- Officium XXV

  • Balbus kannte Corvus noch aus der gemeinsamen Zeit bei den Praetorianern, auch wenn das schon ein halbes Leben her war, und hatte ihn eigentlich immer als einen Mann erlebt, der Probleme lösen konnte. Und auch Iulianus musste dieser Meinung gewesen sein, sonst hätte er ihn sicherlich nicht zum Statthalter für eine der wichtigsten Provinzen des Reiches gemacht.
    Doch vielleicht hatte Corvus sich tatsächlich verändert und war weich geworden, etwas das auch höheren Männern mit dem Alter manchmal passierte.
    Balbus seufzte leise und dachte einen Moment über Macers Frage nach, bevor er antwortete: "Also ich bin da natürlich jetzt eigentlich nicht der richtige Ansprechpartner, weil für solche Sache ja eigentlich eher Antonius Hortalus zuständig ist, aber ich denke schon, dass es geeignete Kandidaten gäbe."
    Mit mehr Zeit würden ihm sicherlich auch ganz viele Einfallen, doch so auf die Schnelle konnte er nur wenige Namen aus dem Ärmel schütteln.
    "Caecilius Crassus wäre sicherlich gut geeignet und stünde vermutlich auch zur Verfügung, wenn der Kaiser ihn dazu auffordern würde. Oder Decimus Magnus. Ich glaube der weilt doch sowieso noch in Alexandria." Oder war der doch schon wieder wo anders?
    Seine Procuratoren-Kollegen in der Kanzlei, die zwar bezüglich der zivil-administrativen Seite her qualifiziert waren, schloss Balbus geschlossen aus, da sie seines Wissens nach nicht über die notwendige militärische Erfahrung verfügten, die für das Oberkommando über die aegyptischen Truppen notwendig war. Sich selbst würde er ebenso nicht nennen, sei es aus dem Glauben heraus nicht qualifiziert zu sein, oder aus reiner Bescheidenheit. Leider gingen ihm dann allerdings schon die Kandidaten aus.


    "Als Kommandant der Academia wirst du allerdings, zumindest was die militärische Eignung möglicher Kandidaten angeht, einen besseren Einblick haben."

  • Natürlich hatte Macer seine Frage nicht völlig ins Blaue hinein gestellt, sondern sich ebenfalls schon Gedanken gemacht. Wie er während der Aufzählung von Balbus feststellen konnte, würde er mit seinen Gedanken sogar zumindest nicht völlig geschlossene Türen einrennen. "Auch wenn es in Alexandria derzeit ein militärisches Problem zu geben scheint, sehe ich die militärischen Kompetenzen und damit meine Einblicke als Kommandeur der Academia nur als einen Aspekt unter mehreren an. Daher erscheint mit unter den von dir genannten Namen gleich der erste der beste zu sein, wenn du mir diese persönliche Meinung gestattest." Genaugenommen war Macer ja gekommen, um eben Caecilius Crassus ins Spiel zu bringen, aber jetzt konnte er es wunderbar so darstellen, dass er einen Vorschlag von Balbus zustimmte. "Als Praefectus Praetorio hat Caecilius Crassus zweifellos auch genug zivile Erfahrungen gesammelt, um dieser Aufgabe gerecht zu werden. Wer als militärischer Kommandeur in Rom besteht, sollte auch in Alexandria die nötige Ruhe und Übersicht bewahren können. Ob der Kaiser ihn dazu auffordert, wäre natürlich die andere Frage, immerhin fiel unter ihn seine Abberufung als Praetorianerpräfekt. Aber eine erneute Einsetzung in einem anderen hohen Posten ist damit nicht zwangsläufig ausgeschlossen, oder nicht?" erkundigte er sich, denn richtig einschätzen konnte er den Kaiser wirklich nicht.

  • Balbus nickte, als der Senator seiner Meinung stimmte. "Ich denke, dass Crassus mit der Situation auf jeden Fall fertig werden würde." Immerhin hatte er auch schon erlebt, wie der Caecilier mit Aufständen in Rom umging.
    "Was den Kaiser betrifft, so sind seine Entscheidungen leider nicht immer eindeutig vorherzusehen. Aber ich werde mit Antonius Hortalus reden und sehen, was er dazu sagt und dann werden wir dem Kaiser eine entsprechende Empfehlung übersenden."
    Er wusste durchaus um den Ärger, den der Antonier zwischenzeitlich mit der Berichtslage aus Alexandria hatte und mehr als nur einmal hatte er in den letzten Tagen darüber gemurrt.


    "Allerdings wird es eine Weile dauern, bis wir genau wissen, was der Kaiser darüber denkt und ob er überhaupt in Betracht zieht einen neuen Statthalter zu entsenden."

