Kaminzimmer

  • Der alte Petronier überlegte einen Moment - waren fünfzehn Sesterzen ein guter Preis? Oder musste er es weiter versuchen? Kurz sah er zu Lucius, der aber erstens trotz seiner Zahlenfuchserei sicherlich sowieso keine Ahnung von solchen Dingen hatte, zweitens offensichtlich gedanklich wieder ganz wo anders war. Schließlich zuckte er mit den Schultern.


    "Okay, mit fünfzehn Sesterzen kann ich mich anfreunden. Machen wir's so."


    Auf das Risiko hin, dass Privatus ihm Vorwürfe machte - aber momentan lief es finanziell ja sowieso ganz gut und eine gute Beziehung zu den Ducciern war ja auch etwas wert.

  • Witjon schlug augenblicklich ein. "Abgemacht", bekräftigte er die Einigung ebenfalls lächelnd. "Darauf trinken wir", ordnete er daraufhin an und gab Lanthilda einen Wink, die Becher erneut zu füllen. Dann hielt er Crispus' seinen Becher zum Anstoßen hin. "Auf profitable und langjährige Geschäfte unserer Societates."


    In der Zwischenzeit waren die leeren Teller abgeräumt worden und der Hauptgang wurde aufgetischt. Der bestand aus marinierten Grilltäubchen, die man genüsslich mit den Fingern auseinanderpflücken und abnagen konnte, sowie weichem Weißbrot. Dazu wurde ein Linsen-Lauch-Eintopf in Tonschüsseln gereicht. Witjon hieß seine Gäste sich zu bedienen und riss sich dann selbst einen Flügel von einem Täubchen ab, an dem er zu knabbern begann.


    "Nachdem wir also bereits geschäftlich so erfolgreich gequatert haben, genießen wir doch gut gelaunt die Freuden eines guten Mahles", schlug Witjon vor. Dabei wollte er jedoch nicht die Stimmung durch dröges Schweigen drücken, weshalb er weiter plauderte: "Und wie stehen die Dinge sonst im Hause Petronia?" Und bevor der Pontifex antworten konnte, fiel Witjon eine ergänzende Frage ein, die er auch sogleich nachschob: "Ach, wohnt eigentlich deine Nichte noch bei euch? Die, die bei den Ludi Florales mal dabei war?" Wenn er recht überlegte, war das tatsächlich das letzte Mal gewesen, dass er die junge Petronia - wie hieß sie noch gleich? - gesehen hatte. Marcus Petronius Crispus ging offenbar nicht so gerne mit der Verwandtschaft an die Öffentlichkeit. Schade eigentlich, wo die junge Frau doch so schön anzusehen war.

  • Sofort schlug Crispus ein und prostete dem Duccier zu - schon hatte er eine günstige Ausgangsposition gewonnen für das nächste Thema. Und als hätten die Parzen ihm einen kleinen Streich gespielt, sprach Marsus dieses auch direkt an.


    Während er sich etwas von dem Eintopf nahm, antwortete er deshalb sofort.


    "Oh ja, sie kümmert sich immer noch ein bisschen um meinen Haushalt."


    Das bedeutete natürlich, sie beaufsichtigte die Sklaven! Er nahm einen Löffel und blickte etwas nachdenklich drein.


    "Neulich hat sie den Haushalt sogar vergrößert. Stell' dir vor, ich komme nach Hause und plötzlich hat sie einen Leibdiener angeheuert - nicht einmal einen Sklaven! Wer ihn bezahlen durfte, ist ja wohl klar...


    Es wird wirklich Zeit, dass sie einen Ehemann findet, der ein bisschen ein schärferes Auge auf sie hat - ich werde ein bisschen zu weich auf meine alten Tage."


    Er nahm wieder einen Löffel und hoffte, dass er Octavena damit nicht als Verschwenderin dargestellt hatte...

  • Mit säuerlicher Miene erwartete Lucius seinen warmen Met, während die Alten bereits zu diskutieren begannen. Als sein Getränk dann endlich ankam, staunte er nicht schlecht - und zwar aus zwei Gründen: Zum einen, weil er keinen warmen Met hatte, wofür offensichtlich Callistus zuständig war, der ihm zuzwinkerte - ob das eine billige Anmache war, um sich bei ihm einzuschleimen? Der zweite Grund aber war, dass aufgewärmtes Bier widerlich schmeckte. Wie konnte so ein köstliches Gebräu durch so wenig Temperatur nur so verdorben werden?


