Entsendung eines neuen Statthalters für Germania Superior


  • Heute war es soweit und die Anspannung am Palatin war förmlich zu spüren. Überall wuselte Palastpersonal umher um die letzten Handgriffe für die Zeremonie zur Entsendung des neuen Statthalters von Germania Superior zu erledigen. Speisen wurden im großen Triclinium der Domus Flaviana vorbereitet und die Basilica, in der diese Zeremonie traditionell stattfand, war bereits entsprechend von den ersten geladenen Gästen und Honoratioren Roms bevölkert, sodass einer Ernennung von Decimus Livianus zu Legatus Augusti pro praetore, samt Auspizien und Paludamentums-Verleihung nichts mehr im Wege stand.


    Eine weitere, heute besondere und für Iunius Silanus wohl wesentlich wichtigere Tatsache war, dass er neben dieser außerordentlichen Auszeichnung für seinen Patron auch eine ganze Kohorte der Prätorianer vor dem Palast aufmarschieren hatte lassen, da den Decimer bei seiner Reise nach Germanien auch die Kaiserin begleiten würde. Alles in Allem also ein Großereignis und Spektakel, dass einen gewissen Seltenheitswert hatte und wo die Prätorianer und die kaiserliche Administratio natürlich versuchten, sich von ihrer besten Seite zu präsentieren. Auch hier in der Basilica wimmelte es freilich von Prätorianern und es würden noch mehr dazu kommen, wenn der Kaiser den Saal betrat. Zufrieden mit der Aufstellung seiner Wachen, schritt der Iunier noch einmal die einzelnen Kontrollpunkte und Posten ab, die er sorgsam ausgewählt und in der ganzen Domus Flaviana platziert hatte.

  • Auch der Abgesandte des Trecenarius befand sich unter den Anwesenden, um sich ein abschließendes Bild des Decimus zu machen, der eine wichtige Stelle fernab von Rom antrat. Vielleicht wollte er dem Mann bei Gelegenheit auch eine Warnung mitgeben, da er selbst diese Region, die der Decimus nun im Namen Roms beherrschen sollte, kannte. Dennoch würde sich der Abgesandte, der später seinem Vorgesetzten berichten würde, nicht in den Vordergrund drängen. Mit seinen beiden vertrauten Offizieren hielt er sich angenehm zurück und blickte sich aufmerksam von einer abseitigen Ecke des Raumes um. Man wollte meinen, dass er zu den prätorianischen Leibwachen gehörte, die er zum Teil auch befehligte. Er trug die gewöhnliche Toga eines Prätorianers, damit er nicht allzu martialisch wirkte und man die dezente Würde dieser Hallen wahrte. Auch war es besser nicht jedem offen eine Waffe zu zeigen. Nun hieß es warten.

  • Mit den ersten Gästen und Zuschauern des kommenden Spektakels spühlte es auch mich in die Basilica der Domus Flaviana. Ich hatte mir heute wirklich grosse Mühe gegeben die Toga auf dem Wege hierhin nicht aus dem Faltenwurf kommen zu lassen, aber in dieser Menge an Menschen war das völlig unmöglich. Es schien, als wäre mindestens die Hälfte der Stadt auf dem Weg in die Domus Flaviana und die andere Hälfte auf dem Weg davon weg um Platz zu machen.


    Dass die Wachen heute darauf verzichteten jeden einzeln zu durchsuchen und jeden nach seinem Begehr zu befragen und damit zum Glück ihren Teil zu einem grossen Auftritt meines neues Patronus beitrugen, war sehr angenehm. Niemand mochte es, wenn er schon am Eingang des Palastes stundenlang warten musste, nur weil er dummerweise am Morgen nicht der Erste am Eingangstor gewesen war.


    Zufällig hatte mich die Menge so nach vorne gespült, dass ich nun bei den Ersten war und einen Platz ganz vorne ergattern konnte. So blieb natürlich auch noch genügend Zeit die Toga wieder zu richten, was alleine gar nicht so einfach war. Im Normalfall benötigte man dafür ja mindestens 2 Sklaven, doch diese hatte ich heute nicht mitgenommen. Es erschien mir nicht als angebracht, in meiner noch geringen Stellung bereits mit einem Tross Sklaven im Palast zu erscheinen.

