CURSUS: Logistik der Armee

  • Das Auditorium der Academia Militaris war gut gefüllt, als Kommandeur Macer den Raum betrat und nach vorne ging. Langsam blickte er über die Reihen der Studenten. Viele Offiziere aus allen Teilen der Armee waren gekommen, um an diesem neuen Cursus teilzunehmen. Einige kannte Macer noch aus ihrer Zeit bei der LEGIO I, andere hatte er schon einmal in Rom getroffen, über wieder andere hatte er in Empfehlungsschreiben schon posivites gehört. Und natürlich hatten sie alle das Examen Primum bestanden und damit ihr Grundwissen unter Beweis gestellt.


    "Meine Herren, es freut mich, Sie hier so zahlreich anzutreffen, um diesen Cursus über die Logistik der Armee zu absolvieren. Wie Sie wissen, ist es ein leichter Cursus, der mit dem Examen Secundum abschließt. Das heißt, sie werden am Ende eine schriftliche Prüfung mit 10 Fragen ablegen müssen, von denen 8 vollständig und korrekt zu beantworten sind. Wenn Sie der Vorlesung aufmerksam folgen und bei Unklarheiten ohne Scheu nachfragen, sollte das für Sie kein Problem sein. Aus Ihrer Praxis im täglichen Dienst sollten ihnen die Grundprobleme der Militärlogistik ja ohnehin geläufig sein.


    Lassen Sie mich zu Beginn erläutern, warum man sich dennoch einmal systematisch mit diesem Thema befassen sollte: Für einen Zivilisten reicht es, sich im Haus einige Vorratskrüge aufzustellen und auf den Markt zu gehen, wenn er feststellt, das einer fast leer ist. Für eine Legion reicht das nicht! In einem Legionslager leben 6000 Menschen zusammen und wollen täglich Essen, Trinken und etwas zum Anziehen haben. Außerdem ist ein Legionslager eine strategische Stellung, die im Kriegsfall belagert werden könnte und daher Vorräte braucht. Also ist es dringend notwendig, den Bedarf an Nahrung und Material für eine Legion sorgfältig zu berechnen, die Bestände regelmäßig zu prüfen und rechtzeitig für Nachschub zu sorgen. Und natürlich kauft die Legion nicht beim Marktstand um die Ecke, sondern muss entsprechende Kontakte für die Beschaffung von großen Mengen Nachschub haben.
    Aber auch sehr kleine Einheiten müssen über die Logistik nachdenken! Nehmen wir 8 Mann von den Auxiliares, die am Limes auf einem der vielen Wachtürme sitzen. Da ist kein Dorf in der Nähe, wo man sich mal eben was kaufen kann. Man kann auch nicht schnell zum Nachbarturm gehen, um sich dort etwas zu borgen, denn die haben auch nur knappe Vorräte. Also muss bei jedem Wechsel der Turmbesatzung auch der Lagerbestand aufgefüllt werden, um zu vermeiden, dass ständig irgendein Turm über Signale ins Lager melden muss, dass er Nachschub braucht und die dortigen Soldaten ausrücken müssen, um ihre Kameraden zu versorgen.
    Und natürlich dürfen wir auch die Flotte nicht vergessen, die noch viel mehr auf ausreichende Lagerbestände achten muss. Wenn ein Schiff unterwegs ist, dann gibt es häufig gar keine Möglichkeit, sich zu versorgen. Es muss der nächste Hafen abgewartet werden und auch dort ist nicht unbedingt der benötigte Nachschub verfügbar. Hier ist es also besonders wichtig, vor Antritt der Fahrt alle nötigen Mengen beisammen zu haben.
    Nun ist das nur der eine Teil der Logistik. Ein Soldat wohnt nicht nur in einem Lager, auf einem Turm oder auf einem Schiff, sondern er zieht auch in den Krieg. Und auch dort will er etwas essen. Als braucht auch ein Heer auf dem Marsch einen organisierten Nachschub. Im günstigsten Fall muss es unterwegs alles das verfügbar haben, was es auch im Standlager hat. Nein, eigentlich muss es sogar noch mehr haben, denn wenn ihm während einer Belagerung mangels Nachschub die Munition ausgeht, dann ist das ziemlich dumm!


