Beiträge von Manius Flavius Gracchus

    Ganz unbewusst beugte sich Gracchus zur Seite hin ohne den Blick von der Bühne zu nehmen, kam seiner Gattin nahe, wie sonst kaum und vernahm das leise Wispern ihrer Worte, welche mit feinem Hauch über sein Ohr strichen. Noch immer sah er sich in keinster Weise selbst vom Geschehen auf der Bühne tangiert, insbesondere nicht von jener Art der Ausdrucksweise, welche der Protagonist des Falivus Castus präsentierte, denn solcherlei Ausdruck schien ihm keinesfalls besonders exzeptionell, immerhin bediente er sich tagtäglich selbst dessen, so dass es nichts anderes war denn Normalität. Zudem, niemals hätte Gracchus sich ob eines Klecks auf seiner Kleidung derart echauffiert, natürlich legte er Wert auf ein adäquates, gepflegtes Äußeres, doch war ein frischer Makel auf dem Stoff, so änderte es ohnehin nicht das Geringste sich über dererlei zu empören, denn dies war, als würde man beklagen, dass Wasser nass war. Zu guter letzt, obgleich Gracchus durchaus bisweilen versicherte, so hätte er dem Gastgeber augenscheinlich bereits von Anfang die Gleichung assekuriert, doch mochte dies nur eine Spitzfindigkeit sein.
    "Delektabel, geradezu exhaustiv delektabel"
    raunte er seiner Gemahlin zurück.

