Lupercalia DCCCLXX A.U.C.

  • Als Tiberios flüsterte, dass diese Römerin doch ein hübscher Anblick wäre, verfinsterte sich kurzzeitig das Gesicht der Silurerin. Hm. Wenn Tiberios dies dachte, dann würde sich Eireann hüten und das Gegenteil behaupten. Und dennoch presste sie leicht missgestimmt ihre Lippen zu einem schmalen Strich zusammen.
    Dieser Gesichtsausdruck hielt jedoch nicht lange an. Denn Tiberios behauptete doch allen ernstes das sie der hübschere Anblick wäre. Sie war doch nur eine Sklavin und diese junge Frau war eine römische Patrizierin. Aus dem Augenwinkel musterte Eireann eben jene Römerin. Bevor sie ihre volle Aufmerksamkeit dem blonden Sklaven schenkte. Ein Knuff folgte und ein Kopfschütteln, bei dem ihre dunklen Locken um ihre Gesicht tanzten.
    “Was sprichst du denn da für einen Blödsinn Tiberios?“
    Schmunzelnd blickte sie zu dem Sklaven empor. Unter keinen Umständen würde sie sich jemals mit einer Patrizierin vergleichen. So etwas stand überhaupt nicht zur Debatte. Zum Glück schien Tiberios dieses Thema auch nicht weiter verfolgen zu wollen.
    Als sich Tiberios dann ihrem Ohr näherte, neigte Eireann ihm ihren Kopf entgegen. Nur um dann mit einem strahlen in den Augen zu antworten.
    “Oh. Ich bin definitiv schneller als diese Römerin. Diese Römerin muss darauf achten das sie nicht über ihre hübsche Tunika stolpert und sich hoffnungslos darin verheddert.“
    Mit einem blitzen in den Augen stellte sich die Silurerin auf die Zehenspitzen und versuchte einen letzten Blick auf eben jene Patrizierin zu erhaschen.
    Dann jedoch spürte sie wie Tiberios nsch ihrer Hand griff und etwas von Taverne und kühles Getränk murmelte. Eireann war nämlich außer Stande sich zu konzentrieren. Die Nähe des Blondschopfs ließ ihr Herz wie verrückt in ihrer Brust pochen.
    “Ich folge dir.“
    Murmelte Eireann mit leiser Stimme und ließ sich tatsächlich von Tiberios mitziehen.

  • Das war wieder einmal typisch, Lurco brauchte nur irgendwo erscheinen und die Frauen besprangen ihn von allen Seiten oder fielen seufzend in Ohnmacht. Die Patrizierin war offenbar vom Anblick von Lurcos göttlichem Körper dermaßen fassungslos, dass sie kein Wort herausbrachte. Lurco löste die Situation mit einer galanten Verabschiedung und Scato folgte ihm auf dem Fuß.


    Gemeinsam umrundeten sie das Forum Romanum zum Abschluss dieses Laufes. Ziel war die Regia, vor einem halben Jahrtausend noch Königssitz und heute der Ort, an dem sich das Heiligtum des Mars befand. Auch das Heiligtum der Obs Consivia war im Inneren befindlich und dermaßen heilig, dass nur den Vestalinnen und dem Pontifex Maximus der Zutritt gestattet war. Wie genau das Finale des Laufes aussehen und wie er enden sollte, hatte Scato niemand erklärt und Verax war nirgends zu sehen. Ebenso wenig wie Caesoninus, über den Lurco sich ein wenig zu ärgern schien, während Scato selbst sich mittlerweile ernsthafte Sorgen machte.


    Die Sorge währte nur kurz, denn da wurden Scatos Gedanken unterbrochen, als er aufs Herzlichste von Lurco gedrückt wurde. Er drückte ihn nicht minder fest zurück. Der Blutfilm auf ihrer Haut ergab ein extrem schmieriges und klebriges Gefühl. "Haben wir gut gemacht", urteilte Scato, während er Lurcos Rücken klopfte. "Wir sind ein super Duo! Die Menschen hier sollten uns lieben. Ohne uns hätten sie es einfach nur schlecht." Als sie die Umarmung lösen wollten, klebten sie einen Moment am Bauch schmerzhaft aneinander, ehe sie sich mit einem schmatzenden Geräusch wieder trennen konnten. "Gemeinsames Blutvergießen verbindet", verkündete Scato weise.


