• "Na dann auf, folgt mir. Weit ist es nicht und wir haben unser Fleisch. Danke für die ausführliche Erklärung Quietus, die macht noch mehr Hunger", grinste Lurco und nahm das Geld aus ihrer Sparamphore.


    "Festessen auf Gemeinschaftskosten, kommt. Ich würde vorschlagen Quietus verwaltet sonst die Kasse. Da ist sie in guten Händen", sagte Lurco und gab den Weg vor.


    Der Bursche am Bratwurststand erlebte es auch nicht alle Tage dass acht Cohortes bei ihm zeitgleich eine Bratwurst orderten, vor allem nicht so, als wären sie total ausgehungert.

  • "Einverstanden. Quietus, du musst", befahl Scato.


    Quietus motzte pro forma, damit man ihn noch ein wenig bettelte, ehe er schließlich mit leidendem Gesicht zustimmte. In Wahrheit freute der Hund sich über das Vertrauen, da war Scato sicher, wo Quietus doch keine Gelegenheit ausließ, seinen Intellekt herauszukehren. Hier war er an einer guten Stelle eingesetzt.


    Das ganze Contubernium stellte sich in einen Kreis und stieß mit den Bratwürsten in der Mitte an. Dann bissen sie alle gleichzeitig ab. Schmausend und plaudernd blieben sie noch eine Weile in der Nähe des Standes stehen. Die gebratenen Lukanerwürste schmeckten köstlich. Sie füllten nicht nur acht Bäuche sondern zauberten auch acht zufriedene Gesichter mehr in die Welt. Der Bratwurstmann hatte seine heutige gute Tat auf jeden Fall erfüllt. Satt und glücklich kehrten sie gemeinsam zurück in Baracke VII, um den Abend beim Würfelspiel ausklingen zu lassen.

  • "Und hier haben wir einen weiteren Beweis dafür, wie dumm Griechen sind", verkündete Stilo, der kaum eine Gelegenheit ausließ, über die Hellenen herzuziehen. Bei diesen Worten knallte er etwas flaches, in Tuch eingeschlagenes, auf den Tisch.


    "Was hast du gegen Griechen?", knurrte Scato.


    "Sie sind dumm", behauptete Stilo und machte sich daran, das Päckchen auszupacken. "Nicht nur, dass sie ihre unmöglichen Sitten nach Roma schwemmen, sie sind auch zu dämlich, Kackschwämme richtig zu benutzen."


    "Hä?!" Jetzt verstand Scato gar nichts mehr.


    Merkwürdiger Teller


    Triumphierend zeigte Stilo auf den bemalten Teller, den er gerade gekauft hatte. Darauf bearbeitete eine Frau den Unterleib eines lüsternen Satyrn mit einem Gegenstand, der verblüffende Ähnlichkeit mit einem Xylospongium hatte. Scato drehte den Teller und betrachtete ihn von allen Seiten.


    Asper schaute ihm über die Schulter. "Aber ihm scheint es ja zu gefallen", sprach er diplomatisch.


    "Sie wäscht ihm damit die Eier", stellte Tarpa fassungslos fest. "Und der freut sich auch noch. Das ist barbarisch!"


    "Sag ich ja", trumpfte Stilo auf.


    Nun wollte auch Ramnus sehen, worum es ging. Der bullige Kamerad stapfte an den Tisch und schaute. "Ich finde, das sieht eher aus, als ob der Satyr die Frau wegschieben will", wandte er ein. "Außerdem schlägt sie den armen Kerl. Satyrn sind doch so was wie Faune. Scato, was sagst du als Lupercus dazu?"


    Scato hob den Teller jetzt an und schaute auf die Rückseite, als würde er dort nach des Rätsels Lösung suchen. "Nein, garantiert alles unzutreffend, viel zu absurd. Es muss eine rationale Erklärung für dieses Bild geben. Wir verstehen das bestimmt vollkommen falsch. Die Griechen können nie und nimmer so blöd sein!"


    Stilo funkelte ihn an. "Natürlich sind sie blöd. Was haben sie denn je Intelligentes gemacht?"


    "Säulen erfunden", platzte Scato heraus.


