Kaminzimmer

  • Venusia tat wie ihr geheißen und öffnete die Tür. Als Valentin mit der Frau hindurchgetreten war, ging sie schnell los und holte eine Schüssel mit kaltem Wasser und einigen Tüchern. Im Kaminzimmer angekommen, tauchte sie eines der Tücher in die Schüssel und wischte ihr damit vorsichtig das Gesicht ab.

  • Etwas kaltes berührte mein Gesicht. Ich machte die Augen auf und wusste
    zuerst nicht, wo ich mich befand. Eine angenehme Wärme umhüllte mich.
    Da sah ich wieder die junge Frau, die in ihrer Hand einen nassen Tuch hatte.
    Sofort kam die Erinnerung zurück. Immer noch benommen sah ich nun
    auch einen großen Mann hinter der Frau stehen, alle beide sahen mich mit
    viel Besorgnis an. Tränen stiegen mir in die Augen. Es war mir so peinlich
    hier liegen zu müssen, in diesem hilflosen Zustand...


    "Verzeiht mir bitte, wir waren fast über einen Monat unterwegs, von Britannia nach Mogontiacum..."


    In dem Moment, wo ich das sagte, fiel mir ein, dass meine Männer und Pferde
    immer noch da draußen stehen und auf mich warten, ungepflegt und
    hungrig. Ich versuchte aufzustehen, aber es gelang mir nicht...


    "diese ganze ermüdende und gefährliche Reise und die Nachricht, dass mein Gatte sich nicht mehr im Haus befindet....das alles war zuviel für mich, nun muss ich mich um meine Leute und meine Pferde kümmern. Wir ziehen dann weiter und suchen uns einen Gasthof auf. Habt Ihr vielen Dank für Eure Hilfe und Sorge und entschuldigt mich für die Unannehmlichkeiten..."


    Wieder mal versuchte ich aufzustehen, schaffte es aber nicht...:


    "Könnte ich bitte einen Becher Wasser bekommen?"

  • Bleib ruhig liegen. Wir kümmern uns um alles.
    Sie sah dann eben zu Valentin.
    Könntest du dich um die Männer kümmern bitte? Ich erkläre dir den Rest später.
    Dann sah sie wieder zu der Frau.
    Das Wasser bekommst du sofort und dann werde ich dir erklären was passiert ist.
    Ein kleines Lächeln versuchte Venusia der Frau zu schenken, stand dann auf und holte einen Becher mit Wasser. Diesen reichte sie ihr als sie wieder zurück kam.
    Als erstes möchte ich mich vorstellen. Ich bin Venusia oder auch Dagmar. Damians Schwester.
    Kurz schluckte sie, weil sie nun dieser Frau die traurige Nachricht überbringen musste, die ihr schon vor langer Zeit überbracht wurde.
    Er war kurze Zeit hier. Doch er hatte einen Unfall und starb...
    Sie sprach immer leiser werdend und konnte gut verstehen wie sich die Frau wohl fühlen würde....

  • Ein Nebelschleier umhüllte mich als ich diese Worte hörte. Mein Herz blieb für
    einen Moment stehen... Ein Unfall...was für einen Unfall, das alles ist nur
    ein böser Traum, ich bin einfach übermüdet und träume schlecht...Mein kleiner
    Damian, mein Geliebter... verlasse mich nicht, bitte...bitte...


    Langsam wendete ich mich zu seiner Schwester:


    "Dagmar, oh, liebe Dagmar, ich hätte es gleich wissen müssen, dass Du seine Schwester bist, er hat in der letzten Zeit, bevor er nach Germanien aufbrach nur noch über Dich gesprochen...",


    sagte ich unter Tränen, die mir ununterbrochen übers Gesicht liefen...

  • Auch Venusia liefen die Tränen. Er hatte ihr also von ihr erzählt. Sie spürte einen schmerzhaften Stich in ihrem Herzen und es tat ihr leid diese Frau so zu sehen. Sie muss ihn unwahrscheinlich geliebt haben. Wahrscheinlich genauso wie sie und man hatte ihn ihnen genommen. Er war nicht mehr da und für sie ein Schlag. Venusia nahm die für sie eigentlich völlig fremde Frau von der Damian nur einmal ihr gegenüber gesprochen hatte, in die arme um sie zu trösten. Venusia sollte Clara irgendwann einmal kenenlernen und nachdem Damian gestorben war glaubte sie daran nciht mehr und nun war sie doch gekommen. Sie wusste nicht was sie sagen sollte und schwieg daher, die Frau einfach nur in ihren Armen haltend und mit ihr wienend.