    Aber er musste durch - und vielleicht half es ja wirklich gegen den Schnupfen. Also nahm er einen großen Schluck, bekämpfte einen angewiderten Gesichtsausdruck und sah zu, wie sein Vater sich über den Tisch ziehen ließ. Im Gegensatz zu diesem wusste Lucius nämlich, dass fünfzehn Sesterzen der staatlich festgesetzte Preis war, womit ein Vertrag eigentlich nur bedeutete, dass die Duccier Abnahmesicherheit hatten, während dieselbe Ware auf dem Markt sicherlich auch billiger zu haben war. Trotzdem wurde ihm auch klar, dass Feilschen eine ziemlich dämliche Einrichtung war - wie er wusste, hatten beide in der Regel ein Limit und bewegten sich von lächerlichen Preisen aus darauf zu - hier etwa von zehn zu siebzehn Sesterzen. Dann mussten beide Seiten irgendwelche Vorwände finden, warum ihr Preis gerechtfertigt war, aber trotzdem Entgegenkommen zeigen, sodass man am Ende - je nach Redegewandtheit der Seiten - in der Mitte zusammenkam. Dass nun aber das Erfinden von Vorwänden und das Schauspielern über den Ausgang entscheiden konnte, war völlig irrational...


    Zum Glück endete die Farce bald und sie kamen auf Plaudereien zu sprechen. Natürlich beteiligte Lucius sich nicht, aber was er hörte, genügte ihm schon - peinlich, wie der Alte Octavena da anpries wie ein Stück Vieh! Er hoffte nur, dass Marsus auch Interesse hatte, dann war er sie endlich los!

  • Das Täubchen war köstlich. Fett lief ihm über's Kinn in den Bart, was er sich mit dem Handrücken abwischte. Petronia Octavena, Witjon erinnerte sich. Erst war er etwas überrascht über das was der Pontifex da über einen Leibdiener erzählte. War es nicht üblich, dass Frauen sich Dienerinnen leisteten? Dann versicherte Crispus jedoch, dass Octavena ein anständiges Mädchen sei, was Witjon mit einem Achselzucken akzeptierte. Er widmete sich in der Zwischenzeit einer Schale Lauch-Linsen, die er mit Genuss auslöffelte.


    Und dann leitete der Veteran mit einem Schmunzler über den armen Diener das Gespräch auf die offensichtliche Ehegattensuche. War das nicht schon Thema bei den Ludi Florales gewesen? Offenbar war noch kein geeigneter Mann gefunden worden. Witjon sperrte die Lauscher auf. "Nun..." begann er vorsichtig. Er wollte nicht gleich zu deutliches Interesse zeigen. "Wenn du möchtest, kannst du sie ja einmal zur Cena herbringen. Dann könnte man sich ja einmal etwas besser vorstellen als das auf den Ludi Florales möglich war." Während er sich einen Schenkel von der Taube abriss, sah er sein Gegenüber erwartungsvoll an. Octavena war jung, schön. Und sie war eine Petronia. Da boten sich doch gewisse Möglichkeiten. Politisch wie auch geschäftlich.

  • Die Duccier feiert bereits seit vielen Jahren die Saturnalien nach römischem Ritus, auch wenn jedenfalls die älteren Bewohner der Casa noch immer skeptisch gegenüber den römischen Bräuchen waren oder nur halbherzig teilnahmen. Besonders Albin und Marga zählten zu dieser Fraktion, die lieber ihren vollen Elan in die germanischen Traditionen legten und deshalb diverse römische Feiertage manchmal gar nicht begingen. Was natürlich nicht hieß, dass sie sich nicht genauso aufopferungsvoll wie sonst an den Vorbereitungsarbeiten beteiligten, wenn auch mit gelegentlichem Murren und Meckern. Aber das waren die Söhne und Töchter Wolfriks ja von Albin sowieso gewöhnt und von Marga erwartete man geradezu, dass sie giftige Kommentare losließ, wenn ihr etwas nicht passte.