    "Und Demokratie", schnaubte Stilo. "Bescheuerte Bilder und Statuen ohne Klamotten. Nur Müll. Teller wie diesen!"


    Scato betrachtete den Teller nun von der Seite. Schließlich stellte er ihn ratlos wieder hin. "Tja."


    "Und?", hakte Asper nach. "Du kennst dich doch mit Griechen aus. Du hast selber einen."


    "Meinst du, ich würde zulassen, dass mein Grieche solches Schindluder mit einem Xylospongium treibt? Terpander ist anständig! Der macht so was nicht. Stellen wir den Teller einfach aufs Regal der ungeklärten Merkwürdigkeiten."


    Er zeigte auf ein Wandregal, das noch nicht mit Gerümpel vollgepackt worden war, woraufhin Stilo den Teller aufrecht darauf stellte, so dass alle das Bild sehen konnten beziehungsweise mussten. Ein Mahnmal an alle, was die einzig wahre und beste Kultur war - und was nicht.

  • Lurco aß grinsend seinen Puls und ließ die Kameraden gewähren. Als der Teller seinen Platz im Regal gefunden hatte, stand er auf und schaute ihn sich genau an.


    "Das ist eine griechische Zeichnung einer römischen Szene Leute. Wir sehen hier zwei Begleiter aus dem Gefolge von Bacchus, dem Gott des Weines und der Fruchtbarkeit. Der Satyr gehört zu Bacchus ebenso wie die Mänaden. So bezeichnet man die mythischen Begleiterinnen von Bacchus und die Kultanhängerinnen.


    Die beiden auf dem Bild sind also Kollegen. Die Frau, die Mänade trägt keinen Kackschwamm Jungs! Die Frau trägt einen Thyrsus, auch Thysos- oder schlicht Bacchusstab genannt. Jener Stab wird von den Begleitern des Gottes Bacchus getragen.


    Zum Stab selbst. Der Bacchusstab ist ein Stängel des Riesenfenchel und ist mit Weinlaub umwunden. An seiner Spitze befindet sich seine Krone. Die Krone des Bacchusstab besteht entweder aus Weinlaub, Efeu oder einem Pinienzapfen. Die Kronen des Stabes unterscheiden sich stark. Manchmal besteht sie auch nur aus Zweigen, verzierte Zweige mit Blätter, einer Fencheldolde oder einem Gebinde aus Efeu.


    Der Schaft des Stabes wird nicht immer als Fenchelstängel dargestellt. Manchmal ist es ein schlichter Holzstab, mal ein Holzstab mit roten Verzierungen. Die Holzstäbe werden dann mit Bändern umwunden.


    Wichtig sind in der Darstellung die Zeichen des Gottes Bacchus, als da wären Wein, Fenchel und Efeu. Extrem selten sieht man sogar Tanne und Tannenzweige. Die Länge des Bacchusstab ist recht unterschiedlich dargestellt. Vermutlich je nach Größe des Trägers oder der Trägerin. Von Mannshoch bis Ellenlange.


    Ihr solltet öfter in den Tempel gehen und Bacchus Eure Aufwartung machen. Ein ehemaliger Kumpel war dem Schöngeistigen und den Freuden des Lebens sehr zugetan. Zwar betete er vorrangig andere Götter an, aber für Bacchus und seine Freuden hatte er stets sehr viel übrig. Er war sozusagen sein Gott für das Private", erklärte Lurco grinsend und hockte sich mit einem Stück Käse auf sein Bett.

  • Die Blicke des Contuberniums hatten sich fast ausnahmslos auf Lurco gerichtet. Nur Pullus war gerade auf der Latrine, so dass er sich nicht beteiligen konnte an dem Rätsel um den merkwürdigen Teller und um die vermeintlich dummen Griechen, die vielleicht doch gar nicht so geistig umnachtet waren, wie manche hier das gern darstellten. Scato seinerseits war begeistert von Lurcos Erklärung.


