Das Feldlager

  • Es war früh am Morgen, der Nebel lag noch über der verschlafenen Stadt, als aus dem Castellum der Legio IX Hispana die ersten Aufklärungsreiter nach draussen ritten und breitgefächert in die Landschaft ausschärmten.


    Etwa eine halbe Stunde später folgte eine kleine Vorhut, dann ein Trupp Pioniere, ehe sich letztendlich die ganze Legion auf der Strasse befand.


    Die Legio IX Hispana befand sich auf dem Weg.


    Meridius ritt unmittelbar an der Spitze der Hauptkolonne und ließ es sich nicht nehmen, den Zug von vorne anzuführen, auch wenn das ungewöhnlich war. Doch hatte er am heutigen Tage das Bedürfnis zu reiten und er wollte nicht den Staub der anderen Einheiten schlucken.


    Der Zug kam gut voran und stieß auf dem erste Abschnitt wie erwartet auf keine Schwierigkeiten.

  • Der erste Aufklärungstrupp kehrte zurück. Man war auf keinen Widerstand gestossen und hatte auch weit und breit keine Schwierigkeiten gesehen.


    "Legatus! Der Weg bis an Kreungspunkt Nord I scheint frei zu sein. Keine Anzeichen von gegnerischen Kräfte. Keine Feindberührung. Die Strasse ist frei und in tadellosem Zustand. In etwas einer Meile befand sich zwar eine Handelskarawane, doch haben wir sie von der Straße auf ein Feld gedrängt. Sie werden dort warten, bis wir vorbei sind. Decurio Sextus kontrolliert die Situation."


    Meridius nickte mit dem Kopf.


    "Sehr gut, Decurio!"


    Dann gab er seinem Pferd die Sporen und ritt die Kolonne nach hinten hin ab. Er wollte sehen, wie die Einheiten zurecht kamen und ob die hohe Geschwindigkeit die Soldaten nicht zu sehr ermüdete...

  • Mitten in der Kolonne marschierte die II. Centurie der VI. Cohorte. Centurio Marcus war ein erfahrener Soldat.


    "Wie kommt ihr voran?"


    "Sehr gut Legatus! Die Männer brennen darauf endlich zum Einsatz zu kommen!"


    Der Centurio blickte zu Meridius auf, der neben ihm auf dem Pferd ritt und sich mit ihm unterhielt.


    "Das will ich auch hoffen, Centurio! Wenn wir im Einsatzgebiet sind werden sie sicher genug Gelegenheit bekommen zu zeigen was sie drauf haben..."


    "Ja, Legatus! Wir haben auch lange genug trainiert."


    Meridius nickte mit dem Kopf.


    "Ihr werdet das schon machen, Männer, ich bin stolz auf euch."


    Die Soldaten grinsten. Die Miene des Centurios indess verfinsterte sich. Als Meridius wieder weiterritt, brüllte er sie an.


    "In der Formation bleiben! Ihr Memmen! Das hier ist kein Spaziergang! In der Formation bleiben! Und wenn nochmals einer grinst, dann hau ich ihm persönlich eine rein. Grinsen könnt ihr, wenn wir wieder auf dem Heimweg sind!"

  • Die Späher waren gut vorangekommen. Nun stand die kleine Turma auf einer Kreuzung, blickte nach links und nach rechts. Dann nach vorne und nach hinten.


    "Tiberius, wo geht es lang?"


    "Na dorthin!"


    Der angesprochene zeigte in die Richtung.


    "Bist Du sicher?"


    "Ganz sicher! Steht so im Plan!"


    Der andere überzeugte sich.


    "Stimmt!"


    Dann nach einer Pause:


    "Also Männer, dann legen wir mal wieder los!"


    Die Turma ritt weiter.

