• Caesoninus hatte gerade auf einen Papyrus mit Zahlenkolonnen gestarrt, ohne dessen Sinn richtig erfasst zu haben. Zu sehr war er innerlich immer noch von den kürzlich geschehenen Ereignissen abgelenkt. In dieser Verfassung befand er sich immer noch, als Marcus Octavius Maro zu ihm trat und ihn ansprach. Caesoninus brauchte einen Moment, ehe er zurück in die Realität fand. Er blickte auf und in die Richtung des Adressaten. Er seufzte.
    "Hm, nein habe ich nicht... Centurio. Gibt es schon etwas neues?"


    Offenbar war auch der Octavier sehr über den Vorfall erregt, denn Caesoninus konnte sich nicht erinnern von ihm je so formell angesprochen worden zu sein trotz ihrer vielen bereits miteinander verlebten Stunden in der Casa Octavia. Sollte er Maro von seinem Verdacht auf Sabotage erzählen? Der Gedanke lag nicht allzu weit, wenn man die hiesige Gegend bedachte, wo sie gerade bauten. Andererseits konnte es auch einfach nur Zufall, oder eine falsche Interpreation von Caesoninus selbst gewesen sein, weshalb er beschloss die Sache einstweilen für sich zu behalten. Es war Zeit- und Ressourcenverschwendung für die Urbaner, wenn sie Caesoninus' Hirngespinste jagen würden, wenn in Wahrheit überhaupt gar nichts zu jagen war.

  • Maro schüttelte den Kopf.

    "Die Männer räumen gerade auf. Ein paar schauen sich noch das Gerüst an, ob da beim Aufbau geschlampt wurde. Dann geht's mit der Arbeit weiter, damit wir nicht zu weit hinter den Zeitplan fallen. Es sei denn, du oder der Praefectus habt andere Vorstellungen?


    Er sah zu den Dokumenten, die der Iulier in der Hand hatte. Der Vigintivir fungierte quasi als rechte Hand des Praefctus auf der Baustelle. Deshalb waren seine Entscheidungen von gewichtiger Natur.

  • Caesoninus schüttelte den Kopf.
    "Noch habe ich nichts gegenteiliges vom Praefectus erfahren, deshalb setzen wir die Arbeiten wie geplant fort. Diese Station muss so schnell wie möglich in Betrieb genommen werden, wenn wir etwas an den lokalen Umständen ändern wollen. Jedoch schlage ich eine genaue Inspektion der übrigen Gerüste auf eventuelle Materialermüdung vor, damit sowas nicht wieder vorkommt. Ich möchte außerdem gerne sobald wie möglich einen schriftlichen Bericht für den Praefectus Urbi haben über den Vorfall, am besten von Leuten verfasst, die direkt vor Ort waren, als es geschah. Und..." kurz fuhr sich Caesoninus über die Lippen.


    "... ich bitte dich ab jetzt 2-3 Mann als Baustellenwachen abzustellen, die das gesamte Bauareal, insbesondere aber kritische Stellen wie die Gerüste im Auge behalten sollen, nur für alle Fälle."
    Aus seiner Sicht sollten 2-3 Männer nicht allzu sehr beim Baufortschritt fehlen, wenn sich dadurch die Sicherheit auf der Baustelle erhöhte. Seinen Verdacht auf mögliche Sabotage wollte er aber immer noch nicht aussprechen, denn dafür fehlte ihm neben etwaigen Beweisen auch für sich selbst schlicht noch die Gewissheit, dass es wirklich kein gewöhnlicher Unfall gewesen war.

  • Der Einschätzung, dass die Station fertig werden musste, stimmte Maro voll und ganz zu.


    "Wie du wünschst. Den Bericht bekommst du morgen früh. Ergänzend werde ich die befragen, die da runter gefallen sind, sobald die wieder einigermaßen beieinander sind."


    Das würde selbstredend noch etwas dauern. Aber die Hauptsache war, dass der Bau weiter gehen konnte. Er schüttelte den Kopf. Diese Projekt gestaltete sich aufreibender, als er vorhergesehen hatte.

  • Das war natürlich auch eine sinnvolle Idee, wenn Caesoninus hierbei auch nicht mehr erwartete als so triviale Aussagen wie "Ich stand da so auf dem Gerüst und ging meiner Arbeit nach und plötzlich fiel ich mehrere Schritt tief." Natürlich konnte jemand aber auch etwas gesehen haben, aber das würde sich schon noch erweisen.


