• Maximilla begann zu grinsen.
    Ja, Iulia Stella hatte Recht.
    Sie lebte nicht mehr auf dem Land, wo ihr Vater den Zugang zur Literatur kontrollieren konnte, weil er entschied, welche Bücher sie in Mogi bestellen durfte. Sie war jetzt in Rom. Was hinderte sie daran, in eine Buchhandlung zu gehen und die Liebeskunst von Ovid und all die anderen Werke zu kaufen, die sie schon immer hatte lesen wollen?
    Vielleicht würden sich dadurch sogar ihre Lesefertigkeiten verbessern.


    Ihr Vater wollte doch, dass sie eine echte Stadtrömerin wurde, und Maximilla begann zu ahnen, dass da noch mehr dazu gehörte als sich fein zu kleiden und nicht mehr die Nachsilben beim Sprechen wegzulassen.


    Man musste anscheinend genau ausbalancieren, was erlaubt , gerade noch erlaubt und was anstößig war:


    „Du meinst, obwohl man mit seinem Gatten verheiratet ist, einen anderen Mann zu lieben?“, fragte sie vorsichtshalber nach und wurde rot.

  • Ja, genau das meine ich. Wenn deine Familie bei der Wahl eines Ehegatten die familiären und politischen Überlegungen so weit über deine eigenen Gefühle stellt, dass du kein Recht hast bei der Wahl mitzureden, dann gibt es trotzdem Möglichkeiten, deine Liebe an einen anderen Mann zu vergeben.


    Ich wurde nicht rot bei diesen Erläuterungen, ging es hierbei doch bloss um die Auseinandersetzung mit Möglichkeiten und Tatsachen. Was ich persönlich davon halten würde, wenn die Iulier mir einen anderen als Annaeus Florus zum Ehemann machen würden, darüber dachte ich lieber nicht nach.


    Zum Glück ist die Zeit der alten Res Publica schon lange vorbei und wir Frauen dienen den Männern üblicherweise nicht mehr bloss als Pfand für politische Gunst und persönlichen Gewinn. Soweit ich das hier in Rom mitbekommen habe, haben die meisten Frauen durchaus etwas zu sagen, wenn es um die Wahl eines Ehemannes geht.


    Ich schaute zum wiederholten Mal zu Phoebe hinüber, denn diese wurde ja von ihrer Mutter ständig gedrängt, sich jetzt endlich einmal einen Mann zu suchen, während ich meinen Kopf ja schon auf einen Bestimmten programmiert hatte. Phoebes Meinung wäre hier also wirklich relevant.

  • Diese jedoch war nicht in der Verfassung Antworten zu geben, da Iulia voll auf damit beschäftigt war immer wieder ihren Kopf unterzutauchen, damit ihre offenen Haare ganz nass waren, um sich dann in einer nahen Bronzespiegelung einer Säulenverzierung nahe des Beckenrandes die verschiedensten Frisuren und Haarknoten zu machen, um zu sehen wie sie wirken mochten. Mit nassen Haaren war das alles ja gleich etwas anderes und es interessierte sie gerade brennend welche Frisur wohl die passendste wäre, um Valerius Flaccus zu gefallen. Vielleicht Haarschnecken? Oder besser eine Art Korb? Oder ein Haarknoten im Nacken mit Affenschaukeln? Oder doch besser ganz klassisch? Klassische Aufsteckfrisuren waren nackt im Becken mit pitschnassen Haaren unmöglich hinzubekommen, dafür waren ihre Haare zu lang. Iulia war so stolz auf sie. Um nichts in der Welt konnte sie es übers Herz bringen sie abzuschneiden, wenn sie auch deswegen morgens immer etwas länger brauchte, bis Callista sie gekämmt und für die Öffentlichkeit passend aufgesteckt hatte. Sollte Maximillas' Verwandtem kürzere Haare gefallen, hätte sie ein Problem. Ob sie vielleicht Valeria einmal fragen sollte?