    Variationen in Blau hatten den Himmel überzogen, von Aqua über Clematis und Heidelbeer bis hin zu Türkis zog er sich über die Stadt, während unten zwischen dem grünfarbenen Gras die Blüten der den Garten bevölkernden Blumen in den Tag hinein leuchteten, in Maisgelb, Kardinalrot und Flieder, maronefarben bis Lavendel. Erhaben war der Tag, entzückend die Welt und exzeptionell, so dass nichts Gracchus' Gemüt konnte tangieren, welches vor Wonne beinahe sich selbst verzehrte, sich einverleiben wollte die Existenz an sich und in fortwährendem Euphemismus erbebte.
    "Herr?" Nicht einmal die fahle, leere Stimme des Sklaven konnte die Euphorie durchschneiden.
    "Was ist, Sciurus? Siehst du nicht, dass der Tag mich gefangen hält?"
    Nichts sah der Sklave, nur dass sein Herr im Garten stand, verklärt in den Himmel starrte, welcher in immer gleicher Art jeden Tag über der Welt hing, dass er in unfassbarer Langsamkeit und Langatmigkeit nur sich bewegte, dass er beinah den Anschein erweckte, als hätte er sich zu viel des Weines bereits zu dieser Stunde einverleibt, von dessen Gegenteil der Sklave jedoch nicht nur überzeugt war, sondern auch darum wusste. "Ein Brief, Herr, ich fürchte, dies ist wichtig."
    "Nichtig."
    "Herr?"
    "Manches Mal bist du ein wahrhaft sekkantes Scheusal, weißt du dies? Gib schon her."
    Nicht unwirsch, denn eher von Amüsement über den Sklaven ergriffen, langte Gracchus nach dem Brief des Caecilius. Zeile um Zeile hangelte sich sein Blick an den Worten entlang, seine Braue stieg sukzessive in die Höhe, bis dass es schien, sie wolle sein Antlitz verlassen. Bedächtig hob er den Brief seinem Sklaven hin.
    "Was, bitte, soll ich hiervon halten? Möchtest du es mir erklären, dich erklären womöglich?"
    Keine Spur von Befangenheit zierte den Sklaven, kein Hader zeigte sich in Sciurus' Konterfei, noch immer sprach er tonlos. "Es handelt sich um ein deplorables Missgeschick, Herr, ein Versehen des Boten."
    "De-plo-ra-bles Miss-ge-schik?"
    Gracchus zog die Worte in die Länge, dass sie beinahe sich zersetzten.
    "Wage es nicht, dieses Wort in deinen Mund zu nehmen! Und präzisiere deine Ausführung!"
    Allmählich schob sich die Echauffage über Gracchus' Gemüt, zierte sein Angesicht deutlich.
    "Nun, Herr, der Bote hatte zwei Abgeltungen zu tätigen, jene bei Caecilius und eine über eine Bestellung deiner Gattin, von wesentlich geringerem Ausmaß. Er überstellte den Brief zur Casa Caecilia, gab dort jedoch die falsche Summe ab, dessen er wiederum erst am Markt gewahr wurde."
    Knirschend schabten Gracchus' Kiefer übereinander, seine Nasenflügel erbebten zitternd, seine Augen verengten sich zu schmalen Schlitzen, ohne die Zähne voneinander zu lösen presste er seine Frage hervor.
    "Wie viel?"
    Endlich zeigte die Stimme des Sklaven eine Regung, leise flüsternd sprach er die Summe aus.
    "Dius Fidus!"
    brach es laut aus Gracchus heraus.
    "Bei Aequitas und Abundandtia, seid ihr des Wahnsinns!?"
    Seine Hände ballten sich zu Fäusten, während er indigniert mit Worten rang, welche seine Gravitas versuchte verzweifelt in sich zurück zu drängen, auf dass sie nicht das Licht der Welt mochten erblicken und an keines Wesens Ohr mochten dringen.
    "Welch beschämende Kompromittierung für dieses Haus! An das Kreuz, an das Kreuz mit ihm! Und du"
    , drohend, und ob dessen gleichsam ein wenig fehl am Platze in Gracchus' sonst eher gütigen Miene, blickte jener zu Sciurus hin.
    "Wirst persönlich dafür Sorge tragen, dass die Summe zu Caecilius Crassus gelangt, persönlich! Dieser ... dieser eitle Parvenü soll an jeder einzelnen Münze ersticken!"
    Ein wenig erschrocken über seine eigenen Worte hielt Gracchus inne und blickte zur Seite, da es ihm schien, dort eine Bewegung vernommen zu haben.
    "Dies war nicht ernsthaft gesprochen"
    , erklärte er sich dem säuselnden Wind, den raschelnden Blättern, dem lauen Luftzug durch den Hortus, als würde dort eine Person stehen, welche soeben war herbei getreten, um seinen Wunsch zu erfüllen. Ein eisiger Hauch zog über Gracchus' Nacken, es schüttelte ihn, sodann wandte er den Blick, nun bereits ein wenig mehr besonnen, wieder dem Sklaven zu.
    "Nicht das Kreuz, es wäre Verschwendung. Wirf ihn in den Keller, womöglich werde ich baldig einig Material für eine Löwung benötigen. Geh."
    Mit einem feinen Nicken drehte sich Sciurus um, um den Garten zu verlassen. Bevor er jedoch Gracchus' Sichtbereich hatte verlassen, setzte dieser noch einmal an.
    "Und Sciurus, nimm nie wieder, niemals wieder meine Worte in den Mund, hast du verstanden?"
    Wieder war nur ein Nicken zu sehen, das leise "Ja, Herr." vernahm Gracchus nicht. Er starrte in den Himmel, empört, nicht über die Dreistigkeit des Parvenü, dessen Chuzpe ihn kaum tangierte, da sie zu gering, zu marginal war, um an seiner Euthymie zu kratzen, doch ob der Impertinenz des Sklaven, nicht des unfähigen Boten, sondern seines Leibsklaven, welcher es gewagt hatte, sein Wort auf solch liederliche Weise zu gebrauchen, sein Wort, ob dessen Nutzung als Allgemeingut er ohnehin bereits empört war. Die Welt versank in Eitelkeit.
    "Ach, Vanitas Vanitatum!
    Wer von uns ist auf dieser Welt ganz glücklich?
    Wem werden alle Wünsche erfüllt?
    Und wenn sie uns erfüllt werden,
    sind wir dann wohl zufrieden?"
    *



    Sim-Off:

    *William Makepeace Thackeray

    Manchen Menschen war die Eigenart gegeben, immer dann etwas zu sagen, wenn ihnen nichts gravierend erschien, so dass vorwiegend nur Nebensächlichkeiten ihrem Munde echappierten, welche jedoch in einer Penetranz ihre Umgebung drangsalierten, die ihres gleichen suchte. Iulius Castus war von eben diesem Menschenschlag, und während manch anderer Sodalis kein Wort innerhalb einer gesamten Sitzung sprach, so musste dieser dies immer wieder von neuem betonen.
    "Es sind Sandalen nach archaischem Muster, Iulius, was erwartest du?"
    erinnerte ihn Gracchus gelassen an die Altehrwürdigkeit nicht nur der Rituale, sondern gleichsam der Ausstattung, war jedoch dennoch darum bemüht, eine pragmatische Lösung für dies unerhörte Problem zu bieten.
    "Obgleich es eine festliche Ausnahme sollte sein, sie an deinen Füßen zu tragen, so solltest du sie durchaus vor dem Festtag etwas einlaufen, für gewöhnlich reicht dies bereits aus, um den Komfort während der Tänze zu steigern. Andernfalls hilft ein längeres Einweichen in Urin, um das Leder geschmeidiger zu machen."
    Mehrmals hatte Gracchus' Vater ihm dies standhaft versichert, so dass er kaum Zweifel daran hegte, da jener sicherlich einige Soldatenschuhe in seinem Leben hatte getragen. Indes hatte er sich niemals von der Richtigkeit selbst überzeugt, denn obgleich er durchaus Wert auf das Behagen seiner Füße legte, so hatten ihm niemals jegliche Schuhe Probleme ob dessen bereitet.
    "Bei deinen zarten Füßchen nützt außerdem auch ein anderer Schuhmacher nichts, solange er die Sandalen nicht aus Seide formt. Du solltest deine Beine nicht immer nur hochlegen, Castus, oder öfter mal zum Abhärten in den Fischteich hängen."
    Pikiert rümpfte Iulius Casus seine Nase.
    "Es war nur ein Vorschlag! Wenn außer mir niemand Wert auf hochwertiges Material legt, so mag es dabei bleiben."
    Ein verhaltenes Lachen war von Cornelius zu vernehmen, auf beinah allen Gesichtern zeigte sich Amüsement ob der vehementen Sorge des Iulius um seine Füße. Natürlich spürten sie alle am Abend nach einem Festzug den Weg, welchen sie hatten zurück gelegt, doch war dies unumstößlicher Teil der Riten, so dass kaum jemand sich daran störte.