    Am ersten Tag der Saturnalienwoche jedenfalls hatte die komplette - momentan in Mogontiacum anwesende - Sippschaft das Balneum belagert und auch das Gesinde hatte lange und ausgiebig die Freuden des beheizten Beckens genießen dürfen, wie es die römische Tradition vorschrieb. Anschließend hatte Witjon das obligatorische Ferkel geopfert. Als Kompromiss war dies jedoch nicht am Hausaltar geschehen, sondern im Garten am moosbewachsenen Gebetsfelsen. Anschließend gab es ein opulentes Frühstücks-Mittagsessen, bei dessen Vorbereitung alle mithalfen. Sogar Witjon arbeitete ausnahmsweise in der Küche mit, wobei er sich nicht zuletzt Ärger mit Marga einhandelte, als er beinahe eine würzige Soße für die gebratenen Hähnchen hatte anbrennen lassen (das Mahl war wirklich recht opulent für duccische Verhältnisse, wo doch sonst häufig noch recht bäuerlich gekocht wurde).

  • Während in der Küche Köstlichkeiten bereitet wurden, stellten Leif und Thorgall die Möbel des Kaminzimmers um. Sämtliche Sessel wurden entfernt und statt dessen die Hocker und Stühle der Casa zusammengetragen sowie die Liegen, die sonst beim Empfang von römischen Gästen aufgestellt wurden. Im Kamin wurde ein ordentliches Feuer entfacht und Würzwein, Met und Bier wurden bereitgestellt. Jetzt war alles bereit für ein ordentliches Festmahl.


    Es waren alle beisammen, die der Sippe nahe standen beziehungsweise in der Casa oder der Hros arbeiteten und so täglich mit den Ducciern zu tun hatten. Albin und Marga, Hartwigs halbe Brut, namentlich Thorgall und Lanthilda und natürlich auch Leif und seine Frau Ida mit ihren Kindern. Pepino sprang ebenfalls zwischen den Feiernden umher. Sie hatten sich irgendwo im Kaminzimmer niedergelassen und unterhielten sich bereits fröhlich, als Witjon mit Audaod zusammen unter Margas strengen Blicken das Essen hereinbrachten.


    "Bona Saturnalia!" wünschte Witjon fröhlich und stellte eine Platte mit Hähnchenbollen und Flügeln auf den Tisch. "Lasst es euch so richtig schmecken." Er trug die Filzkappe und bediente traditionsgemäß sein Gesinde. Wenn diese auch keine Sklaven im römischen Sinne waren, so fühlte Witjon sich dennoch in der Pflicht, ihnen für ihre täglichen Dienste wenigstens gestenhaft etwas zurückzugeben. Als das Essen komplett aufgetischt war, erhoben sie alle die Becher und stießen miteinander an.
    "Auf eine fröhliche Woche! Und auf alle, die nicht bei uns sein können. Mögen die Götter über sie wachen!"

  • "Lass das!", fauchte Albin gereizt. "Ich ziehe diesen Mist nicht auf, Thorgall. Vergiss es!" Der Stallbursche versuchte schon den ganzen Tag lang, die römische Saturnalienfilzmütze auf Albins trotzigen Kopf zu ziehen. Der alte Hausverwalter der Casa Duccia wehrte sich bisher jedoch vehement und sehr erfolgreich gegen derlei Unternehmungen. "Geh' mir weg mit dem blöden Römerzeug! Das sieht doch lächerlich aus. Wenn ihr euch zum Gespött machen wollt, in Ordnung. Aber lasst mich damit in Ruhe..." Albin verzog sich schnell ans andere Ende des Tisches und machte es sich neben Marga bequem, wo sich beide dankbar vom Hausherrn und dessen Sohn bedienen ließen. Das musste man den Römern lassen: Die Saturnalia hatten etwas überaus angenehmes für die Sklavenschaft und Bediensteten an sich.
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    "Und Heil den Toten", verkündete Albin im Anschluss an die fröhlicheren Trinksprüche recht griesgrämig. Er fühlte sich plötzlich an alte Zeiten erinnert und an die vielen jungen Söhne und Töchter Wolfriks, die schon vor Audaod und noch viel früher vor Witjons Zeit in Mogontiacum ein viel zu frühes Ende im Römischen Reich und in grauer Vorzeit in der alten Heimat gefunden hatten.
    Von Marga erntete er jedenfalls einen kräftigen Ellenbogenstoß in die Rippen, so dass Albin sich ordentlich beim Trinken verschluckte. Der ebenso alte Hausdrache hatte nämlich relativ gute Laune und wollte die Stimmung nicht gleich versaut sehen. "Still. Heute feiern wir das Hier und Jetzt. Und die ganzen jungen, fidelen Leute im Haus. Du solltest dich glücklich schätzen, Mann."