  • Centurio Marius war 45 Jahre alt, unverheiratet, wie alle Soldaten der Legion, da ihnen das Heiraten nicht erlaubt war, was ihn jedoch nicht hinderte mit einer 38 jährigen Ibererin zusammenzuleben, die bereits 5 Bälger von ihm in die Welt gesetzt hatte und soben das sechste erwartet. Als der Marschbefehl kam, packte Marius seine Sachen, gab ihr einen Klapps auf den Po mit dem Kommentar "ihn warmzuhalten", drückte seine Kinder und verschwand.


    Hier auf der Strasse Richtung Numantia gab er Kommandos und trieb seine Männer an. In seiner langen Karriere hatte er schon unter vielen Legaten gedient, doch war dies (nach einer langen Phase des Friedens) das erste mal, dass die Legio IX Hispana zu einem echten und ernsten Einsatz gegen einen größeren Gegner ausrücken musste.


    Dementsprechend waren die Männer gespannt und auch nervös, damit jedoch zu der positiven Anspannung keine negativen Gedanken hinzukamen, gab er sich alle Mühe seine Männer zu beschäftigen...

  • Nach einem anstrengenden Marsch lenkte Meridius am Abend sein Pferd vor sein Zelt, stieg ab und trat ein. Es war bereits alles vorbereitet und hergerichtet. In der Mitte der große Tisch mit den Karten, ein paar Stühle, Licht, mehrere Truhen und im Hintergrund sein Bett.


    Die Legion war in Celsa angekommen.


    Er legte die Rüstung ab und dachte nach. Die I. III. und IV. mussten jetzt bereits schon in Numantia sein, und sicher befand sich auch schon ein Meldereiter auf dem Weg hierher. Wie es wohl um die II. stand? Ob seine Cousins noch am Leben waren?


    Meridius war unsicher. Verdammt, hätte er mit diesem Auftrag nur nie die II. beauftragt. Was, wenn ihnen etwas passiert wäre? Er musste an Onkel Mercator denken, und wie er zu ihm sagte, dass alles in Ordnung war...

  • Das erste Trompetensignal ertönte über dem Lager der Legio IX Hispana zu Celsa. Die Zelte des Legaten und der Tribune, der Offiziere und Soldaten wurden abgebrochen und zusammengelegt. Als das Trompetensignal ein zweites mal ertönte packten die Männer sie auf die Maultiere.


    Es war ein emsiges Treiben vor der Stadt am Flusse Ebrum, und bis alle Lasten, alle Ausrüstungsgegenstände auf den Tieren und den Rücken der Legionäre verstaut waren, vergingen unzählige Minuten.


    Dann war jedoch alles soweit, und die Vorhut verließ das Lager. Auf die Zerstörung des selbigen hatte man indess verzichtet, man plante hier ein größeres Versorgungsdepot einzurichten.


    Mann um Mann folgte, Auxilliareinheiten und Reiter, ein kleiner Trupp an ausgewählten Legionären, welche die Spitze bildeten, die Pioniere mit den Werkzeugen zum Lagerbau, die Ausrüstung des Feldherrn, Meridius selbst mit seinem Stab und seiner persönlichen Leibwache, die Reiterei der Legion, die Maultiere mit den zusammengelegten Belagerungswaffen, dann die Truppe, die Länge der Kolonne erinnerte an längst vergangene Zeiten, an Zeiten, in denen ein Marius gegen ein Sulla stritt, an Zeiten in denen ein Caesar sich anschickte Gallien zu erobern, an Zeiten, in denen ein Augustus diese Region bis zum heutigen Tage befriedete.


    Und nun, nun war es wieder soweit. Langsam schlängelte sich die Legion auf der Strasse vorwärts, Meile um Meile frassen tausende Füsse sich in das Land hinein, Reiter schwärmten weit über die Felder und Wiesen, kein Wald blieb verschont, kein Versteck wurde nicht entdeckt, keine Furt übersehen. Die Bewohner der Region sahen mit misstrauischen Augen auf die Masse der Soldaten. Was würde auf alle zukommen? Welches Omen hatten die Götter gesprochen?