  • Decimus Livianus traf als einer der Hauptakteure des heutigen Tages ebenso mit den ersten Gästen ein. Begleitet wurde er von seiner neuen Eroberung Aglaia und einigen Klienten, die es sich nicht nehmen hatten lassen, ihren Patron von der Casa Decima abzuholen und ihn hier her zu geleiten. Weit kam er nicht, da er bereits am Eingang zahlreiche Hände schütteln und Glückwünsche entgegen musste. Ein kleiner Smaltalk hier und ein paar freundliche Worte dort. So bahnte er sich nach und nach seinen Weg durch die vereinzelten Grüppchen an Gästen, die in der nächsten Zeit bestimmt noch rasant anwachsen würden.


    Bis der Kaiser seinen Auftritt hatte dauerte es noch eine ganze Weile und in der Zwischenzeit konnte man sich mit Erfrischungen und kleinen Häppchen im großen Triclinium der Domus Flaviana stärken, auf das Livianus samt seinem Tross langsam aber zielbewusst zusteuerte. Unterwegs traf er auch auf bekanntere Gesichter, wie zum Beispiel seinen neuen Klienten Annaeus Florus Minor, den er herzlich begrüßte.


    "Annaeus! Es freut mich, dass du kommen konntest."

  • Natürlich war die Vorbereitungszeit für die Reise viel zu kurz gewesen. Aglaia hatte kaum genug Zeit gehabt, um vernünftig einkaufen zu können und sah sich völlig unterversorgt mit ihrer Auswahl an Pelzen, Kleidern und Schuhen. Aber sie versuchte, das beste daraus zu machen und sich mit dem Gedanken zu trösten, dass sie auf der Reise ja auch in der ein oder anderen Stadt kurz Halt machen würden. Die Kaiserin würde doch sicherlich die Chance nicht ungenutzt lassen, sich auch den Leuten in Pisae oder in den großen Städten von Raetia und was auch immer da oben sonst noch war zu präsentieren. Und vielleicht gab es dort ja noch den ein oder anderen, kleinen Schatz. Hoffentlich.


    Hier und heute allerdings erstrahlte Aglaia in einem tiefblauen Kleid aus feinster, ägyptischer Baumwolle, abgestickt mit silbernen Mäander-Mustern um den Halsausschnitt und an den Ärmeln. Dazu ein schmaler Gürtel mit feinen Silbermünzen beschlagen. Da dies ein offizieller Empfang war, musste natürlich auch eine Palla sein. Allerdings war Aglaias Palla so fein gewebt, dass die blaue Seide vollkommen durchsichtig war, fast wie ein sehr feines Netz. An unzähligen Punkten waren kleine, blaue Saphire (na gut, eigentlich Glassteine, aber sie sahen aus, wie Saphire!) eingewoben, so dass die Palla beim richtigen Lichteinfall sachte blau vor sich hinglitzerte.
    Natürlich war Aglaia heute nur Gast in der zweiten Reihe, aber in dieser würde sie wohl unangefochten das Kronjuwel sein. Und noch konnte sie an Livianus Seite ein wenig strahlen, oder zumindest knapp hinter ihm. Auch wenn es einer Geliebten sehr viel eher freistand, Gefühle ihrem Geliebten gegenüber auch in der Öffentlichkeit zu zeigen, war dies natürlich sein großer Auftritt, und Aglaia war nicht so dumm, ihm diesen durch unangebrachtes Verhalten zu vergällen. Es sollte ihn hinterher jeder um seine wunderschöne Geliebte beneiden, nicht ihn wegen dem impertinenten Weib an seiner Seite bemitleiden.
    Also hielt sie sich einen halben Schritt hinter ihm, ganz klar zu ihm gehörig aber ebenso ganz klar ihm in diesem Moment untergeben, und verteilte hierhin und dorthin ein strahlendes Lächeln, ein huldvolles Nicken oder auch eine kleine Geste, während sie Livianus durch die Menge folgte. Ab und an blieb er stehen, um jemanden zu begrüßen. So auch jetzt, als er mit einem jungen Mann ein paar Worte wechseln wollte. Aglaia wartete einfach und sah sich derweil schon einmal um, ob sie noch jemanden von Rang und Namen identifizieren konnte.

