"Der Aedituus Cominius teilt uns Liktoren nur zum Dienst ein, also wer wann welche Vestalin begleitet.", präzisierte Lucceius: "Ausgesucht wurden wir vom Sacerdos virginum Vestalium, Musonius Lateranus, der das nach bestem Wissen und Gewissen tut: Ältere Männer werden bevorzugt und auch römische Bürger, da Liberti oft nicht so...hmm, ihnen oft der Sinn für den mos maiorum fehlt.
Ich würde mal behaupten, dass diejenigen, die sich freiwillig melden, viel von Althergebrachtem halten. Von Pietas. Vom Dienen an etwas, das größer ist als das eigene kleine Ich.
Es ist eine ganz eigene Welt, so alt, dass man oft gar nicht mehr richtig versteht, weshalb etwas getan werden muss. Aber seit Jahrhunderten bleibt das gleich. So reisen die Virgines Vestales täglich bis zur Quelle der Egeria, um Wasser zu holen, welches für die Reinigung des Tempels notwendig ist, obgleich das Atrium doch schon lange an die Wasserversorgung angeschlossen ist. Das Feuer darf nur auf althergebrachte Weise entzündet werden und so weiter. Für diese Ordnung muss man Sinn haben. Sie ist älter als unsere Gesetze, die vom Senat oder vom Kaiser gemacht werden. Schon vor der Gründung der Urbs war sie da. Schon die Mutter von Romulus und Remus war eine Vestalin. Ich habe mich auch freiwillig zum Dienst im Atrium Vestae gemeldet, übrigens."
Lucceius wiegte den Kopf hin- und her:
"Das ist es, was die Tat so schrecklich macht. Sie attackiert die göttliche Ordnung. Die kleine Virgo Valeria hat nur versucht, das entstandene Ungleichgewicht wieder ins Lot zu bringen.
Ein Leben für ein Leben. Einen Tod für einen Tod.
Ich weiß nicht, was du deinem Vorgesetzten erzählen möchtest, Cornicularius. Aber lass Schwester Valeria raus bei der Sache. Ich war es, die die Mörderin gerichtet hat. Nichts würde etwas daran ändern, dass die Mörderin der Maxima Decima Messalina tot ist. Ich übernehme die volle Verantwortung für alles, was geschehen ist."