Wie hat dich ein Gott, Medea, gestürzt / In verschlingende Strudel des Unglücks! – Eine Pantomime

  • Zitat

    Original von Faustus Decimus Serapio, Iulia Graecina und Matinia Marcella


    Es hatte jetzt keinen Sinn, bockig zu sein, denn sonst war die Kacke richtig am Dampfen. Also tappte ich hinter Dominus Serapio her, wenn auch etwas widerwillig. Ich rechnete mit einer ordentlichen Standpauke. Als die beiden Dämchen dann in Sichtweite kam, senkte ich verschämt meinen Blick zu Boden und versuchte, mich hinter dem Dominus zu verstecken, so gut es eben ging. Da ich aber so furchtbar neugierig war, musste ich immer mal verschämt zu den beiden linsen.
    Dann blieb er stehen und mir wurde es richtig elend im Bauch. Ich schämte mich so. Was sollte ich den beiden nur sagen? Dass es mir Leid tat und ich mich im Ton vergriffen hatte? Das wäre sicher die vernünftigste Lösung gewesen, allerdings auch die Schwierigste!


    Er richtete das Wort an die beiden Damen. Aber dann passierte etwas, womit garantiert alle beteiligten am wenigsten gerechnet hätten. Die eine junge Dame (nicht die mit dem blöden Schirm), kippte doch glatt aus den Latschen, als sie Dominus Serapio sah. Ich fand, dass sie ziemlich blass ausgesehen hatte.
    „Daran bin ich aber jetzt nicht schuld!“, murmelte ich hinter Dominus Serapios Rücken, der sofort vorpreschte, um das junge Ding aufzufangen, bevor sie auf den Boden knallte. Nun stand ich da und wirkte ziemlich unbeholfen. Jetzt wäre ein guter Zeitpunkt gewesen, um abzuhauen. Aber natürlich machte ich das nicht, denn sonst hätte ich mir eine neue Bleibe suchen können. Also blieb ich stehen und wartete geduldig ab, die das Dämchen wieder zu sich kam, damit sie und ihre Freundin mir danach ordentlich den Kopf waschen konnten. Zunächst aber musste erst der Ohnmächtigen geholfen werden.


    Dominus Serapio hatte offensichtlich nicht mit der Giftigkeit des anderen Dämchens gerechnet, denn die wollte anscheinend gar nichts von einer Entschuldigung hören. Na dann konnten wir ja gehen!

  • Dank des Riechsalzes kam Graecina recht bald wieder zu sich. Nur langsam öffneten sich ihre Augen. Es dauerte einen Moment, bis sie sich an die Helligkeit wieder gewöhnt hatten, um dann als erstes das Gesicht eines nicht mehr ganz so jungen Mannes einzufangen, der sich offenbar über sie beugte und in dessen Armen sie gerade lag. Wie war sie nur dort hingekommen? Was war mit ihr passiert? Und wer war dieser Mann? Auf all diese Fragen fand sie nur schwerlich eine Antwort. Sie konnte sich nur noch an Blut, an sehr viel Blut erinnern. „Wo bin ich?“, hauchte sie leise. „Was ist passiert?“


    Ganz langsam kehrte ein Teil ihrer Erinnerung wieder zurück, zumindest was den Mann betraf, der sie hielt. Sie erkannte das Gesicht wieder und auch, zu wem es gehörte. Es war das Gesicht des ruchlosen Decimers, der offenbar doch nicht so sehr ruchlos war. Sonst hätte er sie kaum gerettet. Seltsamerweise hatte sie in diesem Augenblick keinerlei Furcht vor ihm.


    Nun fing ihr Blick auch all die Gesichter derer auf, die besorgt um sie herumstanden. Da waren ihre Verwandten Caesoninus und Phoebe, Matinia, die neben ihr gesessen hatte, deren Sklavin und sonstige Schaulustige, die teils interessiert teils gelangweilt auf sie hinunterblickten.


    Der Iulia war es peinlich, so im Mittelpunkt zu stehen und in all die besorgten Gesichter sehen zu müssen.
    „Es geht mir gut,“ meinte sie schließlich. „Es war nur das viele Blut. Ihr wisst doch, ich kann kein Blut sehen,“ meinte sie, um die Umherstehenden zu beruhigen. Blut- das war im Moment die einzig plausible Erklärung.