  • Menecrates gehörte nicht zu den ersten Gästen und als er eintraf, musste er sich erst orientieren. Er beauftragte einen seiner Sklaven, der ihn um einen Kopf überragte, nach Livianus Ausschau zu halten und erhielt wenig später einen Fingerzeig. Er ließ sich den Weg in die angegebene Richtung bahnen und entdeckte schon bald das vertraute Gesicht.
    Wie es der Zufall wollte, traf er ein, als Livianus gerade ein Gespräch beendete. Menecrates schätzte diesen besonderen Zufall, weil er ihm ersparte zu warten. Die Variante, ins Wort zu fallen, zog er nie in Betracht.


    "Livianus, was musste ich hören? Du wirst wieder für länger außerhalb Roms weilen?" Die gespielte Entrüstung beinhaltete einen ehrlichen Wermutstropfen. Immerhin richtete es das Schicksal häufig genug ein, dass sie an verschiedenen Orten agierten.
    Er streckte den Arm zu Begrüßung entgegen, während sein Lächeln die Wertschätzung verriet, die er Livianus entgegenbrachte.

  • Lachend ging der Decimer auf Menecrates zu und reichte ihm freundschaftlich die Hand.


    "Ja, das werde ich wohl Menecrates. Aber ich habe diesmal dafür Sorge getragen, dass ich unser letztes Aufeinandertreffen an der Rennbahn nicht so schnell vergessen werde."


    Bei diesem Satz deutet Livianus mit dem Kopf und einem breiten Grinsen im Gesicht über seine Schultern, um den Claudier auf Aglaia aufmerksam zu machen, die mit seiner restlichen Entourage ein paar Schritte hinter ihm her schritt und wie das Ebenbild einer Göttin strahlte. In den letzten Tagen, seit sie mehr oder weniger bei ihm eingezogen war, hatte er schon öfters insgeheim bedauert, dass sie eine Peregrina und keine römische Bürgerin mit einem gewissen Stand war. Sonst hätte er sie wohl vom Fleck weg geheiratet. Doch er war sich sicher, dass die beiden auch so recht glücklich miteinander werden konnten. Verschmitzt zwinkerte er dem Claudier zu in dem Bewusstsein, dass Aglaia hinter seinem Rücken nicht viel davon mitbekommen würde. Ein wenig konnte er schon mit seiner neuen Eroberung vor seinem Alten Freund angeben.


    "Ich muss mich daher wohl nochmal für deine Zurückhaltung bedanken. Sonst wäre ich wohl nicht in den Genuss einer so bezaubernden Begleitung gekommen."


    Dann ließ er endlich die Hand des Claudiers los und wurde wieder etwas ernster. Er beugte sich verschwörerisch zu Menecrates vor und sprach leise genug, dass bei diesem Trubel nur der Claudier hören könnte, was er zu ihm sagte.


    "Ich bin zwar nun einige Zeit weg, aber wenn ich irgendetwas für dich von Germanien aus tun kann, dann zögere nicht mir zu schreiben. Sofern es in meiner Macht steht, werde ich dir helfen wo ich kann. Und siehst du den Mann dort drüben. Er ist mein langjähriger Klient Iunius Silanus, derzeit Tribun bei den Prätorianern. Sollte irgendetwas sein oder du und deine Familie irgendwo Unterstützung brauchen, dann kannst du dich jederzeit vertrauensvoll an ihn wenden. Er weiß, dass wir alte Weggefährten sind und wird dich daher bei allem unterstützen. Ganz gleich worum es sich handelte, du kannst ihm vertrauen."


    Dabei deutete er auf seinen Klienten Iunius Silanus, der sich ganz in der Nähe wohl noch die letzten Befehle an die Palastwachen ausgab. Vielleicht war es übertriebene Sorge, doch nach dem Sklavenaufstand, dem Mord an einem Senator vor der Curia Iulia und der Tatsache, dass sich Menecrates nicht immer nur Freunde gemacht hatte, war es doch irgendwie beruhigend zu wissen, dass Silanus hier in Rom war, um für den Decimer auf gewisse Leute ein schützendes Auge zu werfen.