    Sie drehte sich nach einer gefühlten Ewigkeit wieder zu den beiden anderen herum, beide Hände über dem Kopf in ihren vielen Haaren steckend und darin herumnestelnd (ein Wunder, falls sie mit ihnen wieder den Weg hinaus finden sollte) und bekam jetzt erst wieder halb mit, dass die beiden währenddessen weitergesprochen hatten. Am Ende hatte sie noch irgendwas von "...Wahl eines Ehemannes geht" mitbekommen. "Hä?"

  • Valeria Maximilla schaute fasziniert zu, was Iulia Phoebe mit ihren langen Haaren anstellte. Sie machte das wirklich so geschickt, als wäre sie ihre eigene Ornatrix.


    Du hast aber auch prachtvolles Haar!“, sagte Maximilla bewundernd: „So lang hätte ich es auch gerne, doch sobald es mir bis zur Hüfte reicht, zipfelt es so komisch aus. Aber gut, was ich sagte, ist, dass mein Vater meint, Liebe ist was für Freigelassene und Stella meint, dass man auch bei einer rein arrangierten Ehe doch immer die Möglichkeit hat, seine Liebe andersweitig zu vergeben, und wir beide wollten wissen, wie du das siehst.“


    Bittend sah die Valeria die Iulia an. Sie schien ihr die absolute Verkörperung hauptstädtischer Raffinesse und Lebensart zu sein.

  • "Oh.. danke hihi" Iulia war ganz angetan von Valerias Kompliment. "Wenn du dich immer gut um deine Spitzen kümmerst splissen sie nicht, zumindest mach ich das so. Und verdünnter Honig auf sie aufgetragen hilft auch hin und wieder."
    Ein Trick, den ihr Callista aus ihrer griechischen Heimat gezeigt hatte, wenn sie auch in ihrem früheren Leben als Kriegerin wohl eher wenig Verwendung dafür gehabt haben mochte.


    Dann wollte Valeria Iulias Meinung zum Thema Liebe haben, woraufhin sie ganz automatisch ihre Mutter zitierte: "Liebe hat keinen Platz in der Anbahnung einer Ehe durch den Pater familias, es zählt nur der politische oder wirtschaftliche Nutzen. Es ist schön, falls man seinen Ehemann zu lieben lernt, aber wenn nicht ist es auch nicht weiter von Belang. Ein Mann kann sich mehrere Frauen halten, solange er die Ehre seiner Frau nicht missachtet, aber wenn eine Ehefrau ihrem Ehemann untreu wird, wird sie nach dem Gesetz bestraft." Das war eine sehr republikanische Ansicht, aber genau in diesem Sinne hatte Servilia Gemina ihre Tochter ja auch erzogen, wo sie als Spross der Gens Servilia zu den ältesten heute noch existierenden Geschlechtern Roms zählte, die ihre alten Werte und Ansichten auch in Zeiten des Prinzipats noch immer behalten hatten. Natürlich hatte auch Iulia selbst darüber ergänzende und stellenweise auch abweichende Ansichten, die jedoch jetzt in so einer offiziellen Aussage keinen Platz fanden.

  • „Honig für die Haarspitzen, das muss ich mir merken. Wir hatten oft Honig zuhause, aber ich kam nie auf den Gedanken, ihn mir in die Haare zu schmieren.
    Du bist übriigens der gleichen Meinung wie mein Vater über die Ehe.“
    , sagte Valeria Maximilla etwas erstaunt.
    Hatte Iulia Stella nicht angedeutet, dass in Rom etwas moderner gedacht wurde als in der Provinz?


    „Nur das es dazu ein Gesetz gibt, hatte Vater mir nicht verraten . Ich glaube auch nicht, dass er mich anzeigen würde, dazu hat er mich zu lieb. Doch sehr enttäuscht von mir wäre er bestimmt. Nein, ich habe nicht vor, meinem zukünftigen Mann gegenüber respektlos zu sein. Aber er muss mich auch respektieren!"