  • Audaod trug einen Korb mit geschnitten Brot herein und tischte ihn neben dem Hähnchen auf, das sein Vater soeben servierte. Die Stimmung war bereits vor dem Essen ausgelassen und man sah den Versammelten bereits an, dass ihnen im Angesicht der dampfenden Speisen nun das Wasser im Munde zusammenlief. Audaod half die Becher zu füllen und tat so ebenso gerne seinen Dienst an denjenigen Bediensteten, die das ganze Jahr über die Casa am Laufen hielten und für ein reibungsloses Funktionieren des Haushalts und der Hros sorgten.


    "Io Saturnalia", wünschte schließlich auch Audaod, als er selbst einen Becher Bier in der Hand hielt und sein Vater mit allen anstoßen wollte. "Auf all jene in der Fremde", brachte er dann einen Prosit vor. "Alrik, Hadamar, Dagmar, Sönke..." Er überlegte kurz, wusste jedoch keinen weiteren zu nennen und trank nun einfach einen zönftigen Schlock.

  • Zitat

    Original von Numerius Duccius Marsus
    Und dann leitete der Veteran mit einem Schmunzler über den armen Diener das Gespräch auf die offensichtliche Ehegattensuche. War das nicht schon Thema bei den Ludi Florales gewesen? Offenbar war noch kein geeigneter Mann gefunden worden. Witjon sperrte die Lauscher auf. "Nun..." begann er vorsichtig. Er wollte nicht gleich zu deutliches Interesse zeigen. "Wenn du möchtest, kannst du sie ja einmal zur Cena herbringen. Dann könnte man sich ja einmal etwas besser vorstellen als das auf den Ludi Florales möglich war." Während er sich einen Schenkel von der Taube abriss, sah er sein Gegenüber erwartungsvoll an. Octavena war jung, schön. Und sie war eine Petronia. Da boten sich doch gewisse Möglichkeiten. Politisch wie auch geschäftlich.


    "Gute Idee - du wirst sie mögen!"


    gab Crispus zurück und tat sich ebenfalls am Geflügel gütlich. Wenn man es vernünftig betrachtete, gab es an seiner Nichte ja wirklich nichts auszusetzen - sie war hübsch, sie war nicht dumm und sie hatte im Allgemeinen ein gutes Händchen für den Haushalt.


    "Vielleicht brauch' ich bis dahin ja noch mehr von eurem Handelskonsortium!"


    fügte er dann noch an und nahm einen Schluck Honigwein - so langsam war es vielleicht doch Zeit für etwas Herberes...


  • "Wunderbar", kommentierte Witjon zunächst Crispus' Bereitschaft ihm seine Nicht einmal richtig vorzustellen. Noch besser wurde es daraufhin, als der Petronier erklärte, Octavena habe ihn - Witjon - nett gefunden. Das klang ja schonmal ganz verheißungsvoll. Falls eine Ehe zustande käme, wäre es zumindest keine rein politisch motivierte, in der man nur nebeneinander statt miteinander lebte. Aber dazu musste es ja erst einmal kommen. "Das klingt doch gut. Ich bin sicher, wir werden uns gut verstehen."


    Und während Audaod und Lucius sich nicht sonderlich gesprächig zeigten, unterhielten Witjon und Crispus sich noch einige Zeit über dies und das, plauderten über Tagespolitik oder Frauen im Allgemeinen und taten sich an den servierten Speisen gütlich. Als die Tauben und der Lauch-Linsen-Topf geleert waren, kamen nämlich zum Abschluss süße Honigteilchen mit Apel- und Nussstücken auf den Tisch. Zwar war es nicht immer einfach, Obst über den Winter hinweg zu konservieren, aber da lieferte der viele Schnee gute Möglichkeiten. Und obendrein hatten die Römer auch so manche Möglichkeit gefunden, indem sie häufigstens in Öl einzulegen pflegten. Witjon jedenfalls schmeckte das Gebäck sehr. So verging der Abend, in dessen Verlauf auch noch der ein oder andere Met getrunken wurde, bis die beiden Petronier sich schließlich verabschiedeten und den Heimweg antraten.