    Nicht weit war die Distanz, durch welche sie getrennt waren, doch gleichsam schien Gracchus der Spalt zwischen den Klinen wie eine unendlich tiefe Schlucht, eine deletäre Kluft, welche durch nichts zu überbrücken war, doch selbst dies konnte seine Euphorie nicht trüben, denn Caius war nah, sein Anblick bot sich präsentabel und mehr als der Anblick war ohnehin nicht geblieben, seitdem sie hatten feststellen müssen, dass selbst die physische Vertrautheit sich verbot, wenn nicht im Unheil ihr Ende sie wollten finden. Erstaunt lauschte er den veritablen Worten seines Vetters bezüglich des Omen und nickte hernach mit süffisantem Lächeln.
    "Die Welt ist eine beständig, temporär indifferente Wiederholung der sie durchdringenden Prinzipien und offenbart uns tagtäglich wie es war, was ist und wie es sein wird. Einzig wir verstehen selten, was uns so deutlich vor Augen scheint. Es ist gut, Mamarce unserem Vetter nahe zu wissen, und auch Duellona glaube ich fest an seiner Seite, denn wie könnte sie sich seinem Mut und seinem Streben verwehren, der er doch aus tiefster Überzeugung allem zum Trotz seiner Hundertschaft voran schreitet? Manches mal glaube ich, Marcus ist sich nicht einmal dessen bewusst, welche Fäden um ihn herum sein Leben spinnen, unbeeindruckt prescht er voran, kappt dabei Leinen und durchtrennt das Garn ohne dies überhaupt zu bemerken, doch anderentags wiederum zweifle ich daran, denn dann scheint er mir mit einem Male so berechnend, als wäre alle offenherzige Direktheit nur Spiel, als wäre jeder Schritt, jeder Schnitt penibel bemessen."
    In längst vergangenen Tagen hatte es eine Zeit gegeben, da Aristides Gracchus' Vorbild gewesen war, ein älterer Vetter, an welchem es sich zu orientieren galt, während er selbst noch mit Caius gemeinsam versucht hatte herauszufinden, wer, was und wie sie waren. Obgleich Aristides vordergründig noch nie dem Bilde eines tadellos vorbildlichen Patriziers hatte entsprochen, so war es doch die Leichtigkeit, mit welcher er das Leben nahm, seinem Stande gerecht wurde und sich dabei dennoch nicht selbst verlor, welche Gracchus seit jeher hatte beeindruckt, welcher er jedoch im Gegensatz zu Aquilius niemals selbst hatte habhaft werden können.
    "Natürlich ist der Krieg hart, Marcus selbst ist ein wenig angeschlagen, doch es geht ihm gut. Über den genauen Fortlauf konnte er wenig berichten, dürfen doch keine Details die Legionslager verlassen. Vorwiegend war es ihm Bedürfnis, uns mitzuteilen, dass er entgegen der offiziellen Meldung sich wohl befindet, und sich nach dem Befinden der Familie zu erkundigen."
    Es drang Gracchus in die Sinne, dass er selbst die Antwort darauf noch schuldig war, denn bisweilen hatte er die unliebsamen Zeilen aufgeschoben, da noch immer er nicht wusste, was in Hinsicht auf Arrecina er deren Vater berichten solle. Agrippina hatte angewiesen, dass nichts diesbezüglich Aristides zu melden sei, doch er konnte kaum diesem die Antworten auf seine Fragen verweigern, so er ohnehin schon um das desolate Ereignis aus anderer Quelle wusste.
    "Wie ist die Arbeit dir im Tempel? Dieser Tage ist sicherlich vor allem das Haus des Mars gut besucht. Hast du noch immer Discipuli zu unterrichten?"
    Indes traf der Wein ein, nicht Sciurus selbst schenkte ihn ein natürlich, doch er schritt dem Sklaven voran, welcher Gläser und Kanne trug und gesellte sich hernach zu den Schatten der Säulen.

    "Das wird sie, sicherlich. So sehen wir uns denn bei der nächsten Versammlung."
    Rund und herbstlich warm hatte sich die Sonne über die Stadt empor erhoben, tauchte das geschäftige Rom in hellen Schein.
    "Ich wünsche dir noch einen angenehmen Tag, Tiberius, gleichsam glaube ich denn kaum, dass er dies nicht sein und werden könnte."
    Berauscht. Dies war es, und es hielt ihn fest in seinen Fängen. Beschwingt. Beflügelt. Als hätte der Kreis der Musen sich geschlossen, als hätte denn eine andere den leeren, verlassenen Platz eingenommen, und vielleicht war dies tatsächlich so geschehen, hatte jene fremde, vertraute und gleichsam so inspirierende Muse die Ödnis gefüllt. Aus den tiefsten Schluchten hinaus hatte es ihn empor geschleudert, hinauf in die luftigsten Höhen, ohne dass er sich des Weges dazwischen konnte entsinnen, ohne dass je ein Weg dazwischen hatte gelegen. Wäre der Mensch geschaffen, sein Gemüt nach Außen hin zu leuchten, die Sonnenscheibe am Firmament hätte Gracchus in den Schatten gestellt auf seinem Weg zurück nach Hause.

    Salve Flavius,
    die Aufnahme ist bewilligt, gleichsam möchte ich dir jedoch nahe legen, deinen Einstieg in Rom zu nehmen, da dort sich die meisten Flavia tummeln und eine Eingliederung in die Familienverhältnisse dort am einfachsten sein wird. Anschließend steht dir natürlich frei, wohin deine Wege dich führen werden. Sofern du noch Fragen hast, kannst du dich gerne auch per PN an mich wenden.


    Die Verwandtschaftsverhältnisse sind noch nicht gänzlich fixiert, ich werde diese hier Kund tun, sobald sich die Familie darüber einig ist.

