Ausbildung des Caius Furius Merula

  • Mit zufriedenem Lächeln erwartete Frugi seine Jungs am nächsten Morgen. Gleich nach der Begrüßung schaute er in die Runde.: „Heute ist ein schöner sonniger Tag, den wollen wir doch genießen“, begann er und lächelte. Sehe ich dort bei einigen etwas wie Skepsis oder gar Misstrauen aufleuchten? Diese Frage stellte sich ihm als er sie anschaute. „Heute machen wir einen kleinen Marsch zum Tiber. Vorher holt sich Obsidius, den Gladius, der dort drüben liegt, diesmal kein Übungsgladius“, griemelte er. „Wenn er ihn angelegt hat, in duos ordines! *parate vos ad iter! Pergite!


    Sie marschierten nicht zu den Brücken die von der Via Aurelia nach Rom führten sondern führten, sondern zu der zu der Brücke zum Circus Flaminius . Vor der Brücke kamstate! **movemini! Furius, was denkst du, was wir hier an dem sonnigen Tag machen?"


    Sim-Off:

    *Marschbereitschaft herstellen! **Rührt euch!

  • Heuten kamen sie erstmalig aus der Castra heraus, wobei die Erwähnung des schönes Wetters keine Erleuchtung brachte, denn Sonne hieß nicht automatisch Wärme. Sonne konnte blenden und im Kampf behindern. Vielleicht übten sie das samt Reflexion des Wassers, denn wozu sonst sollte Obsidius den Galdius mitnehmen. Komisch allerdings fand er, dass nur einer der Tirones eine Waffe trug. Er wusste nicht, was er denken sollte, daher gab er das Grübeln auf und marschierte mit den anderen in Zweierreihe dem Führenden hinterher.

  • „Heute Morgen arbeiten wir weiter an eurer Muskelaufbereitung.“ Mit dieser Einleitung begann der Cornicularius den neuen Ausbildungstag. „Fünf Runden laufen, nach jeder Runde zehn Liegestützen und zehn Kniebeugen. Anschließen eine Runde Schubkarrenlauf, Wechsel nach einer halben Runde. Danach je zwei Stunden mit Hasta und Gladius am Pfahl üben danach wieder in Linie antreten.“

    Ansporn sowie Korrekturanweisungen bekamen sie lautstark zu hören, ab und an auch mit der Hilfe des Optiostabes zu spüren.


    In Linie vor ihm angetreten betrachtete Frugi sie zufrieden. „Bald beschäftigen wir uns mit einem Thema, dass noch aussteht. Zunächst aber zu dem morgigen Tag. Ihr tretet nicht hier sondern am Eingang der Castra an. Furius was bedeutet *AD FULCUM!?“ Mit dieser Frage hoffte er sie zum Nachdenken anzuregen.


    Sim-Off:

    * Schildwall formen

  • Es begann ein Ausbildungstag wie viele vor ihm: Laufen, Liegestütze, Kniebeugen, Schubkarre einmal gewechselt pro Runde. Was früher holperig aussah und manchem schwer fiel, bereitete kaum noch Schwierigkeiten. Sogar das Tempo zog von Ausbildungswoche zu Ausbildungswoche an. Übungseinheiten mit Schwert und Lanze schlossen sich an und auch hier konnten Fortschritte verzeichnet werden. Gerade der hagere Merula bekam Armmuskeln und eine stabilere Schulterform, was ihn nicht zu einem Leibwächter machte, aber dem Alter entsprechend wohlgefällig aussah.

    Immerhin froren sie heute nicht, sondern kamen ins Schwitzen. Manch einer müffelte nach Schweiß, als sie antraten. Sie erhielten Auskunft über das Trainingsprogramm am kommenden Tag, allerdings nicht sofort verständlich, sondern in Form eines Rätsels.

    "Äh, Fulcum?" Merula fragte nach, weil er sich auch verhört haben konnte. Fulcrum deutete auf ein Gestell des Bettes hin, aber er wusste nicht, wie das im Zusammenhang mit der Ausbildung stehen konnte. Trotzdem wäre ihm dieses Wort lieber gewesen, weil er dazu etwas sagen konnte. "Das Wort Fulcum kenne ich nicht." Wie üblich in unangenehmen Situationen, wurde Merula rot. "Dahinter steht bestimmt etwas spezifisch Militärisches." Das wäre eine Erklärung, warum er es im Alltagsgebrauch nicht kannte.