    Sim-Off:

    In Anbetracht eurer Abwesenheit bis April ziehe ich hier mal lieber einen Schlussstrich, bevor die Sache im Sande verläuft. ;)
    Rekonstruktions-Edit: Das könnten wir ja theoretisch hier noch weiter führen, aber wir haben ja bereits einen aktuelleren Thread offen. Ich denke, da machen wir dann einfach mal weiter.

  • Albin führte den soeben hereingebetenen Titus Matinius Pacatus, Magister Vici des Bezirks Navaliorum, in das Kaminzimmer, in dem an diesem regnerischen Tag bereits ein kleines Feuer knisterte. "Bittesehr, nimm Platz. Darf's etwas zu trinken sein? In der Küche steht bestimmt ein Topf Glühwein bereit, wenn ich mich jetzt nicht völlig irre."

  • "Hö hö", gluckste Albin vergnüglich. "Saugut, sagt er. Hö hö. Saugut." Der alte Mann schlurfte leise vor sich hin kichernd aus dem Raum. "Ein Schlückchen, kommt sofort. Ein saugutes. [size=7]Hö hö hö..."[/size]


    Nicht wesentlich später kam Lanthilda mit einem Becher ins Kaminzimmer geeilt und hielt Pacatus das dampfende Getränk vor die Nase. "Wohl bekomm's", wünschte sie wortkarg, aber mit einem höflichen Lächeln, und machte sich dann wieder auf den Weg in Richtung Küche. Es konnte ja nicht mehr lange dauern, bis der Hausherr da sein würde.

  • Witjon war an der Haustür sogleich von Albin empfangen und über seinen Besuch instruiert worden. Das war freilich kein Grund zur Hektik. Erstmal gab er seinen regennassen Umhang ab, zog seine matschigen Schuhe aus und suchte dann seine holde Frau auf, um ihr einen Kuss zu geben. Erst im Anschluss daran und obendrein mit einem Becher dampfenden Glühweins gesellte Witjon sich zum Matinier.


    "Guten Abend Magister Vici Matinius." Er reichte dem Mann die Hand zum Gruß. "Was führt dich zu dieser Stunde in mein bescheidenes Heim?"

  • Nach einem kleinen Weilchen erschien Duccius Marsus. In dem Halbdämmer, der dem verregneten September zu danken war, konnte Pacatus den Hausherrn gerade noch erkennen. Er erwiderte den Gruß.


    "Salve Duccius Marsus, ich muss Dir aber entschieden widersprechen, was Dein bescheidenes Haus angeht. Wenn ich mich so umsehe, kann ich mir kaum vorstellen, dass man es noch großzügiger haben könnte."


    Er suchte noch etwas nach den richtigen Worten, mit denen er sein Anliegen vorbringen konnte.


    "Nun, ich bin auf der Suche nach einem Patron und das ist es, was mich hier her geführt hat. Kurzum, ich möchte Dich bitten, mich als Klienten anzunehmen."

  • Der Hausherr konnte nicht umhin ein schmales Lächeln zu zeigen, als der Matinier die Qualität seiner Behausung lobte. "Na, diesen Widerspruch lasse ich dir ausnahmsweise einmal durchgehen", frotzelte er, so er sich dennoch eingestehen musste, sich etwas geschmeichelt zu fühlen.


    Und dann überrollte Pacatus ihn wie ein Lkw ein leichtsinniges Gürteltier auf dem Highway. "Holla, Matinius! Du fällst ja mit der Porta ins Haus, da zieht es mir die Calcei aus." Er lachte überrascht auf. Jetzt musste er erstmal kurz nachdenken, denn die Standardprozedur sah vor, dass er den Matinier zunächst nach dem gewissen Kosten-Nutzen-Faktor fragte.
    "Also...du suchst einen Patron. Der Vorteil des Patronats für dich ist offensichtlich. Aber was hätte denn in diesem Fall dein designierter Patron davon?"


