorisierten Objekten der Aufmerksamkeit des jungen Flavius, indessen offenbarte sein gesunder Menschenverstand ihm bereits, dass Scato durchaus im Recht lag. Es erschien absurd, sämtliche Sklaven die Subtilitäten des römischen Rechtes einzuführen, zumal ja auch ein gemeiner Plebejer nicht bessere Kenntnis darüber besaß.


    Folglich schwieg er zustimmend und wandte sich erfreulicheren Thematiken zu:
    "Welch erfreuliche Novitäten! Ist bereits ein Termin für die Hochzeit anberaumt?"
    Der junge Gracchus schätzte die Claudii und verspürte geradezu eine enkelsgleiche Admiration für den alten Menecrates, welcher stets ihn mit größtem Wohlwollen hatte traktiert. Dessenungeachtet verlangte es ihn jedoch danach, Claudia Silana wiederzusehen, deren Brief er nicht beantwortet hatte in der Hoffnung, ihr auf irgendeinem gesellschaftlichen Anlass persönlich zu sehen. Zweifelsohne würde dies noch einige Zeit beanspruchen, da er ja erst vor wenigen Stunden Rom wieder hatte betreten, doch verspürte er Zuversicht, baldig im Hause der Claudii zu Gast zu sein. Oder sie in ihrem.
    "Oh, ein Gastmahl wäre wahrhaftig eine gute Idee. Womöglich auf Onkel Furianus' Villa suburbana?"
    Ob der Reihe von Feiertagen zu den Saturnalia pflegten ja nicht wenige römische Aristokraten, sich auf ihre Landgüter zu retirieren, um in der Ruhe Latiums ihre wohlverdienten freien Tage zu verbringen, obschon selbstredend jene, die kultische Pflichten zu erfüllen hatten, eher in der Nähe der Urbs verblieben.
    "Ich vermute, Catus wird keine Einwände dagegen haben."
    Scato war derzeitig der ranghöchste der Flavii in Rom und verwaltete somit den Besitz der Familie in und um die Stadt, zumal Catus Atilianus ja Rom hatte verlassen, nachdem sein Vater vor einigen Jahren verstorben war. Obschon seine Remineszenz an jene Ortschaft ein wenig getrübt war ob der dortigen Reitstunden, mit welchen er für einige Zeit sich hatte torquieren müssen, memorierte er doch ein agreables Anwesen, das leichtlich eine kleine Festgesellschaft würde aufnehmen können.

  • Als Scato nicht prompt das Wort erhob, argwöhnte der junge Gracchus, seinem Vetter behage seine Idee nicht recht, weshalb er sich anschickte, seiner dürren Offerte ein wenig Farbigkeit zu verleihen:
    "Womöglich könnte man gar eine Jagdpartie veranstalten und des Abends sich in die Villa zurückziehen. Falls unseren edlen Gästen ein wenig nach Bewegung zwischen den Schlemmereien der Feiertage wäre..."
    Noch immer behagte Manius Minor allzu vehemente Bewegung kaum, doch war er wohl niemals in besserer Konstitution gewesen, um eine derartige Jagdpartie zu absolvieren, weshalb es ihm geboten erschien, jene Option nun zu nutzen, ehe die Trägheit und die Annehmlichkeiten des stadtrömischen Alltags seine erworbene, zumindest leidliche Körperform wieder überformten.

  • "Eine gute Idee Manius, jedoch muss ein solcher Ausflug gut geplant sein. Wen gedenkst du einzuladen? Ich denke die Claudier sind unerlässliche Gäste, sowie auch die Aurelier und die Tiberier. Auch wenn sie derzeit nicht unbedingt von den Göttern begünstigt scheinen, so ist es noch immer an uns allen die Geschlossenheit zwischen den Patriziern zu demonstrieren." merkte Scato an, bevor ihm noch etwas anderes einfiel "Indes habe ich nebst Claudius Sabinus als Tiro noch einen aufgeweckten jungen Duccius als Klient. Er scheint sehr lernwillig, und auch wenn man aus einem Esel keinen stolzen Hengst machen kann so sehe ich durchaus das Potenzial trotz seiner germanischen Wurzeln. Eventuell sollten wir also das Publikum etwas mischen. Doch die Jagd ist eine exzellente Idee!"