  • Es tat mir gut, dass Venusia mich in ihre Arme genommen hatte, ihre Wärme
    und Aufrichtigkeit beruhigten mich. Ich konnte immer noch nicht fassen,
    was ich da gehört habe, aber jetzt konnte ich wenigstens sprechen:


    "Liebe Schwester, was ist denn Damian passiert? Und wann?"

  • Kurz überlegte Venusia wie lange das schon her war und wie sie es erzählen sollte.
    Damian wollte ein Pferd reiten. Es war noch wild und ungestüm, kannte es nicht, dass noch jemand auf dem Rücken saß. Es muss wohl gestiegen sein...genau wissen wir es nicht. Jedenfalls ist er vom Pferd gefallen und wurde dabei sehr schwer verletzt...Das war im Januar.
    Venusia schluckte trocken. Irgendwie tat es ihr noch immer schrecklich weh darüber sprechen zu müssen.

  • Als ich das hörte, brach ich wieder in Tränen aus, ich habe mir genau das
    Bild vorgestellt, wie er da lag, schwer verletzt und seine Clara war weit weg...
    Seine Liebe zu den ungestümten Pferden wurde ihm nun zum Verhängnis.


    Nach einer Weile sagte ich:


    "Es ist alles so schrecklich, ich kann es immer noch nicht fassen... Genau vor einem Jahr brach er nach Germania auf, er hatte solche Sehnsucht nach Dir, nach Seinen, und wir wollten zusammen reisen, aber dann erkrankte mein Vater und ich musste bleiben. Damian sagte, wenn er nach einem Jahr nicht zurückkommt, ich soll ihm nachfolgen...Nun bin ich hier und jetzt ..."


    Ich konnte nicht mehr weiter sprechen, nur weinte leise .

  • Sie versuchte sie zu trösten, sie zu beruhigen. Doch konnte man jemanden trösten, der so voller Hoffnung hier ankam und nun dieser beraubt wurde.
    Ja, er liebte Pferde, wie jeder hier und er kannte sich aus, war immer vorsichtig....
    Venusia schwieg für einen Moment.
    Du kannst ganz sicher für die nächste Zeit hier wohnen und ich denke mir, dass es keine Probleme gibt, dass du so lange du es willst hier wohnen bleibst. Du gehörst zur Familie und Valentin wird nichts dagegen haben. Asge mir, wenn du dich zurückziehen möchtest. Wir werden dann ein Zimmer für dich herrichten lassen.

  • In meinen Gedanken versunken und vom Trauer und Müdigkeit überwältigt,
    merkte ich zuerst nicht, dass Venusia zu mir sprach. Dann vernahm ich ihre
    weiche, gefühlsvolle Stimme, ihre Worte und auf einmal war ich meiner
    Situation bewusst:


    "Liebe Venusia, Du bist sehr liebenswürdig, ich bedanke mich für Deine Worte und die Gastfreundlichkeit, dass Du mir nun anbietest, ich bin jetzt einfach nicht imstande nachzudenken, was ich in der nächste Zukunft tun werde..."


    "Wer ist Valentin? Dein Mann?" -


    fragte ich unsicher und erst jetzt wurde mir bewusst, dass ich hier in
    einem jämmerlichen Zustand da liege, verschmutzt und verstaubt.

  • Nein, Valentin ist nicht mein Mann. Er ist sozusagen der Herr im Haus. Vielleicht hat Damian von ihm erzählt. Es ist Sarolf, unser Cousin. sein römischer Name ist Valentin.
    Venusia sprach freundlich und hoffentlich auch ein wenig beruhigend. Zumindest versuchte sie es.
    Wenn es dir besser geht, werden wir dir ein Bad herrichten lassen damit du dich säubern kannst und es dir hilft dich ein wenig besser zu fühlen. Wenn du es wünscht lassen wir dich dort allein oder es wird dir jemand zur Seite stehen. Du kannst dir alle Zeit nehmen, die du brauchst. Ich werde hier bleiben so lang du es wünschst.