    Sie sah ziemlich energisch aus:
    „Ich mache mir allerdings Sorgen, dass mein Gatte vielleicht ein richtiger Schnösel sein wird und ich ihn gar nicht leiden kann.
    Deshalb bete ich jeden Abend zu Iuno: Bitte sorge dafür, dass Tiberius mir einen guten Mann aussucht. Habt ihr beide denn schon jemanden in Aussicht oder seid ihr gar verlobt?“

  • "Ja genau, am besten mischt du auch etwas Butter darunter, das macht sie zwar die erste Zeit etwas fettig, doch dafür haben die Haare später umso mehr Kraft zum wachsen." Ein Trick den sie selbst einmal in jungen Jahren entdeckt gehabt hatte als junges Mädchen mit nichts als Flausen im Kopf die es ungemein spaßig gefunden hatte sich Butter in die Haare zu schmieren, egal was ihre Mutter, oder Iulius Proximus davon gehalten haben mochten.


    Anscheinend hatte auch Valerias Vater eine traditionelle Ansicht über die Ehe, das mochte wohl etwas gutes sein, Iulia war sich darüber aber nicht hundert prozentig sicher, wo sie ja alle keine Männer waren. Aber für einen Mann mochte es wohl etwas gutes sein traditionell zu denken, das sagte auch etwas über seinen Charackter aus. "Ich denke ich könnte meinen Ehemann nicht betrügen, wenn ich einmal einen hätte", hauchte sie. Sie war sich nicht völlig im klaren darüber, da sie generell eher männerfrei und enthaltsam lebte (da kannte sie Geschichten von anderen Gleichaltrigen, die fast jede Woche einen neuen Stecher hatten), aber ihr momentanes Gefühl sagte ihr, dass sie es wohl nicht könnte. Da war sie sich relativ sicher. "Ich bin sicher das er das tun wird!" meinte Iulia herzlich. "Du bist super lieb, ganz bestimmt wird er auch auf deine Wünsche Rücksicht nehmen!" Das kleine bisschen, was sie bislang vom valerischen Juristen kennengelernt hatte, sagte ihr, dass es wohl so sein würde. Flaccus schien kein kaltherziger Mann zu sein. Dann kam die große Frage aller Fragen, als Valeria wissen wollte, ob sie jemand hätten. "Ich..." Iulia wurde rot und brach dann in ihrem Satz ab und versuchte mir aller Kraft ihr Grinsen zu unterdrücken, was überhaupt nicht leicht war.

  • Maximilla fand die Idee, sich Butter mit Honig in die Haarspitzen einzuarbeiten und sozusagen wie eine Süßigkeit herumzulaufen, genauso lustig.
    Als Iulia Phoebe sagte, Tiberius Valerius Flaccus wäre bestimmt nicht so gemein, sie mit irgendeinem Blödmann zu verheiraten, fiel ihr ein Stein vom Herzen:
    „Mein Cousin Tiberius ist wirklich lieb.“, sagte sie:
    „Als wir unsere erste Einkaufstour gemacht haben, wollte ich den Sklaven auch etwas zu essen und Posca kaufen, und er hat es ausdrücklich als gute Idee gelobt.
    Außerdem durfte ich meine beiden Tiere, die ich aus Germanien mirgebracht habe, bei mir behalten. Nur der zahme Luchs wäre ihm zu viel geworden. Leider hat Tiberius immer viel zu tun, doch sonst ist er wie ein großer Bruder für mich.
    Oh, habe ich etwas gesagt, was dich wütend macht, liebe Phoebe? Du bist ganz rot geworden.“

    sagte Maximilla etwas ängstlich.

  • Iulia fand es toll, dass Valeria sich ebenfalls gut um ihre Sklaven kümmerte. "Ja, auch meine Familie sorgt sich gut um ihre Sklaven, es gibt ja auch genug andere Gentes, die sie wie Vieh behandeln. Ich halte das für keinen erstrebenswerten Umgang, wo Sklaven im Grunde ja auch nur Menschen sind, auch wenn sie das Pech hatten in die Unfreiheit zu geraten. Sind sie deshalb weniger wert? Ich denke nicht." Dass auch Flaccus gut zu seinen Unfreien war erfreute Iulia umso mehr und ließ ihre Zuneigung für den Valerier noch ein wenig wachsen.


