Kandidaturrede zum Cursus Honorum [09/21] Galeo Seius Ravilla - zum Vigintivir

  • Wieder einmal wurden neue Männer in die Hallen des Senats geführt. Die neuen Kandidaten, welche auf ein Vigintivirat hofften. Einer nach dem Anderen wurde aufgerufen und sollte seine Rede vor den Senatoren halten.


    Galeo Seius Ravilla, Kandidat für ein Vigintivirat. kündete ein Senatsscriba an. Alle erwarteten nun, dass dieser Vortrat und zu ihnen sprach.

  • Für seine Ansprüche sah Ravilla furchtbar aus und er war sich dessen schmerzlich bewusst. Das klassische Weiß von Toga und Tunika ließ ihn farblos wirken. Einem Nebelhauch gleich, die Schritte seltsam fern in der Stille widerhallend, wandelte er nach vorn, als der Zeitpunkt gekommen war. Dort stand er wie vor einem Tribunal, versinkend in der Bedeutungslosigkeit gegenüber all der Prominenz, die ihn nicht nur sichtbar, sondern auch dem Gefühl nach bleischwer umgab. Anaxis hatte seinem Herrn davon abgeraten, die dunklen, faltigen Regionen unterhalb seiner Augen in der gewohnten Intensität zu kaschieren, die bei Augenringen des gegenwärtigen Ausmaßes eine vollständige Maskierung des restlichen Gesichts eingeschlossen hätte, um keine farblichen Unterschiede zu generieren. Gleichsam war dies das Stichwort, auf welches Anaxis verwiesen hatte - Maskierung. Eine kosmetische Behandlung in der üblichen Intensität würde auf den Senat unehrlich wirken, folgte man seiner Interpretation, und müde hatte Ravilla zugestimmt, ihn in ein geisterhaft nichtssagendes Wesen zu verwandeln.


    Der Wahlkampf hatte an ihm gezehrt, gemeinsam mit den Wettergöttern. Er hoffte, dies sei nicht allzu negativ aufgefallen in den letzten Tagen. Mit dem Gefühl eines Bohrers, der sich vom Hinterkopf quer durch sein Hirn tief in den Augapfel schraubte und geplagt von einem quälenden Brechreiz, ohne dass dieser in Erlösung mündete, mutierte sein Dasein zur Zumutung. Der Herbst war die schlimmste, die grausamste Jahreszeit, die des Sommers Lust unter grauen Wolken erstickte und mit eisigen Winden den Bäumen das Leben von den Ästen riss und die Freude der Menschen ausblies wie Kerzenflämmchen.


    So stand Ravilla nun sichtbar geplagt vor den Patres conscripti, den hiesigen modischen Gepflogenheiten mehr als üblich angepasst. Allein die dunkle Umrandung seiner Augen hatte er beibehalten, den gänzlich mochte er auf einen Verweis seiner östlichen Abstammungslinie nicht verzichten. Dies hätte ebenso unehrlich gewirkt. Dunkel blickten seine Augen aus dem heut älter wirkenden Gesicht. Versagte er vor dem Volk, so war dieses dessen einfachem Gemüt zuzuschreiben. Versagte er jedoch vor dem Senat, war das Urteil vernichtend.


    "Verehrte Patres conscripti." Einsam hallte seine Stimme durch die Stille der Curia Iulia. "Manch einem ist meine Person bekannt, den Übrigen gestattet mir, mich vorzustellen. Galeo Seius Ravilla lautet mein Name. Am heutigen Tag stehe ich vor euch zur Kandidatur für das Vigintivirat, um als Tresvir capitalis dem Senat und dem Volk von Rom zu dienen."


    Mit dieser simplen Wahrheit nahm seine Rede ihren Auftakt. Wer mit einer Wahrheit begann, welche der Zuhörer akzeptierte, genoss für die folgenden Worte gleichsam einen gewissen Vertrauensvorschuss. Ravilla gab sich keiner Illusion hin, die erfahrenen Staatsmänner durch Verschleierung, Übertreibung oder vergleichbares Handwerkszeug aus dem Fundus rhetorischer Taktiken täuschen zu können. Sie alle hatten eine entsprechende Ausbildung genossen und waren gewohnt, mit Scharfsinn eines Senders Worten zu folgen. Und so streckte Ravilla symbolisch vor ihnen die Waffen. In nudistischer Ehrlichkeit präsentierte er seine Person und sein Anliegen, nahezu ungeschminkt und angepasst - und fühlte sich grässlich schwach und entblößt dabei.


    "Väterlicherseits bin ich Sohn des Volusus Seius Victor, dessen Haus seit der späten Republik verschiedene Magistrate hervorgebracht hat", tönte seine Stimme nichtsdestoweniger klangvoll durch die Halle, "und mütterlicherseits bin ich Sohn der Domna, Nachfahrin aus dem ehrwürdigen Geschlecht des Lycomedes, des Tempelpriesters der Magna Mater in Komana. Dass Tradition der Nährboden einer gesunden Gesellschaft ist, wurde mir von frühester Kindheit an gelehrt. Der Tradition des Imperiums will weiterhin verpflichtet sein.


    Wer meiner Rede auf der Rostra beiwohnte, vernahm folgende Worte an das Volk: Nicht eure Ohren will ich heute erreichen, sondern eure Herzen. Doch euch, ehrwürdige Patres conscripti, bitte ich um eure Stimmen. Ein jeder Mensch kann und soll für die Gemeinschaft tun, wozu er geboren und erzogen wurde, ein jeder Mensch handeln nach der Kraft, welche ihm gegeben ward. Worum ich euch heute bitte, werte Senatoren, ist, mir ein wenig mehr Handlungsmöglichkeit in die Hände zu legen, denn ich glaube von mir, dass es zum Wohle Roms gereichen wird, wenn diese Verantwortung mir obliegt."