    "Du hast nicht nur die Ehre von Terpander gerettet, sondern uns auch erhellt", schwärmte er überwältigt davon, dass Lurco tatsächlich aus dem Stehgreif so etwas hatte erklären können. Nicht einmal Quietus, ihr wandelndes Lexikon, hatte das gewusst. "Wo erfährt man so etwas schon, wenn man nicht gerade privat mit solchen Leuten zu tun hat? Dieser Kumpel hat dich also alles über Bacchus gelehrt, wir sollten ihm was schenken zum Dank, einen guten Wein oder so! Wir hätten ohne seine Lehrstunde niemals erfahren, was dieser Stab da bedeutet und dass er kein Xylospongium ist und außerdem müssen wir eh mal wieder in die Stadt. Da können wir das gleich mit erledigen. Aber ungeklärt ist noch immer, was die beiden Kollegen da auf dem Teller treiben." Scato tippte auf das Bild, so dass der Teller leise hallte. "Blödeln sie einfach rum oder ist das eine rituelle Handlung? Werden seine Eier gerade gesegnet, indem die Mänade mit dem Stab dagegen stupst? Für Fruchtbarkeit und Manneskraft? Dann sind das so was wie griechische Luperci!" Jetzt gefiel ihm der merkwürdige Teller langsam richtig gut.

  • "Bacchus heißt eigentlich Liber pater und ist der Gott der vegetativen und der animalischen Befruchtung, er wurde auch als Gott des von Sorgen und Mühen befreienden Weines verehrt. Bacchus ist nur sein Beiname.


    Liber, also unser Bacchus ist der Sohn von Ceres und Bruder der Libera, gemeinsam mit diesen bildet er eine Götterdreiheit, die Aventinische Trias. Zu Ehren Libers feiern wir am 17. März die Liberalia. Zu jenem Anlass wird den Jünglingen erstmals die Männertoga, die toga virilis als Zeichen der Volljährigkeit angelegt.


    Es heißt Bacchus sind die Tiere Leopard also Panther und der Löwe heilig, besonders der Leopard aufgrund seines gefleckten Fells. Deshalb wird er auch oft mit einem Leoparden oder einem Leopardenfell dargestellt.


    Die Satur oder Satyr gehören zum Gefolge von Bacchus. Römische Dichter bezeichnen sie auch als Faune. Und hier schließt sich der Kreis zu Faunus der Gott der Natur und des Waldes, der Beschützer der Bauern und Hirten, ihres Viehs und ihrer Äcker. Er tritt in vielerlei Gestalt und unter vielen Namen auf. Sein Fest, die Lupercalia, fand am 15. Februar statt und wir sind zu seinen Ehren gelaufen.


    Faunus für die Fruchtbarkeit von Mensch und Tier, erschreckt die Menschen in Haus und Wald, auch durch böse Träume und erscheint oftmals nicht als ein einzelnes Wesen, sondern als große Zahl von Faunen. Als Fatuus gibt er sogar Weissagungen. Die Lupercalien sind die Festtage des Faunus, der den Beinamen Lupercus Wolfsabwehrer hat und in diesem Zusammenhang auch als Wolfsgott bezeichnet wird.


    Der Name der Satyr heißt übersetzt angeblich die Vollen, was sich auf ihren Körperbau und auf ihren erotisch erregten Zustand bezieht.


    In der Kunst erscheint der Thyrsos sehr häufig bei den Mänaden, gelegentlich auch bei Satyrn und Bacchus selbst. Letztlich ist er das kennzeichnende Attribut des Gottes und seines Gefolges.


    Faunus und Bacchus sind sich also näher als Du denkst Scato. Mit meinem ehemaligen Kumpel habe ich nicht mehr so einen Kontakt, dass ich ihm Wein schenken würde. Kurzum, ich bin froh wenn ich ihn nicht sehe", schmunzelte Lurco Käse essend.

  • "Dann sollten wir künftig auch Bacchus ehren als einen Gesinnungsgenossen des Faunus", fand Scato, der interessiert gelauscht hatte. "Er ist der Gott, dank dem die Griechen nicht ausgestorben sind, so dass sie uns weiterhin mit Säulen und anstößigen Kunstwerken erfreuen können." Er stieß Lurco mit dem Ellbogen an. "In Ordnung, kein Wein für deinen Bacchusfreund. Aber in die Stadt müssen wir trotzdem. Wir wollten noch was kaufen!"