    Mit allen diesen Problemen werden wir uns in den folgenden Vorlesungen befassen. Zunächst betrachten wir die Nahrungsversorgung, dann die Selbstversorgung der Truppe mit Waffen und anderem Material. Dabei widmen wir uns auch jeweils der Lagerhaltung und den Transportmöglichkeiten. Anschließend gehen wir auf den Nachschub im Kriegsfall und auf die Bedeutung ziviler Händler in Friedenszeiten ein. Je nach verfügbarer Zeit und Ihren Interessen werde ich auf einige Details genauer eingehen oder weitere Punkte mit in unsere Betrachtungen einbeziehen.


    Das soll dann für heute erstmal reichen. Für Ihre Fragen - egal ob organisatorischer oder bereits inhaltlicher Art - stehe ich gerne zur Verfügung."


    Macer blickte lächelnd in die Runde und wartete auf Wortmeldungen.

  • Meridius welcher ebenfalls den Raum betreten und sich in die hinterste Reihe gesetzt hatte um zu hospitieren, machte fleißig seine Notizen...

  • Aufmerksam verfolgte ich diese erste Vorlesung des neuen Cursus an der Academia Militaris. Nach der erfolgreich bestandenen Aufnahmeprüfung war es mein erster Kurs hier an der Militärakademie und ich reute mich darauf mein Wissen erweitern zu können. Logistik war auch für den Kommandeur der Cohortes Vigiles in Rom ein wichtiges Thema.


    Rasch war das erste Wachstäfelchen mit meinen Notizen gefüllt.


    Als am Ende seiner Vorlesung Macer fragend in die Runde schaute meldete ich mich zu Wort.


    "Mit wievielen Vorlesungen dürfen wir vor der schriftlichen Prüfung rechnen?"

  • Zitat

    Original von Marcus Didius Falco
    "Mit wievielen Vorlesungen dürfen wir vor der schriftlichen Prüfung rechnen?"


    "Momentan sind wie üblich fünf geplant, wobei sich das noch ändern kann."


    Sim-Off:

    Eigentlich wollte ich heute schon eine machen, aber wenn ich gerade auf die Uhr schaue wird das nix, sorry. Morgen bin ich wie üblich nicht online, also geht's erst Donnerstag weiter.

  • Mit einer kleinen Verspätung begann Macer die nächste Vorlesung zur Logistik der Armee.


    "Wie angekündigt, wollen wir uns heute zunächst einmal mit der Verpflegung der Soldaten auseinander setzen. Wie Ihnen geläufig ist, werden den Soldaten in Friedenszeiten als Grundrationen Getreide, Fleisch, Speck oder Fisch, Käse, Öl und nach verfügbarkeit Obst oder Gemüse sowie Posca als Getränk zur Verfügung gestellt. Für die höheren Dienstgrade stehen ferner Gewürze, Schalentiere und Weine zur Verfügung. Im Kriegsfal, wenn sich die Truppe im Feld bewegt, reduziert sich die Verpflegung auf das notwendige Minimum.


    Errechnen wir als erstes einmal, welche Mengen überhaupt benötigt werden. Jedem Soldat stehen täglich zwei [römische] Pfund Getreide zur Verfügung, das macht etwa 350 Kilo pro Jahr. Für eine Legion inklusive der Offiziere und unter Berücksichtigung von kleineren Rationen für mit zu versorgende Trossknechte ergibt sich daraus beispielsweise eine Gesamtbedarf von 2100 Tonnen jährlich. Um eine Jahreproduktion in dieser Größenordnung zu erreichen, ist die Bewirtschaftung einer Anbaufläche von annährend 3000 ha nötig. Diese Felder können entweder der Armeeeinheit selber gehören und von den Soldaten bewirtschaftet werden oder sie gehören zu zivilen Bauernhöfen, die die Erträge an die Armee liefern. Verständlicherweise ist nicht bei jedem großen oder auch kleinen Lager genug Platz für die benötigten Felder. Ebensowenig kann jeder Wachturm am germanischen Limes seinen eigenen Acker bewirtschaften. Daher ist die Armee auch bei der Grundversorgung auf Transporte aus allen Teilen der Provinz angewiesen. Die benötigten Mengen werden entweder vom Finanzprokurator der Provinz als Abgaben eingetrieben und den Armeeeinheiten übergeben, oder es erfolgt ein regulärer Ankauf über Lieferverträge auf Kosten der Truppenkasse.