  • Heute waren sie wieder auf dem gewohnten Platz. Nachdem die Tirones drei Runden gelaufen, nach jeder Runde zwanzig Liegestützen, sowie zwanzig Kniebeugen absolviert hatten, standen sie in Linie vor dem Cornicularius. „Nachdem ihr nun in den beiden letzten Tagen die vorgesehenen zwanzig Meilen ohne und mit Ausrüstung geschafft habt, wollen wir heute etwas für unseren Geist schaffen. Ich habe für jeden eine Tabula vorbereitet, auf ihr stehen Befehle und ihr schreibt dahinter, ihre Bedeutung.“ Damit gab er jedem der Rekruten eine Tafel. "Jeder setzt sich abseits von seinen Kameraden, verrichte seine Aufgabe und gibt die Tafel ab, nachdem er sie mit seinem Namen versehen hat. movemini!“



    scuta sursum!

    oculos ad prosam!

    nihil novi!

    Convenite!

    aciem dirigite!

    corpora premite!

    regredde! Regredite

    genua flectite!

    sarcinas sumite!

    ad arma!

    in tabernacula!

    tabernacula statuite!

    extinguite lumina!

    parate vos ad iter!

    ad impetum!

    Accelerate!



    „So damit habt ihr für heute bis auf Obsidius frei." Bestimmt war das die Überraschung des Tages für alle.

    Frugi sah ihre Augen aufleuchten. „Obsidus du begibst dich zur Lagertherme ziehst dich schon einmal für den Schwimmunterricht um und erwartest mich. Abite!“

  • Merula musste sich eingestehen, dass er wieder einmal überrascht wurde. Er konnte den Corni mit seinen Ausbildungsmethoden noch immer nicht einschätzen. Er glaubte, die Grundzüge der Ausbildung saßen bei ihm und seinen Kameraden, während zuletzt der Feinschliff vorgenommen wurde, wozu er die heutige Kopfarbeit zählte. Er nahm an, dass gleichzeitig Schreiben und Lesen getestet wurde. Die Tafeln wurden verteilt und um ungestört zu sein, ging Merula in den nördlichen Teil der Castra, wo der Marstempel stand. Er setzte sich auf die Stufen, nahm die Tabula zur Hand und ritzte die Bedeutung der Befehle ein.



    scuta sursum! Schild auf!

    oculos ad prosam! Augen gerade aus!

    nihil novi! Keine Vorkommnisse!

    Convenite! Sammeln!

    aciem dirigite! Ausrichten!

    corpora premite! Glieder schließen!

    regredde! Regredite ?? Es könnte Eintreten heißen "regredere!"

    genua flectite! Niederknien!

    sarcinas sumite! Gepäck aufnehmen!

    ad arma! Zu den Waffen!

    in tabernacula! In die Zelte!

    tabernacula statuite! Zelte aufschlagen!

    extinguite lumina! Licht aus!

    parate vos ad iter! Marschbereitschaft herstellen!

    ad impetum! Angriff! Attacke!

    Accelerate! Beschleunigt!


    Caius Furius Merula


    Nach dem Ausfüllen brachte Merula die Tafel in das Officium des Corni, weil er ihn nicht in der Therme stören wollte. Er wollte auch nicht riskieren, am Ende doch noch eine Trainingseinheit wie Obsidius aufgebrummt zu bekommen. Der freie Tag kam wie gerufen, um die Rüstung zu polieren, sich etwas Gutes zu kochen und anschließend auszuruhen.

    Am nächsten Morgen stand Merula mit seinen Kameraden empfangsbereit da.

  • Der morgendliche Übungsbeginn verlief wie immer ehe Octavius begann: „Zu dem kleinen Test von gestern, ihr alle habt ihn bestanden und Obsidus beherrscht nun auch die Kunst des Schwimmens, was er übrigens sehr schnell erlernte.“ Nach einem räuspern fuhr er fort.