  • "Bacchus zu ehren ist nicht verkehrt, es gibt auch noch die Freuden neben dem Dienst und er weiß sie zu würdigen. Seine Anbetung und die von Faunus geht Hand in Hand denke ich.


    Stimmt jetzt wo Du es sagst und Wein können wir zudem gerne kaufen. Allerdings für uns und nicht als Geschenk für Venox. Dann lass uns direkt gehen, sonst bin ich nachher zu faul, sobald ich es mir erstmal bequem gemacht habe. Komm Scato, auf gehts", antwortete Lurco, sprang vom Bett und ging in den Vorraum um seine Caligae anzuziehen.

  • "Dann kaufen wir den Wein für uns selber für den erfolgreichen Abschluss des Kaufs von Du-weißt-schon-was." Er wackelte vielsagend mit den Augenbrauen. Seine eigenen Caligae musste er nicht erst anziehen, die trug er schon. Er klopfte Lurco in allerbester Stimmung zwischen die Schulterblätter, bevor sie losmarschierten.


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  • Frischgewaschen und müde schleppte sich Lurco zurück in die Baracke. Kaum dass er in ihrer Stube war, entspannte er sich wirklich. Hier war er Zuhause, weder in die Castra noch in die Baracke hatten Subjekte Zutritt. Hier war die Welt noch in Ordnung. Gemütlich ließ er sich auf seinem Bett nieder und spürte welchen Brand er selbst nach dem Brand im Ganymed hatte. Er fühlte sich regelrecht ausgedörrt.


    Lurco stand noch einmal auf, bediente sich am Posca und schnappte sich eine seiner Wachstafeln um den Bericht über den Brand und der Brandstifterin abzuschreiben. Diesen wollte er seinem Optio vorlegen. Damit war der Mann gewarnt. Was er daraus machen würde, war ganz allein seine Entscheidung. Aber er wollte weder Cerretanus noch möglichen anderen Käufer ins Messer laufen lassen.


    Den Rest ließ er auf sich beruhen, Cerretanus hatte Kyriakos verziehen also hielt er es ebenso. Damit würdigte er die Geste seines Optio. Zudem war es ihm gar nicht darum gegangen Cerretanus anzuschwärzen, sondern ihn und die Urbaner vor Schaden zu bewahren. An dem wie hätte er besser feilen sollen.


    Als er die Abschrift beendet hatte, legte er sich ins Bett und streckte sich der Länge nach aus. Wo die anderen Kollegen waren, wusste er nicht. Vermutlich genossen sie den freien Tag, so hatte er etwas Ruhe und konnte sich erholen.


    Lurco betrachtete das Bild der Götter, das sie gemeinsam an die Wand gezeichnet hatten. Bacchus sah Ramnus verdächtig ähnlich, lachte er gedanklich und stopfte sich die Hände als Kopfkissen unter die Wange. Glücklich schnaufte er durch, er war wieder Zuhause.

  • << Carcer - der Prügelknabe


    Nachdem er Tarpa im Carcer besucht hatte, war Scato in die verwaiste Baracke zurückgekehrt, hatte seine Ausrüstung gereinigt und seine Tunika in Seifenlauge eingeweicht und war in die Thermen gegangen. Bei seiner Rückkehr, bei der er eine frische Tunika trug und nicht mehr nach Rauch, sondern nach Ölen duftete, machte er zwei Entdeckungen:


    Erstens: Lurco lag in seinem Bett. Da er die Angewohnheit hatte, nackt zu schlafen, war das ästhetisch besonders ansprechend.


    Zweitens: Das Wandbild von den Göttern war inzwischen weit fortgeschritten. Zunächst freute Scato sich darüber, dann stutzte er. Irgendwie kamen ihm manche der Götter bekannt vor. Er betrachtete sie aus unterschiedlichen Perspektiven und der Verdacht erhärtete sich. Im besten Fall nahm Ramnus es als Kompliment auf, für Bacchus Modell gestanden zu haben, im Schlechtesten stand die nächste Prügelei auf der Tagesordnung. So weit, so gut. Faunus fehlte noch, den wollte er selbst zeichnen und hatte sich eine Stelle auf der Wand reserviert. Aber warum sah Mars aus wie Maro?! Etwas nervös suchte Scato nach weiteren bekannten Gesichtern und Körpern. Zum Glück waren es nicht die Centuriones, welche die Stubenkontrollen durchführten.