    Der Transport der Waren erfolgt wo immer möglich per Schiff, da dies mit Abstand die größte Ladekapazität besitzt. Ein Tragtier verfügt dagegen gerade mal über eine Nutzlast von 100 kg, ein Pferd- oder Ochsengespann immerhin über bis zu 400 kg. In beiden Fällen muss aber ggf. noch die Last für das Futter für die Tiere abgezogen werden! Truppenlager liegen daher stets dort sehr günstig, wo schiffbare Flüsse in der Nähe sind. Im übrigen ist der Schifftransport in der Regel auch schneller als der Landtransport.
    Für den Transport seltener Handelsgüter zur Verpflegung der Offiziere ist der Seetransport ohnehin Standard. Beispielsweise sollte schon aus Gründen der Haltbarkeit von gesalzenem Fisch eine zu lange Transportzeit vermieden werden.


    Betrachten wir die Beschaffungs- und Lagerzeiten einzelner Waren noch einmal im Detail: Getreide kann nur einmal jährlich geerntet werden, lässt sich aber gut lagern. Sofern also mit einer ausreichenden Anbaufläche geplant wird und ausreichend Lagerkapazität zur Verfügung steht, gibt es hier wenig Schwierigkeiten. Ähnlich verhält es sich beispielsweise mit Nüssen und natürlich mit Getränken und Öl.
    Fisch und Fleisch lassen sich dagegen meist ganzjährig beschaffen, sind aber nur wenige Tage haltbar und müssen daher nach ihrer Erzeugung sofort an die Truppe ausgegeben und dort verzehrt werden. Alternativ steht die Haltbarmachung durch das Einlegen in Fässer mit Salzlösung zur Verfügung, wie es auch für den Transport über lange Strecken erforderlich ist. Dies setzt aber wiederum die Verfügbarkeit von großen Mengen Salz voraus, welches aber nicht überall gewonnen werden kann. Sie sehen, wie sich hier Ketten von Abhängigkeiten ergeben, die es zu beachten gilt. Auch hier lassen sich ähnliche Gegebenheiten für andere Tierprodukte feststellen, beispielsweise für Eier oder Käse. Bei letzterem kommt natürlich nur Hartkäse in Frage.
    Bei Obst und Gemüse kommen gleich zwei Schwierigkeiten zusammen: zum einen wächst es (wie das Getreide) nicht ganzjährig, zum anderen ist es (wie Fleisch) ohne Behandlung nur kurz lagerbar. Also muss auch hier ein sofortiger Verzehr erfolgen oder die Ware haltbar gemacht werden. Glücklicherweise gelingt dies für einige Obstsorten sehr gut, so dass Dörrobst verschiedener Art nahezu ganzjährig zur Verfügung gestellt werden kann.


    Nachdem wir nun also wissen, wie die Waren beschafft und transportiert werden, müssen wir noch einen Blick auf die Lagerung werfen. Vorräte sind bis auf wenige Ausnahmen in geschlossenen Gebäuden unterzubringen und vor Feuchtigkeit zu schützen und grundsätzlich so zu lagern, dass unbefugter Zugriff - egal ob durch Menschen oder Nagetiere - unmöglich ist. Lagerhaltung kann nur dann funktionieren, wenn alles das, was ins Lager eingeliefert wurde, auch wieder herausgegeben werden kann und nicht verdirbt oder verschwindet.
    Für Getreide sind durchlüftete Schüttplätze in Lagerhallen geeignet, der Transport erfolgt in Säcken. Für viele andere Waren ist die Amphore das geeignete Gefäß für Lagerung und Transport. Sie ermöglicht einen luftdichten Verschluss und effizinete Platzausnutzung. Ebenso können wie bereits erwähnt Fässer zum Einsatz kommen.
    Alle Gefäße und Behälter müssen eindeutig gekenntzeichnet werden und über die beinhaltete Menge muss jederzeit Klarheit herschen. bei Säcken ist das einfach, die kann man wiegen. Amphoren benötigen Beschriftungen über ihr Volumen. Nur wenn jeder Wareneingang und -ausgang vermerkt wird, ist es möglich, eine Übersicht über den Verbrauch, den Bestand und die in Zukunft benötigte Menge zu gewinnen. Rechnen Sie dabei immer Sicherheiten mit ein! Bei aller Vorsicht können immer wieder Waren verderben oder durch Unfälle (gekentertes Schiff oder abgebranntes Lager) verloren gehen. Eine Reserve für mindestens einige Monate sollte in jedem noch so kleinen Lager vorhanden sein. Doe Notwendigkeit zu größeren Reserven ergibt sich aus der strategischen Position, z.B. für Häfen als Versorgungsstation für Schiffe.