  • "Nun, Tiberius Merula schien mir ein agreabler Zeitgenosse zu sein. Sein Bruder Verus könnte dagegen womöglich eine gewisse... Provokation für die übrigen Gäste sein: Er hat den Pflichten und Rechten seines Standes entsagt und lebt nun als ein gemeiner Centurio bei der Legion... respektive dem Cohortes Praetoriae."
    , erklärte der junge Gracchus, als Scato prompt in medias res ging und bereits die Gästeliste zu disputieren begann. Von jenen beiden Tiberii hatte er sich ja vor einigen Stunden erst getrennt und mit ersterem einige erquickliche Stunden in dessen Reisewagen verbracht, mit letzterem dagegen manchen Moment im vergangenen Jahr, welcher ihn zweifeln ließ, ob dieser nicht sonderlich alte Offizier sich noch für die Hautevolée Roms eignete.
    "Die weiteren Tiberii sind mir hingegen nicht bekannt. Merula erwähnte noch eine Schwester, die bereits hier ist, wenn ich mir recht erinnere... Corvina oder dergleichen? Ist sie dir bekannt?"
    Die übrige Gästeliste vermochte Manius Minor hingegen kaum zu kommentieren, da Scato zweifelsohne weitaus besser zu ponderieren wusste, wer für eine derartige Festivität geeignet war und wer nicht.
    "Wenn du diesen Duccius für geeignet erachtest, warum nicht? In Mogontiacum hatte ich das Vergnügen, einige durchaus akzeptable Duccii kennen zu lernen."

  • "Ein Centurio?" Scato horchte auf und schüttelte leicht den Kopf "O tempora o mores." sagte er leise und zog die Augenbrauen hoch "Nun ich fürchte, dass wir diesen.... interessanten... Tiberier wohl einladen müssen. Es wäre auch eine Provokation gegenüber seiner Familie wenn wir es nicht täten. Gerade deshalb sollten wir ein paar Plebejer einladen. Sie werden der Feier eine gewisse Freiheit diesbezüglich verleihen denke ich." befand er, was er natürlich nicht offen sagen würde war die Tatsache, dass er hoffte, dass der niedere Plebs unter sich bleiben würde und er sich den Abend mit seinesgleichen nett machen konnte.
    "Ich denke ich habe Tiberia Corvina einmal kennengelernt. Ein hübsches Ding, ich hatte sie glaub ich sogar als mögliche Kandidatin für dich in Betracht gezogen, verzeih die Anmaßung. Doch die Tiberii sind dezeit nur bedingt für eine Verbindung geeignet. Wo wir gerade dabei sind Manius: Ich habe im Senat viel Gegenwind für meinen Familienstand bekommen. Ich empfehle dir, schnell zu ehelichen." legte er ihm nahe, beließ es aber dann dabei.
    "Erzähl doch einmal von der germanischen Gesellschaft. Ich weiß nichts über Mogontiacum, außer, dass Senator Duccius Vala dort als Legatus dient. Was ich persönlich recht erfreulich finde da er somit nicht in Rom weilt. Hast du ihn kennengelernt?"

  • Der junge Gracchus runzelte ein wenig die Stirne, als Scato erklärte, jenen gemeinen Centurionen trotz seiner mangelnden Eignung auf ihre Festivität zu laden (zumal ein plebejischer Spross noblen Hauses ihm eine weitaus willkommenere Gesellschaft war), indessen verließ er sich auf das Urteil seines älteren Vettern und kalmierte sich mit dem Gedanken, dass die Saturnalia ohnehin eine Zelebration der gesellschaftlichen Nivellierung war, sodass es womöglich adäquat war, auch die gefallenen Sprösslinge der Tiberia zu laden, obschon der Stern jener Gens mit dem Verschwinden des Tiberius Lepidus rapide war gefallen.


    Die Erwähnung Scatos, Tiberia Corvina einestags für ihn als Gattin erkoren zu haben, wandelte seine spintisierende Miene hingegen in ein amüsiertes Lächeln:
    "Nun, ich gedenke nach meine Aufnahme in den Senat sogleich meine nun bereits lange Jahre Verlobte Cornelia Philonica zu ehelichen. Ich nehme an, du kennst sie von meinen Geburtstagen?"
    Alljährlich war der junge Flavius genötigt gewesen, seine Angetraute zumindest anlässlich seines Dies natalis in die Villa Flavia Felix zu laden, obschon er all seine Kinder- und Jugendtage wenig Neigung zu ihr verspürt hatte, was nicht allein an ihrer unansehnlichen Gestalt geschuldet war. Noch immer hegte er lediglich mäßige Gefühle für das Mädchen, welche am ehesten mit Mitleid waren zu titulieren, doch hatte er sich in sein Schicksal gefügt.


