Das Zelt des Legaten

  • Zitat

    Original von Maximus Decimus Meridius


    Dann erblickte er den Signifer Balbus, welcher an das Zelt trat.


    "Was gibt es?"


    Balbus salutierte und sagte dann: "Mein Legat, ich würde gerne über meinen neuen Posten reden. Bei allem Respekt, aber ich glaube, dass ich dafür ungeeignet bin und dass ich der Legion als Optio besser dienen kann."

  • Meridius blickte den Mann an.


    "Ungeeignet? Sehe ich nicht so. Doch wenn es Dein Wunsch ist, weiterhin Optio zu bleiben, werde ich das respektieren. Darf ich wissen, warum Du das so siehst?"

  • "Ich weiss nicht, wie ich der Legion dienen kann, nur indem ich das Feldzeichen trage. Ich bin niemand, der während des Kampfes danebenstehen kann. Ich würde mich vermutlich nicht zurückhalten können und mich in den Kampf stürzen wobei ich das Feldzeichen gefährden würde. Und das würde der Legion sicherlich nicht dienen.
    Ich habe den größten Respekt vor deiner Entscheidung, aber ich kann sie einfach nicht nachvollziehen und weiss auch nicht, wie du zu dieser Entscheidung kamst.
    Wenn du wünschst, dass ich diesen Posten bekleide, dann werde ich mich nicht dagegen wehren, aber ich würde liebder der kämpfenden Truppe angehören."

  • Meridius musterte den Soldaten, der vor ihm stand. Es war äusserst ungewöhnlich, dass es jemand ablehnte das Feldzeichen seiner Einheit zu tragen, war es doch der angesehenste Job eines Soldaten, doch Meridius respektierte die Meinung seiner Männer immer.


    "Gut, wie Du willst, Optio!"

  • Meridius nickte mit dem Kopf und wandte sich dann wieder zu seinem Zelt. Er wollte seinen Gast nicht länger warten lassen.


    "Du musst entschuldigen, doch die täglichen Geschäfte... Aus welchem Land kommst Du noch einmal und welchen Beruf hast Du dort ausgeübt?"


    Meridius setzte sich.

  • Ich lächelte höflich.


    "Ich komme aus dem Reich Han. Es liegt weit östlich von hier. wenn Ihr von Rom bis Tylus reist, und noch einmal die gleiche Strecke, dann erreicht Ihr unseren Verbündeten Siam. Durchquert Ihr sein Reich auf dem Landweg Richtung Nordosten, so erreicht Ihr die Grenze zu Han. Ich bin ein Fürst, verwandt mit dem Kaiser von Han. Beruflich hatte ich die Offizierslaufbahn eingeschlagen und bin bis zum General aufgestiegen. Mein letztes Kommando führte ich als kaiserlicher Feldherr. Ich war verantwortlich für etwa 20.000 Soldaten."

  • Meridius nickte mit dem Kopf.


    "Und der ganzen Weg nach Rom und Hispania erfolgte aus welchem Grund?"


    Er konnte sich nicht ganz vorstellen, warum jemand den ganzen Weg auf sich nehmen würde. Wegen Rom - ja, aber nicht wegen Hispania. Er bot seinem Gegenüber Wein und etwas zu essen an.

  • "Für mich bitte keinen Wein." sagte ich leise, bevor ich seine Frage beantwortete. "Eure Frage ist berechtigt. Lasst es mich so ausdrücken: Es gab einige Vorfälle, die mich dazu veranlasst haben, zunächst die Armee und dann auch das Reich Han zu verlassen. Ich brauchte eine Zeit lang Abstand von meinem alten Leben. Also bat ich den Kaiser darum, mir eine Reise in das Imperium Romanum zu gestatten. Ich wollte eigentlich nach Alexandria, aber da war Bürgerkrieg. Also bin ich nach Rom gereist, aber das war auch von den aufständischen Soldaten bedroht. Und ich halte Rom für nicht zu verteidigen. Also bin ich dann hierher gereist. Und hier ist auch Krieg. Es scheint mein Schicksal zu sein."

  • Meridius schmunzelte. Das Leben von Soldaten war in der ganzen bekannten und unbekannten Welt das selbe.


    "Du hast Rom erwähnt. Wieso meinst Du, dass es nicht zu halten sein soll?"


    Er stellte die Weinkanne überrascht wieder hin.