    Nachdem diese letzten Anmerkungen zur Lagerhaltung schon über den Aspekt der Nahrungsversorgung hinaus gegangen sind, möchte ich damit die heutige Vorlesung beenden. Beim nächsten Mal betrachten wir die Beschaffung alltäglicher Waren wie Kleidung und Baumaterial."

  • Interessiert hatte ich die Ausführungen von Macer verfolgt und rasch waren das zweite und das dritte Wachstäfelchen vollgeschrieben. Zum Glück hatte ich mir vor Beginn des Cursus davon noch einen größeren Vorrat zugelegt. ;)

  • Herius hatte zugehört, doch wollte er mehr wissen...


    "Ihr sagt, das die Schiffe die größte Transportkapazität aufweisen... mit wieviel Tonnen kann ein Praefectus Castrorum dabei rechnen?


    Zudem wie verläuft der Transport auf dem Marsch, wir wissen ja, das ein Soldat einige Rationen selbst trägt, doch bei lang ausgedehnten Märschen wird dies wohl kaum mehr möglich sein.
    Also Karren oder Tragtiere? Und wenn ja dann nur im Legionstroß oder auch als Versorgungseinheit hinterher?"


    "IN FUGA FOEDA MORS EST: IN VICTORIA GLORIOSA."

  • Zitat

    Original von Herius Hadrianus Subdolus
    "Also Karren oder Tragtiere? Und wenn ja dann nur im Legionstroß oder auch als Versorgungseinheit hinterher?"


    Meridius machte sich Notize und erlaubte sich dann darauf zu antworten.


    "Tragetiere haben den Vorteil, dass die Kolonne beweglicher ist. Betrifft vor allem den Transport bei Märschen der Legion.


    Karren hingegen erfordern Strassen und dienen daher eher der Versogung von festen Lagern, die ja einen Strassenanschluss haben.


    Es wird also davon abhängen, auf welchem Weg und in welchem Gebiet man sich bewegt. Die ideale Versorgungsanbindung eines Lagers ist natürlich ein nahe gelegener Fluss.


    Des weiteren ist natürlich auch klar, dass auf einem Marsch in ein gegnerisches Gelände der Tross alleine nicht ausreicht. Denn irgendwann hat der sich aufgebraucht.


    Matematisch kommt man ja nicht weiter, als in der Relation zwischen der Last die ein Maultier trägt und dem Futter das es frisst. Je weiter der Weg, umso geringer die Nutzlast, die es effektiv für die Truppe tragen kann. Und das gilt natürlich auch für den Karren, obwohl da die Kapazitäten höher liegen. Aber aus taktischen Gründen würde ich in gegnerischem Terrain nicht unbedingt auf Karren zur unmittelbaren Versorgung der Truppe zurückgreifen.


    Deshalb wird es immer so sein, dass Nachschub von hinten nachgeführt werden muss, und dass Versorgungsstationen eingerichtet werden müssen. Diese sollten sich jedoch möglichst in der Nähe von Strassen und Flüssen befinden und können somit dann auch mit Kähnen und Wägen angesteuert werden. Die Weiterverteilung erfolgt dann durch die Lasttiere."

  • Zitat

    Original von Herius Hadrianus Subdolus
    "Ihr sagt, das die Schiffe die größte Transportkapazität aufweisen... mit wieviel Tonnen kann ein Praefectus Castrorum dabei rechnen?"


    "Die Handelsschiffe auf dem Mittelmeer haben meist eine Kapazität zwischen 60 und 300 Tonnen. Damit kommt man aber Flüsse kaum hoch und kann im Prinzip nur Hafenstädte in Küstennähe oder auf einem breiten Fluss ansteuern. Zur Weiterverteilung muss man dann auf Lastkähne zurüchgreifen, die bis zu 20 Tonnen transportieren können."

  • Macer freute sich, dass sich Meridius gleich bei seiner Hospitation als neuer stellvertretender Kommandeur auch an der Vorlesung beteiligte. Seinen Antworten hatte er vorerst auch nicht viel hinzuzufügen. "Wie in der Eingangsvorlesung angekündigt, werden wir uns mit einigen Besonderheiten für die Marschsituation in einer der nächsten Vorlesungen noch einmal genauer befassen. Wir werden dann auch zum Problem der Operationsreichweite kommen."