    Sehr zufrieden und glücklich ging er mit Lurco zurück zum Lupercal, um seine Kleider und Sandalen abzuholen.

  • Die meisten Zuschauer zerstreuten sich nun, um vielleicht noch etwas zu trinken, die Thermen aufzusuchen oder um nach Hause zu gehen.
    Sie waren ausgelassen und fröhlich , es war ein schönes Fest gewesen. Tiberios sah ein paar Männer von der Bruderschaft der Luperci, die sich beglückwünschten , und er lächelte .
    Er freute sich, dass er und Eireann beide den Segen empfangen hatten.
    Aber als Eireann zu ihm sagte : “Was sprichst du denn da für einen Blödsinn Tiberios?, und ihm dann ausmalte, wie sich die Patrizierin in ihrem Gewand verhedderte, da lachte er hell auf.
    Sie waren als Sklaven ja immer ehrerbietig , es gab nur wenige solche Momente, in denen man sich ungestraft über die Obrigkeit lustig machen durfte. Ein kleines harmloses Ventil, mehr nicht .
    Und dass Eireann einverstanden war , ihm zu folgen - schöner konnte der Tag doch gar nicht mehr werden !
    B eide jungen Sklaven ließen sich mit dem Menschenstrom in die Richtung Subura ziehen. Tiberios fragte ein paar Mal welche der fröhlichen Leute, und die neue Urbanerstation war allgemein bekannt , so
    fanden sie die Taverne zum blinden Esel schnell.

  • Die Sänftenträger der Flavia hatten sich nun wahrlich den belebtesten Platz in ganz Rom ausgesucht. Ihre Custodes hatten große Mühe, den gaffenden Mob auf Abstand zu halten. Schon gar nicht irgendwelches Gesindel, wie Sklaven, Bettler oder sonstige Tunichtgute.


    Domitilla selbst wirkte äußert angespannt. Letztendlich musste sie sich damit abfinden, dass sie auch nicht mehr die frischeste Rose im Garten war. Der Zahn der Zeit nagte auch unerbittlich an ihr. Erschreckend schnell ging sie auf die Dreißig zu. Nur noch zwei Jahre standen schützend davor. Jede Frau die Erfahrungen in Kinderkriegen hatte, konnte ihr bestätigen, dass die Möglichkeit einem gesunden Kind das Leben zu schenken mit jedem Jahr mehr schwand. Domitilla hätte einiges darum zu geben, um eben dieses Manko ihres ansonsten so perfekten Körpers, aus der Welt zu schaffen.


    Ganz vertieft in ihre eigene Gedankenwelt stand sie am Straßenrand und wartete. Praxilla, eine blonde aus Delos stammende Sklavin, die vor einigen Monaten zur neuen Leibsklavin der Flavia avanciert war, nachdem ihre alte Amalthea das zeitliche gesegnet hatte, stand neben ihrer Herrin und hielt Ausschau. Sie musste nicht lange warten, denn die ersten der Luperci kamen schon bald angerannt. Ob ihrer Domina das bewusst war? Noch kannte sie die Flavia noch nicht so genau. Zwar hatte sie schon einiges über ihre Launen und ihren manchmal recht eigensinnigen Humor gehört, letztlich aber war sie ihr aber noch fremd. Nur eines hatte Domitilla ihrer neuen Sklavin anvertraut, dass diese Segnung ihre letzte Chance war und dass sie alles mit Freuden über sich ergehen lassen wollte, wenn sie doch endlich ein Kind lebend zu Welt bringen könnte. An und für sich mochte sie dieses blutige Ritual nicht besonders, doch natürlich behielt sie dies tunlichst für sich. Vielleicht war das unterschwellig der Grund weswegen sie keinerlei Reaktion zeigte, als einer der Luperci sie ansprach.
    Die Custodes wurden bereits schon unruhig, als dieser spärlich bekleidete Mann vor ihr Stand und von der Domina kam rein gar nichts! Auch Praxilla wurde langsam unruhig, doch sie traute sich nicht, die Flavia darauf hinzuweisen oder sie gar leicht anzustoßen. Als das Warten auf eine Antwort beinahe zur Qual wurde, gab die Sklavin stellvertretend für ihre Herrin eine Antwort. „Natürlich wünscht die Domina eine Segnung. Deswegen steht sie ja hier!“ Um einfach nur das schöne Wetter zu genießen gab es weitaus bessere Plätze. Unglücklicherweise hatte der Priester die Flavia unverrichteter Dinge stehen lassen und war weitergerannt. Womöglich hatte er Praxillas Worte nicht mehr gehört. Doch kurz darauf kam ein weiterer Läufer angerannt der ihr doch noch einen Segen zu Teil werden ließ.
    Sehr erfreut darüber, dass sie nun endlich diesem Massenspektakel entfliehen konnte, stieg sie wieder in ihre Sänfte, so dass die Sänftenträger sie von hier fortbringen konnten.