    Niemand wusste genau, was es zu bedeuten hatte, dass Legatus Maximus Decimus Meridius als Kommandeur der Legio IX Hispana an deren Spitze die selbige in Richtung Numantia führte. Niemand wusste was dort geschehen war. Und doch - die Zeiten des Friedens schienen nun auch für die letzten vorbei. Der Krieg nahm Gestalt an, der Krieg bekam einen Namen und ein Gesicht, und er war nicht mehr wegzudiskutieren. Unruhen? Ein Aufstand? Was bisher als regionale Angelegenheit galt, wurde mit dem Erscheinen der ganzen Legion zur Angelegenheit Roms.


    Und noch bevor die Sonne am Abend untergegangen war, erreichte die Legio IX Hispana Numantia.

  • Der Primus Pilus stapfte durch das Lager und brüllte wie am Spieß.


    "Milites! Venite!
    Milites! Venite!"


    Sein Kopf schwoll langsam rot an, und wer ihm in diesem Moment über den Weg lief hatte keine guten Karten.


    Der Legatus Legionis erreichte Numantia.


    Und immer noch standen die Männer nicht in ihrer Formation.
    Er war kurz vor dem Kolapps...

  • Balbus eilte aus seinem Zelt, zurrte sich noch schnell die Rüstung fest und ging dem Legaten entgegen. Unterdessen trommelte der Primus Pilus die Männer zusammen, damit sie Aufstellung beziehen würden. Balbus war aufgeregt, Meridius war zwar durch einen Meldereiter von den Ereignissen in Numantia in Kenntnis gesetzt worden, doch von dem Ausmaß musste sich jeder erst selbst ein Bild machen...


    Er selbst jedenfalls hatte sich sein erstes Kommando bisher anders vorgestellt, aber wem der Soldaten, die das Massaker überlebt hatten, ging das nicht ebenfalls so?


    Als Meridius vorritt, schlug Balbus mit der Faust ans Herz.


    "Salve, Legatus!"


    Er zwang sich, seine Nervosität nicht anmerken zu lassen.

  • Wir hatten uns in Reih und Glied versammelt, um den Legaten zu begrüssen.


    Die wenigen Männer der IIten, welche noch stehen und gehen konnten, standen ebenso dabei, wie alle anderen. Ein erbärmliches Häufchen und mitten drin ich, der ich gar nicht dabei gewesen war.


    Ich konnte meinen Kollegen noch immer nicht in die Augen sehen und viele hatten auch bisher nicht mit mir gesprochen. Nur Flavus stand treu zu mir, wie immer und sass nun auch an meiner Seite auf seinem Braunen.

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  • Meridius ritt in das Lager ein und nahm den direkten Weg zum Zelt des Kommandeurs. Der Tribun hatte bereits einige Abteilungen antreten lassen und wartete. Meridius hielt Caligula an und stieg ab.


    "Salve Tribun! Der Marsch hierher war anstrengend verlief aber ohne Probleme. Von Feinden weit und breit keine Spur. Von den hohen Verlusten wurde mir berichtet. Wie ist die Lage?"

  • "Legatus, hohe Verluste ist noch stark untertrieben. Von der II. und den mit ihr ausgeschickten Reitern haben gerade mal 80 Mann überlebt und von diesen wurde die Hälfte gekreuzigt. Die II. existiert nicht mehr..."


    Balbus schluckte bei diesen Worten.


    "Die Lage in Numantia ist der Situation entsprechend, aber ruhig. Es gibt ebenfalls keine Probleme, wenn man von den Schäden und Verlusten absieht. Ich habe allerdings aus Rücksicht den Vormarsch abgebrochen und mit der Verfolgung von Sertorius - dem Anführer der Feinde - noch nicht begonnen. Die Versorgung der Verwundeten und der Toten schien mir wichtiger..."

  • Crassus stand bei seiner Turma. Naja eher was von ihr noch übrig ist. Durch die Worte des Optios hatte er sichtlich neuen Mut und Kraft geschöpft, auch wenn Zweifel ihn immernoch plagten. Als Meridius vorbeiritt salutierte Crassus ihm zu, auch wenn er wusste, dass Meridius ihn nicht sehen würde.