  • "Es läge mir fern, in dieser Angelegenheit auf übermäßige Eile zu drängen" wehrte Macer die vorsichtigen Andeutungen von Balbus ab. "Aber ich würde mich natürlich glücklich schätzen, über die weitere Entwicklung in dieser Angelegenheit auf dem Laufenden gehalten zu werden. Soll ich, sofern sich die Gelegenheit ergibt, einmal ganz vorsichtig bei Caecilius Crassus anfragen, ob er überhaupt für eine Berufung zur Verfügung steht? Ich weiß zwar nicht, ob ich in den nächsten Tagen Gelegenheit habe, ihn zu sprechen, aber falls du es für ratsam hältst, könnte ich dies anbieten."

  • Fast hätte er gesagt, dass selbst die größte Eile den kaiserlichen Beamtenapparat nicht dazu bringen konnten schneller zu arbeiten, aber das verkniff er sich.


    "Wenn du dies tun könntest, dann wäre das durchaus hilfreich." sagte er.

  • "Ich werde schauen, was sich machen lässt, kann aber nichts versprechen", antwortete Macer erfreut und gleichzeitig zurückhaltend. Einerseits war er froh, dass sein Vorschlag damit tatsächlich auf den Weg gebracht wurde, andererseits wollte er aber nicht zu viel versprechen, was er nachher nicht halten konnte und was den Vorschlag somit wieder ausgebremst hätte.


    Damit war dieser wichtigste Punkt von seiner Liste der Anliegen für ihn auch abgehakt, aber er wollte es Balbus als Gastgeber des Gesprächs überlassen, gegebenenfalls noch etwas hinzuzufügen oder zum nächsten Punkt zu kommen.

  • "Ich danke dir." sagte Balbus und machte sich bezüglich dieser ganzen Sache noch schnell eine Notiz, während er bereits weitersprach. "Sofern du zu diesem Thema nicht noch weiteres hast, denke ich bleibt nicht viel anderes übrig als es vorläufig abzuhaken und abzuwarten."

  • Der Praetorianer führte Livianus zielsicher zum Officium des Procurator a libellis.


    "Ich werde hier auf Dich warten. Wie schon gesagt, es ist nicht sicher, daß er im Moment in seinem Officium anwesend ist."










  • Zitat

    Original von Tiberius Prudentius Balbus
    "Ich danke dir." sagte Balbus und machte sich bezüglich dieser ganzen Sache noch schnell eine Notiz, während er bereits weitersprach. "Sofern du zu diesem Thema nicht noch weiteres hast, denke ich bleibt nicht viel anderes übrig als es vorläufig abzuhaken und abzuwarten."


    "Hoffen wir, dass wir nicht zu lange warten müssen oder sich die Lage in Alexandria in der Zwischenzeit dramatisch verändert", ergänzte Macer und hatte nichts weiter hinzuzufügen.


    "Das hätte nämlich möglicherweise auch Auswirkungen auf mein zweites Anliegen", leitete Macer nun zum nächsten Thema über. "In demselben Brief, indem Terentius Cyprianus mir über die Lage in der Stadt berichtete, legte er mir nämlich auch den Namen des Prudentius Scipio ans Herz, für dessen Ernennung zum Eques er sich stark macht. Gestatte mir daher die Frage, ob du den Mann kennst oder vielleicht sogar schon mehr über ihn weißt, als ich dir jemals berichten könnte." Er wollte die Zeit des Procurators schließlich nicht mit Dingen verschwenden, über die dieser schon längst informiert war.

  • Balbus stimmte Macers abschliessender Bemerkung zu Aegypten nickend zu und als das nächste Thema dran kam, konnte er ein kleines Grinsen nicht verkneifen.


    "Ich gehe mal davon aus, dass du dich auf Tiberius Prudentius Scipio beziehst." sagte er. "Dann muss ich diese Frage mit einem klaren ja beantworten, denn es handelt sich um meinen Vetter."
    Nicht unbedingt der liebste Vetter, aber die letzte Zeit hatte ihm ein leicht gewandeltes Bild des bisher immer sehr unnützen Verwandten gezeigt.


    "Meine persönliche Meinung zu meinem Verwandten sollten wir kurz aussen vor lassen, denn mich würde sehr interessieren, ob Terentius Cyprianus dir auch bestimmte Gründe genannt hat für diese Empfehlung."