  • Gemeinsam mit seinen Kollegen spurtete Caesoninus unter lautem Gelächter vom Lupercal weg auf die Cacustreppe zu, die den Beginn ihres insgesamt zwei Meilen langen Laufs darstellte. Hier wie schon rund um das Lupercal drängten sich die Menschenmassen dicht an dicht, denn jeder wollte einen segnenden Hieb erwischen. Rom zeigte sich heute von seiner besten Seite. Überall waren die Männer und Frauen gute gelaunt und einige besonders hibbelig und voller Elan in dem Bestreben einen Schlag aufs rechte Teil von sich zu erhaschen. Das bekam Caesoninus schon gleich jetzt ganz am Anfang zu spüren. Er lief lachend die ersten Stufen hinunter und schwang seine Rute feste nach links und rechts, dass es nur so klatschte. Ein Mann und eine Frau nach dem/der anderen sollte daraufhin um einiges fruchtbarer nachhause gehen dank ihn. Es war gar nicht so leicht zu laufen, zu lachen, zu schlagen und dabei nicht auch noch das Gleichgewicht zu verlieren und die große lange Treppe hinunterzustürzen auf der er sich befand. Doch einmal geriet Caesoninus doch kurz ins straucheln, was ihm sein Gleichgewichtssinn einbüßen ließ und er ins Stolpern kam. Doch glücklicherweise konnte er sich vor einem Sturz bewahren, indem er sich an seinem Vordermann Scato festkrallte, was zur Folge hatte, dass er Eireann und Tiberios mit seinem Schlag verfehlte. Caesoninus hörte ihn den beiden noch etwas hinterherrufen, doch achtete er nicht weiter darauf. Immerhin galt es Segen auszuteilen und laut zu lachen!


    Doch sein kleines Missgeschick musste einem Tunichtgut eine boshafte Idee beschert haben, denn am unteren Absatz der Cacustreppe spürte er plötzlich ganz deutlich, wie jemand ihm da urplötzlich ein Bein stellte! Caesoninus konnte nicht mehr gegensteuern, sondern fiel mit voller Wucht der Länge nach hin und rollte stürzend die letzten paar Meter die Treppe hinunter. Unten angekommen prustete er und wuchtete sich wieder hoch und blickte zurück zur Treppe. Dort stand der Kerl ja, der ihn zu Fall gebracht hatte! „Na warte!“ knurrte Caesoninus und rappelte sich wieder hoch. Dann sprintete er (unter leichten Schmerzen) die Stufen wieder hoch zu seinem Peiniger und ehe dieser reagieren konnte, hatte er ihm schon seine Rute quer übers Gesicht gezogen, gefolgt von einem saftigen Hieb mit seiner Faust. Der Beinsteller fiel jetzt seinerseits hin und Caesoninus schlug ihn nochmal zweimal ordentlich. „Das wird dich in Zukunft lehren jemanden ein Bein zu stellen!“ Dann nochmal einen „segnenden“ Schlag mit der Rute und schon drehte er sich um und lief lachend die Treppe wieder hinunter, dabei links und rechts die Leute segnend, während sich der Beinsteller keuchend und ächzend wieder langsam aufsetzte und sich seine blauen und blutigen Wunden im Gesicht betastete.


    Auch Caesoninus hatte ein paar Schrammen von seinem Sturz quer das untere Ende der Cacustreppe hinunter davongetragen, doch bemühte er sich so gut es ging sie zu ignorieren bzw. zu überspielen. Heute war wichtigeres an der Reihe, als seine kleinen Wehwehchen!