    Vom Opfer her waren Antonia und Gracchus gerade noch recht eingetroffen, um nicht den Anfang des Stückes zu säumen, und einen Platz mit guter Sicht zu finden, kurz bevor das Theater seinen Lauf nahm. Obgleich die Szenerie und das Gebaren Gracchus vage vertraut erschien, er bisweilen bereits in seinen Sinnen nach dem Autor des Stückes forschte, da er glaubte, ob der leichten Reminiszenz dessen gewahr sein zu müssen, schien es gleichsam befremdlich wie für eine Darbietung üblich und doch überaus lebensnah. Hatte womöglich Aurelius einen Dichter in sein Haus aufgenommen und mit diesem einen äußerst glücklichen Griff getan? Doch noch war das Stück nicht weit fortgeschritten, so dass die Zeit für ein Urteil über die Güte des Verfassers längst nicht angebrochen war. Etwaige Ähnlichkeiten der Namen der Protagonisten zu anwesenden Gästen fielen Gracchus nicht weiter auf, für solcherlei hatte er wahrhaft keinen Sinn - was bedeuteten zudem Namen in einem Theaterstück? - und auch nicht für die etwaige Parodie seiner Person, denn hinsichtlich dieser war er schon immer ein wenig schwer von Begriff - zum einen deswegen, da kaum er sich in der Aufmerksamkeit sah, welche für eine Parodisierung vonnöten gewesen wäre, weiters aus dem Grunde, da er stets nur das Beste in seinem Gegenüber sah oder sehen wollte - und eine Neckerei, Persiflage, selbst Lüge oder Unterwanderung seiner Autorität musste man ihm bisweilen auf recht brachiale Art und Weise unter die Nase halten, dass er überhaupt nur auf die Idee einer solchen Möglichkeit kam - ein Vorrecht, welches vorwiegend nur seine Vettern Aquilius und Aristides genossen, welche manches mal ob seiner Beschränktheit in dieser Angelegenheit durchaus ein dringendes Bedürfnis zu Brachialitäten überkam. Doch weit entfernt von solcherlei Gedanken goutierte Gracchus an diesem Abend die szenische Darbietung, denn Gelegenheiten dieser Art waren es, welche das einzig perfekte Eheleben an der Seite seiner Gattin ermöglichten, und durch die äußeren Umstände aus der tiefen Tristesse über die familiären Todesfälle der letzten Wochen erhoben, war es ihm durchaus wieder ein Anliegen, auch seinem Eheleben mehr als nur den Hauch eines Anscheines einzuflüstern. Doch viel fesselnder als auch diese Gedankenströme präsentierte sich das Stück vorn auf der Bühne in seinem weiteren Verlauf, so dass auch Antonia baldig wieder vergessen war, sein gänzliches Augenmerk den Mimen galt, während unbemerkt sich seine Unterlippe leicht zwischen die Zähne zog ob der dargebotenen Spannung, den gar hinreißenden Problematiken, welche wie aus dem Alltag eines jeden Römers gegriffen zu sein schienen, den lebensnahen Dialogen, welche gänzlich ihn in ihren Bann zogen, und er delektierte sich an dem gar ergötzlichen Schauspiel, was sich bisweilen auch an einem leichten Schmunzeln um seine Lippen präsentierte.

