Im Zeichen des Skorpions

  • Stilos Aufgabe war groß. Sein Ehrgeiz ebenfalls. Optio der Cohortes Praetoriae zu sein, bescherte ihm Zufriedenheit, doch keine Befriedigung. Er wollte mehr, er brauchte mehr, um sich vollständig zu fühlen. Seine neuesten Befehle trugen diesem Bedürfnis Rechnung. Und so traf er sich mit einem wohligen Gefühl in der Bauchgegend in einer Schreibstube der Cohortes Urbanae, um mit einem Verantwortlichen des Archivs zu sprechen ...

  • Ferox war damit betraut worden, das Archiv der Fallakten zu sortieren. Inzwischen war er gut vorangekommen und die Arbeiten waren weitestgehend abgeschlossen. Heute aber musste er einen Kameraden von den Cohortes Praetoriae versorgen, der ihm mit einem Anliegen angekündigt worden war. Innerlich stöhnte Ferox gequält auf, als er sah, dass es sich um Sisenna Seius Stilo handelte. Dem zwielichtigen Optio traute er noch weniger über den Weg als den meisten anderen Prätorianern, die er kannte. Insbesondere, weil er immer so arschfreundlich tat, was Ferox ihm nicht abkaufte. Es gab keine freundlichen Prätorianer.


    Ferox grüßte höflich, doch nicht übermäßig devot. Er legte die Faust auf das Herz und fragte mit ernstem Gesicht: "Wobei kann ich dir behilflich sein?"

  • "Bei einigen Fallakten. Den entsprechenden Befehl hast du ja sicher gelesen. Wir übernehmen. Ich benötige folglich alle Akten, die für die Causa Christenrazzia von Relevanz sind. Außerdem die Akte des Volusus Didius Molliculus." Er lächelte süffisant. Er wöllte jetzt nicht in der Haut des Urbaners stecken oder in der Haut überhaupt eines Urbaners. So viel Demütigung war eigentlich nur zu ertragen, indem man sich selbst irgendwo einschaufelte und nie wieder rauskam.

  • "Soso, die benötigst du also."


    Zufällig kannte Ferox den Wortlaut des Befehls sehr genau, den der Prätorianer sich hier gerade nach seinem Willen zurechtzubiegen versuchte. Auch die Soldaten der Cohortes Praetoriae hatten sich an Regeln zu halten - besonders an die Regeln des Kaisers. Um nichts Geringeres handelte es sich bei besagtem Befehl, um den niedergeschriebenen Willen des Imperatur Caesar Augustus höchstselbst.


    "Ich werde mit meinem Vorgesetzten reden. Wenn du kurz warten würdest." Sprach's und verschwand. Mal sehen, ob nicht Optio Furius Cerretanus ein Wörtchen mit dem frechen Schwarzrock zu reden hatte ...

  • Lange nusste der Optio nicht warten. Schliesslich galt es hier Cooperation zwischen Praetorianer und Cohorten zu koordinieren. Gleich nachdem Cerretanusden Raum betreten hatte..." Optio Seius' " Salve. Mein Name ist Furius Cerretanus, Optio der Cohors Urbanae" begrüßte der Furier den Angehörigen der Praetorianer.

    " Du hast eine Genehmigung für das Ausleihen der erforderlichen Akten?"

  • "Salve, Optio Furius Cerretanus. Ich bin Optio Seius Stilo. Natürlich liegt mir eine Genehmigung vor, sie hängt bei euren Aushängen. Konkret handelt es sich um den Befehl des Kaisers. Du weißt, worum es darin geht, nehme ich an: Die Cohortes Praetoriae bringen die Causa Christenrazzia jetzt zu einem Ende. Der Praefectus Praetorio hat mich damit betraut, die notwendigen Akten aus eurem Bestand zu organisieren, was ich hiermit tue."

  • " Natürlich, Optio"

    Furius wusste bescheid. Der Befehl des Kaiser wsr eindeutig klar.

    " Gut" Du kannst dir von den benötigten Akten Abschriften machen. Falls du Fragen hast oder sonst Unterstützung benötigst stehen wir dir gerne zur Verfügungen."

    Ein Tisch und Stuhl standen in dem Raum. Akten schlichten, sortieren und registrieren war keine Arbeit die man im Stehen verrichten wollte.

  • Abschriften. Stilos Blick glich einem glimmenden Vulkan, doch es folgte kein Ausbruch, sondern ein selbstironisches Lächeln. "Gut", sagte er und das Glimmen erkaltete. Es war damit zu rechnen gewesen, dass die Cohortes Urbanae die originalen Akten nicht herausgeben würden. Letzten Endes sprach es für diese beiden, den Befehl genau im Kopf zu haben. Die Dinge nahmen ihren Lauf. Alles würde sich fügen und der vermaledeite Fall, der Rom über Jahre beschäftigt gehalten hatte, sein Ende finden.