  • Von der Cacustreppe aus lief Caesoninus die bergab verlaufende Straßenkurve um die Ausläufer des Palatins herum und gelangte dann zum langen Pflasterweg entlang des Circus Maximus. Plötzlich fand er sich in dessen dunklem Schatten wieder und die ersten Male an dieser Stelle schlug Caesoninus mehr oder weniger blind die Leute am Wegesrand, bis sich seine Augen an das hier herrschende Halbdunkel gewöhnt hatten. Da die Straße so gerade war und auch der Circus rechter Hand eine immergleiche Fassade aufzuweisen hatte die ganze Etappe über, erschien ihm dieses Teilstück als besonders lange und weit. Caesoninus‘ Brustkorb schmerzte etwas noch vom Sturz und sich ankündigendem Seitenstechen, doch ignorierte er es weiterhin und lachte aus vollem Halse und schlug die Schaulustigen, auf dass es bald eine Geburtenflut an Kindern hier in Rom geben mochte. Trotz, dass er ein wenig aufgehalten worden war, so lag er noch halbwegs gut im Rennen. Vor ihm liefen Luperci, genauso auch wie hinter ihm. In gewissem Sinne war das ganze hier ja auch irgendwo eine Art Wettrennen zwischen ihnen, wenn es auch keinen expliziten Preis für den schnellsten gab.


    Eine besonders hübsche Frau sprang Caesoninus in den Weg und hielt ihm einen Zettel entgegen. Caesoninus schlug sie mit seinem Riemen und schnappte sich den Papyrusfetzen. Er behielt ihn in der Faust, denn jetzt war keine Zeit seinen Inhalt zu prüfen. Doch blickte er sich im Lauf noch einmal nach der Schönheit um, die ihn mit klimpernden Augenlidern lasziv nachwinkte.


    Doch bei seinem Blick zurück bemerkte er auch zwei der anderen Luperci die drauf und dran waren ihn überholen zu wollen. Nur über seine Leiche! So konzentrierte er seine Gedanken wieder auf den Weg vor sich und lief weiter mit seiner blutigen Rute. Die Frauen und Männer am Wegesrand mochten immerhin einen Segen von ihm haben! Also fröhlich weitergeschlagen und weiter dann! Endlich erreichte er das Ende dieser elendst langen Straße und bog in die Via Triumphalis ein…einer genauso elendst langen Straße, wenn nicht sogar noch länger als die grade bewältigte.

  • Die Via Triumphalis konnte sich von ihrer Länge her in der Tat mit der Straße beim Circus Maximus messen. Doch dafür war sie eine sehr große und breite Straße, gesäumt mit wunderschönen Zypressen und Kiefern, die einen willkommenen Schatten spendeten. Die Schweißperlen bedeckten schon Caesoninus‘ ganzen Körper und auch das Atmen fiel ihm zusehends schwerer. Das stechen in seiner Brust war ärger denn je. Was war er bis jetzt gelaufen? Eineinhalb Meilen vielleicht? Und dabei jetzt schon aus der Puste? Doch zu seiner persönlichen Ehrenrettung schob er diese Schwäche kurzerhand auf seinen Sturz vorher bei der Cacustreppe. So also lachte und lief er schlagend und segnend weiter, wenn auch sein Lachen schon wesentlich heißerer klang. Direkt vor ihm sollte schon bald das Kolosseum auftauchen, doch noch war nichts von diesem gewaltigen Rund zu sehen, da Gebäude und Bäume es noch verdeckten. Wie froh wäre er erst, wenn er dort wäre, denn dann hieß das, dass er den Lauf so gut wie hinter sich hatte!


    Hier auf der Via Triumphalis standen nach seinem Gefühl etwa weniger Leute wie zuvor beim Circus Maximus. Das war Caesoninus nur recht, da er so mehr Platz zum Laufen hatte und auch besser mit seinem Riemen ausholen konnte. Natürlich versuchten auch hier ein paar der Zuseher ihr Glück und sprangen ihm in den Weg. Der Lohn dafür war ein saftiger Streich mit seiner Rute. Ganz verzückt würden wohl einige von den Getroffenen dann gleich nachhause laufen, um ihre neue Fruchtbarkeit in der Praxis zu testen, zumindest stellte sich das Caesoninus lachend vor, als er eine ganz besonders dicke und hässliche junge Frau schlug, die daraufhin strahlend einem nicht minder hässlichen und fetten Ochsen von Mann um den Hals fiel, der vermutlich mit ihr verheiratet war. Das würde bestimmt hübsche Kinder geben! Mindestens!


    Täuschte er sich, oder ging die Via Triumphalis etwas bergauf? Doch so gut er konnte biss er die Zähne zusammen. Nicht mehr weit und er hätte das Forum Romanum erreicht! Nur noch ein kurzes Stück!