    Caesoninus wischte sich über die Stirn, während er seinen Blick wieder zum Unfallort schweifen ließ. "Im Grunde können wir froh sein, dass das erst der erste wirklich gröbere Zwischenfall ist, angesichts der Gegend in der wir uns befinden und dem schon erzielten Baufortschritt. Wenn es in diesem Tempo weitergeht bin ich zuversichtlich, dass wir bald schon den Betrieb aufnehmen können... also zumindest, falls sich derartige Vorfälle jetzt nicht häufiger ereignen sollten. Das wäre natürlich weniger positiv." Der Gedanke wollte Caesoninus einfach nicht aus dem Kopf, dass die richtigen Probleme erst jetzt anfangen würden und dass dieses kaputte Gerüst erst der Auftakt war.

  • Mochte die Obrigkeit gedacht haben, dass sie unbehelligt einfach so hierherkommen und ihre Sache durchziehen konnte, so hatte sie sich zutiefst geirrt. Die Unterwelt hatte die Baustelle nicht vergessen. Nur weil noch nichts geschehen war hieß das nicht, dass sie diesen Bau akzeptiert hatte. Der richtige Moment für den Angriff war nur noch nicht gekommen.
    Gut, „fast“ war noch nichts geschehen. Ein Gerüst war ja schon dank ein paar flinker Hände im rechten Moment zusammengestürzt und das war erst der Anfang. Die Ouvertüre jener Sinfonie des Grauens, die die Krähe den Urbanern zu spielen gedachte. Leider war sie ein klein wenig misslungen, ihre Töne waren zu leise gewesen. Zu wenig Schaden an Mensch und Bauwerk war angerichtet worden. Die kommenden Sätze mussten lauter ausfallen und stakkatomäßiger. Ein Brausen sollte sich schon bald aus den Schmutzpfühlen der Subura erheben, ein Sturm von ungeahnter Stärke, der die Station, diesen Makel, und mit ihr die Urbaner vollständig von hier wegtragen würde.


    Doch noch war diese Zeit nicht gekommen. Andere Dinge mussten zuvor noch erledigt und der Feind genauer studiert werden. Noch herrschte Ruhe.
    Die Männer auf der Baustelle gingen ihrer Arbeit nach. Männer die Wände aufrichteten und Dinge vermaßen. Männer unter Baldachinen, die über Berichten und Listen saßen und Pläne studierten und Männer die Waren anlieferten. Und um all sie herum waren Kinder. Schmutzige in Lumpen gekleidete Kinder aus der Gegend, die in den Straßen und auf den Dächern neben der Baustelle miteinander spielten, so wie das alle Kinder taten. Und später, bevor sie nachhause liefen, würden sie noch zu Gaius, Noctua und Manius, den Vögelchen, laufen und ihnen von ihrem schönen Spiel erzählen, damit die Vögelchen wiederum dann auch der Krähe davon berichten konnten die auf diese Weise alles erfuhr.
    Immerzu waren kleine unschuldige Augen auf die Baustelle gerichtet, kein Detail blieb im Verborgenen. Alles wurde gesehen.
    Noch war es ruhig und es herrschte Ruhe. Die Art von Ruhe, die immer da war vor dem Sturm.

  • Der Terminplan ließ es nicht zu, dass Menecrates wie zu Beginn der Bauphase annähernd täglich bei der Station vorbeisah. Mittlerweile waren auch die Soldaten, Handwerker und Hilfskräfte eingespielt und die Berichterstattung durch den verantwortlichen Offizier klappte auch zufriedenstellend. Trotz einiger Unwegsamkeiten, die Menecrates zu Ohren gekommen waren, wuchs die Station empor. Aktuell wurden Arbeiten am Dach ausgeführt.
    Schon aus der Ferne zeichnete sich der neue Teil der Silhouette vor dem Winterhimmel ab. Die Dacharbeiten störten sich nicht an kühleren Nächten, denn nach Einbruch der Dunkelheit wurde nicht gearbeitet. Tagsüber erwärmte die Sonne strapazierte Schultern und Arme.
    Als der Praefectus Urbi mit seinen Begleitern eintraf, begutachtete er zuerst die Dachkonstruktion. Er legte den Kopf in den Nacken und ließ den Blick entlang der Balkenkonstruktion wandern. Anschließend betrat er die Station und sah sich auch den Innenbereich an. Nach der persönlichen Inaugenscheinnahme verlangte es ihm nach einem Sofortreport.