  • Meridius nickte mit dem Kopf.


    "Es ist gut, Tribun. Die Männer sollen abtreten. Ich werde mir ersteinmal selbst ein Bild von der Lage machen und mit dem einen oder anderen sprechen. Die Männer sollen das Lager fertigstellen und sich dann ausruhen. Heute und morgen ziehen wir ersteinmal nicht weiter, sondern formieren unsere Truppen neu. Dann sollten wir zusehen, dass ersteinmal die Verbdinung nach hinten steht. Wenn das alles fertig ist und wir die Situation analysiert haben, werden wir Sertorius jagen, und wenn es sein muss, bis ans Ende der Welt."


    Meridius nickte mit dem Kopf und trat ins Zelt.


    "Centurio Livianus und Decurio Crassus sollen sich bei mir melden."

  • Der Primus Pilus trat nach vorne.


    "Milites!
    Movemini! Abite!"


    Dann winkte er Livianus und Crassus herbei.


    "Ihr zwei meldet euch beim Legaten!"

    Primus Pilus der Legio IX
    I. Centurio der I. Cohorte

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  • Wir sassen ab, gingen zu den Ställen. Die wenigen überlebenden Reiter der IIten liessen einige Boxen leer zwischen Flavus, mir und ihren eigenen Pferden.


    Ich kam mir vor, wie ein Geächteter.

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  • Voller Sorge hatte Sonor die jüngsten Nachrichten aus Numantia verfolgt... eine ganze Kohorte einfach ausradiert. Die wenigen gefangenen Römer waren auf bestialische Weise gekreuzigt worden. Viele von Sonors Kameraden, vielversprechende junge Rekruten, waren nicht mehr am Leben. Noch jetzt erinnerte er sich an den strahlenden Enthusiasmus in ihren Augen, als sie sich bei Celsa getrennt hatten. Nun lagen die gleichen Männer vor ihm im Staub, starrten ihn aus kalten weit aufgerissenen Augen an, als hätten sie den verhängsvollen Schlag kommen sehen. Längst waren sie in das Haus des Hades eingekehrt... bald würden sie ihren Kameraden folgen. Die Gerüchte hatten in den letzten Tagen deutlich zugenommen. Urplötzlich schienen sich die Tore zum Tartaros geöffnet zu haben um ihre Schrecken auf das Schlachtfeld zu spülen. Urplötzlich - wie von der Nacht ausgespuckt - waren die Iberer wie wilde Bestien über die in der Stadt Eingeschlossenen hergefallen. Zwar wagten die meisten Legionäre aus Angst vor den Centurionen nur leise zu sprechen, dennoch herrrschte nackte Angst. Sonor wusste, dass sein Bruder ein zäher Bursche war, dennoch konnte er sich nicht vorstellen, dass er dieses Gemetzel - anders konnte man es nicht nennen - überlebt haben sollte. Trotzdem hatte er die Hoffnung noch immer nicht aufgegeben. Schließlich hatte er sein Gesicht noch immer nicht unter den Toten entdeckt. Hatte sich ein Gott gnädig gezeigt und er war noch am Leben? Bei diesem Gedanken folgte sein Blick den aufsteigenden Funken, die nun aus dem glühen Holzstoß vor ihm stoben. Er schickte ein Gebet zu den Göttern empor. Wie würde es weitergehen?
    Nicht nur die Ehre der IX Legion war besudelt worden Seit langer Zeit schien der Pax Romana wieder gefährdet. Wie würde der Legat die angetane Schmach rächen? Denn gerächt werden musste sie, das wussten alle...

  • Meridius war gerade dabei, seine Rüstung abzulegen.


    "Ah, Livianus, Crassus! Tretet ein!"


    Dann, nachdem er sie abgelegt hatte und sich über einer Schale Wasser das Gesicht gewaschen hatte, trat er an den Kartentisch in der Mitte und beugte sich über die Karte.


    "Aus welcher Richtung ist Sertorius gekommen?"

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