  • Na endlich! Prustend kam Caesoninus am oberen Ende der Via Triumphalis an und erreichte somit den Vorplatz des Kolosseums bzw. des Amphitheatrum Flavium. Eigentlich hatte dieses größte aller römischen Amphitheater seinen weltbekannten Spitznamen ja von einer riesenhaften Kolossalstatue, die ganz in der Nähe der Arena stand. Ursprünglich hatte sie den Imperator Nero Claudius Caesar Augustus Germanicus (alias Kaiser Nero) dargestellt, doch nach dessen Tod war sie in ein Bildnis des Sonnengottes Sol umgewandelt worden. So wachte also nun die Sonne selbst über die regelmäßig stattfindenden blutigen Spiele in der Arena und heute über die hechelnden und schwitzenden Luperci, die wie Ameisen unter ihr bei einem kleinen Getränkestand eine Erfrischung bekamen. Auch Caesoninus stoppte dort zusammen mit zwei anderen Luperci und nahm das angebotene Getränk dankbar an. Es war heißer Wein, oh wie gut der tat!


    Das kalte Wasser bekam hingegen einer der beiden anderen, der noch blondere Haare als Caesoninus hatte und darüber war der ganz und gar nicht erfreut, wie man an seinem Fluchen erkannte. Jetzt hatte Caesoninus auch die Zeit sich den Zettel einmal näher anzusehen, den ihm vorher eine junge Frau unten beim Circus Maximus zugesteckt hatte. Es war darauf ein deutlicher Lippenstiftabdruck zu sehen und daneben stand eine Adresse. Caesoninus fing unhaltbar zu grinsen an, während er den Rest seines Weines hinunterstürzte und dann wieder begann loszulaufen und wieder lachend die Zuseher links und rechts zu schlagen, auf das sie fruchtbar werden mochten!


    Hatte er doch tatsächlich ein höchst amouröses Angebot von einer Passantin erhalten! Wenn das hinterher die gleiche Dame wäre, wie die, die ihm den Zettel zugesteckt hatte, dann würde er natürlich annehmen. Dann konnte die Gute sehen wie standhaft ein Wolf des Faunus im Bett war! Lachend schlug er die Männer und Frauen rund um sich, während er langsam auf den Vestatempel zusteuerte, dem Beginn des Forum Romanum. War das dort hinten nicht grade Consular Purgitius Macer gewesen? Schade, dass er so weit hinten in der Menge stand, Caesoninus hätte es eine diebische Freude beschert auch seinem alten Lehrmeister einen fruchtbarkeitsspendenden Schlag zu versetzen!
    So musste er leider auf diesen Scherz verzichten und hurtig lenkte er seine Schritte in Richtung Forum. Das Ende war in Sicht! Seine brennenden Lungen würden ihm das auf jeden Fall danken.

  • Erwartungsgemäß drängten sich am Forum Romanum die meisten Menschen. Kein Wunder, immerhin war das ein großer offener Platz, wo sie sich allesamt nach Lust und Laune ausbreiten konnten. Mit einem Weg durch die Meute war es da nicht weit her. Außer vielleicht die schmalen Gässchen, die sich da und dort auftaten, wenn einer der Luperci im Kommen war. Doch nicht nur am Platz selbst, auch die Straßen davor waren schon heillos verstopft. Inzwischen mehr keuchend als lachend kam Caesoninus gerade links an der Regia vorbei, als seine Rute eine besonders feingliedrige und blonde Patrizierin traf. Erschrocken über den Schlag schrie sie auf und Caesoninus lachte noch lauter im weiterlaufen. Das würde gleich Zwillinge für das feine Fräulein geben mit Köpfen so groß wie Kürbisse!


    Ein wenig weiter vorne dann, beim Dioskurentempel zu Ehren von Castor und Pollux, musste Caesoninus doch seinen Schmerzen in der Brust nachgeben und atemlos den Lauf stoppen und ein kurzes Stück gehen. Dabei schlug er aber weiterhin brav alle Leute die er mit seinem Riemen erwischte. Das witzige war, dass er trotzdem nicht besonders hinter den anderen Luperci zurückfiel, denn die kamen auch nicht gerade schneller durch die Menschenmassen am Forum. Caesoninus ging das ganze Stück bis hinüber zur Basilica Aemilia, ehe er den Rest bis zur Rostra wieder im Lauf fortsetzte. Das kurze Stück Weg hatte ihm die nötige Luft verschafft, um wieder besser lachen zu können für das (nicht) zahlende Publikum. Auf der Rostra entdeckte er einen ganz besonderen Gast, es war der Sohn des Augustus, Appius Aquilius Bala! Natürlich empfing auch er einen segnenden Hieb, denn was konnte es ehrenvolleres geben, als Teil dieser fast ältesten aller altrömischen Traditionen zu sein? Auf dass dem Imperium reicher Kindersegen beschieden war!