  • "Erstens kann Rom sich nicht selbst versorgen. Einer Belagerung kann es also nicht lange Stand halten. Zweitens sind die Gassen eng und die Gebäude teilweise in einem erbärmlichen Zustand. Wenn man Brandgeschosse auf die Stadt feuert, wird sie in einem Flammenmeer versinken. Und selbst wenn man keine Brandgeschosse verwendet, werden die Verluste unter der Bevölkerung sehr hoch sein, spätestens wenn im Steinhagel Panik ausbricht. Ich kenne mich in Rom nicht aus, und mir fallen schon drei Möglichkeiten ein, die Stadt zu erobern. Wie viele Möglichkeiten mehr fallen wohl einem Ortskundigen ein? Daher bin ich der Meinung, dass Rom nicht zu halten ist."

  • "Nun, die Gassen sind eng und manche Gebäude in der Tat anfällig. Ein Brand wäre verheerend. Doch Rom hat starke Mauern, die Praetorianer, die einer Legione mehr als gleichwertig sind, die Vigiles, die Cohortes Urbanae und die Legio I. So lange die Praetorianer sich dem Aufstand nicht anschließen, müssten die Aufständischen schon vorher die Verteidiger zu einer Feldschlacht zwingen und diese dann gewinnen."


    Meridius blickte ihn an.


    "Wie würdest Du Rom angreifen?"

  • Ich dachte nach.


    "Ich würde einen Teil meiner Streitkräfte mit allen Feldzeichen von Süden her über den Landweg marschieren lassen. Der Hauptteil würde dann später bei Ostia landen. Von dort aus würde ich bis kurz vor die Stadt marschieren und sie mit Feuerwerk beschiessen, bis sie brennt, während gleichzeitig einzelne Abteilungen die Aquädukte, die nach Rom führen, zerstören. Danach würde ich mich zurückziehen."


    Nachdenklich fügte ich hinzu "Kaiser Sheng würde wahrscheinlich einen besseren Weg finden."

  • Meridius nickte mit dem Kopf.


    "Dein Plan klingt weise. Ostia ist das Tor zu Rom. Ein kluger Gegner würde auf Ostia zumarschieren und diese Stadt mitsamt dem Hafen und den dort gelagerten Gütern einnehmen. Er hätte Proviant auf Monate und würde Rom aushungern. Die Stadt wäre gezwungen aufzugeben, oder aber ihre Truppen zum Entsatz von Ostia auf den Weg zu schicken. Der Angreifer würde folglich Rom zur Feldschlacht zwingen."


    Meridius lehnte sich erneut zurück.


    "Doch bedenke: Rom hat mehr als 20 Legionen! Die Aufständischen haben nur 2 Legionen. Sie wissen nicht, wieviele der anderen Legionen dem Kaiser treu ergeben sind. Sie müssen also folglich Rom direkt angreifen und es im Sturm nehmen. Ziehen sie sich nach Ostia zurück, kommt für Rom Verstärkung aus Germanien und von der Donau. Wenn der Kaiser dort nur 4 Legionen abzieht, hat er zusammen mit der I. und den Praetorianern ein Übergewicht von 3:1. So lange dürfte Rom auf alle Fälle aushalten.


    Teilt der Gegner dagegen seine Truppe, verliert er zuerst den Ausfall der Verteidiger vor Rom und anschließend Ostia. In diesem Falle wäre er besser nie aus Alexandria abgezogen.


    Was muss er also tun?"

  • "Man muss den Gegner zum Handeln zwingen. Der Gegner muss hilflos werden, ohne dass es zur Schlacht kommt. Ich frage mich ernstahft, warum die Aufständischen überhaupt nach Rom marschieren. Es wäre sinnvoller, die Getreideversorgung zu unterbrechen und scheinbar planlos Provinzen zu überfallen. Das würde dazu führen, dass die Bevölkerung dem Kaiser nicht mehr zutraut, sie zu schützen. Das wiederum führt zu weiteren Aufständen. Die Legionen werden gezwungen sein, entweder Italien zu halten und den Rest zu verlieren, oder sich aufzuteilen. Teilen sie sich auf, so kann man gefahrlos in Italien zuschlagen.
    Kurz gesagt, wenn der Gegner 10:1 überlegen ist, dann muss man ihn dazu zwingen, sich zu verteilen, so dass man nur noch einzelne Legionen bekämpfen muss."

  • Meridius nickte mit dem Kopf.