    „Die einzelnen Waffen habt ihr nun kennengelernt. Was ist mit Formationen? Kennt ihr Formationen Epidius?“ „Linie, Keil, Schildkröte, Abwehrkreis?" Kam als Frage von diesem. „Warum kommt die Antwort als Frage? Was weißt du noch zu dem Thema?“ „Formationskämpfen, werden im Kampf oder gegen Reiterei eingesetzt.“ „Genau und nun berichtet uns Patulcius etwas zu einer Keilformation.“ „Die Keilformation hat die Form eines Dreiecks und ist an den V-förmigen Seiten mit den Schildern abgedeckt, so dass die Spitze des Dreiecks in die feindlichen Reihen vorstoßen kann. Ich hörte sie soll besonders gerne bei der Reiterei angewandt werden.“ „Sehr gut, wie immer ist es wichtig, die Schilde leicht überlappen zu lassen. Nun kommen wir zu einer weitere Formation: Dem Schildwall zur Reiterabwehr. Jetzt du Cloelius.“ „Nun ja … äh. Ich kann mir vorstellen, die erste Reihe bildet eine Mauer mit fest überlappenden Schildern, die zweite Reihe stellt ihre Scuta auf die erste Reihe und alles schön dicht. Die Hasta schaut aus den Zwischenräumen durch und die erste Reihe stützt die Scuta mit ihrem Körper. Ja so müsste es gehen oder wird der Schaft der Hasta in den Boden gerammt, um so die Pferde zu stoppen und beim Angriff zu verletzen? Vielleicht sollte man auch Lärm dabei machen und de Tiere verschrecken.“ „Genau so ist es. Und ja, den Schaft in den Boden zu rammen, wenn etwas Großes sich nähert, ist genau richtig. Also ihr habt es gehört: zwei Reihen, die erste Reihe stellt die Scuta auf den Boden und stützt sie mit den Körpern ab. Die zweite Reihe stellt die Scuta auf die der ersten Reihe und stützt sie ebenfalls ab. Ihr werdet euch jetzt fragen, warum sollen wir über Formationen sprechen, wenn ihr doch vermutlich bis heute noch nicht erlebt habt, dass eine solche im Dienst notwendig gewesen wäre? Bei den meisten Formationen habt ihr Recht. Unser Stadtdienst ist so geartet, dass die meisten Formationen bei uns nicht in Frage kommen. Ich sage mit Absicht die meisten, denn es gibt durchaus auch für uns sinnvolle. Wir werden kurz die Formationen anreißen, die im Stadtdienst wohl nicht so schnell zum Einsatz kommen. Ihr macht hier eine Grundausbildung und nur für den Fall, daß ihr einmal zu einer anderen Truppe wechselt, solltet ihr das alles einmal gehört und gesehen haben. Sprechen wir über die die Testudo. Furius kann uns bestimmt sagen, was damit gemeint ist und wann sie normalerweise zum Einsatz kommt?"

  • Nach dem Antreten erfuhren sie sofort, dass der Wissenstest von gestern von allen bestanden wurde. Zwar hegte Merula keine Zweifel, aber etwas als erledigt abzuhaken, fand er gut. So konnte er sich unbelastet auf das Nachfolgende konzentrieren. Dass Obsidius schwimmen gelernt hatte, registrierte er nebenbei. Thematisch drehte sich alles um Formationen. Ein spannendes Gebiet, wobei sie gleichzeitig hörten, dass ihr Einsatz bei den Stadttruppen gering ausfiel. Bei jeder Frage, die an die Tirones gerichtet wurde, erwartete Merula seinen Namen, was daran lag, dass die allererste Frage innerhalb dieser Ausbildung an ihn gerichtet war und ihn damals gänzlich unvorbereitet traf. Der Schreck wirkte offensichtlich noch immer nach, wobei sich Merula viel selbstbewusster fühlte und sich kaum noch schüchtern gab.

    Dieses Mal kam er erst am Ende dran. Die Testudo kannte beinahe jeder Junge in Rom, der sich für das Militär interessierte. Teil einer solchen Formation war Merula noch nie, aber er kannte Zeichnungen und Erzählungen.