    "Während ihr die Akten heraussucht, werde ich meinen Scriba holen", sagte Stilo versöhnlich.


    Der besagte Scriba war ein Immunes seiner Einheit. Stilo verließ die Schreibstube und kehrte wenig später mit dem Immunes zurück, der seine eigenen Schreibmaterialien bei sich trug und die beiden Urbaner grüßte, erst den Unteroffizier, dann den Soldaten. Stilo schaute derweil, ob die Akten schon bereit lagen.

  • Das kurze Aufblitzen in den Augen Stilos ignorierte Appius. Oft versuchten Soldaten, speziell wenn sie meinten sie wären bessergestellt, durch bestimmte Gesten oder wie in diesem Fall mit Blicken ihr gegenüber einzuschüchtern.

    Was bei Appius nicht gelang. Ohne respektlos sein zu wollen.


    " Nur keine Eile, Optio" und unterstrich seine Worte mit einer besönftigenden Handbewegung.

    Gleich nachdem Seius das Archiv verlassen hatte winkte Furius den Moles heran.

    " Germanicus. Ich denke du bist hier eher vertraut als ich. Sehen wir zu dass die Akten parat liegen. Mir gefällt es hier unten überhaupt nicht."


    " Wir sitzen alle im selben Boot, Germanicus.Und sterben alle wenn es hart auf hart kommt. Du, ich, die Praetorianer genauso wie der armeseeliige Tropf am Arsch der Welt. Deshalb lass dich nicht einschüchtern. Die kochen auch nur mit Wasser." Grinsend griff sich Appius die Tafeln die die Fälle "Waisenhaus" und "Tiber" betrafen. Die fand er nämlich ganz allein.

  • Ferox nickte ernst, als Cerretanus ihm seine Sicht erklärte. Machtspielchen, wie jene, zu welchen Seius Stilo neigte, hielt er ebenfalls für überflüssig, ja, schädlich. Er war froh, dass Furius Cerretanus nicht gleichgezogen hatte, sondern die Ruhe in Person blieb. Damit schien er dem Prätorianer den Wind aus den Segeln genommen zu haben - der schaute wieder lammfromm drein. Ferox suchte die Akten aus dem Archiv und breitete sie gemeinsam mit den beiden Akten, die sein Vorgesetzter schon hervorgeholt hatte, auf dem Tisch aus:


    Vernehmung des Gefangenen Didius Molliculus

    Vernehmung des Gefangenen Didius Molliculus II


    Einsatzbefehl I

    Einsatzbefehl II

    Ensatzbefehll III

    Einsatzbefehl IV

  • " Das wäre es wohl, Optio. Wie gesagt falls Fragen aufkommen sollten helfen wir gerne. Aber jetzt stören wir nicht länger."


    Appius deutete mit einer knappen Kopfbewegung an Ferox an sich zurückzuziehen. Die beiden würden sich abseits stellen um Seius und seinen Scriba in Ruhe arbeiten zu lassen.

  • Stilo nickte bedächtig, während er die vorliegenden Akten las, um sich schon einmal einen Überblick über die Arbeit der anderen Einsatzkommandos zu verschaffen. Sein Scriba begann derweil mit der Arbeit. Im Laufe der kommenden Zeit entstanden sorgfältige Kopien. Die Handschrift des Scribas imitierte in erstaunlicher Übereinstimmung die Handschrift der Urbaner. Selbst eventuelle Rechtschreibfehler wurden mitkopiert. Man konnte sich vorstellen, dass es sich bei diesem Mann nicht um einen einfachen Sekretär handelte, sondern er - wenn er es tatsächlich darauf anlegte - sich aufs überzeugende Fälschen von Handschriften und Dokumenten verstand. Er setzte sogar die Unterschriften der Originalautoren darunter, setzte aber auf jede Kopie einen Vermerk, dass es sich um eine solche handelte und wo das Original für einen eventuellen Abgleich zu finden war.


    "Damit sind wir hier fertig, danke. Aber ich habe noch ein weiteres Anliegen." Während sein Scriba die Kopien an sich nahm, um sie ins Archiv der Prätorianer zu bringen, blieb Stilo noch vor Ort. "Ich benötige noch die Daten der hier im Carcer der Cohortes Urbanae inhaftierten Christen. Kannst du mir da weiterhelfen?" Der Blick seiner dunklen Augen ruhte auf dem anderen Optio.

  • Die würden sicher auch hier irgendwo rumliegen vermutete der Furier und begann in einem bestimmtes Regal danach zu suchen.


    "Ja. Da haben wir sie. Zwei Tafeln mit Namen der festgenommenen." Ohne Hast entnahm Cerretanus die Tafeln aus dem Regal und ließ seinen Blick darauf ruhen. Die Namen darauf kamen ihm bekannt vor und langsam konnte er sich erinnern. Waren es doch jene Menschen die die Einsatzgruppe inklusive Vigiles am Tempel gestellt hatten.