    "Auch das ist richtig. Doch hier kommt der Faktor der Moral. Die Truppen, welche meuterten, hatten vor langer Zeit dem Imperator die Treue geschworen! Auf die Götter! Nun ziehen sie nach Rom in der Hoffnung den Ursupator auf den Thron zu bringen. So lange diese Hoffnung besteht, werden sie ihm folgen.


    Doch wenn er sich in Kleinkriege in Provinzen verzettelt, wie lange werden ihm die Männer folgen? Sie werden eines Tages müde, schlagen ihm den Kopf ab und liefern diesen dem Kaiser aus. Denn sie sind Männer die Frauen und Kinder haben. Sie sind römische Bürger! Das darf man nie vergessen!"

  • "Wenn sie genug plündern können, werden sie zufrieden sein. So lange sie Aussicht auf Reichtum haben, werden sie ihm folgen. Der Rest liegt an seiner Ausstrahlung."

  • Meridius nickte erneut mit dem Kopf.


    "Du sprichst richtig. Doch das Plündern hält nicht lange an. Es mag ein halbes, vielleicht ein ganzes Jahr funktionieren. Aber wenn man ständig nur die Gebiete des eigenen Imperiums plündert, römische Städte niederbrennt und den eigenen Feldherrn auf Jahre hinaus nie auf den Imperatorenthron bekommt, wenn also keine Aussicht darauf besteht, jemals wieder Frieden und Sicherheit in der eigenen Heimat zu erlangen, dann lässt die Moral der Männer ab. Sie wissen, dass sie in Unterzahl sind, sie wissen, dass der ursprüngliche Plan gescheitert ist.


    Legionäre dienen zwar ihrem Feldherren, doch wenn der Erfolg ausbleibt, was dann? Rom ist eine größere Macht und die Glanzzeiten eines Caesar und Pompeius, eines Marius und Sulla sind längst vorbei! Was heute zählt ist das Geld, und wenn sich ein Ursupator noch so anstrengt, schafft er es nicht auf Anhieb an die Macht, wird er so viel plündern können, wie er will, seine Offiziere werden ihn verraten und ihren eigenen Untergang zu verhindern wissen..."


    Meridius schenkte sich erneut ein.


    "Doch verzeih, dass ich soviel erzähle. Vielmehr bin ich daran interessiert, welche Schlachten in Deinem Reich geschlagen werden..."

  • "Ich werde mich auf die wichtigsten Schlachten beschränken. Zunächst war da der Feldzug gegen die nördlichen Barbaren, genannt Hsiung-Nu. Sie waren eine ständige Bedrohung, bis wir sie besiegt hatten. Unsere einzige Möglichkeit bestand darin, in die Steppe der Barbaren einzudringen und ihnen ihre Schwäche vorzuführen. Das haben sie verstanden und sind abgezogen.
    Dann führte mein Cousin Sheng eine Division gegen Tibet. Die Tibeter hatten ein paar Grenzstädte angegriffen. Ich war zwar selbst nicht bei diesem Feldzug dabei, aber Sheng schaffte es, sie ohne Schlachten zu besiegen. Er hatte sie in eine Situation manövriert, in der sie vom Nachschub abgeschnitten im Gebirge waren, ihn aber nicht angreifen konnten, weil sie nicht wussten, wo er war.
    Danach kamen nur noch die Schlachten des Bürgerkriegs. Meinem Cousin Sheng wurde vom Kaiser befohlen, diesen abzusetzen, weil er zu schwach war, sich gegen den korrupten Hofstaat durchzusetzen. Er nahm den Befehl an und hatte innerhalb weniger Monate die Hauptstadt mitsamt dem Kaiserhof erobert. Der Kaiser dankte ab und Sheng wurde Kaiser. Als neuer Kaiser entließ Sheng alle hohen Beamten und bekämpfte die Korruption erfolgreich. Die einst mächtigen schworen Rache, weil sie ihrer Privilegien beraubt waren, und begannen einen Aufstand. Nachdem es ihnen aber nicht möglich war, den Kaiser zu besiegen, nahmen sie meine Familie als Geiseln. Ich war kaiserlicher Feldherr, und außerdem hatte der Kaiser meine Familie immer wie seine eigene betrachtet, weil er keine hatte. Sie verlangten, dass er abdankt, sonst würden sie meine Familie töten. Er ließ sich nicht erpressen, und sie machten ihre Drohung wahr. Darufhin ließ er die Familien der Anführer des Aufstandes töten. Anschließend gab er den Befehl, jeden Tag die Familien von 10 Aufständischen zu töten. Nach zwei Wochen war der aufstand niedergeschlagen."

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