    Zitat

    Original von Marcus Aurelius Corvinus


    Mit einer lockeren Handbewegung wischte Gracchus die zurückliegenden Bedenken des Gastgebers bei Seite.
    "Aber nicht doch, Aurelius, was könnte an diesem Abend agreabler sein, denn den Göttern ihre Güte zu Danken in solch illustrer Gesellschaft? Es waren die Pflichten und Aufgaben, die mit einem Male so zahlreich sich präsentieren, welche diese Verzögerung bedingten."
    Den Glückwunsch nahm Gracchus mit einem dankenden Nicken entgegen. Er war der Hoffnung erlegen gewesen, diese Nachricht hätte sich womöglich noch nicht allzu weit verbreitet, so dass sich die Aufmerksamkeit darauf würde in Grenzen halten, doch mit des Corvinus' Worten schwand ein wenig dieser Hoffnung, obgleich sie nicht gänzlich erlosch, denn obgleich die Ehre überaus groß war, so war die Ehrbezeugung Gracchus doch seit jeher unangenehm. Antonia* indes nahm das Kompliment mit einem perfekten Lächeln auf und erwiderte die Begrüßung des Aureliers in formvollendeter Manier, sodann wandte auch sie ihren Blick zu den kleinen Amphoren.
    "Keinesfalls wollen wir uns den Genuss der szenischen Darbietung entgehen lassen, doch den Göttern gebührt natürlich unser Augenmerk zuvor. Antonia"
    , forderte Gracchus seine Gattin und gleitete sie von Corvinus geleitet zum Altar. Da er nicht wusste, ob in den Amphoren neuer und alter Wein gemischt war, und er ohnehin bereits am Vormittag jenes Opfer hatte getätigt, so zog er eine neutrale Formulierung der Gabe vor.
    "Iove, höchster und größter, Meditrina, hochgelobte, wie es Euch gebührt an diesem Eurem Tage, zu Euren Ehren dieser Wein, auf dass Ihr Eure Gunst schenken möget an diesem Eurem Tage, den Wein aller Tage wie dies Euch gebührt."
    Als würden sie in tadelloser Perfektion harmonieren, brachten Antonia und Gracchus das Opfer gemeinsam den Göttern dar, ganz so, als wäre die gemeinsame Tat alltäglich, welche doch tatsächlich einen äußerst seltenen Anblick bot. Im Anschluss daran ließen sie sich noch eben den Weg durch Aurelius weisen, begaben sich zum Ort der angekündigten schauspielerischen Darbietung und ließen dem Gastgeber Gelegenheit, sich weiter um die Gästeschar zu bemühen.



    Sim-Off:

    *Da Antonia derzeit ein wenig unpässlich ist, werde ich sie in ihrem Einverständnis ein wenig mit ziehen, so dass wir baldig zum Theater schreiten können.

    Zitat

    Original von Lucius Aurelius Commodus...
    Er nahm einen Schluck vom Wein und wendete sich seinem Nachbarn zu. „Flavius Gracchus, richtig? Gehst Du gerne Jagen?“ Wollte Commodus wissen um vielleicht einen Gesprächspartner sein eigen zu nennen.


    Obgleich für Gracchus das Themengebiet der Diskussion durchaus von Interesse war, so wagte er kaum, ein Wort dazu beizutragen, da einerseits er bisweilen das Gefühl hatte, dass Vorfahren sobald sie zu diesen zählten zu verklärten Halbgöttern wurden erhoben, gleich, wie tugendhaft sie letztlich tatsächlich hatten ihr Leben bestritten, dies jedoch kaum eine Ansicht war, welche er derzeit öffentlich zu bestreiten gedachte, gleichsam dies womöglich nur geprägt war durch seine eigene Herkunft und damit ohnehin nicht allgemein gültig, andererseits ihm doch bisweilen noch immer die Ehe- und Kinderlosigkeit eines Großteils des Senates als deutlichster Bruch gegen die mos maiorum ins Auge stach, welche sicherlich nicht geringe Auswirkungen langfristig würde nach sich ziehen, doch über welche er weiter in Hinblick auf den Gastgeber aus Höflichkeit gedachte zu schweigen, so dass ihm die Nennung seines Namens von der Seite her eben beinahe recht kam, ebenso wie zudem es wäre unhöflich gewesen, dies zu ignorieren.
    "Ganz recht, Senator Aurelius"
    , wandte er sich Aurelius Commodus zu, dessen Name während der Begrüßung zwar gefallen war, mit welchem Gracchus jedoch konnte nicht das Geringste verbinden, außer eben den nomen gentile mit der passenden Gens, was es jedoch kaum als besondere Leistung hervor zu heben galt.
    "Vor meiner Zeit in Rom ging ich des Öfteren mit meinem Vetter in Achaia zur Jagd und dies fand durchaus meine Pläsier, doch hier in der Hauptstadt finde ich kaum noch Gelegenheit, dem nachzukommen. Es ist dies bisweilen ein wenig deplorabel, da die Wälder um Athen etwas licht und dort vorwiegend nur Cervidae und Federwild zu finden sind, so dass der Reiz des römischen Schwarzwildes mir noch immer nachhängt. Sind dir die Jagdgründe um Rom bekannt?"

