Es sollte nicht irgendein Tag sein, an dem der Praefectus Urbi die Überreste der ersten Station begutachtete. Er suchte sich dafür einen besonderen Tag aus und der heutige schien ihm dafür bestens geeignet. ANTE DIEM VIII KAL IUN DCCCLXXI A.U.C. (25.5.2021/118 n.Chr.) galt als Festtag zu Ehren der Fortuna. Abgesehen davon, dass Menecrates der wieder aufzubauenden Statio eine lange Lebensdauer wünschte, sollte dieser erhoffte Erfolg in Kombination mit dem Glück gehen. Für beides stand die Göttin, die Menecrates auch privat verehrte. Er wählte sie als Schutzgöttin für die Statio - unabhängig davon, dass es noch eine offizielle Weihe für den Bauplatz geben würde, die ihn zum zweiten Mal reinigen sollte.
Menecrates Begleitung setzte sich zusammen aus Angehörigen der Cohortes Urbanae, städtischen Mitarbeitern und Personal aus dem Cultus Deorum. Bevor die Erörterungen rund um das Wiederaufbauvorhaben begannen, plante der Praefectus Urbi eine kleine Opfergabe als Geste der Einladung an die erwünschte Göttin. Opferdiener platzierten mitten in der Ruine einen Foculus, legten Kohle hinein und entzündeten sie. Als sich Glut einstellte, winkte Menecrates einen Gehilfen herbei, der frisch gebackenen Opferkuchen, Kekse und loses Getreide trug. In Begleitung dessen - die Toga leicht angehoben - stieg er über Steine und umging größere Trümmerteile, bis er nahe am Foculus stand. Sein Blick richtete sich auf die Flammen und vermied die Kontrolle seiner Kleidung und Schuhe, die ungeeignet für derlei Kletterpartie waren. Er ließ sich die Hände reinigen, bedeckte das Haupt und begann die kurze, aber von einem intensiven Wunsch begleitete Ansprache.
"Mater Fortuna, durch das Opfern der Kekse und des Getreides bete ich ein gutes Gebet, damit du dieser Station und all seinen Männern in der Zukunft günstig gestimmt bist. Sei geehrte durch diesen Kuchen." In Abständen ließ Menecrates die Opfergaben in den Foculus rutschen und die Flammen griffen gierig danach. Es knackte zuweilen, Rauch stieg auf und ein neuer Geruch erfüllte die Ruine.
"Ich möchte ein Reliefs der Göttin an der Fassade der Station", entschied er spontan. "Das bezahle ich aus eigener Tasche, weil der Kaiser erwähnte, dass er für alles Grundlegende Mittel bereithält, aber nicht darüber hinaus. Desweiteren möchte ich einen Altar, an dem alle gläubigen Urbaniciani Tag für Tag um Schutz und Beistand bitten können. Wir bekommen dieses Loch in den Griff." Mit Loch meinte er sie Subura und sein Ton wurde gegen Ende kämpferisch. Getragen von dieser Emotion verlief die Rückkehr aus der Ruine zügiger als der Hinweg. Auf dem Pflaster angekommen, wandte er sich wieder um und betrachtete nochmals Trümmerberge und den abziehenden Rauch der langsam verglimmende Kohlereste im Foculus.