  • Zitat

    Original von Marcus Decimus Livianus
    Unterwegs traf er auch auf bekanntere Gesichter, wie zum Beispiel seinen neuen Klienten Annaeus Florus Minor, den er herzlich begrüßte.


    "Annaeus! Es freut mich, dass du kommen konntest."


    Plötzlich stand mein neuer Patronus vor mir. Ich hatte mir noch überlegt, ob es nicht richtiger wäre, ihn zu Hause "abzuholen" und als Klient hierher zu begleiten, doch da ich keine Informationen hatte erhalten können über den ungefähren Zeitpunkt wann er das Haus hatte verlassen wollen, hatte ich diesen Weg gewählt.


    Patronus, das ist doch selbstverständlich! Es dient ja auch unser beider Zwecke. sagte ich mit einem Augenzwinkern.


    War ich da zum ersten Mal gerade selbstbewusst aufgetreten? Was man in Rom nicht alles in wenigen Wochen lernen konnte!

  • Ich hatte meine Schwester im Schlepptau. Warum? Na ganz einfach, es gab diese ungeschriebene Regel sehen und gesehen werden. Und wir musste nun mal gesehen werden, damit man in Rom wieder Notiz von uns nahm. Und ich wollte nicht, dass man uns nur als die Familie des Trecenarius wahrnahm. Und außerdem war das hier eine gute Gelegenheit meine Schwester den potenziellen Ehemännern hier in Rom vorzuführen. So hatte sie heute also Anweisung bekommen, sich besonders hübsch zu präsentieren. Nicht dass sie das sonst nicht tat, aber ich mochte es einfach sie zu bevormunden. Sie gab zwar mitunter Widerworte, fügte sich aber schlussendlich doch spätestens, wenn ich ihr damit drohte sie mit einem schmierigen Hinterbänkler zu verheiraten. Das zog immer. Und die Drohung nutze sich auch nicht ab, denn meine Schwester wusste sehr wohl, dass es mit scheißegal war ob ihr zukünftiger nun hässlich, dick, schmierig oder sonst irgendwie unangenehm war. Sie würde eines Tages den heiraten den ich für sie bestimme. Und genau das war auch der Grund, warum sie sich schlussendlich doch immer wieder meinen Anweisungen fügte.
    Und sie sah heute wirklich gut aus. Ich bot ihr also meinen Arm und führte sie in die Basilica.
    Wir mischten uns also unter das Volk, das hier heute für die Zeremonie zur Entsendung des neuen Statthalters von Germania Superior zusammengekommen war. Ich nickte in Richtung des Tribuns Iunius Silanus und stieß meine Schwester an, damit sie auch auf das bisher einzige mir bekannte Gesicht aufmerksam wurde und artig grüßte.
    Ich ließ derweil meine Blicke schweifen und war gespannt ob es nur ein Gerücht war oder ob die Kaiserin tatsächlich auch heute abreisen würde.