    "Tja, also." Merula wedelte einmal mit den Armen durch die Luft, weil das Beschreiben einer Sache viel komplizierter als das Zeigen war. Er hoffte, dass alle schon einmal die Formation irgendwo und irgendwie gesehen hatten. "Bei einer Testudo bilden die Männer einen Schildwall, der rundherum und über sie hinweg reicht." Er kratzte sich am Kopf, während er nach besseren Worten suchte. "Also die äußeren Männer halten ihren Schild so wie sie gerade stehen: Die vorderen Männer halten ihn vor sich und die seitlichen an ihre Außenseite rechts oder links. Diejenigen, die in der Mitte der Formation stehen, halten den Schild über sich. Die Schilder sollen überlappen und halten somit Geschosshagel recht gut ab. Man kann in der Formation verharren, kann den Rückzug antreten und in Angriff gehen, allerdings müssen in der Bewegung die Männer auch synchron laufen, weil sich sonst Lücken im Panzer ergeben. Das soll nicht leicht sein, habe ich gehört. Wir sind jedenfalls zu wenige, um eine brauchbare Testudo zu bilden." Er grinste, weil ihm noch etwas einfiel. "Die Schilde sind eckig und jetzt wissen wir, warum."

  • Da schau einer an, der Kleine mausert sich, dachte Octavius und anscheinend hat er auch Humor. „Wie Furius sehr richtig bemerkte, sind wir, zu wenige, um eine brauchbare Testudo zu bilden. Deshalb werden wir uns dafür Hilfe besorgen. Übrigens sehr gute Antwort, Furius. in duos ordines! Cursim!“ Schon ging es im Laufschritt zu Optio Publius Verulanus Classicus der mit zwei contubernia exerzierte. Dort angekommen begrüßte der Cornicularius den Optio: Salve Optio Verulanus, Salve Milites, wir brauchen deine, eure Unterstützung. Wie ihr seht ist dies nur eine kleine Gruppe. Um Formationen zu üben sind wir also zu wenige. Optio ab hier übernehme ich das Kommando. Milites, ich darf auf eure Unterstützung meiner Rekruten hoffen. Wir fangen mit der Keilformation an. Obsidus übernimmt die Spitze, ihr anderen nehmt die Hilfe der Milites an. Eure Gegner stellen der Optio und ich dar. Wie immer ist es wichtig, die Schilde leicht überlappen zu lassen. Wenn ihr soweit seid, rückt in dieser Formation vor!“

    Voller Spannung beobachtete Frugi, wie sich seine Jungs einfügten und ob ihnen etwas davon anzumerken war, wenn der Schub der Kameraden zum tragen kam. Ebenfalls ob sie es durchhalten würden mit der Hasta
    gegen den Optio und ihn anzurennen. Er stützte tapfer sein Knie in sein Scutum, hielt es auch noch mit Arm und Schulter und würde so versuchen, dem Ansturm standzuhalten. Zumindest hoffte er das, für sich und den Optio.

  • Mit Lob wurde Merula während seiner Ausbildung nicht überhäuft, aber wenn, dann vorwiegend in letzter Zeit. Sein Start als Tiro sah dagegen durchschnittlich aus. Da die Tendenz positiv ausfiel, sah er seine Zukunft rosig, soweit ein Sodatenleben generell erfreulich sein konnte. Er war sich dessen bewusst, als Urbaner viel Unerquickliches erleben zu müssen und Geschenke verteilte sicherlich niemand an ihn, aber er sah inzwischen seiner gewählten Karriere mit Zuversicht entgegen.

    Im Laufschritt folgten sie dem Corni, Mettius an seiner Seite, ein Paar vor ihnen, eins danach. Bei Optio Verulanus ankommen, stoppten sie. Die Offiziere klärten das weitere Vorgehen und wenig später fanden sich Merula und Mettius zwischen ausgebildeten Urbanern wieder, Obsidius an der Spitze. Die Soldaten gaben unter sich und den Tirones Anweisungen, sodass die Keilformation im Handumdrehen stand.