    "Centurio!", rief er und der Hall der Stimme wanderte durch die leeren Räume und Geschosse.

  • Maro war gerade dabei gewesen die Gerüste zu überprüfen - seid dem Vorfall neulich hatte sich bei ihm eine gewisse Paranoia deswegen eingeschlichen - als er die unverkennbare Stimme des Praefectus hörte. Er fand den Urbi und nahm Haltung an.


    "Salve, Praefecte. Was kann ich für dich tun?"

  • Sein Blick schweifte über die Deckenkonstruktion, bevor Menecrates im Augenwinkel das Herannahen des eben Gerufenen bemerkte. Er wandte sich Octavius zu und erwiderte dessen Haltung mit einem kleinen Nicken.


    "Centurio Octavius", sagte er und das galt gleichzeitig als Gruß. "Ich wünsche eine kurze Zusammenfassung von Baufortschritt inklusive nennenswerter Ereignisse in Bezug auf den Bau als auch auf die Gesamtsituation hier im Viertel." Berichte lesen, kostete wertvolle Zeit und aktueller als hier, konnte er keine Neuigkeiten erfahren. Selbst wenn es rein gar nichts Nennenswertes gab, wäre auch diese Auskunft wertvoll.

  • Maro nickte und hielt kurz inne um sich zu sammeln.


    "Gerne Praefecte. Hier ist unsere Lage. Wir können wohl tatsächlich hoffen, dass die Station hier bald fertig wird. Die Arbeiten am Dach laufen. Das ist ein kritischer Teil der ganzen Operation. Ich muss dir nicht ausführlich erläutern, dass das Dach einer der verwundbarsten Teile eines Gebäudes ist und ich akzeptiere da oben nur Perfektion in allen Bereichen. Material und Verarbeitung müssen absolut fehlerlos sein. Darüber hinaus mache ich mir Gedanken über ein System zur Feuerbekämpfung hier oben. Ich dachte ursprünglich an große Tanks, aber dann hat mir der Architectus vorgerechnet, wie viel diese Dinger wiegen würde und dass sie die Statik ruinieren würden. Trotzdem werden wir immer genug Wasser vorrätig habe. Ansonsten gab es keine bemerkenswerten Zwischenfälle. Bei dem letzten mit dem Gerüst warst du ja dabei. Ich hatte jemanden im Carcer verhört, der behauptete, darüber etwas zu wissen, aber es stellte sich heraus, dass er nur ein bisschen Kuhhandeln wollte und eigentlich nichts wusste. Wir sollten trotzdem wachsam sein deswegen und auf unsere Gerüste und dergleichen aufpassen. Dass die Banden diesen Ort mit sagen wir Unwillen betrachtetn, dürfte keine Überraschung sein und ich bin mir sicher, wir werden von ihnen hören.
    Die Moral ist trotzdem gut, Praefecte. Den Milites ist sehr an dieser kleinen Festung gelegen. Sie bedeutet Schutz und Sicherheit selbst außerhalb der Castra"

  • Die Vollendung der neuen Station der Urbaner am Rande der Subura näherte sich mit großen Schritten der Vollendung. Caesoninus war guter Dinge, dass sie es wohl in 14 Tagen geschafft haben könnten und das fast ohne Ernst zu nehmende Zwischenfälle. Eine beachtliche Leistung angesichts der Ortslage wo sie am Bauen waren!