    Auf andere Gedanken kam sie dann, als Valeria einen zahmen Luchs erwähnte. "Oh, wie interessant! Du hast einen Luchs? Wo ist er jetzt? Ich habe noch nie einen gesehen! Aber ich habe Geschichten davon gehört, dass das schlimme Menschenfresser sein sollen denen die wilden barbarischen Stämme in Germania Magna Kinderopfer an Neumondnächten darbringen, damit sie ihre Dörfer verschonen." Eine grausige Vorstellung und ausgerechnet ihr Verwandter, Iulius Caesoninus, musste bald in so eine gefährliche Ecke der Welt. Iulia hoffte so sehr für ihn, dass er keinem Luchs begegnete!


    Valeria hatte danach ihre Schamesröte entdeckt und sie darauf angesprochen, weshalb Iulia kiekste und dann für ein paar Momente mit dem Kopf untertauchte, um alleine zu sein und ihr Grinsen wieder unter Kontrolle zu bekommen. Danach erst getraute sie sich wieder aufzutauchen und mit vorm Gesicht gehaltener Hand sagte sie: "Nein das hast du nicht, keine Angst! Doch sag mal, hast du denn schon irgend jemanden ins Auge gefasst der dir gefallen könnte?" fragte sie, um den Fokus weg von sich und zurück auf Valeria Maximilla zu lenken.

  • "Adalheidis sagt, es ist dumm, einen Sklaven wie Vieh zu behandeln. Er ist viel klüger als Vieh und kann sich extra deppert anstellen.“, stimmte Maximilla mit einem neuen
    Adalheidis-sagt-Spruch zu:
    „Große Luchse können wirklich gefährlich werden. Allerdings hätte ich mehr Angst vor Wölfen, besonders im Winter, wenn sie in die Nähe der menschlichen Siedlungen kommen. Im Gegensatz zu Luchsen, jagen Wölfe im Rudel. Manchmal sieht man fünf bis sechs funkelnde gelbe Augenpaare in der Dunkelheit und dazu das Wolfsgeheule, das ist gruselig.
    Meinen Luchs habe ich jedoch als Kitten bekommen. Einer unserer Jäger hatte die Mutter getötet, erst dann gemerkt, dass sie ein Junges hatte und es natürlich gesucht und zu Adalheidis gebracht. Es wurde so zahm und so hübsch wie eine dieser aegyptischen Katzen. Nur haben Luchse Pinselohren und einen viel buschigeren Schwanz. Aber die weite Reise nach Rom hätte er vermutlich nicht überlebt. Deshalb habe ich ihn in der Villa Rustica gelassen.
    Vielleicht bekomme ich hier eine Katze. Oder einen Papagei.“

    Maximilla war vernarrt in Tiere.
    Als die Iulia ihr die Frage nach einem besonderen Mann stellte, schüttelte sie den Kopf:
    „Nein, es gibt noch keinen Bestimmten. Ich bin aber auch noch nicht so lange hier. Erst soll ich mal gebildet werden."
    Maximilla fiel was Neues ein:
    „Vielleicht habt ihr ja einen ledigen Verwandten, der zu mir passen würde. Dafür stelle ich euch meinen Cousin vor. Er arbeitet viel zu viel, etwas nette weibliche Gesellschaft würde ihm nur gut tun.“


    Die Valeria giggelte etwas und schlug nun beide Hände vors Gesicht. Tiberius einfach zu verkuppeln war bestimmt ungehörig, versprach allerdings auch jede Menge Spaß.