  • Sofort war eine Schar Menschen um uns, ein blonder Jugendlicher, der dem armen Mädchen, Graecina nannte er sie, die Stirn fühlte und nach ihr fragte - "Einfach umgekippt." sagte ich – dann ein brünettes Mädchen, das ebenfalls besorgt nach ihr fragte, die Dame mit dem Schirm, die mich anfuhr, das Mädchen loszulassen... ja, das wollte ich gern, aber fallenlassen war vielleicht nicht die beste Option. Ich beschloss, sie vorsichtig auf der Stufe, auf der sie gesessen hatte, abzulegen, aber bevor ich das in die Tat umsetzen konnte, ward sie schon wiederbelebt, die Augenlider bebten, der Wimpernschleier hob sich von zarten Wangen und mich traf ein verschleierter Blick aus großen blauen Augen.
    "Keine Sorge junge Dame." sprach ich im beruhigenden Tonfall für verängstigte Zeugen oder kranke Pferde. "Du warst nur kurz weggetreten."
    Kurz stützte ich sie noch am Rücken, bis sie sich wieder gefangen hatte, überließ es ihren Begleitern, sich weiter um sie zu kümmern, und machte erleichtert einen Schritt zurück. Verstohlen rieb ich mir das Kreuz, wo ich ein unangenehmes Ziehen verspürte. Die kleine Nymphe stand hinter mir und schaute ganz elend drein.


    Nachdem die erste Aufregung um das Mädchen abgeklungen war, räusperte ich mich, und versuchte es noch einmal mit der Entschuldigung:
    "Verzeihung die Damen." sprach ich, wobei ich erst das Mädchen Graecina, dann die Schirm-Dame sittsam anblickte, "Decimus Serapio ist mein Name. Ich möchte euch beide in aller Form für das ungehörige Verhalten, will sagen den schlechten Scherz, den sich meine Sklavin vorhin erlaubt hat, um Entschuldigung bitten. Sie ist noch ganz neu, hat einen, ähm, kruden barbarischen Humor und es tut ihr unendlich leid." behauptete ich. Und auffordernd zischte ich ihr zu: "Nicht wahr, Cynthia?"
    Ihre Fähigkeit Zerknirschung zu heucheln hatte ich schon kennenlernen dürfen. Bühne frei.



  • Graecina! Den Göttern sei Dank, dass dir nichts passiert ist! Geht es auch wirklich wieder? Du bist ohnmächtig geworden“, erklärte Caesoninus ihr erfreut darüber, dass sie wieder zu sich gekommen war und anscheinend auch sonst nichts fehlte. „Komm, soll ich dir aufhelfen?“ Er streckte ihr die Hand entgegen als kleine Unterstützung dafür, dass seine Verwandte wieder auf die Beine kommen konnte. Dann wandte er sich an den Mann, der Iulia Graecina aufgefangen hatte. „Hab vielen Dank für deine schnelle Reaktion und dass dadurch meine Cousine nicht zu Schaden gekommen ist. Dafür hast du einen Stein im Brett der Gens Iulia.“ Er nickte ihm dankend zu.
    Caesoninus blickte sich nach der Bühne und dann nach den Zuschauerrängen um. Anscheinend gab es keinen Grund mehr hier zu bleiben, denn es waren allgemein schon die Leute auf dem Nachhauseweg. Er wandte sich an die beiden Iulias. „Gut ihr Mädchen, wir werden wohl auch langsam...hm?
    Graecinas Retter hatte sich geräuspert. Anscheinend wollte er noch etwas sagen. So zuckte Caesoninus also mit den Schultern und gewährte seinen Verwandten noch einmal diesen kurzen Moment, um sich mit ihm auszutauschen. Abwartend stand er neben der Szenerie und beobachtete sie.