  • Der Morgen war schrecklich. Corvina war nicht nach frischer Luft, vielen Leuten und diese Sonne, ihr Kopf. Aussichtslos, ihr Bruder fiel nicht mehr auf diesen Trick rein. Wäre es tatsächlich so, wäre ihm das auch schnuppe. Diese dämliche Bemerkung dazu, sie solle sich hübsch machen. Corvina kochte. Überall fand sie etwas, unpassend, zu bunt, trägt auf und Nina war nicht die perfekte cubicularia. Ihr fehlte Roxane an jeder Ecke.
    Einen Trumpf hatte sie im Ärmel. Ihr Neues vom geselligen Frauentreff. Das war wirklich eine gelungene Veranstaltung gewesen. Sie schwärmte immer noch davon.
    Ein chiton aus zwei Lagen dunkelgrüner Seide, auf der linken Seite von der Schulter bis zum Saum, eine Borte aufgestickter goldener Lorbeerblätter. Dazu eine Palla aus einer Lage grüner Seide, am Rand war das gleiche Muster nur kleiner, gestickt. Ihre Sandalen mit dem Halbmondanhänger. Ein dünnes aus Kupfer geflochtenes Haarnetz, kaum auszumachen. Es hielt ihre Locken züchtig im Zaum. Eine Kette mit Perle. Ohrringe mit Perlen. Nero der Geizkragen hielt sie kurz bei neuem Schmuck. Dezent geschminkt um der Kaiserin nicht den Rang abzulaufen und mit der Drohung an einen alten Sack verfüttert zu werden, ließ sich Corvina, lammfromm, von ihrem Bruder in die Basilica führen. Nur gut, dass er nicht wusste was sie gerade in Gedanken mit ihm anstellte. Ein Stoß in die Rippen entlockte ihr ein leises. „auuu.“ Ihr Bruder verlangte Aufmerksamkeit. Wem hatte er zugenickt? Ah, dem Tribun Iunius. Sie triumphierte innerlich. Sie hatte sich den Rang dieses Mannes mit dem bewussten ***** gemerkt. Dieser ***** konnte nicht darüber hinwegtäuschen, dass er nur ein Plebejer war. Corvina fühlte sich hin und her gerissen. Ihre Begrüßung war ein scharmantes Lächeln und ein freundliches Nicken in seine Richtung. Sie musste ihn ja hier und jetzt nicht gleich heiraten. Obwohl sein **** schon wieder in ihrem Kopf herum geisterte.

  • Vielerlei Gründe trieben auch mich zu diesem seltenen Fest in die Basilica. Der Erste lag auf der Hand: Es handelte sich um ein Fest. Mir fehlten die ausschweifenden Feierlichkeiten in Alexandria, auch wenn ich hier in Rom ein zielgerichtetes Leben führte. Manchmal mutete der Trott der ewigen Stadt etwas trist an, glücklicherweise hatte ich aber andere Dinge gefunden, die mich befriedigten. Dass diese Berufung des neuen Statthalters in irgendeiner Weise ausschweifend werden konnte, hielt ich trotz meiner blühenden Fantasie und meinem Hang zum guten Tropfen jedoch für äußerst unwahrscheinlich. Allerdings bot sich eine Gelegenheit, die ich ebenso wert zu schätzen wusste: Hier und heute versammelten sich die Honoratioren und Würdenträger Roms und in Verbindung mit etwas Wein konnte ein unverbindlicher Plausch sicher neue Möglichkeiten eröffnen. Darüber hinaus schien es mir auch angemessen, den designierten Statthalter persönlich zu verabschieden, immerhin hatten wir uns jüngst im Gespräch um seinen Ziehsohn kennen und hoffentlich auch schätzen gelernt. Wer wusste schon, zu was eine gute Beziehung zu einem Consular und Legaten noch nützlich sein konnte. Zuletzt war es als Procurator der Kanzlei natürlich auch meine Pflicht, einer solchen festlichen Entsendung beizuwohnen.


    So hatte ich mich also in feinstem Zwirn gekleidet und mit reichlich Goldschmuck behaftet in die Basilica begeben, wo ich bereits einer Traube an Menschen begegnete. Für den Moment gesellte ich mich zu Axius Lucullus und Maenius Firminus, meinen Procurator-Kollegen aus der Kanzlei, hatte aber bereits die Ankunft des Decimus im Auge. Wenn sich die Gelegenheit bot, wollte ich ihm auf jeden Fall noch meine persönlichen Wünsche zukommen lassen.


  • Der Händedruck war fest und die wortlose Mimik herzlich. Zum Nachdenken oder rührselig werden kam Menecrates nicht, weil Livianus von einer Gedankenstütze sprach, die er mitzunehmen gedachte und die Menecrates erst richtig einzuordnen wusste, als er der Kopfbewegung des Decimers mit Blicken folgte. Eine wunderschöne junge Frau kam ins Bild und selbstverständlich erinnerte sich der Claudier an sie. Als er sie das erste Mal sah, trug sie rot, heute ein bemerkenswertes Blau. Eine wirklich aparte Erscheinung, aber für Menecrates viel zu heiß, weswegen er auflachte, als Livianus seinen Dank bezüglich der gezeigten Zurückhaltung äußerte.
    "Bezaubernd ist sie", bestätigte Menecrates. "Du sagst Begleitung? Sie reist mit dir?" Oder war am Ende nur die Begleitung am heutigen Tag gemeint? Er kam nicht zum Nachdenken, weil sich Livianus zu ihm beugte. Daraufhin wurde er ebenfalls ernst. Aufmerksam lauschte er den Worten. Er nickte zwischendurch, atmete einmal tief durch und als Livianus endete, schaute er zunächst zu Iunius Silanus und anschließend seinen alten Weggefährten an. Es bedurfte keiner Worte, sein Blick drückte Dankbarkeit aus, was erneut Wehmut erzeugte. Er schob die Empfindung fort und drückte zum Dank Livianus' Arm.