  • Mit Interesse verfolgte Iulia Valerias Ausführungen über ihre hauseigene kleine Tierwelt. Die gute Valeria schien ja einen wahren Tiergarten zu besitzen! Auch erfuhr sie jetzt wo der Luchs abgeblieben war, nämlich zuhause in Germania. Einerseits schade, da Iulia ihn zu gerne nur gesehen hätte, doch andererseits auch gut. Nicht, dass er hier in Rom ausgerissen und ein Blutbad angerichtet hätte, was sie ihm durchaus zutraute, bei all den Schauergeschichten die sie über Luchse von einem griechischen Händler gehört hatte. Valeria hatte diesen nicht widersprochen, also schienen sie wahr zu sein. Iulia selbst hatte nie ein Haustier besessen und ehrlich gesagt verspürte sie auch aktuell keinen Wunsch danach. Sollte sie doch einmal den Wunsch verspüren etwas geflügeltes oder behaartes streicheln zu wollen wusste sie ja jetzt an wen sie sich wenden konnte.


    Schön langsam fand sie hatten sie genug Zeit im ersten Raum verbracht. Zeit also weiterzuziehen. "He, was meint ihr, wenn wir langsam ins caldarium weitergehen?" fragte sie, um zu sehen, ob auch die anderen weiter wollten. Bei der Frage nach einem passenden Heiratskandidaten fiel ihr eigentlich nur Iulius Caesoninus ein. Da Iulia noch nicht wusste, dass dieser sich kürzlich verlobt hatte, sprach sie frei von der Leber weg: "Danke, ich kenne Valerius Flaccus schon, aber der einzige ledige Verwandte in passendem Alter der mir einfallen würde wäre unser Vetter Gaius Iulius Caesoninus, oder findest du nicht auch, Stella?" fragte sie mit einem Seitenblick auf ihre Lieblingscousine und Ersatzschwester.
    "Vielleicht wär er ja was für dich. Er ist Angehöriger des ordo senatorius und bekleidet zurzeit das Amt eines Vigintivirs. Er nimmt auch andere öffentliche Aufgaben im Dienste des Praefectus Urbi wahr und ist ehemaliger Aedituus der Venus Genetrix."

  • „Caldarium klingt hervorragend“, sagte Valeria Maximilla und beugte sich vor, als Iulia Phoebe Gaius Iulius Caesoninus beschrieb. Der junge Mann hörte sich traumhaft an:
    Angehöriger des Ordo Senatorius, Vigintvir, öffentliche Aufgaben, Aedituus der Venus Genetrix, ein tatkräftiger Römer aus bester Familie. Vater Lucius und Adalheidis würden bestimmt vor Stolz platzen, wenn es ihrer kleinen Maximilla gelänge, solch einen Heiratskandidaten an Land zu ziehen.


    Aber ach, Maxi war misstraurisch: Solch ein Mann hatte bestimmt schon jemanden in Aussicht:
    „Euer Verwandter ist ja wirklich sehr begehrenswert.“, sagte sie:
    „Das Militärtribunat hätte er noch vor sich, oder? So zwei bis drei Jährchen an einen möglich ungemütlichen Platz im Imperium. Doch ist es sicher, dass sie ihn nicht schon als Knabe verlobt haben?


    Dann horchte Maximilla auf. Iulia Phoebe hatte gerade erwähnt, dass sie Tiberius Valerius Flaccus kannte. So weit hatte Iulia Stella die Valeria schon informiert: Rom war nicht die Aquensis, hier waren die Römer nicht alle untereinander bekannt. Das weckte ihre Neugier:
    „Und wann und wo hast du denn den lieben Tiberius kennen gelernt, Iulia Phoebe?“, fragte sie.

  • Es war ein Genuss, den beiden zuzuhören und tatsächlich passierte auch etwas, was ich in der ganzen Zeit in der Domus Iulia noch nie erlebt hatte. Iulia Phoebe wurde rot, als das Gespräch auf einen Mann kam!


    Bei allen Göttern, sollte Servilia Gemina doch endlich ihren Wunsch erhalten und Phoebe tatsächlich jemanden gefunden haben, der es Wert war?


    Gebannt horchte ich weiter zu.