    Zitat

    Original von Marcus Aelius Callidus
    Callidus erkannte die Überraschung auf des Flaviers Gesicht und war sich der Freude über einen solchen Moment im Leben eines Mannes im Klaren.


    > Sei dir gewiss, Senator Gracchus, ich werde dem Augustus deine Danksagung übermitteln. Dass auch in Zukunft dein ganzer Ehrgeiz Rom dienen wird, davon ist er überzeugt, und dafür gab er dir den Sitz im Senat. Möge dein Handeln Rom zu einer noch lebenswerteren Stadt machen, möge es auch den fernen Gebieten von Nutzen sein. <


    "Ich danke dir, Aelius"
    , wiederholte sich Gracchus noch einmal, nicht nur von Freude überwältigt, sondern gleichsam auch Dankbarkeit.
    "So ist denn alles mit diesem Schreiben getan?"

    So standen sie denn, die beiden frisch in ihr Amt erhobenen Pontifices auf der höchsten Kuppe des kapitolinischen Berges, von welcher man einen berauschenden Blick auf die Ostseite des Tempels der capitolinischen Trias konnte erhaschen und nicht zuletzt auf die prächtigen Tempel und Staatsgebäude auf den Foren der Stadt zu ihren Füßen. Einige Glückwünsche erreichten sie, einige freundliche Worte wurden gewechselt, dann zogen sich die altgedienten Priester bereits zurück. Gracchus verspürte, wie sukzessive die Contenance ihn zu verlassen drohte, wie die selige Euphorie sich ihren Weg in Freiheit wollte erzwingen, wie sich endlos sentimentale Gedanken über Beginn und Weg sich in seine Sinne stahlen. Es drängte ihn in die sicheren Mauern der Villa Flavia zurück, dorthin, wo all dies sich in Ruhe würde einverleiben lassen, dennoch wandte er sich zuvor Tiberius Durus zu.
    "Meinen Glückwunsch, Tiberius."
    Obgleich dies nicht eben viel war, so wusste Gracchus in diesem Moment doch nicht mehr zu sagen, waren ihm die sonstig so gefälligen Worte wie aus den Sinnen geblasen ob all der noch immer unfassbaren Ungeheuerlichkeit des Geschehens.

    An der Seite seiner Gemahlin - vielleicht auch sie an seiner Seite - durchquerte Gracchus das Vestibulum der Villa Aurelia zum Atrium, kam nicht umhin, sein Auge prüfend über das Interieur schweifen zu lassen, nicht etwa um Vergleich mit der heimischen Behausung zu wagen - ohnehin würde keine Formgebung je mit der durch Leontia geschaffenen Atmosphäre in Konkurrenz treten können - sondern einzig um der ästhetischen Harmonie habhaft zu werden, in welchen die Räumlichkeiten sich präsentierten. Verständlicherweise dominierte die Thematik der Meditrinalia jegliches Flair, doch was dahinter zu erkennen oder zu erahnen war, ließ durchaus auf guten Geschmack schließen. Dennoch zogen alsbald die anwesenden Gäste Gracchus' gänzliche Aufmerksamkeit auf sich, einige Senatoren hatten sich eingefunden, viele Patrizier insgesamt, eine durchaus veritable Gästeschar, unter anderem entdeckte er auch seinen Vetter Aquilius, welcher kaum anders zu erwarten bereits von holder Weiblichkeit war umringt. Vor dem Opfer an die Götter noch war es Pflicht, den Gastgeber zu grüßen und ihm Dank zu sagen, so dass Gracchus seine Suche auf Aurelius Corvinus fokussierte, welchen er nicht allzu lange zuvor auf dem Convivium des Tiberius hatte kennen gelernt, so dass jener recht bald gefunden war und favorablerweise eben aus einem Gespräch mit einer jungen Dame heraus getreten zu sein schien, so dass Gracchus seine Gemahlin auf ihn hin zu führte.
    "Salve, Aurelius. Welch überaus agreable Gästeschar und welch gefälliges Ambiente, um der Götter Güte zu Fetieren. Unser Dank indes mag zuerst einmal dir gelten ob der generösen Einladung. Darf ich dir meine werte Gattin vorstellen, Claudia Antonia. Antonia, dies ist der Vigintivir Aurelius Corvinus, Decemvir litibus iucandis um genau zu sein."