    Er kratzte sich nochmal kurz am Kinn, bevor er eine Frage hinterherschob: "Wohin strebst du und womit muss ich rechnen, wenn ich dich zukünftig unterstütze?" Dass Witjon damit politische und/oder gesellschaftliche Pläne meinte, war eindeutig. Immerhin war Pacatus ja schon Magister Vici. Und wenn man einmal mit einer Laufbahn angefangen hatte, dann stand eigentlich fest, dass man nicht auf der ersten Leitersprosse verharren wollte. Für Witjon stellte sich nur eine Frage: Wie hoch wollte der Matinier hinaus?

  • Es war kaum zu übersehen, dass Marsus leicht aufgeschreckt war. Aber Pacatus hatte auf die Art schon mal die erste Hürde genommen. Aus dem Stand, sozusagen und ohne große Verrenkungen. Jetzt wurde das Terrain aber etwas holpriger. Pacatus versuchte, gewinnend zu lächeln.


    "Ich weiß, Duccius Marsus, ich hab Dir das Ding ohne Vorwarnung vor die Nase gesetzt. Ich bitte um Verzeihung, aber solcherart kommen die Bären ja bekanntlich schneller an den Honig. Was mich angeht, will ich bei der nächsten Wahl das Amt des Aedils anpeilen. In dem Geschäft kenn ich mich ja schon ein bißchen aus. Und von da aus gesehen befindet sich der Quaestor in greifbarer Nähe, sozusagen in Nachbars Garten. Und da oben ist die Luft zwar schon dünner, dafür ist aber die Sicht auf eventuell höhere Posten bei der Civitas oder der Provincia auch deutlich klarer, mein ich doch."


    Ach ja. da war ja noch was. Fast hätte er es vergessen.


    "Klar, dass ich Dich allgemein und Deine Vorhaben in der Curia in jeder Hinsicht unterstützen werde, solange ich da drin schalten und walten kann. Gilt natürlich auch für Weiteres, wenn ich dann woanders schalte und walte."

  • "Schon in Ordnung. Das klingt aber nach einer Menge guten Honigs, den du da im Blick hast", schmunzelte Witjon, als Pacatus seine politischen Pläne vor ihm ausgebreitet hatte. "Deine Unterstützung für mich wäre eine Selbstverständlichkeit."


    Aber auf die Karrierepläne des Matiniers wollte er nochmal näher eingehen. "Also, du möchtest Aedil werden. Das werden wir wohl hinbekommen. Wenn die duccische Werbetrommel einmal gerührt wird..." Er zwinkerte vielsagend. "Hast du für das Amt schon ein bestimmtes Projekt anvisiert? Wir hatten doch schon über ein, zwei Dinge gesprochen, wenn ich mich recht erinnere." Nachdenklich kratzte er sich am Kinn. Er hatte hier doch den Mann mit der Marktordnung vor sich. Da gab es doch sicherlich schon genaueres zu sagen.

  • Klar, dass der Duccier auf die Marktordnung hinauswollte. Das war ja auch das Naheliegendste in dieser Welt. In der Sache war sich Pacatus allerdings bewusst, dass Marsus bei der Ausgestaltung dieser Regelung sicherlich ein Wörtchen mitreden würde, würden wollte oder wie auch immer. Ein bißchen Lobbyismus konnte der Sache aber nicht unbedingt schaden, wenn sie als Ausgleich dadurch bei der Durchsetzung etwas mehr Stoßkraft bekäme.


    "Du weisst vielleicht, dass ich schon als Scriba vom damaligen Aedil den Auftrag bekommen habe, eine Marktordnung auszuarbeiten. Es ist aber doch sicher kein Verbrechen, wenn der Scriba sich nachher zum Aedil wählen lässt, um sie dann mit allem Drum und Dran zu realisieren, oder? Genau das habe ich vor. Ganz nebenbei hab ich ja noch die Sache mit der Uferstraße am Hals. Da muss zwar erst mal der Quaestor seinen Astralleib bewegen, aber da werde ich doch mindestens ein Auge drauf haben. Ach ja, und in irgendeiner Ecke haben wir ja auch noch die bröckelnden Mauern des Curia-Gebäudes. Aber das steck ich mir jetzt noch nicht an die Kappe."

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