    Scato kontrollierte noch einmal, ob der Ofen aus war, entschuldigte sich für sie alle bei den Penaten und erklärte den Schutzgöttern, dass die Hälfte des Contuberniums unter einer leichten Rauchvergiftung litt und legte ihnen eine handvoll Getreidekörner als Opfergabe für später in die kalte Asche, ehe er ins Bett kletterte. Was für ein Tag. Da er oben schlief, hatte er einen besonders guten Blick auf das Wandbild. Der Duft seiner strohgefüllten Matratze und Lurcos leiser Atem eine Etage tiefer waren das Letzte, was er wahrnahm, bevor ihm die Augen zufielen.

  • Lurco wachte auf, gähnte streckte sich und trabte rüber zum Tisch. Er überlegte kurz wie er mit dem Bericht verfahren sollte. Zur Sicherheit schrieb er ihn auf eine dritte Wachstafel, um seinem Optio und seinem Centurio jeweils eine Abschrift zukommen zu lassen.


    Eine Brandstifterin war nichts weiter als eine gedungene Mörderin, deren Werkzeug die Flammen waren.
    Nachdem er den Bericht ein drittes Mal für sich selbst verfasst hatte, machte sich Lurco auf den Weg um die beiden Berichte über die Brandstiftung abzugeben.

  • Lurco hatte überraschender Weise Post erhalten. Wer ihm wohl schrieb? Der Kollege hatte ihm eine wertvolle Papyrosrolle ausgehändigt. Erstaunt drehte er sie in Händen und machte sich damit auf den Weg zu ihrer Baracke. Er wollte den Brief in aller Ruhe lesen.


    Ob ihm Verwandte oder seine Eltern geschrieben hatten?
    Oder gar die Bratwurst-Frau, die er gesegnet hatte?


    Er wusste nicht einmal ihren Namen, aber sie war glücklich und dankbar gewesen. Faunus hatte sie gesegnet und die Frau hatte Scato und ihn mit einer Bratwurst erfreut.


    Lurco machte es sich auf dem Bett gemütlich und rollte den Brief aus. Pullus der sich neugierig dazu gesellen wollte wurde mit einem ernsten Blick im eigenen Bett festgenagelt.




    Ad
    Manius Purgitius Lurco
    Miles Cohorta Urbanae
    zwölfte Kohorte, dritte Centurie
    Castra Praetoria,



    Salve, dominus Manius Purgitius Lurco,


    Den Segen des Mars und des Faunus zuvor,


    Ich Tiberios schreibe diesen Brief auf Anweisung der domina Furia Stella.
    Ich erbitte deine Verzeihung wegen der Widerworte, die ich an der Porta gegeben habe. Das stand mir auf keinste Weise zu.
    Ich weiß, dass ich Befehlen gehorchen muss ohne sie zu hinterfragen.
    Ich bitte darum, von einer offiziellen Anzeige abzusehen.


    Bezüglich des Fluches gestatte mir eine Anmerkung: Ich habe dich niemals verflucht, dominus, ich habe die Furien gebeten, mir gegen Unrecht beizustehen.
    Ich schwöre jedoch bei Minerva und der Fortuna und allen Göttern, dass es niemals in meiner Absicht lag, dich, dominus miles Manius Purgitius Lurco persönlich zu verletzen oder zu verfluchen,
    und falls es ohne meine Absicht geschehen ist, nehme ich diesen Fluch zurück.


    Wenn du es wünschst, dass ich diese Entschuldigung vor dir persönlich ausspreche, stehe ich selbstverständlich zur Verfügung.


    So vertraue ich auf deine Gnade.


    Vale
    Tiberius Servus
    Gens Furia
    Casa Furia
    Roma




    "Er hat sich bei mir entschuldigt", sagte Lurco glücklich und rollte den Brief vorsichtig wieder zusammen.
    "Wer hat sich bei Dir entschuldigt?", hakte Pullus nach.