  • Venusias Stimme, so sanft und lieb beruhigte mich.


    "Ja, ich möchte gerne ein Bad nehmen, ich glaube, ich bleibe alleine,
    muss mich einfach entspannen, und nach einer Stunde kann dann jemand
    nach mich sehen und vielleicht auch helfen... Meine Sachen sind immer noch im
    Wagen, ich brauche ja frische Wäsche..."


    Ich schämte mich sehr , dass ich dieser lieben Familie, vor allem aber
    Dagmar nun zur Last liege:


    "Sarolf, sagst Du, ja jetzt erinnere ich mich, er heisst Valentin Germanicus,
    richtig?"

  • "Das ist richtig," kam es von der Tür aus, wo Valentin gerade den Raum wieder betrat. "Um Dein Gepäck wird sich gerade gekümmert." Er musterte die junge Frau und fragte sich, ob der Hinweis des einen Mannes korrekt war, dass sie eine Verwandte war. "Valentin Duccius Germanicus," stellte er sich vor und neigte sein Haupt, die rechte Hand locker vor der Brust haltend. "Und mit wem habe ich die Ehre und das Vergnügen?"

  • Als ich den großen Mann wieder sah und seine gebieterische Stimme hörte,
    bin ich fast wieder ohnmächtig geworden... Mit meiner letzten Kraft versuchte
    ich meine Würde wieder zu erlangen und sagte:


    "Sei gegrüßt, werter Valentin Germanicus, ich heisse Duccia Clara und bin
    Damians Ehefrau"


    Bei den Worten kamen mir wieder Tränen:


    "Ich war seine Frau..."

  • Nun war er schon etwas verdutzt. Eine Verwandte gut, aber Damian war verheiratet? Fragend sah er zu Venusia und wartete auf eine Bestätigung. Dann trat er etwas näher und neigte noch einmal sein Haupt. "In diesem Fall, Duccia Clara, sei Willkommen in der Casa Duccia und fühle Dich wie zu Hause. Ich bedauere Deinen Verlust und das Du die Nachricht wohl im Augenblick der Wiedersehensfreude hast entgegennehmen müssen, doch hoffe ich, das die Gastfreundlichkeit und die Wärme dieses Hauses Dir dennoch ein Gefühl der Geborgenheit geben werden."

  • Venusia nickte nur zustimmend als Val sie fragend ansah. Doch sie schwieg nun lieber und ließ sich die beiden kurz unterhalten. Es war schon alles schwer genug. Da reichte es wenn sie sich auf einen konzentrieren musste.

  • Langsam stand ich auf, verneigte mich auch.
    In meiner Gemütsbewegung konnte ich kein
    Wort finden, es war alles zu viel für mich....
    Doch dann hob ich meinen Kopf und sah in Valentins Augen, die so eine
    Güte und Ruhe ausstrahlten, dass ich mich wieder fassen konnte:


    "Habe vielen, vielen Dank, Valentin Duccius Germanicus für Dein Mitgefühl und Deine Gastfreundlichkeit. In Deinem Haus habe ich schon viel Wärme und Verständnis erlebt, seit ich gekommen bin..."


    Dabei sah ich dankbar Venusia an


    "und fühle mich schon jetzt hier geborgen... "


    sagte ich leise und fügte hinzu:


    "aber ich möchte Euch nicht zur Last fallen, nicht Euch auch noch mit meinem Trauer zu betrüben..."

  • Er trat noch etwas näher und schüttelte sanft den Kopf, lächelte und legte ihr seine Hände auf die Schultern. "Du bist die Gattin meines Cousins und somit ein Teil der Familie. Familie fällt einem nie zur Last, jedenfalls nicht in diesem Haus und nicht wenn es darum geht sie zu beherbergen," sagte er freundlich. "Sei hier stehst willkommen und Dir sicher ein Zimmer zu haben. Wenn es Dir recht ist, werde ich Venusia bitten Dir das Deinige zu zeigen und Dir bei Allem behilflich zu sein. Auch stehe ich Dir gerne mit Hilfe und Worten zur Seite, wenn Du dieser bedarfst." Sein Lächeln breitete sich aus. "So wie alle hier mit Sicherheit das tun werden."

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