    Zitat

    Original von Marcus Germanicus Patientiam
    Auch Marcus hatte eineFrage:


    Wir wissen jetzt zwar was ein Soldat an Getreide brauch, täglich. Doch nicht was er an Getränken und anderen Nahrungsmitteln pro Tag brauch?


    "Bei Getränken ist ein Minimum von 2 Litern täglich anzusetzen. Posca ist sehr erfrischend und durstlöschend, so dass diese Menge im normalen Kasernendienst bei nicht zu warmen Temperaturen reicht. Größere Lager sollten zudem stets über Brunnen verfügen, so dass hier ein gewisser konstanter Nachschub gewährleistet ist. Bei kleineren Lagern und Wachtürmen mit nur wenigen Masnn Besatzung fallen ein paar Ampohren Reserve nicht ins Gewicht. Ferner kann auf nahe Flüsse und Bäche zurück gegriffen werden.


    Bei den anderen Nahrungsmitteln hängt die ausgegebene Menge wie gesagt immer von der Verfügbarkeit ab. Bei guter Versorgunglage sollten jedem Soldaten täglich 100g Fleisch, Fisch, Speck oder Käse sowie 100g Obst oder Gemüse zur Verfügung gestellt werden können. Nehmen wir wieder unsere Beispiellegion von eben, so ergibt dies einen Jahresbedarf von je 210 Tonnen."

  • Macer betrat gut gelaunt das Auditorium der Academia zu einer neuen Vorlesung. Er wechselte kurz ein paar Worte mit diesem und jenen Soldaten, beantwortete noch schnell ein paar Fragen und ging dann nach vorne an sein Pult.


    "Ja, meine Herren, dann wollen wir mal wieder. Nachdem wir beim letzten mal die Verpflegung betracht haben, wollen wir uns heute um andere Dinge des täglichen Lebens kümmern, insbesondere um Kleidung und Baumaterialien. Ausrüstung und Waffen werden wir aufgrund ihrer Bedeutung in seiner seperaten Vorlesung betrachten.


    Grundsätzlich sind ja alle Gegenstände, die ein Soldat persönlich benutzt, sein Eigentum. Daher ist es eigentlich auch sein Problem, wie er sie beschafft. Andererseits kann es sich die Armee natürlich nicht erlauben, dass immer wieder Soldaten aufgrund unvollständiger Ausrüstung fehlen oder mehr Zeit bei Händlern als im Lager verbringen. Dementsprechend wird auch Kleidung zentral beschafft und dann intern an die Soldaten abgegeben und über einen Soldabzug verrechnet. Das selbe gilt für das Schuhwerk, hier mit der Besonderheit der Ausgabe des Nagelgeldes, um den Soldaten eine Beschaffung von Schuhnägeln zu ermöglichen.
    Über die Lagerung von Kleidung brauchen wir uns weniger Gedanken zu machen, über die Herstellung wohl auch nicht; ich gehe davon aus, dass sie wissen, was ein Schneider und ein Schuster ist.
    Wie sieht es also mit dem Bedarf aus? Eine täglich beansprichte Tunika aus robuster Wolle oder festem Leinen hält durchaus zwei Jahre. Rechnen wir etwas großzügiger, kommen wir für unsere Beispiellegion aus der letzten Vorlesung auf den Bedarf von etwa 10 Ersatztuniken pro Tag. Ein Liefervertrag über die regelmäßige Lieferung von Tuniken durch eine Großschneiderei wäre also möglich. Alternativ können die Tuniken natürlich auch in der Legion hergestellt werden, dann muss der entsprechende Wollstoff eingekauft werden. Bei einem Gewicht von etwas mehr als einem Kilo Wolle pro Tunika reicht ein Ein-Zentner-Ballen Stoff also für fünf Tage.
    Bei den Caligae kommt es vor allem auf die Benaglung an. Leder ist bei guter Pflege sehr lange haltbar, zudem sind Füße so unterschiedlich, dass sich eine Vorratshaltung nicht lohnt. Die Anfertigung neuer Caligae muss also praktisch immer auf Nachfrage erfolgen. Da dies notwendigerweise Wartezeiten erzeugt, ist stets auf eine ordentliche Benaglung zu achten, da diese die Beanspruchung der Sohle mindert und somit die Lebensdauer einer Caliga merklich erhöht. Ein Satz Nägel ist bei der üblichen Beanspruchung nach etwa 700 km Laufleistung abgenutzt. Für einen Marsch ist das leicht berechnet, im Kasernendienst ist das etwa nach drei Monaten der Fall. Unsere Beispiellegion hat also einen monatlichen Bedarf an etwa 400.000 Schuhnägeln!