  • Mit einer so engen Verwandtschaft hatte Macer wirklich nicht gerechnet, denn unter diesen Umständen wirkte der Weg über Terentius Cyprianus und ihn für eine Empfehlung doch etwas arg umständlich. "Terentius Cyprianus hält große Stücke auf ihn und seine Arbeit als Magister Officiorum. Vielleicht interpretiere ich zu viel in den Brief hinein, aber nachdem er sich nur einen Absatz vorher zweifelnd über die Kompetenzen des Statthalters auslässt, scheint dein Vetter dann wohl derjenige zu sein, der als Maigster Officiorum das Tagesgeschäft so weit es geht in geordneten Bahnen hält." Ganz so gewagt und deutlich hätte Macer diese Vermutung sicher nicht in der Öffentlichkeit vorgetragen, aber er ging einfach davon aus, dass die wörtlichen Inhalte des Gesprächs den Raum nicht verlassen würden.


    "So schlägt er also dessen Ernennung zum Eques vor, zumal er schon Mitglied des Ordo Equester ist. Sollte unsere Idee von eben tatsächliche eine baldige Umsetzung erfahren, wäre mit dem Wechsel des Statthalters sicher auch ein weiterer Personalwechsel im engsten Führungskreis denkbar und dies wiederum ein guter Anlass für eine solche Ernennung", führte er dann weiter aus und ergänzte die Empfehlung damit auch gleich um einen konkreten Vorschlag zu deren Umsetzung.

  • Das klang nun so ganz und gar nicht nach Scipio und dementsprechend wurde Balbus Gesichtsausdruck für einen kurzen Moment sehr ungläubig, doch er schaffte es recht schnell sich zu fangen.


    "Ich denke, es wird sich umsetzen lassen." sagte er dann, auch wenn er da zuvor noch ein paar mehr Informationen einholen wollte, denn so ohne weiteres würde er nicht einmal seinen Sohn für eine solche Standeserhebung vorschlagen, denn ein gewisses Maß an Leistung sollte für sowas durchaus Vorraussetzung sein.


    "Allerdings denke ich, dass es keine Probleme geben dürfte, wenn das, was Terentius Cyprianus schreibt der Wahrheit entspricht."

  • "Ich habe keinen Grund, an seiner Einschätzung zu zweifeln", betonte Macer noch einmal sein Vertrauen in seinen eigenen Klienten, denn außer diesem hatte er zu dem Thema auch nichts mehr beizutragen. Dass sich Balbus seinerseits noch einmal erkundigen wollte, hielt er daher auch nur für allzu natürlich.

  • Zitat

    Original von Ein Praetorianer
    Der Praetorianer führte Livianus zielsicher zum Officium des Procurator a libellis.


    "Ich werde hier auf Dich warten. Wie schon gesagt, es ist nicht sicher, daß er im Moment in seinem Officium anwesend ist."


    Livianus nickte dem Prätorianer zu um zu zeigen, dass er verstanden hatte und wandte sich dann der Türe zu, die direkt in das Officium des Procurator a libellis führte. Dankenswerter Weise hatte die Wache alle Vorzimmer und die darin arbeiteten Sekretäre umgangen und den Senator direkt hier her geführt. Eine Anmeldung oder Ankündigung war daher nicht erfolgt und so klopfte Livianus selbst an der schweren und reich verzierten Türe.

  • Der Notarius Orbinus war derjenige, der den Brief beim Procurator auf den Tisch legte, nachdem er geklopft hatte und eingetreten war. "Woider voin Toiberiois Doirois.", nuschelte er und ging wieder von dannen.


    Ad
    Pontifex Maximus
    Imperator Caesar Augustus
    C Ulpius Aelianus Valerianus
    Palatium Augusti, Roma



    M' Tiberius Durus Pontifex pro magistro Pontifici Maximo Imp Caesari Augusto C Ulpio Aeliano Valeriano s.p.d.


    wieder möchte ich Dir von den Geschehnissen innerhalb des Cultus Deorum berichten. Zuerst sollst Du von den Collegia in Rom erfahren:


    Unter den Pontifices kommt es in letzter Zeit zu starken Ausfällen: Manius Flavius Gracchus ist erkrankt und hat sich nach Achaia zur Genesung zurückgezogen, ebenso wird Marcus Aurelius Corvinus von einer Krankheit niedergestreckt. Während auch der Flamen Dialis weiterhin kränklich ist, hat der neue Rex Sacrorum seine Arbeit gut und gewissenhaft begonnen.


    Unter den Augures ist es zu einer personellen Veränderung gekommen: Nach dem Tode des Abronius Penula hat das Collegium mir Manius Aurelius Orestes, einen jungen Mann aus senatorischem Hause gewählt. Diese Wahl habe ich in Deinem Namen bestätigt, da er mir als geeignet erschien, dieses Amt zu bekleiden. Er ist bereits gut in sein Amt eingearbeitet und nimmt Aufgaben im Namen des Collegiums wahr.


