Ich weiss es schon seit Anfangs Dezember (mein Bruder ist der Architekt der Baustelle), aber erst gestern wurde es offiziell:
In Augusta Raurica wurde bei einer Notgrabung das dritte (!) Amphitheater in dieser Stadt gefunden. Die Sensation ist, dass niemand dies erwartete. Der Baugrund liegt in der Senke eines noch in römischer Zeit aufgegebenen Steinbruches. Da erwartete niemand ein später gebautes Amphitheater zu finden. Die Konstruktionsmethode mit steinerner Umfassungsmauer der Arena und hölzernem Tribünenbau, nachweisbar durch die gefundenen Löcher der Holzpfosten, sowie die gemachten Begleitfunde, deuten auf einen Bau aus dem 4. Jahrhundert n.Chr. hin. Damit wäre dies das jüngste Amphitheater des ganzen Imperium Romanum!
Ausserdem belegt dieser Bau die Wichtigkeit der Stadt Augusta Raurica, selbst in der Spätantike, obwohl dort mit dem Castrum Rauracense nicht viel mehr erwartet wurde als eine kleine zivile Siedlung neben dem Militärlager. Allerdings wurde dieser Ort in der relevanten Zeit auch von einem Kaiser besucht, was ebenfalls darauf hindeutet, dass Augusta Raurica bis zuletzt viel mehr war als bloss ein Militärlager sondern ein bedeutender administrativer Knotenpunkt.
Gladiatorenkämpfe fanden dort wohl kaum statt, da diese im 4. Jahrhundert durch das aufkommende Christentum immer mehr ausser Mode kamen und daher auch kaum mehr neue Amphitheater gebaut wurden. Vermutlich war die Arena eher für Tierhatzen gebaut. Das heisst, es wurden entweder Tiere gegeneinander gehetzt, oder sie wurden von Jägern erlegt, sogenannte "Venationes".
Die erhaltenen Mauern wurden geophysikalisch auch im weiteren Grund nachgewiesen und erstrecken sich heute bis in den Rhein hinein. Somit ist auch klar, dass der Rhein früher einen anderen Verlauf hatte, als man bisher angenommen hatte, denn niemand baut ein Amphitheater an einem Ort, wo der Rhein immer wieder für Überschwemmungen sorgt. Somit muss dieses heute direkt am Ufer gelegene Grundstück damals doch eine kurze Strecke weiter Inland gelegen haben.
Der Fund wurde bereits wieder zugeschüttet und der Bau des geplanten neuen Bootshauses des lokalen Ruderclubs geht weiter. Der Fund kann im Boden wesentlich besser geschützt werden und es liegt kein Grund vor, weshalb der Bau eines Bootshauses (ohne Keller oder tieferes Fundament) verhindert werden sollte. Geplant ist für die Zukunft eine Infotafel oder ähnliches. Gleich in der Nähe sind das Castellum und die Rheinthermen für Interessierte begehbar und auch das grosse steinerne Amphitheater der Stadt ist sehr gut erhalten.
Römisches Amphitheater in Kaiseraugst entdeckt (aargauerzeitung.ch)
Fund in Kaiseraugst - «Zu der Zeit wurden eigentlich keine Amphitheater mehr errichtet» - News - SRF (Interview - Audio)