    Betrachten wir nun einmal einen recht gegensätzlichen Teil der Logistik: die Beschaffung von Baumaterial. Für alle Bauarbeiten an den Gebäuden eines Lagers oder Stützpunkt wird das benötigte Material von der Einheit selber besorgt. Dafür unterhalten größere Einheiten - in der Regel Legionen - eigene Steinbrüche, Holzfällerlager und Ziegeleien. Ja nach lage dieser Stellen wird ein Teil der Einheit dorthin als ständige Besetzung abkommandiert. Das Baumertial wird dann von dort auf die umliegenden Eiinheiten verteilt, die Bedarf gemeldet haben.
    Um zu verhindern, dass Material auf dem Transport "verschwindet" und für zivile Zwecke missbraucht oder von unverantwortlichen Soldaten unberechtigt verkauft wird, müssen alle Lieferungen markiert werden. Steinmetze nutzen dafür Schlagmarken, Holzfäller Brennzeichen und Ziegelmacher verwenden hölzerne Stempel. Auf diese Weise kann eine Lieferung auch immer sofort der absendenden Einheit zugeordnet werden.
    Eine größere Lagerhaltung für Baumaterialen innerhalb von Lagern und Stützpunkten ist unüblich. Material wird, sofern man Vorräte anlegt, an den Abbaustellen eingelagert, so dass es von dort in alle Richtungen verteilt werden kann. Nur wenn diese Stellen ungünstig gelegen sind und der Abtransport ohnehin nur in eine Richtung erfolgt, kann er auch sofort durchgeführt werden.


    Für den Transport ist es generell unerlässlich, dass jede Einheit sich für alle von ihr benutzen Straßen und Wege verantwortlich fühlt. Logistik kann nur funktionieren, wenn die Wege benutzbar sind. So gehört es auch zu den Aufgaben einer Einheit, Transportwege zu befestigen, Schäden auszubessern, Brücken anzulegen oder zu kontrollieren und bei Nähe zu Flüssen für geeignete Landeplätze für Transportschiffe zu sorgen.


    Mit diesen wieder etwas allgemeineren Hinweisen möchte ich diese Vorlesung beenden und stehe wie üblich noch für Ihre Fragen zur Verfügung."

  • Wieder einmal betrat Macer das Auditorium und begab sich nach einer kurzen Plauderei mit ein paar der anwesenden Offizere ans Rednerpult.


    "Heute wollen wir uns mit der Versorgung der Armee mit Waffen und Kampfausrüstung befassen. Wie die Kleidung auch, ist die am Körper getragene Ausrüstung Eigentum des jeweiligen Soldaten, während Gruppenausrüstung wie Zelte, Werkzeug und Geschütze der Einheit gehören. Befassen wir uns zuerst mit der persönlichen Ausrüstung.