    Insgesamt konnte dafür gesorgt werden, dass die Feiertage im gewohnten Lauf abgehalten wurden. Dennoch muss ich darauf hinweisen, dass dem Volk offensichtlich das Interesse an den Festtagen der Götter abhanden kommt. Nur noch wenige erscheinen zu den Feiern und selbst Speise-Spenden vermögen es nicht hervorzulocken. Möglicherweise würde es sich empfehlen, wenn Du als oberster Priester und Vorbild wieder einer Feierlichkeit beiwohnst, beispielsweise den Quinquatrus Minusculae diesen Jahres, die wieder etwas aufwändiger gestaltet werden sollen, um die Arbeit der Tibicines zu würdigen.


    Im übrigen scheint der Cultus der römischen Götter in Germania wieder aufzuleben, bei den übrigen Provinzen haben sich keine Neuigkeiten ergeben.



    Mögen die Götter mit Dir sein,
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  • Zitat

    Original von Spurius Purgitius Macer


    Balbus machte sich dann auch zu diesem Thema eine kurze Notiz.
    "Dann steht hier noch, dass du eine Beschwerde über die Palastwache angemeldet hast." sagte er, nach einem Blick auf die Tabula.

  • Zwar befasste sich der Brief mit Heeressachen, doch da der Brief an Balbus adressiert war, brachte Orbinus ihn halt in dessen Officium. Mit einem "Grumpf.", legte er ihn auf den Tisch des Procurators.



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    An die Kaiserliche Kanzlei

    Procurator a libellis Tiberius Prudentius Balbus
    ~~~~~
    Roma

    ~~~~~
    Palatium Augusti
    ____________________________________________



    Verehrter Prudentius Balbus,



    ich schreibe, um einen privaten Wunsch an den Kaiser auszurichten, was mein senatorisches Tribunat in der Legio II Germanica Fidelis Constans anbelangt. Im Rahmen meiner Amtszeit als Tribunus Laticlavius in dieser Truppe habe ich die Umstände kennenlernen dürfen, welche das Leben im Militärstab bietet.


    Gerade jetzt, in meiner besten Phase, möchte ich doch ausnutzen, was mir zuteil wurde und weiter an meinem militärischen Wissen feilen, um das Militär näher, tiefer einzustudieren. Ich kann das jedoch nur tun, wenn der Kaiser in seiner Weisheit meine Amtszeit verlängert, so dass ich, anstatt eine eilige Rückreise nach Rom anzutreten, eine weitere Amtszeit in dieser Truppe verweilen darf. Ich möchte herzlich darum bitten, dies dem weisen Urteil meines Kaisers offenzulegen und diesen über meinen Vorschlag nachdenken zu lassen.


    Egal, wie die Entscheidung ausfällt: Ich erwarte Antwort.


    Mögen die Götter Dich und den Kaiser behüten, Prudentius.



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  • Zitat

    Original von Tiberius Prudentius Balbus


    Und aus dem Inneren kam darauf auch eine Antwort. "Herein!"


    Livianus hatte anscheinend Glück. Aus dem Inneren des Raumes war ein eindeutiges Herein zu hören. Der Procurator schien also anwesend zu sein. Der Senator nickte dem Prätorianer noch einmal zu um zu sehen ob dieser die Aufforderung einzutreten auch mitbekommen hatte, dann betrat er das Officium.


    "Salve Procurator! Ich hoffe du verzeihst, dass ich unangemeldet hereinplatze."

  • Zitat

    Original von Tiberius Prudentius Balbus
    Balbus machte sich dann auch zu diesem Thema eine kurze Notiz.
    "Dann steht hier noch, dass du eine Beschwerde über die Palastwache angemeldet hast." sagte er, nach einem Blick auf die Tabula.


    "So ist es", bestätigte Macer und räusperte sich, bevor er die Beschwerde vortrug. "Ich hatte ursprünglich einen meiner Sklaven geschickt, um meinen Gesprächswunsch persönlich bei dir oder einem deiner Mitarbeiter vorzutragen und einen Termin zu vereinbaren. Ihm wurde der Einlass verweigert. Ferner äußerte sich die Wache ihm gegenüber abfällig darüber, dass ich einen Sklaven geschickt hatte, der nicht das Formular ausfüllen konnte. Ich verbitte mir sowohl solche Kommentare als auch eine solche Behandlung meiner Boten. Meinem Hausverwalter ging es kaum besser, als ich ihn die Tafel mit meinem Antrag abliefern ließ."

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