    " Wofür werden die denn benötigt?" stellte er die Frage und blickte nun lächelnd Stilo an.


    " Liste Einsatzkommando III sind die Namen jener die am Tempel festgenommen und inhaftiert wurden. Liste Einsatzkommando IV sind ebenfalls Namen von Inhaftierten die im Zuge des Einsatzes festgenommen wurden."

    Mit diesen Worten überreichte der Furier die Tafeln. " Auch hier dürft ihr Abschriften verfassen. Die müssen dann wieder ins Regal zurück um weiter zu verstauben." Dabei grinste er.

  • Darüber grinste Stilo. "Die Garde dankt. Wir benötigen die Liste für den Kaiser. Er will sie gern einsehen, bevor er eventuelle Todesurteile spricht. Er geht umsichtig mit jedem Leben um." Im Gegensatz zu Stilo, der zwar in einem Tonfall sprach, als wäre es sehr wichtig, auf jedes Leben zu achten, doch in Wahrheit einen feuchten Kehrricht darauf gab, ob mit kriminellen Subjekten angemessen umgegangen wurde oder nicht.


    Während sein Scriba auch diese Listen übertrug, gönnte er sich ein kurzes Gespräch mit dem anderen Optio. "Weißt du", er kratzte sich am Kinn, wo der tiefschwarze Bart einen deutlichen Schatten in seinem Gesicht bildete "jetzt mal unter uns. Es sieht aus, als würden wir euch den Fall entreißen. Im Endeffekt ist es eine entlastung. Unsere Arbeit schafft den Cohortes Urbanae mehr Freiraum in der Verfolgung der Münzfälscherei."

  • " Umsichtig. Soso. Löwen sind auch Lebewesen und hungern oft und lang" kommentierte der Furier mit leichtem Schmunzeln die Aussage Stilos.


    " Ach was. Ich sagte schon vorhin zu Miles Germanicus dass es riesengrosser Schwachsinn ist sich da im die Haare zu bekommen Wir sind hier um für Ordnung zu sorgen.

    Und natürlich fällt nicht jeder Fall in die Kompetenz einer zugeordneten Einheit Aber Solist es nun mal."

    Cerretanus winkte ab " Politik ist nicht unser Metier, oder?"

  • Ferox nickte, als die Sprache auf ihn zu sprechen kam. Was das betraf, war er ganz einer Meinung mit seinem Optio. Allerdings konnte er persönlich auf eine Zusammenarbeit mit den Prätorianern auch gut verzichten, wenn es sich vermeiden ließ. Er schätzte Geradlinigkeit und Aufrichtigkeit und hatte keinen Nerv für ihre Strippenzieherei. Zwar gab es Mitglieder der Garde, mit denen er ganz gut auskam, doch er hütete sich, allzu enge Bekanntschaft mit ihnen zu schließen. Wirkliche Freunde hatte er ausschließlich innerhalb seiner eigenen Einheit und das war durchaus Absicht.

  • "Da magst du recht haben", sprach Stilo weise und bedächtig, "aber der Mensch ist im Grunde kein vernunftbegabtes Wesen. Darum passiert so viel Unfug. Man müsste sich permanent an die Stirn greifen, aber davon bekommt man Haarausfall."


    Sein Scriba hatte die Arbeit vollendet und packte die kopierten Unterlagen zusammen. "Also dann, Optio! Ich danke für die Zuarbeit! Bald kann Rom wieder aufatmen." Nicht ganz formgerecht grüßte er zum Abschied mit der Mappe.

  • Wohl wahr, wohl wahr... " Wahre Worte, Seius Stilo. Wir wären wohl nicht hier wenn die Vernunft unser Denken beeinflussen würde. Aber sei's drum. Wir sollten das Beste daraus machen und lernen. Zum Wohle Rom, den Bürgern und uns.."

    Ebenso wie Seius grüsste der Furier nicht formal, bedachte Germanicus nit einem Seitenblick der heissen sollte ' Wehe ich erwische einen von euch bei so einem Gruß ' und verabschiedete den Prätorianer. " Vale, Optio. Wir werden das schon schaukeln."

  • Vielleicht konnte der verwirrte Blick, mit dem Ferox den vermurksten Gruß beobachtete, seinen Vorgesetzten beruhigen. Furius Cerretanus brauchte bei ihm wohl nicht zu fürchten, dass er je mit der Mappe grüßen würde. Dafür war Ferox die Einhaltung von Formalitäten viel zu wichtig. So achtete er auch genau darauf, dass die Prätorianer vor ihm den Raum verließen und er als letzter. Auch das Abschließen vergaß er nicht.

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