  • Iulia stieg zusammen mit den beiden anderen aus dem Becken und wanderte hinüber ins wesentlich wärmere Caldarium. Dort ließ sie sich ins Becken gleiten und seufzte wohlig. „Aah, tut das gut! Ich denke ich übertreibe nicht wenn ich sage, dass das Caldarium mein Lieblingsbecken ist! Ich mag es heiß“, kicherte sie.


    Genüsslich legte Iulia ihre Arme zu beiden Seiten auf den Beckenrand und ließ es sich gut gehen. Natürlich hatte sie nicht auf Valerias Frage vergessen. „Soweit ich weiß hat er keine feste Beziehung, außer dem einen oder anderen Liebchen. Du kannst also ganz unbesorgt sein. Dass er das Tribunat noch vor sich hat stimmt, aber soweit ich weiß muss das nur ein Jahr dauern.
    Es wäre schon eine lustige Idee, falls Maximilla ihren Vetter heiraten würde, vllt könnte sie in diese Richtung ja etwas nachhelfen in näherer Zukunft.


    Als Valeria dann die Sprache auf ihren Verwandten Flaccus brachte wurde Iulia wieder rot und nahm die Hände vom Beckenrand, um etwas tiefer ins Becken einzutauchen. Ein wenig war es ja doch peinlich. „Ich bin ihm in einem Buchladen auf die Füße getreten“, murmelte sie halb im Wasser versteckt zwischen ihren Brüsten hervor.

  • "Wenn der gute Tiberius in ein Buch vertieft ist, merkt er gar nicht, wo er hinlatscht. Bist du dir sicher, dass nicht er dir auf die Füße getreten ist?", fragte Maximilla lachend.


    Das Wasser des Caldarium war richtig heiß. Ihre Locken kringelten sich und sie bekam ein rotes Gesicht:
    "Eigentlich sollten wir uns mal gegenseitig besuchen. Ich bringe Tiberius mit zu euch oder ihr kommt mit eurem Caesoninus zu uns. Dann verloben wir uns sozusagen kreuzweise. Falls wir uns leiden mögen."


    Der Gedanke, Ehen zu stiften, begeisterte die Valeria. Und der Gedanke, sich mit den Iulias zu verschwägern, noch mehr:
    "Aber erzähl doch bitte, was in dem Buchladen passiert ist ?", bat sie.

  • Nein nein es war andersherum. Es war wirklich ich die in ihn reingelaufen ist weil ich meine Nase in einem Buch gehabt hatte. Wegen dem Vorfall weiß ich deshalb auch noch ganz genau was das für eines war, nämlich eine Abhandlung über Heilpflanzen aus Westthrakien.“ So ehrlich musste sie schon sein. Flaccus trug keinerlei Schuld.


    Valerias Bemerkung über das „kreuzweise Verloben“ brachte Iulia dann doch wieder etwas aus ihrer peinlichen Berührung heraus und sie musste kichern. „Eine tolle Idee, aber wie hast du dir das vorgestellt bei uns drei Frauen und den beiden Männern? Sollen sich Stella und ich deinen Vetter etwa teilen, oder abwechselnd haben?“ Mochte natürlich sein, dass Valeria noch irgendwo einen zusätzlichen männlichen Verwandten für einen von ihnen zwei aus dem Hut zauberte, so oder so hatte es Iulia erheitert und deshalb fiel es ihr auch hinterher etwas leichter von jener ersten etwas peinlichen Begegnung mit Valerius Flaccus zu erzählen.