    Dennoch war es die weitere Frage seines Anverwandten ihm ein willkommener Anlass, das Sujet zu wechseln:
    "Selbstredend, er war mein Vorgesetzter. Allerdings hatte ich weitaus weniger Kontakt zu ihm, als ich vermutet hatte, da er beständig sich auf Reisen durch die Provinz befindet. Zur provinzialen Elite fielen die Kontakte ebenfalls eher spärlich aus, sieht man von meinen eigenen dienstlichen Exkursionen, wo ich stets von den Stadtvätern zum Gastmahl geladen wurde. Die Decuriones Germania Superiors sind allerdings eher primitive, bäuerliche Gestalten. Herzlich und gastfreundlich durchaus, doch wenig geistreich."
    Er dachte an die Warnungen, welche Manius Maior ihm hinsichtlich Duccius Valas gegeben hatte, fühlte sich jedoch bemüßigt, ein wenig zur Ehrenrettung der Duccii beizutragen:
    "Indessen hatte ich die Gelegenheit, in Mogontiacum einige Anverwandte des Statthalters kennenzulernen, welche überaus umgängliche Zeitgenossen waren. Sie offerierten mir gar, mich auf eine Jagdpartie mitzunehmen."





    PROXENIOS - ALEXANDRIA

  • "Ah selbstredend, ich vergaß deine Verlobte Philonica. Bei deiner raschen Entwicklung hatte ich doch tatsächlich übersehen, dass es noch ältere Verpflichtungen deinerseits gab. Nun, verzeih den Ausrutscher." sagte Scato etwas konsterniert, dieses cornelische Mauerblümchen hatte es nie wirklich in seinen Fokus geschafft und von ihrer Ausstrahlung hatte sie in seinem Kopf eher den Platz einer einfachen Magd eingenommen als den einer zukünftigen Verwandten.
    "Es stimmt also was man über Germanien sagt. Ein noch wildes Land welches von unzivilisierten Tölpeln bewohnt ist. Es ist geradezu besorgniserregend, dass diese Leute auch noch in den hohen Ämtern zu finden sind. Obgleich dies natürlich nur meine Meinung unter vier Augen ist. Die Duccier genießen ja recht hohes Ansehen, eventuell hat der Geiste Roms also den ein oder anderen bereits vereinnahmt, ich würde es begrüßen. Hast du an der Jagdpartie teilgenommen? Bei all den Bestien die sich in den germanischen Wäldern tümmeln sollen wäre das sicherlich eine interessante Erfahrung gewesen!"

  • Dass Scato das Verlöbnis zu der Claudia war entfallen, vermochte Manius Minor mit Nachsicht zu akzeptieren, da seine Affektion zu dem Mädchen doch selbst so limitiert war, dass ein Wechsel des Sujets ihm überaus willkommen war.


    Folglich enthielt er sich eines weiteren Kommentars in dieser Angelegenheit, sondern wandte sich intensiver der duccischen Causa zu:
    "Leider gestatteten meine Dienstpflichten mir nicht, die Offerte anzunehmen, obschon sie mich durchaus gereizt hätte. Wie mir meine Kommilitonen berichteten, sind die Wälder Germanias weitaus wildreicher als die unseren, zumal sie signifikant weitläufiger sind als die Italias und in geringerem Maße bejagt werden."
    , erwiderte er erstlich, zurücksinnend an die zahllosen Übungsmärsche auf schnurgeraden Straßen durch jene impermeablen Wälder, in denen angeblich Auerochsen und Elche ihre Heimstatt hatten, aber auch Wölfe und schlimmere Bestien.
    Einen Augenschlag schwieg er und beugte sich ein wenig tiefer ins wärmende Nass, ehe er beschied, doch zumindest eine kleine Lanze zugunsten der vermeintlichen Barbaren im Senatorenpurpur zu brechen:
    "Dessenungeachtet erschienen die Duccii mir nicht unkultivierter als die meisten Provinzialen, selbst wenn ihre Haartracht ein wenig... gewöhnungsbedürftig ist."
    Er lächelte versonnen, als er der langen Haare und des Bartes gedachte, als er erkannte, dass wohl sein Anverwandter nicht um jene Tradition wusste:
    "Sie alle tragen Bart- und Haartracht nach Art ihrer Vorväter und nicht gemäß unserer Mode. Doch ihr Charakter ist überaus freundlich und ihre Gastlichkeit war überaus admirabel, wie überall in Germania."

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