    Heute war ein besonderer Tag, da die Wasserfässer geliefert worden waren. Gerade war einer von Caesoninus‘ Baustellenschreibern, der Pechvogel Gnaeus, beim Kerl der sie geliefert hatte und unterzeichnete die Lieferdokumente. Niemand bemerkte, dass er dabei noch nervöser und zittriger hantierte also sonst. Der Lieferant nickte, als alles seine Ordnung hatte und stieg dann wieder auf den jetzt leeren Wagen, um seiner Wege zu ziehen. Caesoninus kam vom Tisch unterm Sonnensegel (der „Feldstation“ der Baustellenverwaltung) hervor, um sich die neu gelieferte Ware näher anzusehen. Zwölf große dicke Eichenholzfässer mit Wasser, die nach einer früheren Idee von Centurio Maro dafür vorgesehen waren als Brandbekämpfungsanlage hinauf unters Dach geschafft zu werden. Interessenhalber trat Caesoninus einmal gegen eines der versiegelten 300-Liter-Fässer. „Na dass sind vllt ein paar Brummer“, meinte er anerkennend, als er das dumpfe Gefühl in seinem Fuß spürte, das man eben bekam, wenn man gegen ein volles Wasserfass trat. „Iu.. Iulius Caesoninus, darf ich bitte nachhause gehen? Ich fühle mich nicht gut.“ Caesoninus hob eine Braue. „Ich fühle mich n-.. nicht gut, bitte, ich möchte nachhause.“ Der Kerl wirkte in der Tat ein wenig bleich und verschwitzt. Ständig sah er sich nach alle Seiten um, auch wenn er gleichzeitig versuchte seine Unruhe (oder war es Angst?) so gut es ging zu verbergen. Caesoninus studierte Gnaeus‘ Erscheinung, während er nachdachte. In letzter Zeit hatten sich Gnaeus‘ Unfälle und Missgeschicke ziehmlich in Grenzen gehalten, Caesoninus hatte fast keine Fehler ausbügeln müssen, ehe die Dokumente, Bestellungen, oder Berichte an Senator Claudius Menecrates weitergeleitet worden waren, was Caesoninus ihm doch irgendwo anrechnete. Und wenn er daran dachte, was dem Schreiberling erst alles passieren würde mit den Unterlagen, wenn es ihm (so wie heute) gesundheitlich nicht gut ging? Das Chaos wollte er sich nicht ausmalen, besser er verzichtete darauf. „Hm, na gut, aber wirklich nur dieses eine Mal. Geh nachhause und ruh dich ordentlich aus, aber morgen bist du wieder hier, verstanden?
    Danke! Oh vielen Dank!“ rief Gnaeus aus und war schon drauf und dran Caesoninus um den Hals zu fallen, ehe er sich eines besseren besinnen konnte und es unterließ. „Na dann, a-.. auf Wiedersehen.“ Schon wieder so ein komischer Blick von Gnaeus! Hätte er es nicht besser gewusst hätte er ihn als eine Art Stumme Entschuldigung gedeutet, so aber war er einfach nur komisch. Dann drehte sich Gnaeus um und ging, nein lief schon fast nachhause.
    Kopfschüttelnd blickte Caesoninus ihm nach. Gutes Personal war heutzutage wirklich nicht mehr leicht zu kriegen.
    Dann drehte er sich zu einer Gruppe Urbaner um und bat sie: „Die neuen Wasserfässer müssen auf den Dachboden geschafft werden. Bitte schnappt euch einen Kran und erledigt ihr das doch, ja?
    Als das auch angeordnet war, kehrte Caesoninus zurück zur Feldstation der Baustellenschreiber. Da warteten noch ein paar Schriftstücke zur Durcharbeit auf ihn.

  • Der erste Einsatz an der neuen Urbanerstation in der Subura und schon fühlte Scato sich überfordert. 300 Liter waren das je Fass, die konnte man nicht einfach selber buckeln, doch der Bauherr hatte mitgedacht. Scato allerdings war Soldat und abgesehen von Straßenbau und Schanzarbeiten hatte er bisher nichts weiter kennengelernt. Ratlos blickte er an der Krankonstruktion hinauf.


    "Weißt du, wie man damit umgeht?", fragte er Lurco.


    Betrieben wurde der Kran mit einem Laufrad, so viel war zumindest offensichtlich. Oben waren etliche Seilwinden, die einen Flaschenzug formten, weitere formten am Fuß des Laufrads das Gegenstück. Das Ganze lief über einen Kranausleger und war nach hinten mit sehr langen Seilen und Bodenankern befestigt. Scato folgte mit den Augen dem Verlauf des Seils. Vor der Größe und Kraft der Maschine hatte er doch etwas Respekt, auch wenn eine kindische Ecke in seinem Hirn unbedingt das Laufrad ausprobieren wollte. Dafür gab es allerdings sicher ausgebildetes Personal, sprich Sklaven. Allerdings entdeckte er gerade niemanden, der zuständig war, als er sich umschaute, der Kran war verwaist und ihre Einheit allein mit zich gigantischen Fässern.


