Oh ja, es war schon eine lange Zeit vergangen seit den Geschehnissen damals. Witjon kam es allerdings nicht so vor. Stress, Arbeit und all die nötige Planung und Organisation hatten die Zeit wie im Flug vergehen lassen. Und jetzt saß er hier und ließ sich - mal wieder - von Elfleda umgarnen. Herrje, er war manchmal einfach so schwach!
Auf ihre Aufforderung hin nickte er nur nochmal und atmete erleichtert auf, als sie - nach dem freundlichen Tätscheln - wieder etwas von ihm abrückte. Ein Glück, so musste er sich nicht vor Dummheiten seinerseits fürchten. Elfleda begab sich zurück zum Schreibtisch, woraufhin sie ihm nochmal veranschaulichte, wie Witjon die Causa Sönke zu bewältigen habe. "Liebes, ich krieg das schon hin," meinte er nur etwas genervt. Er war nicht hier, um sich von seiner Schwägerin bevormunden zu lassen. Das war ja manchmal schon richtig peinlich was er sich von ihr alles für besserwisserische Ratschläge anhören musste. Als wüsste er nicht selbst, dass er das Bürgerrecht nicht einfach so bei der Stadtverwaltung beantragen konnte!
Daraufhin jedoch kloppte Elfleda einen weiteren Hammer raus, der Witjon ganz fies erwischte. Heiraten? Er? Ja, er wusste ja, dass es so nicht weiterging. Aber...wen denn nur? "Öh...uff..." seufzte er also erst einmal, Elfledas Worte verdauend. "Also...eine Römerin? Ich...weiß es ehrlich gesagt nicht." Puh, das war gemein. Er hatte bisher immer vermieden sich ernsthaft Gedanken um das Heiraten zu machen. Und jetzt stellte sie ihn hier so vor die Wand und quetschte ihn aus! "Meine Politik, ja..." begann er dann laut zu grübeln, bevor er etwas geordneter und überzeugter fortfuhr. "Weißt du, ich glaube wir dürfen derzeit die Bindungen zu unseren germanischen Verbündeten nicht unterschätzen. Eine Römerin ist zwar immer hilfreich, doch sieh es mal so: Was hat die Vermählung mit Callista uns gebracht? ...also... ich meine im politischen Sinne!" Nicht, dass er Callista schlechtreden wollte. Sie war eine wundervolle Frau gewesen, liebevoll, warmherzig, ehrgeizig. Und sie hatte die germanische Kultur toleriert und verstehen und zu lernen versucht. Witjon war davon überzeugt, dass sie sich bald sehr hervorragend in ihren Bräuchen ausgekannt hätte, wäre sie nicht so früh gestorben. Ein sanftes Kopfschütteln unterstrich seine rhetorische Frage, als er weitersprach. "Nein, es sollte glaube ich eher eine Germanin sein. Nur: Welche? Eine aus der Umgebung? Eine von unseren ubischen Freunden aus der Colonia? Oder eine Nemeterin? Vielleicht eine Tochter der vielen reichen Kaufleute aus Mogontiacum zur Stärkung der Bindungen zur Freya Mercurioque?" Und mit einem merkwürdigen Gefühl sprach er letztendlich noch eine weitere Möglichkeit aus, die ihm dann in den Sinn kam, als er Elfleda ansah. "Oder gar eine Mattiakerin...um das frisch gerissene Band zu erneuern?" Wohl fühlte er sich nicht, als er diese Frage anfügte. Aber jeder wusste, dass diese Bindung seinerzeit die wichtigste für die Duccii gewesen war. Plötzlich sah er seine Gegenüber einmal mehr in ganz anderem Licht.