    "Ein junger Mann der sich im Ton vergriffen hatte. Wer den Mumm hat sich im Ton zu vergreifen, sollte den gleichen Mumm haben sich zu entschuldigen. Den hatte er und das erkenne ich an. Also nehme ich auch seine Entschuldigung an", antwortete Lurco Pullus.
    "Dann schreib ihm zurück, dass wird ihn freuen", grinste Potitus Sittius Pullus.


    "Das werde ich und das hoffe ich", stimmte Lurco zu und legte die Schriftrolle auf Scatos Bett, damit dieser sie lesen konnte. Pullus neugierigen Blick ignorierte er geflissentlich.


    Lurco stand auf, kramte die Schreibutensilien hervor und setzte sich damit an den Tisch um Tiberios zu antworten.

  • Scato hatte bei einem Straßenkünstler ein kleines Geschenk für Lurco anfertigen lassen. Es zeigte eine Zeichnung, in der sie beide in ihrer Urbanerrüstung nebeneinanderstanden und dem Betrachter zugrinsten, wobei Lurco freundschaftlich den Arm über Scato gelegt hatte. Der Künstler hatte zu dem Zwecke den Wache stehenden Lurco aus dem Verborgenen abzeichnen müssen, was einigen Aufwand erfordert hatte. Scato hoffte, Lurco würde sich freuen. Dies war seine kleine Gegenleistung für die Amulette - das des Faunus und jenes Fruchtbarkeitsamulett, dem sie den Spitznamen "Posthornpenis" gegeben hatten, weil es wie ein solcher aussah. Er legte die Zeichnung auf Lurcos Kopfkissen, beschwert mit einer zugeklappten Wachstafel, damit sie beim Öffnen der Tür nicht davonflog. Dann verschwand er mit Asper und Stilo in den Thermen.

  • Lurco betrat müde ihre Baracke, zog sich aus und wollte sich gerade ins Bett legen, als er die Wachstafel bemerkte. Darunter lag noch etwas, vielleicht ein Brief? Aber das war unlogisch, denn dafür hätte man die Wachstafel nutzen können. Es sei denn jemand war der Meinung, dass Doppelt besser hielt.


    Lurco schlug die Wachstafel auf, aber darin war nichts außer ein Keks.


    Vorsichtig entrollte er das Papyrus und musste zwangsläufig lächeln, denn Scato und er selbst lächelten ihm auf einer wundervollen Zeichnung entgegen. Er musste den Drang wiederstehen, die Zeichnung an sein Herz zu drücken.


    Scato hatte ihm eine gewaltige Freude damit gemacht, wie sehr wusste er vermutlich nichte einmal. Fast so, als konnte er Lurcos trübe Gedanken lesen und wollte ihm damit verdeutlichen, was er aufgeben würde. Mehr als nur eine Uniform, all dass was ihm etwas bedeutete.


    Genauso vorsichtig wie Lurco die Zeichnung aufgerollt hatte, rollte er sie auch wieder zusammen und verstaute den kleinen Schatz bei seinen Privatsachen.


    Gar nicht mehr trübsinnig legte er sich ins Bett und schlief mit einem breiten Schmunzeln ein.

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    Ein zweites Geschenk traf soeben ein. Es ging auf zwei Beinen in Gestalt von Ramnus, der aus dem Valetudinarium wieder heim in die Baracke VII kehrte. Stille empfing ihn und eine gewisse Unordnung, deutliches Zeugnis davon, dass Tarpa noch immer nicht zurückgekehrt war. Als erstes entdeckte er die zugebundene Wachstafel. Ein innerer Zwang brachte ihn dazu, sie zu öffnen und seine Neugier wurde mit einem versteckten Keks belohnt, den er sogleich verzehrte. Darunter war eine unanständige Zeichnung, deren wichtigste Stellen von dem Keks zensiert worden waren. Er klappte die Tafel wieder zu und schaute, was es noch so Neues gab. In einem Bett entdeckte er den schlafenden Lurco, der Rest der Kameraden war um diese Zeit vermutlich in den Thermen.