    "Die Götter mit dir, mein Freund", murmelte er mit leicht heiserer Stimme.
    Obwohl Menecrates Silanus nicht kannte, würde er ihm vertrauten, weil Livianus ihm vertraute. Blitzartig schoss ihm durch den Kopf, dass er durch die soeben erhaltene Empfehlung über Silanus eine weitere Verknüpfung zu den Praetorianern hatte. Es gab seinen eigenen Klienten Vibius, den Trecenarius Tiberius und ganz neu den Tribun Silanus. Menecrates ahnte, dass diese Männer kaum verschiedener sein konnten.


    "Lass uns in Kontakt bleiben. Sollte ich etwas für dich tun können, dann weißt du, wie und wo du mich erreichen kannst." Er lächelte, wenn auch nur wenig. An Livianus' Strahlen reichte er heute nicht heran. Das mochte auch an dessen Begleitung Aglaia liegen, die ihm offensichtlich gut tat.

  • Zu den illustren Gästen auf dieser Veranstaltung kamen selbstverständlich auch noch eine Schar deutlich weniger illustrer Gestalten. Auch wenn sie in ihren weißen (!) Festtagsuniformen, ohne jedes bisschen sichtbares Schwarz oder Metall am Körper, sich beinahe harmonisch in die Veranstaltung einfügte.
    Wobei, weniger in die Veranstaltung, vielmehr noch in den Raum selbst. Wie die Saalwachen am hinteren Rand unbeweglich standen hätte man sie auch für angekleidete Statuen halten können.


    Licinus war froh, nicht die nächsten paar Stunden praktisch unbewegt stehen zu müssen. Er saß mit dem Hauptteil der Wache in einem Nebenraum tat dort das gleiche wie alle Offiziere, die warten mussten. Er sah den Wachsoldaten beim Würfeln zu. Natürlich waren sie voll da und alle Waffen lagen griffbereit. Denn das war der Unterschied zu ihren Kameraden draußen in der Aula. Sie hier drin waren bewaffnet.


    Licinus stand auf von seinem Stuhl und klopfte einem Mann auf den Rücken. Dieser trat daraufhin von dem Guckloch in der Tür zurück und Licinus selbst übernahm für die nächste Zeit die unauffällige Beobachtung der Veranstaltung.

  • Zitat

    Original von Herius Claudius Menecrates
    ......"Bezaubernd ist sie", bestätigte Menecrates. "Du sagst Begleitung? Sie reist mit dir?" Oder war am Ende nur die Begleitung am heutigen Tag gemeint? ..........
    ..............
    "Lass uns in Kontakt bleiben. Sollte ich etwas für dich tun können, dann weißt du, wie und wo du mich erreichen kannst." Er lächelte, wenn auch nur wenig. An Livianus' Strahlen reichte er heute nicht heran. Das mochte auch an dessen Begleitung Aglaia liegen, die ihm offensichtlich gut tat.


    "Wir werden ganz bestimmt in Kontakt bleiben mein Freund. Sofern ich nicht zu sehr von der schönen Aglaia abgelenkt bin. Sie wird mich nach Germanien begleiten.... frage nicht... Eine längere Geschichte, die ich dir vielleicht nachher noch erzählen kann. Aber nun verzeih, ich muss weiter."