    "Ramnus hätte die einfach hochgetragen", meinte er.

  • Lurco schaute den Kran und dann Scato an.


    "Wie ein Kran funktioniert, sprich wie eine Last gekrant wird ist mir bekannt. Also die Kraftumsetzung, Kraft- mal Kraftarm, Last- mal Lastarm. Kurzum ich weiß wie der Kran funktioniert, aber ich habe noch nie einen bedient.


    Zur Erläuterung, der einfachste Kran ist der Trispastos auch Drei-Rollen-Zug genannt. Er besteht aus aus dem Hebebaum, Haspel, Seil und einem Flaschenzug mit drei Rollen, damit hat er ein Übersetzungverhältnis von drei zu eins.


    Laut meinem Kenntnisstand kann man mit einem Trispastos als einzelne Person an der Haspel ein Gewicht von 150 kg heben. Sprich drei zu eins - Du als Arbeiter 50 Kilo Arbeitsmasse, drei Rollen a 50 Kilo ergibt 150 Kilo die Du heben kannst.


    Der Pentaspastos ist ein mächtigerer Krantyp mit fünf Rollen und umfangreicheren Flaschenzügen. Der größte Kran besitzt drei mal fünf Rollen und heißt Polyspastos und hat zwei, drei oder sogar vier Hebemaste. Sie können bis zu 3.000 Kilo wuchten. Kurzum drei Seile x fünf Rollen x vier Männer x die 50 Kilo machen eine Leistung von 3.000 Kilo.


    Wird die Haspel nun noch durch ein Tretrad ersetzt verdoppelt sich die Höchstleistung von 3.000 auf 6.000 Kilo und das bei halber Besatzung, da man durch das Tretrad eine größere Übersetzung hat.Erfunden wurde der Kran übrigens von den Griechen, nichts für ungut Stilo.


    Mehr kann ich Euch nicht dazu sagen", erklärte Lurco freundlich, während Quietus ihn anstarrte.

  • "Jetzt ist Quietus arbeitslos", sprach Scato bedauernd. Ihr wandelndes Lexikon war soeben aus dem Regal gekickt worden. "Aber wie bekommen wir ein 300 kg schweres Fass auf den Kran? Nach deiner Rechnung bräuchten wir dafür sechs Mann, wo sollen die alle anpacken? Oder einen kleinen Kran, um das Fass auf den großen Kran zu wuchten. Nah ... vielleicht eher schrägstellen und Stück für Stück auf der Kante rollen. Wenn wir es richtig hinlegen, kriegen wir es am Ende wahrscheinlich nicht mehr aufgestellt."


    Scato hatte sich noch nie mit so etwas befasst, fand es aber spannend, bereits an einem Fass zu scheitern, kaum dass kein Vorgesetzter neben ihm stand und ihm konkrete Anweisungen gab, während andere um ihn herum in der Stadt riesige Bauten hochzogen. So durfte der Vergleich natürlich nicht enden. Hier war römischer Grips gefragt.

  • "Die einfachste Möglichkeit wäre, den Kran dort aufzustellen wo man ihn braucht - hier. Und die Fässer hätten für den vertikalen Weitertransport entsprechend abgeladen werden dürfen. Sie kamen ja auch irgendwie her, vermutlich auf einem Fuhrwagen. Das gehört zur Planung dazu. Ansonsten bleibt uns nur Fässer leeren, rollen, hochhieven und wieder füllen", antwortete Lurco Scato freundlich.

  • "Wir können die Fässer nicht einfach öffnen. Wie willst du sie hinterher wieder verschließen, so dass sie trotzdem dicht bleiben? Dazu braucht man Spezialwerkzeug und einen genau passenden Deckel! Unser Befehl lautet, sie unters Dach zu bringen und nicht, sie zu zerstören. Packt mit an."


    Scato versuchte, das Fass auf die Kante zu wuchten, einige Kameraden kamen zur Hilfe. So konnten sie es Stück für Stück auf die Platte des Krans befördern.