    "Gleichschritt!", schie ein Miles. Dass mit Links angefangen wurde, setzte er voraus. Obsidius an der Spitze fühlte sich in seinem Element. Er gab das Schrittempo vor, dass anfang moderat und wenig später Fahrt aufnahm, weil einer der Miles rief: "Mit Schwung und nicht zimperlich. Das Ganze funktioniert nur mit Durchschlagskraft."

    Obsidius peilte für seinen Vorstoß die Stelle zwischen dem Corni und dem Optio an. Er stellte seinen Schild leicht schräg und beide Männer hinter ihm ebenfalls, nur gegensetzt. Als Draufgänger bekannt, stieß er einen Kampfschrei aus, als er auf die beiden Offiziere traf. Da ein Keil normalerweise gegen eine gesamte Feindesfront prallte, boten zwei einzelne Männer keinen ernstzunehmenden Widerstand.

  • Natürlich wusste Frugi uns Optio Verulanus, auf was sie sich da eingelassen hatten. Es blieb nur zu hoffen, dass sie beide schnell genug zur Seite springen konnten ohne ernsthaft verletzt zu werden. Sie hatten es wirklich geschafft, gleich als Obsidius Scutum sie berührte, nach links und rechts zur Seite auszuweichen, aber nur weil sie wussten, dass alle in der Keilformation bemüht sein musste einen Gleichschritt einzuhalten, denn sonst strauchelten sie und fielen übereinander.

    „Ihr habt gesehen so leicht ist es nicht, nur ein falscher Tritt und die Formation bricht auseinander. Nun möchte ich eine Schildkröte sehen. Die Tironi gehen in die Mitte, damit sie erfahren wie schwer es ist das Scutum ständig hochzuhalten. Optio Verulanus gibt die Richtung an. Testudo! Protegite!“

    Noch einige male wurden die Formationen geübt, so das die Tiros, auch einmal die Außenwände besetzten.

    Zum Abschluss bildeten alle eine Kreisformation um die Ausbilder. "Jetzt habt ihr auch diesen Teil der Ausbildung abgeschlossen und ich muss sagen ich war zufrieden mit euren Leistungen", bekamen sie von dem

    Cornicularius zu hören, bevor dass abite erklang.

  • Ein Hochgefühl erfasste Merula, als er zusammen mit den anderen die gegnerische Linie durchbrach. Es spielte keine Rolle, dass diese Linie aus nur zwei Mann bestand, die keine Chance gegen eine einigermaßen funktionierende Keilformation besaß, und gewiss gab es noch viel Bedarf, die Ausführung zu verfeinern, aber das schmälerte ihr Erfolgserlebnis nicht. Aufgeputscht wie er war, sprang er nach dem seitlichen Rettungssprung der Offiziere mit hochgerissenen Armen herum und brach damit aus der Formation aus. Das Scutum fühlte sich nie leichter an als in diesem Moment.

    Schnell wurde er zur Ordnung gerufen und als der Corni zu Erklärungen anhob, stand Merula still und hörte zu. Er merkte sich, dass der Gleichschritt wichtig wie sonst selten war, wenn eine Formation funktionieren sollte, und achtete bei der nächsten Aufgabe gewissenhaft darauf. Er ließ sich von den erfahrenen Milites einweisen, hob das Scutum über den Kopf und bildete einen Teil des Daches ihrer Schildkröte. Anfangs fiel ihm das nicht schwer, sodass er sich auf den Gleichschritt konzentrieren konnte, den Optio Verulanus anzählte, der aber nach kurzem von allen selbstständig gehalten werden musste. Mit zunehmender Armmüdigkeit schlichen sich Stolperer ein, die zum Glück zu keinem Chaos führten, weil jeweils kurz darauf ein Positionswechsel vorgenommen wurde. Mal stand Merula im Kreis der Milites, mal bildete er mit anderen eine Außenwand. Jeder Durchgang brachte eine neue Erfahrung, aber das Grundprinzip hatten alle schnell verstanden.

    Nach einem abschließenden Lob des Corni durften sie abtreten und Merula verbuchte diesen Tag als einen der besten seiner Ausbildung.