  • Ja, ja! Schon gut! Ich hatte es kapiert! So zischend, wie er Cynthia ausgesprochen hatte. Oh Mann, ich hasste diesen Namen! Dominus Serapio bestand darauf, dass ich mich bei den beiden Damen entschuldigte. Das eine Dämchen war ja schon wieder auf dem Damm, obgleich es ihr anscheinend in den Armen des Decimers ganz gut gefiel. Sie faselte irgendwas davon, sie könne kein Blut sehen. Was für ein Blut denn? Die rote Soße etwa, die sie dort unten auf der Bühne herumgespritzt hatten? Waren wir etwa bei einem Gladiatorenkampf, bei dem gerade so armes Würstchen abgestochen wurde?! Wahrscheinlich hatte sie ihre Ohnmacht eh nur vorgetäuscht und Dominus Serapio checkte es einfach nicht!


    Der Begleiter der Kleinen, die eben abgetaucht war, sie wollten jetzt langsam gehen! Das war doch eine super Idee! Allerdings ließ sich Dominus Serapio davon nicht wirklich beeindrucken. Nein, er hatte seine helle Freude dran, mir die ganze Schuld in die Schuhe zu schieben, obwohl ich doch genau das gemacht hatte, was er wollte. Ich war eben sehr kreativ dabei vorgegangen. Er nannte das meinen ‚kruden barbarischen Humor‘. Mal ehrlich, lieber einen kruden barbarischen Humor als ein verschluckter Stock im Arsch! Aber da ich eh schon die A-Karte des Tages gezogen hatte, gehorchte ich und trat vor. Ein schnödes „Tschuldig…“, wollte ich sagen, besann mich dann eines Besseren und räusperte mich. „Ich bitte um Entschuldigung! Äh, vielmals um Entschuldigung! Es war nicht böse gemeint.“ Eigentlich war es genauso gemeint, wie ich es gesagt hatte, weil mich die eine Tante mit ihrem dämlichen Schirm mindestens genauso genervt hatte, wie Dominus Serapio. Aber das durfte ich ja nicht sagen. „Ehrlich! Ich konnte ja nicht wissen, dass Dominus Serapio tatsächlich mal Chef von den Schwarzröcken war!“, sagte ich dann noch zu meiner Verteidigung, ob es ihm passte oder nicht.

  • Das gute Riechsalz hatte seine Wirkung nicht verfehlt. Kein Blut konnte Graecina sehen? Wie schrecklich, keine Arenaspiele genießen zu können!
    Marcella war bass erstaunt, als der Prätorianer sich als manierlicher Zeitgenosse zeigte, erleichtert zudem, und schaltete sofort aus der Defensive in den Modus der Dame von Welt.
    "Aber Decimus," zwitscherte Marcella, und lächelte zuckersüß mit leicht zur Seite geneigtem Köpfchen, "wer wird denn einen kleinen Scherz übelnehmen. Wir kennen doch alle die Tölpelhaftigkeit neuer Sklaven."
    Ein silberhelles Lachen flirrte von ihren roten Lippen und der Fächer flatterte anmutig. Nur ganz kurz wurde die barbarische Übeltäterin von einem vernichtenden, giftriefenden Blick getroffen, dann stand die charmante Fassade wieder 1A.
    Wenn du meine Sklavin wärst, ich würde dir die Haare scheren und mir eine Perücke daraus machen! Und das wäre erst der Anfang! Unverschämtes Ding. Ich hoffe, er peitscht dich tüchtig aus!


    Darauf verabschiedete sich Marcella von der Versammlung.
    "Nun denn, ich muss los. Valete, es war mir ein ganz besonderes Vergnügen euch alle kennenzulernen!"
    Graecina bekam ein Küsschen auf die Wange gehaucht.
    "Komm rasch wieder zu Kräften, meine Liebe! Wir müssen unbedingt bald einmal zusammen die Boutiquen unsicher machen!"


    Wie ein kleiner rotgoldener Pfau trippelte Marcella davon, gefolgt von ihrer Zofe mit Kissen und Schirm.
    Vor dem Theater wartete die Sänfte. Geschafft ließ Marcella sich auf die weichen Polster sinken und von den milchweißen Germanensklaven über die Köpfe der Menge nach Hause schaukeln. Was für ein aufregender Theaterbesuch. Marcella würde einiges zu erzählen haben, auf den kommenden Abendgesellschaften.

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