    Um die ständige Einsatzbereitschaft der Einheit zu gewährleisten, muss ein konstenter Bestand an einwandfreier Ausrüstung für jeden Soldaten verfügbar sein. Dies bedeutet, dass sich die Armee nicht darauf verlassen darf, dass jeder Soldat schon selber einen passenden Handwerker finden wird, der sich um seine Sachen kümmert. Wenn ein Soldat sich selber auf eigene Kosten Ausrüstung in geeigneter Qualität beschafft, dann ist das in Ordnung, ansonsten wird er aus der Waffenkammer ausgestattet und die Kosten dafür durch entsprechende Soldkürzungen gedeckt.
    Jede größere Einheit muss daher eine Waffenkammer und eine Fabrica unterhalten, um Ausrüstung herstellen und reparieren zu können. Bereits für stehende Lager ab Kohortengröße ist das sinnvoll. In den Fabricae arbeiten Soldaten, die von Alltagsaufgaben wie dem Wachdienst befreit sind, um ihrer Arbeit als Schmied, Schreiner, Lederschneider usw. nach zu gehen. Die Fabrica muss dazu natürlich immer mit Rohstoffen versorgt werden. Holz (z.B. für Speere und Schilde) lässt sich normalerweise in der Nähe des Lagers recht leicht gewinnen und kann sofort verarbeitet werden. Leder muss erst hergestellt werden. Wir haben in den vergangenen Vorlesungen gesehen, dass sich eine Einheit auch mit Fleisch versorgen muss. Beim Schlachten der Tiere fällt natürlich auch Fell an, welches bei sorgfältiger Schlachtung abgezogen und zu Leder verarbeitet werden kann. Bei einem Standlager einer größeren Einheit kann es also durchaus sinnvoll sein, über eine geregelte Haltung von Tieren, beispielweise Rindern nachzudenken, um sowohl den Bedarf nach Fleisch als auch den nach Leder zu decken. Der Lederbedarf ist dabei sehr hoch: ein Ziegenleder reicht für nicht viel mehr als ein Paar Caligae und für ein Mannschaftszelt können sie mit einem Bedarf von 5 Rinderhäuten rechnen.
    Doch erst nochmal zurück zu den Waffen. Da benötigen wir noch Eisen sowie Legierungen wie z.B. Bronze. Das Gewicht von 10 bis 15 kg pro Kettenhemnd bzw. Segmentatapanzer ist ihnen bekannt, und das heißt eben auch, dass dieses entsprechende Material in Form von Eisenbarren zur Werkstatt gebracht werden muss. Gehen wir einmal davon aus, dass sich in unserer Beispiellegion jeder Soldat während seiner Dienstzeit einmal eine Rüstung anfertigen lässt. Dann kommen wir - nur dafür! - auf einen jährlichen Eisenbedarf von fast 4 t. Im Falle von Körperpanzerung ist dies nahezu ausschließlich Eisen, bei Helmen wird auch sehr viel Bronze verarbeitet. Die Zuteilung erfolgt in der Regel über die Provinz, der die Aufsicht über die staatlichen Mienen obliegt.


    Bei der Beschaffung von großer Gruppenausrüstung wie z.B. Geschützen, spricht ebenfalls die Provinz mit. Die Beschaffung und Abrechnung erfolgt nicht ausschließlich über die Truppenkasse, sondern über das Officium des Provinzstatthalters. Was natürlich nicht bedeutet, dass die Geschütze nicht vor Ort im Lager gebaut werden. Die Wartung obliegt dann ohnehin wieder der Truppe. Neben Holz und verschiedenen Metallen werden zusätzlich Seile sowie Material für die Sehnen benötigt. Auch hier wird häufig auf tierisches Material zurück gegriffen. In den östlichen Provinzen wird für Bogensehen syrisches Frauenhaar bevorzugt, doch ein Export in alle Teile des Imperiums ist schlicht undenkbar. Als sehr viel günstigeres und qualitativ gleichwertiges Material wird Pferdehaar verwendet, was sich für den Einsatz in Geschützen sowohl zu dünnen Sehnen als auch zu dickeren Seilen verarbeiten lässt und welches in Militärlagern mit Reitern natürlich in größeren Mengen verfügbar ist.
    Kleinere Gruppenausrüstung wie Werkzeuge oder Zeltheringe werden nach Bedarf gefertigt, eine umfangreiche Lagerhaltung ist hier unüblich.


    In kleineren Lagern wird natürlich keine Fabrica eingerichtet. Alltägliche Reparaturen an Ausrüstungsgegenständen können von den Soldaten auch auf ihren Stuben durchgeführt werden und für größere Anschaffungen wird dann auf den nächstgrößeren Stützpunkt zurückgegriffen.


    Die Einheiten müssen ebenfalls stets dafür sorgen, dass der Transport von Rohstoffen und Ausrüstung auch möglich ist. D.h., es muss immer ein ausreichender Bestand an Lastkarren sowie Geschirr oder Tragegestelle für Zugtiere verfügbar sein. Auch diese Teile werden von den Einheiten selber hergestellt und gewartet. Neben der Fabrica und den Lagern ist in Stützpunkten also auch Platz für die Transportgeräte und die Zug- und Tragtiere einzuplanen.


    Wie der großangelegte Transport von Waffen und anderen Materialien auf einem Marsch abläuft, werden wir in der nächsten Vorlesung betrachten."

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