  • In den nächsten Tagen setzte der Cornicularius verstärkt auf das Trainieren der Ausdauer. Es gab keine drei Runden laufen mehr, sondern fünf. Zu den Liegestützen, Kniebeugen, kam nun eine Runde Einbeinhüpfen. Je eine halbe Runde rechts und linksseitig. Hinzu kam eine Stunde marschieren um die Castra. Dann gab es es das übliche auf den Pfahl einstechen mit Scutum und Gladius.

    Nach einer Woche harten Drill gab er zum Abschluss bekannt: "Morgen mit gefüllter Ampulla und in der Pera, Verpflegung die ihr beim Marschieren zu euch nehmen könnt. Wegtreten!"

    Im Geiste hörte er ihr Stöhnen, sie alle ahnten bestimmt, 40 Meilen standen auf dem Programm.

  • Es stand mehrere Tage das Übliche auf dem Tagesprogramm, aber zuweilen gab es etwas Neues, so auch heute, wobei die Neuerung Merula nicht sonderlich gefiel. Zwar konnte er sie besser als die Mehrheit der Tirones ausführen, aber er fand sie nicht nur beschwerlich, sondern sie belastete seine Knie: Das Einbeinhüpfen. Rechts ging es noch halbwegs, links lag ihm nicht. Es dauerte gefühlte Ewigkeiten, bis eine halbe Runde geschafft war, der Beinwechsel anstand und das Rundenziel näher rückte. In der Theorie dürfte nur noch wenig Zeit für Schwerttraining und Marschieren übrig bleiben, aber der Corni schien einen Pakt mit dem Tageslicht geschlossen zu haben, denn das trübte sich erst dann ein, wenn alle Aufgaben absolviert wurden.

    Merula hörte zwar die abschließende Anweisung, verbot sich aber, darüber nachzudenken, denn er wollte sorgenfrei einschlafen können. Die Nacht verlief entsprechend gut und er wachte weitgehend ausgeruht auf. Die Ampulla füllte er mit Wasser auf und als Proviant wählte er Fladen, den er frisch am Morgen zubereitete und nicht bereits am Vorabend.

    Als die Truppe am Exerzierplatz ankam, reihten sie sich ordnungsgemäß auf und grüßten.

    "Salve, Cornicularius Octavius!" Nun wollte auch Merula wissen, was der Tag für sie bereithalten würde.

  • „So Jungs“ begann der Octavier lächelnd nach dem morgendlichen Gruß. „Wie ihr gerade hörtet, nannte ich euch nicht mehr Mädels, sondern Jungs, denn jetzt habt ihr es verdient. Wie schon Generationen vor euch, bezeichneten die Ausbilder zum Ansporn die Tirones als Mädels. Ihr habt, zumindest denke ich es, einen harten Drill hinter euch, damit ihr für künftige Aufgaben gerüstet seid. Bei eurer Ausbildung bin ich von dem jetzigen Ausbildungsplan abgewichen. Ich habe ihm meinem angepasst und den Erfahrungen meines Lebens beim Militär, sowie eurem körperlichen Merkmalen angepasst. Vorgesehen wäre bei dem ersten Teil gewesen:

    1. Die Ausbildung beginnt mit Marschieren, denn dies war die Grundlage jeder Einheit.

    2. 20 römische Meilen (30km) in 5 Stunden ohne Ausrüstung - Bei Erfolg, weiter mit

    3. 40 römische Meilen in 12 Stunden ohne Ausrüstung - Bei Erfolg, weiter mit

    4. 20 römische Meilen in 5 Stunden mit voller Ausrüstung - BeiErfolg, weiter mit

    5. 40 römische Meilen in 12 Stunden mit voller Ausrüstung

    Nun frage ich euch, hättet ihr das geschafft?

    Eine Antwort erwarte ich nicht, nur dass ihr versteht warum ich euch auf diese Prüfungen auf meine Art vorbereitet habe.