    Der Decimer drückte auch noch einmal fest die Hand des Claudiers und wandte sich dann ab. Menecrates hatte sicher Verständnis dafür, da er als Consul der letzten Amtsperiode genau wusste, wie begehrt man als Hauptperson eines so großen Anlasses war und hinter dem Claudier hatte sich bereits eine Traube weiterer Honoratioren gebildet, welche dem Decimer beglückwünschen und verabschieden wollte. Viele davon kannte Livianus nur vom Hörensagen oder überhaupt nicht, aber bei solchen Veranstaltungen ging es darum zu sehen und gesehen zu werden - und das am besten wenn man der Hauptperson die Hand reichte und so allen anderen mit ein wenig schauspielerischen Talent vormachte, dass man diese gut kannte. So nickte Livianus dem Claudier noch einmal dankend zu und ließ sich dann zur nächsten Menschentraube weiterschieben, wo er wieder zahlreiche Hände zu schütteln und sich für die ausgesprochenen Glückwünsche bedanken musste.

  • Nachdem er die Posten abgeschritten und sich vergewissert hatte, dass alles bestens für die Ankunft des Kaisers und seiner Frau vorbereitet war, ging Silanus zu den anderen Gratulanten, um auch noch einmal persönlich seinem Patron zu dieser Ernennung zu beglückwünschen und sich zu verabschieden. Dies war die letzte Gelegenheit dafür, denn Üblicherweise musste ein Statthalter mit seiner Ernennung und der Verleihung des Imperiums auch das Pomerium verlassen, weshalb auch bereits alles für die anschließende direkte Abreise des Decimer und der Augusta vorbereitet war. Als er endlich an der Reihe war, reichte auch er seinem Patronus freundschaftlich die Hand.


    "Livianus! Ich möchte dir noch einmal herzlich zu dieser Ernennung gratulieren und dir eine angenehme Reise, sowie eine erfolgreiche und gute Zeit in Germania wünschen. Ich bin mir sicher, dass dir diese neue Aufgabe und der Ortswechsel gut tun wird. Lass von dir hören und pass mir gut auf die Augusta auf."


    Beim letzten Satz musste der Iunier unweigerlich schmunzeln, dann er war nicht ganz ernst gemeint. Immerhin schickte er selbst ja eine ganze Kohorte Prätorianer mit, welche wohl ausreichend für den Schutz der Augusta sorgen konnte. Dennoch war es eine lustige Anspielung darauf, dass sein Patron nun seine Aufgaben übernehmen sollte.

  • Zitat

    Original von Marcus Decimus Livianus
    "Wir werden ganz bestimmt in Kontakt bleiben mein Freund. Sofern ich nicht zu sehr von der schönen Aglaia abgelenkt bin. Sie wird mich nach Germanien begleiten.... frage nicht... Eine längere Geschichte, die ich dir vielleicht nachher noch erzählen kann. Aber nun verzeih, ich muss weiter."


    Eine längere Geschichte trotz der kurzen Kennenlernzeit - Menecrates horchte auf. Aber Livianus zog es weiter, bevor der Claudier nachfragen konnte, was er ja auch nicht sollte, denn der zukünftige Statthalter wollten natürlich allen Gästen gerecht werden.
    "Pass auf dich auf und viel Erfolg!" Menecrates wraf einen verstohlenen Blick auf Aglaia, dann aber mischte er sich unter die Besucher des Empfangs.

  • Während er den Claudier noch mit einem dankenden Nicken bedachte, als er ihm viel Erfolg wünschte, trat auch schon der nächste Gratulant auf Livianus zu. Sein langjähriger und treuester Klient Iunius Silanus, der nach seiner Rückkehr nach Rom zum Gardetribunen aufgestiegen war. So wie er Silanus kannte, war dieser damit bestimmt nicht am Ende der Fahnenstange angelangt und irgendwie erfüllte es den alten Decimer auch mit Stolz, dass er einen so erfolgreichen Klienten in seinen Reihen hatte, der ihm hier in Rom gewiss noch gute Dienste leisten würde. Er nahm daher die freundschaftlich gereichte Hand entgegen und nickte auch diesem Dankend zu.