    Lachend lief Caesoninus weiter nach links in einem großen Bogen, der ihn nach der Rostra wieder zurück zur Regia führen würde, an der er ganz am Anfang vorbeigekommen war. Unterwegs bemerkte er auch eine feine Patrizierin mit feuerroten Haaren, die vor einer Sänfte mit einem tiberischen Wappen stand. Auch sie bekam einen Hieb und lachend lief Caesoninus weiter, dem Ende dieses Laufs entgegen.

  • Caesoninus lief so gut es ging in Richtung Regia. Er freute sich schon richtig auf das Ende, denn er war mit seinen Kräften ziehmlich am Ende. Seine Füße schmerzten ihm, sein muskulöser Körper perlte vor Schweiß und seine Brust schmerzte wie verrückt. Doch einem guten Lupercus gleich tat er trotzdem auch weiterhin seine Pflicht und segnete die Leute mit seinen Schlägen. Er wollte ja immerhin nicht, dass Magister Verax zu Ohren kam, dass er sich weichlich angestellt hätte! Denn dann wäre er schneller wieder aus dem Verein geflogen, als Caesoninus hätte „unfair“ sagen können und das wollte er tunlichst vermeiden. Nicht nach all dem, was er für eine Aufnahme tun hatte müssen. Nicht dass er sich über diese zusätzlichen Schäferstündchen beklagt hätte, aber es ging hier immerhin ums Prinzip.


    Keuchend kam er dann zum Glück für seine Lungen bei der Regia an. „Na endlich“ brachte er nur hervor. Caesoninus war nur ganz kurz nach dem vorletzten Lupercus bei der Regia, diesem ältesten aller Tempel, angekommen. Atemlos beugte er sich nach vorne und stützte sich auf seine Knie auf, während er nach Atem rang. Das war also sein zweiter Lauf als Lupercus gewesen. Er musste zugeben dieses Mal hatte er sich etwas schwerer getan, besonders wegen dieser Brustschmerzen.


    Bei diesem Gedanken blickte Caesoninus an sich herab und bemerkte, dass seine rechte Flanke beim Brustkorb ganz blau und lila war. Also hatte der Sturz die Cacustreppe hinunter doch gröbere Spuren bei ihm hinterlassen! Na zum Glück hatte er das erst jetzt bemerkt, denn ihm war als hätten die Schmerzen in dem Augenblick zugenommen, da er sich der blauen Flecken gewahr worden war. Zischend sog er die Luft ein. Das musste er hinterher wohl von einem Medicus ansehen lassen. Einer der Luperci klopfte ihm beglückwünschend auf die Schulter für den gelungenen Lauf und Caesoninus erwiderte die freundschaftliche Geste. Dann blickte er sich suchend um. Ah, dort war ja der Sklave, der seine Kleidungsstücke hierherbringen hatte sollen! Erfreut ihn zu sehen kam Caesoninus auf ihn zu und nahm ihm die Tunika aus der Hand. Dann entledigte er sich seines Fellüberwurfs und schlüpfte in die Tunika, gefolgt von den Sandalen. Das war ja gleich ein ganz anderes Gefühl, jetzt konnte er sich wieder Mensch nennen!


  • Gnaeus Nasidius Verax


    Nach der vollzogenen Opferzeremonie am Lupercal tat natürlich auch der Magister persönlich seine Pflicht. Verax hatte eine besonders blutige Peitsche und er zögerte nicht sie bestmöglich einzusetzen. Lachend sprang er die Cacustreppe hinab und ließ sein Schlagwerkzeug nach alle Seiten hin knallen. Die getroffenen Männer und Frauen wussten meistens dann nicht, ob sie über den empfangenen Segen verzückt, oder über das ganze Blut angeekelt sein sollten, denn das gehörte wohl nicht ganz so zur Tradition dazu. Als Verax, am Ende der Cacustreppe angekommen, sich noch einmal umdrehte, um zu schauen was die Luperci hinter ihm so anstellten, bemerkte er, wie Caesoninus die Stufen hinunterstürzte. Brüllend vor lachen setzte der Magister seinen Weg die Straße beim Circus Maximus entlang fort. Das hatte diese aufgeblasene iulische Hühnerbrust mehr als verdient! Lachend schlug sich Verax seinen Weg durch die Zuschauerschaft und und schnalzte bei den besonders attraktiven jungen Dingern doppelt hart zu, damit sie ja auch ein Andenken an seine Männlichkeit hätten für die nächsten Tage!


