Das Auditorium der Academia Militaris war gut gefüllt, als Kommandeur Macer den Raum betrat und nach vorne ging. Langsam blickte er über die Reihen der Studenten. Viele Offiziere aus allen Teilen der Armee waren gekommen, um an diesem neuen Cursus teilzunehmen. Einige kannte Macer noch aus ihrer Zeit bei der LEGIO I, andere hatte er schon einmal in Rom getroffen, über wieder andere hatte er in Empfehlungsschreiben schon posivites gehört. Und natürlich hatten sie alle das Examen Primum bestanden und damit ihr Grundwissen unter Beweis gestellt.
"Meine Herren, es freut mich, Sie hier so zahlreich anzutreffen, um diesen Cursus über die Logistik der Armee zu absolvieren. Wie Sie wissen, ist es ein leichter Cursus, der mit dem Examen Secundum abschließt. Das heißt, sie werden am Ende eine schriftliche Prüfung mit 10 Fragen ablegen müssen, von denen 8 vollständig und korrekt zu beantworten sind. Wenn Sie der Vorlesung aufmerksam folgen und bei Unklarheiten ohne Scheu nachfragen, sollte das für Sie kein Problem sein. Aus Ihrer Praxis im täglichen Dienst sollten ihnen die Grundprobleme der Militärlogistik ja ohnehin geläufig sein.
Lassen Sie mich zu Beginn erläutern, warum man sich dennoch einmal systematisch mit diesem Thema befassen sollte: Für einen Zivilisten reicht es, sich im Haus einige Vorratskrüge aufzustellen und auf den Markt zu gehen, wenn er feststellt, das einer fast leer ist. Für eine Legion reicht das nicht! In einem Legionslager leben 6000 Menschen zusammen und wollen täglich Essen, Trinken und etwas zum Anziehen haben. Außerdem ist ein Legionslager eine strategische Stellung, die im Kriegsfall belagert werden könnte und daher Vorräte braucht. Also ist es dringend notwendig, den Bedarf an Nahrung und Material für eine Legion sorgfältig zu berechnen, die Bestände regelmäßig zu prüfen und rechtzeitig für Nachschub zu sorgen. Und natürlich kauft die Legion nicht beim Marktstand um die Ecke, sondern muss entsprechende Kontakte für die Beschaffung von großen Mengen Nachschub haben.
Aber auch sehr kleine Einheiten müssen über die Logistik nachdenken! Nehmen wir 8 Mann von den Auxiliares, die am Limes auf einem der vielen Wachtürme sitzen. Da ist kein Dorf in der Nähe, wo man sich mal eben was kaufen kann. Man kann auch nicht schnell zum Nachbarturm gehen, um sich dort etwas zu borgen, denn die haben auch nur knappe Vorräte. Also muss bei jedem Wechsel der Turmbesatzung auch der Lagerbestand aufgefüllt werden, um zu vermeiden, dass ständig irgendein Turm über Signale ins Lager melden muss, dass er Nachschub braucht und die dortigen Soldaten ausrücken müssen, um ihre Kameraden zu versorgen.
Und natürlich dürfen wir auch die Flotte nicht vergessen, die noch viel mehr auf ausreichende Lagerbestände achten muss. Wenn ein Schiff unterwegs ist, dann gibt es häufig gar keine Möglichkeit, sich zu versorgen. Es muss der nächste Hafen abgewartet werden und auch dort ist nicht unbedingt der benötigte Nachschub verfügbar. Hier ist es also besonders wichtig, vor Antritt der Fahrt alle nötigen Mengen beisammen zu haben.
Nun ist das nur der eine Teil der Logistik. Ein Soldat wohnt nicht nur in einem Lager, auf einem Turm oder auf einem Schiff, sondern er zieht auch in den Krieg. Und auch dort will er etwas essen. Als braucht auch ein Heer auf dem Marsch einen organisierten Nachschub. Im günstigsten Fall muss es unterwegs alles das verfügbar haben, was es auch im Standlager hat. Nein, eigentlich muss es sogar noch mehr haben, denn wenn ihm während einer Belagerung mangels Nachschub die Munition ausgeht, dann ist das ziemlich dumm!
Mit allen diesen Problemen werden wir uns in den folgenden Vorlesungen befassen. Zunächst betrachten wir die Nahrungsversorgung, dann die Selbstversorgung der Truppe mit Waffen und anderem Material. Dabei widmen wir uns auch jeweils der Lagerhaltung und den Transportmöglichkeiten. Anschließend gehen wir auf den Nachschub im Kriegsfall und auf die Bedeutung ziviler Händler in Friedenszeiten ein. Je nach verfügbarer Zeit und Ihren Interessen werde ich auf einige Details genauer eingehen oder weitere Punkte mit in unsere Betrachtungen einbeziehen.
Das soll dann für heute erstmal reichen. Für Ihre Fragen - egal ob organisatorischer oder bereits inhaltlicher Art - stehe ich gerne zur Verfügung."
Macer blickte lächelnd in die Runde und wartete auf Wortmeldungen.