    Ich war auf der Suche nach neuen Schriftrollen als wir uns trafen. Valerius Flaccus war an jenem Tage dort, um ein Kommentar zu irgendeinem Gesetz an den Besitzer zu verkaufen. Welches genau das war weiß ich jedoch nicht mehr.“ Iulia hatte das dunkle Gefühl, dass es irgendwas mit einem Acker- oder Getreidegesetz zu tun gehabt hatte, aber was genau wusste sie nicht mehr. Auf jeden Fall irgendwas landwirtschaftliches.
    Ich weiß noch, dass wir uns über seine juristisch-schriftstellerische Tätigkeit unterhalten haben, was mir sehr imponierte, verbunden mit seinem Äußeren. Doch als ich ihn nach seinen weiteren Zielen fragte und was er noch im Leben erreichen wolle, erhielt ich nur ausweichende Antworten, was mir eher wieder weniger gefallen hatte. Ein Mann muss wissen was er will! Fragst du Stellas und meinen Vetter, dann wirst du vermutlich als postwendende Antwort „Senator“ zu hören bekommen und selbst wir drei hätten gleich eine passende Antwort parat, nämlich „gut Heiraten“, oder?“ fragte Iulia mit abwechselnden Blicken auf Valeria Maximilla und Iulia Stella.
    Unser Treffen endete damit, dass er mich und meinen Vetter zu sich nachhause in die Domus Valeria einlud, war ganz nett. Naja, wie stehts mit euch zwei? Wer ist jeweils der letzte Mann den ihr neu kennengelernt habt?

  • Diese Geschichte hatte Phoebe mir noch nicht erzählt gehabt und ich lauschte interessiert und gespannt.


    Die anfängliche Hitze des heissen Wassers liess langsam nach, während unsere Körper sich daran gewöhnten. Bald hatten wir alle den gleichen roten Kopf, wie Phoebe zu Beginn, so dass dieser Umstand nicht mehr weiter auffiel.

  • "Der gute Tiberius!", sagte Valeria Maximilla:
    "Ich kann mir vorstellen, dass er dich so hübsch fand, Iulia Phoebe, das er alles vergessen hatte, was er eigentlich sagen wollte. Ich habe noch mehr männliche Verwandte. Einer von ihnen lebt eigentlich in Alexandria, doch er wird uns besuchen. Er ist mordsgelehrt, aber ich hoffe, dass er auch nett ist."


    Die Valeria pustete sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht:
    „Der letzte Mann, den ich kennen glernt habe?
    Da gibt es tatsächlich jemanden. Er ist interessant und viel älter als ich. Ich finde ihn gut aussehend, und er schwimmt wohl in Geld. Trotzdem ist er so zartfühlend, dass ich es kaum glauben kann. Aber...“


    Valeria Maximilla brach ab und machte ein geheimnisvolles Gesicht.

  • Iulia Stella schien jetzt ähnlich in Gedanken zu sein wie Iulia Phoebe zuvor, da sie sich nicht weiter am Gespräch beteiligte, selbst dann nicht, als Iulia eine allgemeine Frage an sie und Valeria Maximilla gestellt gehabt hatte. Iulia hätte nur zu gern gewusst an was genau ihre Cousine gerade dachte. Meist waren es ja sehr interessante Gedanken.


    Valeria Maximilla indessen plapperte munter in einem fort. Natürlich über die männliche valerische Verwandtschaft. Iulia war ganz beeindruckt davon, dass Valeria noch einen weiteren ebenso klugen Vetter wie Flaccus haben sollte, jetzt stellte sie sich die ganze Gens wie so eine Art Verein für Superhirne vor. Wenn die alle so klug wären, würde sie selbst ja überhaupt nicht da reinpassen mit ihrer durchschnittlichen Schläue. Danach erzählte Valeria von ihrem zuletzt neu getroffenen Mann, doch den Namen enthielt sie ihnen vor. Iulia quietschte. "Jetzt mach es nicht so spannend und sag uns wer dieser geheimnisvolle Fremde ist! Kennen wir ihn? Und wer ist es bei dir Stella?" um auch die zuvor ergangene Frage an sie erneut zu bekräftigen.

  • Valeria Maximilla wurde nun auch von innen heraus mindestens genauso rot wie vorhin die Iulia.
    „Ja, bitte du zuerst, Iulia Stella...“, bat sie und tat so, als fände sie plötzlich das Deckengemälde sehr interessant. Um es zu sehen, legte sie den Kopf in den Nacken.

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