    Dann stieß er ein überraschtes Grunzen aus, als er des Wandgemäldes gewahr wurde. Dieser Bacchus sah ihm verdächtig ähnlich! Der Künstler musste seinen Körper genau studiert haben. Ramnus trat einen Schritt zurück. Er musste sich eingestehen, dass Tarpa recht hatte - er war wirklich ziemlich fett geworden. Zufrieden klopfte er seinen Bauchansatz.


    "Wer hat das gemalt, Lurc?", fragte er, ohne Rücksicht darauf, dass der Kamerad sich mitnichten ohne triftige Müdigkeit ins Bett zurückgezogen haben würde.

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    "Du? Du kannst ja gut malen", staunte Ramnus. Und dann drückte er Lurco einfach übergangslos. Er hatte zich Wochen krank im Valetudinarium gelegen und nun fiel eine große Last von seinen breiten Schultern, dass er wieder in seinem gewohnten Umfeld bei den Kameraden war. "Ich hab das alles hier vermisst", meinte er wehmütig, während er Lurco fast zerdrückte. "Sogar den blöden Tarpa. Es ist nicht rund, wenn es nicht wir alle acht sind."

  • Zuerst etwas überrumpelt genoss Lurco die Umarmung und drückte Ramnus ebenso fest zur Begrüßung.


    "Danke für das Kompliment, ich hab mich bemüht. Pullus hat mir tatkräftig geholfen - mit Kritik, ständig hatte er was am Bild zu scheissern. Am Ende ist es ganz gut geworden. Scato wollte auch noch was zeichnen. Einige Götter haben rein zufällig Ähnlichkeit mit lebenden Personen. Aber wie gesagt, rein zufällig.


    Da sagst Du was, ohne die anderen ist gar nichts rund. Und da wir alleine sind, kann ich Dir sagen, dass ich selbst Zweifel hatte, ob ich mit den Urbanern die richtige Wahl getroffen habe. Möglicherweise ist nicht immer alles so schwarz oder weiß wie ich es sehe. Und ein Gesamtbild besteht auch mehr als nur aus einer Farbe und einem Motiv. Daran hat mich Scatos Bild erinnert. Es gibt zig Sachen die ich nicht verstehe oder nachvollziehen kann. Ob ich das überhaupt muss, weiß ich nicht.


    Aber würde ich deshalb gehen, wäre ich ja nicht nur das los, sondern auch Euch. Steht trotzdem noch die Befehlsverweigerung beim Brand im Raum. Mal sehen was unser Centurio dazu sagt. Besser ich packe es selbst auf den Tisch, als das es ein anderer macht. So kann man mir nichts nachsagen und keiner hat da einen Daumen drauf, heißt könnte mich erpressen. Ist eigentlich gleich was die entkorkte Amphore sülzt Rammy... eigentlich.


    Anderes und wichtigeres Thema, willst Du das Bild von Scato mal sehen? Warte ich zeige es Dir", sagte Lurco gut gelaunt und kramte das Bild hervor.


    Vorsichtig rollte er es aus und zeigte es Ramnus.
    "Scato und ich, ich bin der Größere", lachte Lurco.

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    Ramnus schaute sich die Zeichnung an. "Und wo bin ich?", fragte er in gespielt beleidigtem Ton. "Dumme Frage, ich hab nicht mit draufgepasst." Er lachte schallend und schlug sich noch einmal auf den kleinen Wanst, den er als einziger ihres Contuberniums vor sich her schob. Dann fläzte er sich der Länge nach auf sein Bett, wobei er sich einige Zeit genüsslich wälzte, so dass es knarrte. Dann blieb er mit allen Gliedmaßen ausgebreitet liegen, um es wieder in Besitz zu nehmen.


    "Zu Hause", stöhnte er glücklich. "Mach dir wegen der angeblichen Befehlsverweigerung keinen Kopf. Cerre und Maro sind keine Arschlöcher und auch keine Idioten. Warum sollten sie die CU um einen fähigen Miles dezimieren ohne wirklich triftigen Grund? Und falls es doch so sein sollte, kannst du es nicht ändern, also entspann dich."

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