    Jetzt aber zu dem heutigen Tag. 40 römische Meilen in 12 Stunden ohne Ausrüstung. Ich denke, es wird kein Problem für euch sein. Furius und Mettius ihr macht die Spitze, erstes Ziel Castra Urbana, danach gibt es weitere Anweisungen. In duos ordines! ad sinistram! aequatis passibus! laevum, laevum, laevum …“

  • Als die Ansprache zum ersten Mal mit der Anrede 'Jungs' begann, stutzte Merula. Zwar störte er sich seit Beginn, wenn er als Mädel bezeichnet wurde, aber der neuen Anrede stand er skeptisch gegenüber, weil sie ganz sicher im Zusammenahng mit noch etwas Unbekanntem stand. Aus heiterem Himmel änderte niemand seine Gewohnheiten. Die nachfolgende Erklärung überzeugte ihn nicht, denn angespornt hatte ihn die falsche Anrede nicht. Ob das bei den anderen der Fall war, musste er später herausfinden, denn die Ansprache ging überraschend weiter. Sie erfuhren, dass ihre Ausbildung eine von der Regel abweichende Reihenfolge hatte und auf Merula wirkte es so, als wollte der Corni vor ihnen Rechenschaft ablegen. Wäre ihnen das Rühren befohlen worden, hätte Merula in den Gesichtern der anderen nach Antworten gesucht, so aber harrte er samt seiner Fragezeichen im Kopf aus.

    Der Corni richtete eine Frage an die Tirones, aber zum Antworten kam keiner, denn die Ansprache endete plötzlich, wobei am Ende das Schlagwort 'Prüfungen' stand. Merulas Augen weiteten sich, bis er darauf kam, dass die Märsche damit gemeint waren.

    Sein Kamerad Mettius und er wurden an die Spitze der Gruppe beordert und im Gleichschritt ging es los. Das Ziel hieß Castra Urbana. Als Richtung schlug Merula Westen ein, denn er einnerte sich noch gut an den Bauplatz.

  • Bevor sie losmarschierten kontrollierte Octavius die Ausrüstung, schließlich wollte er seine Jungs in einem tadellosen Zustand
    vorführen. Sie würden den Urbaner Ehre einlegen. „Heute geht es nach Tibur. Sicher habt ihr alle von den Sehenswürdigkeiten von Tivoli gehört. Wir haben leider keine Zeit dafür, denn wir müssen unseren Zeitplan erfüllen. Leider ist es heute recht Schwülwarm und ich hoffe für uns, dass wir nicht von einem Gewitter überrascht werden. Was ich jedoch hoffe so wie ihr drauf seid, wir legen ein Rekord Tempo vor. Also los Abmarsch!"

    In der Mittagszeit bemerkten sie wie die Sonne immer öfter und länger von Wolken bedeckt wurde. Wind kam auf und wehte immer heftiger. Angenehm war es nicht mehr für die Rekruten. Je näher sie an Rom kamen um so lauter wurde das Donnergrollen. Rom lag jetzt in einem dunklen Wolkengebilde. Seine Jungs mussten gegen den Wind ankämpfen. Frugi wechselte die Führungspaare öfter aus und er selber marschierte vor ihnen her. Die ersten Blitze tauchten über Rom auf. Kurz vor den Toren ihrer Stadt, trafen sie die ersten Regentropfen. „Noch einmal Kräfte sammeln und das Tempo erhöhen, die letzten zwei Meilen schaffen wir noch!“ Dies hörten sie ihn gegen das Wetter anschreien. An der Castra angekommen hieß es nur noch. „Übermorgen in der Mittagszeit antreten und nun Abite!“

  • Die Übungsmärsche fand Merula öde. Als Stadtkind liebte er die Abwechslung, das Getümmel und die Herausforderung. Stundenlang einen Fuß vor den anderen zu setzen, stumpfte ab. Er lief schon deswegen zügig, um das Ganze schnellstmöglich hinter sich zu bringen, und selbst Iupitter zürnte. Irgendwann traf er mit den anderen in der heimischen Castra ein und vermerkte drei Kreuze bei sich.

    Sie bekamen wieder einen Tag frei, bevor der nächste Teilabschnitt begann. Antreten in der Mittagszeit hieß es, was Merula nicht nur neugierig machte, sondern auch verwunderte. Wie geheißen, ging er mit den anderen zum Exerzierplatz, reihte sich ein und stand stramm, als der Corni eintraf.

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!