  • Eine Gruppe der zivilen Arbeiter waren gerade ganz in der Nähe. Unter ihnen einer der drei neuen Mitarbeiter die im Zuge des gewöhnlichen Arbeiteraustauschs auf die Baustelle gelangt waren. Es war ein besonders großer und kräftiger Bursche. Als er bemerkte, was die Urbaner da versuchten klopfte er seinem schlacksigen Kollegen neben sich auf die Schulter und rief auch den anderen aus der Gruppe zu:


    | Brutus


    "Seht nur, Jungs! Unsere Hilfe wird benötigt! Kommt!" und schon setzte er sich in Bewegung, um den Urbanern beim Bewegen der Fässer zu Hilfe zu eilen. Der schlacksige Neue blickte ihm böse nach wegen des harten Schlags auf seinen Nacken, kam aber auch herbei um bei den Fässern und dem Kran zu helfen, gefolgt von einer Traube der schon länger dienenden zivilen Baustellenarbeiter. Einige wirkten wie immer, doch vereinzelt wirkten einige unter ihnen genauso wie Gnaeus der Schreiber zuvor schon heute ein wenig reservierter als sonst, was jedoch im Trubel der Baustellenaktivitäten nicht weiter auffiel. Ein paar vereinzelte unter ihnen blickten auch von Zeit zu Zeit kurz zu den drei Neuen, wenn sie sich unbeobachtet fühlten.


    Mit zwanzig zusätzlichen Händen schafften sie es im Nu das Fass auf den Kran zu hieven.

  • Gute Männer waren das, die Arbeit sahen, ohne dass man sie darauf hinweisen musste. Etwas nervös, aber das nahm Scato als Kompliment auf. Wer wurde nicht nervös in unmittelbarer Anwesenheit der Cohortes Urbanae? Dass sie neu waren, wusste er nicht, da auch er heute den ersten Tag hier arbeitete. Das Fass war mit vereinten Kräften bald fertig für den vertikalen Weitertransport, wie Lurco es so vornehm umschrieben hatte. Gemeinsam war alles leichter und das störrische Fass bewies das einmal mehr.


    "Ich nehme an, ihr wart schon mal in so einem Laufrad?", fragte Scato die Zivilisten ein wenig zu freundlich.


    So gern er das Laufrad testen wollte - in seinem Kopf ging es mit jedem hochgezogenen Meter schwerer zu bedienen, bis es am höchsten Punkt stockte und sich plötzlich in rasender Geschwindigkeit rückwärts drehte, während die Last hinabrauschte und der Mann im Inneren durchgewirbelt wurde.

  • Dass sie die Fässer nicht entleeren durften, war ein Jammer. Aber einen Augenblick später kamen schon einige Arbeiter zur Hilfe. Gemeinsam wuchteten sie die Fässer vor den Kran. Es waren gute Leute, sie boten Hilfe an, anstatt stur der eigenen Arbeit nachzugehen.


    Lurco schaute zu dem Kran auf, dann in das Laufrad. Vorsichtig stieg er ein.


    Die Tätigkeit war mühsam, extrem anstrengend und in Hebevorrichtungen auch gefährlich. Das Halten der Lasten war schwierig, weil das Laufrad nicht gesichert werden konnten, um die Last während des Drehvorganges auf Höhe zu halten.


    Auch das Herablassen der Last barg die Gefahr, dass sich die Last durch ihre Eigenmasse selbständig machen konnte und man im Tretrad ins Schleudern geriet. Das konnte mit schwersten Verletzungen oder sogar tödlich ausgehen.


    "Wer ist dabei?", fragte er in die Runde.

  • Scato beäugte das Laufrad misstrauisch. "Vermutlich ist es am besten, wenn möglichst viele schwere Leute dort drin gehen. Da uns die Gegenwart von Ramnus nicht vergönnt ist, könnte er da dir helfen. Wie heißt du?"


    Er zeigte auf den Zivilisten, der die Initiative ergriffen hatte, um den Urbanern zu helfen. Er wirkte groß und kräftig, zumindest war er deutlich massiger als Scato. Der hielt sich noch zurück. Er würde erst helfen, wenn er sah, dass das Laufrad sich nicht rückwärts drehte.


    "Und wie viele Leute passen da gleichzeitig rein?"

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