    "Vielen Dank Silanus! Auch ich denke, dass mir der Ortswechsel und die neue Aufgabe gut tun wird. Ich freue mich schon sehr auf das neue Amt und auf die Herausforderungen die es mit sich bringen wird. Auch dir wünsche ich alles Gute. Lass uns zusehen, dass wir im regelmäßigen Kontakt bleiben. Du bist meine Augen und Ohren hier in Rom und ich habe mir erlaubt auch bereits einige Freunde und Klienten an dich zu verweisen, falls sie irgendwo Probleme haben oder Unterstützung brauchen."


    Livianus setzte voraus, dass der Iunier kein Problem damit hatte und fragte daher vorher erst gar nicht, sondern stellte ihn nun vor diese Tatsache. Auf den abschließenden Scherz wollte er natürlich auch noch eingehen. Er zwinkerte ihm zu.


    "Und keine Sorge. Die Augusta wird sicher und gesund wieder nach Rom zurück kommen. Bei mir können deine Männer noch was lernen."

  • "Das hoffe ich doch. Auch ich habe viel von dir gelernt. Und mach dir um uns hier keine Sorgen. Du hast nun eine neue Aufgabe, auf die du dich konzentrieren musst. Ich werde mich hier in Rom schon um alles kümmern. Natürlich können sich auch deine Klienten und Bekannten an mich wenden und selbstverständlich werde ich auch auf deine Gens achten. Sofern etwas passiert, werde ich dich umgehend informieren."


    Der IUnier drückte noch einmal kräftig die Hand seines Patrons, klopfte ihm freundschaftlich auf die Schulter und ließ ihn dann weiterziehen. Schließlich wollten auch noch andere ihre Glückwünsche los werden und demnächst sollte auch der Kaiser und die Kaiserin eintreffen und die Zeremonie würde beginnen. Er selbst wandte sich wieder seinen eigentlichen Aufgabe zu und ließ seinen Blick noch einmal über die Wachposten schweifen.


    Dabei sah er auch das Nero Tiberius Caudex und Tiberia Corvina unter den Gästen waren und nickte beiden freundlich zu. Vielleicht würde sich nachher noch ein Gespräch ergeben.

  • Während die Gäste der Beauftragung schon fröhlich schwatzten, ließ Severus sich noch sein Paludamentum richten. Er würde heute traditionsgemäß als Militärbefehlshaber auftreten. Immerhin sollte Livianus ja als sein Legat die kaiserliche Provinz verwalten. Gleichzeitig war er aber auch als Ehemann hier, denn die Augusta würde ja mit dem Legaten nach Norden reisen. Entsprechend würde das Kaiserpaar heute gemeinsam auftreten.


    Fanfaren erklangen und mahnten zur Ruhe, als sich das große Portal der Basilica öffnete: Zuerst kamen mehrere Sklaven, die unter anderem das Paludamentum für den neuen Statthalter und Käfige mit den heiligen Hühnern trugen. Dann folgte der Augur, die Liktoren und schließlich der Kaiser im Feldherrenkostüm und die Veturia Serena in Reisekleidung, den jungen Caesar auf dem Arm. Als Spiegelung des staatlichen Personals folgten schließlich noch Dienerinnen und Ammen, die der Augusta bei Bedarf ihren Sohn abnehmen würden.


    Die kleine Prozession teilte sich und nahm Aufstellung, während das Kaiserpaar direkt auf den Decimer zuhielt. Dort angekommen reichte Severus seinem zukünftigen Legaten die Hand. "Salve, Decimus Livianus! Du scheinst ja schon jetzt in Rom vermisst zu werden!" Er blickte in den Saal mit den zahlreichen Gästen, die sich heute hier tummelten.

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    CENSOR - CURSUS HONORUM

    PONTIFEX MAXIMUS - COLLEGIUM PONTIFICUM

  • Als die Fanfaren erklangen, welche die Ankunft des Kaisers anzeigten, wurde es auf einen Schlag mucksmäuschenstill. Man hätte wohl in der Tat eine Nadel fallen gehört, wenn jemand jetzt eine dabei gehabt hätte und die Verwegenheit besessen hätte, diese auch fallen zu lassen.


    Zum ersten mal in meinem Leben sah ich den Kaiser, den mächstigsten Mann im Imperium. Dazu die Augusta und den kleinen Caesar. Wie süss er doch aussah, dieser Nachfolger für das Amt als mächtigster Mann der Welt.

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