    Von seinem Lauftempo hielt der Magister Lupercorum es so, dass er sich immer ungefähr im Mittelfeld der zwölf Luperci aufhielt. So konnte er sehen, was die lahmen Schnecken hinter ihm trieben (bzw. es mit wem), ohne dass er seine Wölfe aus dem Spitzenfeld vor sich aus den Augen verlor. Es war natürlich selbstredend, dass jeder, der nach Verax ins Ziel kommen würde ihm das hinterher erklären müsste. Immerhin waren nur ganze Männer bei den Luperci erwünscht! Was die beiden Neuen, Purgitius Lurco und den anderen (von dem sich Verax schon wieder nicht den Namen gemerkt hatte) anging, so hielten sie sich die ganze Zeit über ganz vorne an der Spitze auf. Recht so Lurco! Und auch der andere steigerte mit dieser Leistung seine Chance darauf, dass er hinterher nicht gleich sofort wieder aus dem Kultverein geworfen wurde, so wie angedroht, doch darüber machte sich der Magister jetzt keine näheren Gedanken. Immerhin wollten heute Menschen (und besonders Frauen) seine große Rute spüren!


    Lachend und schlagend zog so Verax also den Circus Maximus entlang und die Via Triumphalis hinauf bis zum Kolosseum, wo ihnen allen eine Erfrischung dargeboten wurde. Er nahm sie dankbar an und trank seinen heißen Wein in einem Zug aus, ehe er einem Lupercus neben sich grob auf die Schulter klopfte und weiterlief. Dieser beeilte sich Verax nachzukommen und ihn nach Möglichkeit zu überholen, immerhin wusste er ja, was denjenigen blühte, die nach dem Meister bei der Regia ankamen. Unterwegs bemerkte Verax doch tatsächlich sein großes Vorbild Senator Macer.
    Auch wenn sie sich nicht persönlich kannten, so hob er trotzdem grüßend die Hand und winkte dem Purgitier zu. Vielleicht hatte er ihn ja gesehen. Dann setzte er seinen Weg weiter fort am Vestatempel vorbei hinaus aufs Forum Romanum. Das hier war jetzt ein wahres Paradies für seine gierige Peitsche. Er schlug Männer wie Frauen, einfach alles was ihn vor die Quere kam wurde von ihm gesegnet. Da durch die vielen vielen Schläge und Schwünge durch die Luft auch schon das ganze Blut des Schlagzeugs inzwischen getrocknet bzw. nicht mehr vorhanden war, getraute er sich bei der Rostra dann auch die höchst ehrenvolle Tat den Caesar persönlich mit einem respektvollen Hieb zu segnen, damit er heute Abend seiner Frau die gute Tat berichten und beweisen konnte und Rom vielleicht schon bald einen kleinen Prinzen mehr hatte, der eines Tages Caesar und später Augustus sein würde und er Verax hätte ihm mit seinem Schlag dann in die Welt verholfen!


    Verax machte nach der Rostra den Schlenker nach links und kam nach einigem weiteren lachen und vielen Schlägen mehr auch an der Regia an. Lurco und der andere und vier weitere Luperci waren schon anwesend. Verax nickte ihnen allen zu. "Gut gemacht, Männer! Ihr habt Rom ein weiteres Jahr zur genüge gedient, ihr könnt stolz auf euch sein!"
    Die sechs restlichen Luperci, die langsamer als Verax gewesen und logischerweise erst nach ihm angekommen waren, erhielten von ihm einen weit weniger väterlichen Blick. Und wer war da ganz am Ende? Natürlich doch, die iulische Hühnerbrust! Verax hatte für ihn kaum einen Blick übrig, denn immer noch wollten Frauen von ihm, dass er sie mit seiner Peitsche schlug und er tat ihnen den Gefallen. So also waren ein weiteres Mal die Lupercalien in Rom gefeiert worden.

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