    Und damit senkte er für einen Moment das Haupt und den Blick, zum Zeichen, dass er sich ihrem Urteil hingab. Seine Rede war an diesem Punkt bereits vollendet. Insbesondere aufgrund der Knappheit seiner Rede ging Ravilla von kritischen Rückfragen aus, auf welche er nun wartete, um sich jenen nach bestem Wissen und Gewissen stellen zu können. Sein Mentor und sein Patron hatten ihn gut vorbereitet auf jenen Moment und Ravilla hoffte, sich ihres Vertrauens würdig zu erweisen, als er die Haltung erneut straffte und den Blick wieder auf die Anwesenden richtete.


    Sim-Off:

    Ich bedanke mich bei allen für die freundliche wie großmütige Gelegenheit, die mir gegeben ward, meine Rede auch zum verspäteten Zeitpunkt noch darbringen zu dürfen! :)


  • Der sonst so bunt und ungewöhnlich gewandete Ravilla wirkte im strahlenden Weiß der Kandidatentoga regelrecht unscheinbar und beinahe fehl am Platze, was Gracchus für einen Augenblick lang zweifeln ließ, ob es tatsächlich eine gute Idee war gewesen, seinen Klienten dem Staate zu offerieren. Indes, bereits mit dem nächsten Herzschlage verbot er sich solcherlei Gedanken, reflektierte der äußere Schein doch nicht den Menschen, wiewohl er schlussendlich um des Seius' Qualitäten zur Genüge wusste. Um eben dies dem Senat zu verdeutlichen und keinen Zweifel an Ravilla aufkommen zu lassen, ergriff er sogleich das Wort.

    "Mein Klient Galeo Seius Ravilla hat während des Aedilates meines Sohnes als dessen Tiro vorzüglich bewiesen, dass Diligenz, Beflissenheit und ein wacher Geist in ihm stecken, welche jedem Vigintiviren gut zu Gesichte würden stehen. Ob dessen und seiner tiefen Ver..bundenheit mit den Traditionen Roms wegen, ist meine Stimme ihm sicher, denn ich bin überzeugt, er wird ein großer Gewinn für unser Reich sein!"

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    IUS LIBERORUM

    PONTIFEX PRO MAGISTRO - COLLEGIUM PONTIFICUM

  • Beinahe amüsierte es den jüngeren der flavischen Senatoren, Zeuge des Auftritts des Klienten seiner Familia an jenem Tage zu werden, so unerwartet gerierte sich der Seius im Antlitz des Senates: Statt pfauengleicher Pracht trug er jenes altehrwürdige Kandidaten-Gewand, das der römischen Dignitas mehr entsprach als jede orientalische Robe, statt ausschweifender Worte und opulenter Ausführungen reichte er eine schlichte und überraschend kurze Rede dar, statt strotzendem Übermut, wie er ihn bisweilen an Ravilla hatte beobachtet, oder vergnüglicher Leichtigkeit demonstrierte er Demut. Manius Minor war nicht recht sicher, ob er hier einem Schauspiel beiwohnte oder seine ernstlichen Mahnungen hatten gefruchtet, doch am Ende war all dies letztlich gleich, da er doch um die Qualitäten seines einstigen Tiro fori wusste und somit verkünden konnte:

    "Ich kann das Votum meines Vaters lediglich bestätigen: Galeo Seius Ravilla zeigte an meiner Seite all dies, wessen ein Staatsmann bedarf, was nicht zuletzt jenen wird bewusst sein, welche meinen Spielen anlässlich der Megalesia beiwohnten, wo Seius insonderheit für die Wagenrennen verantwortlich zeichnete. Dies erscheint mir indessen wenig verwunderlich, da, wie er bereits darlegte, nicht allein das Blut eines bodenständigen römischen Geschlechtes, sondern zugleich das Blut eines Fürstenhauses in den Adern fließt, sodass er die Vorzüge römischer Dignitas und Simplicitas mit orientalischer Gelehrsamkeit und priesterlicher Pietas verbindet! Nicht allein als sein Lehrmeister, sondern auch als sein Freund kann ich diesen Jüngling dem Senate somit herzlich empfehlen!"
    Mit einem ermunternden Lächeln bedachte er den sichtlich nervösen Kandidaten, ehe er wieder Platz nahm, um weiteren Unterstützungs-Adressen oder kritischen Fragen seiner Collegae Raum zu geben.

  • Verzückt registrierte Ravilla die Unterstützung aus den Reihen seiner noblen Bekanntschaften. Bei solch bedeutsamer Fürsprache, so mutmaßte er, könne jede Rückfrage aus den weiteren Reihen in ihrer Intention nur pro forma angebracht werden.


    Indes fand er selbst, hätte er am Ende der Amtszeit seines Mentors jedoch geschwächelt, was zum einen aus einer gewissen Ausgebranntheit resultiert hatte - sicher ein Vorgeschmack auf jene Pflichten, die ihn noch erwarteten - zum anderen aus den parallel laufenden Vorbereitungen für seinen eigenen künftigen Wahlkampf. Umso dankbarer nahm er zur Kenntnis, dass diese beiden Männer das Augenmerk auf das Gute lenkten, welches sie in Ravilla sahen, während alles Weitere bei Bedarf im privateren Rahmen geklärt werden konnte. Auch diese Lektion nahm Ravilla wahr, um sie für sein eigenes künftiges Handeln als Referenz zu nehmen.

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