    Zitat

    Original von Leone et Claudia Antonia


    Fest pressten sich Gracchus' Kiefer aufeinander, einzig seine leichte Euphorie, welche sich seit den vergangenen Tagen ihren Weg in sein Gemüt hatte gebahnt, verhinderte, dass er selbst den kleinen Sklaven in die ihm angeborenen Schranken verwies. Ein Nicken indes genügte, dass sein Leibsklave Sciurus drohend sich zu dem Wicht hinabbeugte und unmissverständlich ihm ins Ohr flüsterte, dass er seine Zunge besser würde im Zaum halten, da ihm kaum das Recht zustand an Pünktlichkeit patrizischer Gäste Kritik zu üben, andernfalls würde Sciurus selbst dafür Sorge tragen, dass gleich des fremden Haushaltes er seine freche Zunge würde einbüßen. Als würde ihn dies alles nicht in geringster Weise tangieren, marschierte Gracchus, seine Gattin neben sich am Arm durch die Pforte hindurch, nun wieder ein feines Lächeln um seine Lippen, den Schritt trotz der wuchtigen Toga als würde er auf Wolken wandeln.

    Leise knisternd tauchten die flackernden Flammen in den aufgestellten Feuerkörben das Peristyl in ein tanzendes, orangefarbenes Licht, welches zart über eine kleine Klinengruppe strich, ihr die harten Konturen nahm und weiche Schatten auf den Boden warf. Der mauvefarbene Himmel über der Villa Flavia war durchzogen von gräulich schimmernden Wolkenschlieren, welche der sanfte Abendwind allmählich zerfranste. Bereits auf dem Weg in das Peristyl hin waren Aquilius und Gracchus dessen Sklaven Sciurus über den Weg gelaufen, welcher sich anschickte, die Abendruhe seines Herrn vorzubereiten, doch kurzerhand nun wurde geschickt, den besten Wein aus den Vorräten im Keller der Villa Flavia hinauf zu holen und im Peristyl zu kredenzen. Noch hatte die Ausgelassenheit Gracchus nicht in solchem Maße eingeholt, dass er es würde wagen, neben seinem Vetter auf der Kline Platz zu nehmen, so dass sie sich auf zwei nebeneinander stehende Bänke nieder ließen, um eine Kaskade an freudigen Ereignissen zu Fetieren.

    "Aristides!"
    griff sogleich Gracchus das Wort seines Freundes auf, unfähig dies länger in sich zu halten. Er packte Aquilius erneut bei den Schultern und ein übermäßig erfreutes Glänzen trat in seine Augen, zudem ein euphorisches Lächeln seine Lippen kräuselte.
    "Er lebt! Er lebt, Caius! Einen Brief hat er gesandt aus Parthia, ob der Meldung in der Acta Diurna besorgt - und zu Recht. Doch er lebt, ein wenig angeschlagen ob der Kämpfe, doch befindet er sich wohl und nichts wird ihn abhalten können, letzten Endes nach Rom zurück zu kehren. Oh, Caius, ist das nicht eine gar wundervolle Nachricht nach all dieser Tristesse, nicht erbaulicher hätte die schönste, wohl formulierteste und umschweifigste Schrift der Welt mir scheinen können, denn Marcus' Worte, von üblicher Direktheit und Simplizität geprägt, auf dem fahlen Pergament."
    Keine Nachricht der letzten Tage, kein Ereignis hatte ihn mehr in Entzücken versetzen können, als jene Worte aus dem fernen Parthia. Was war ein Sitz im Senat, was war ein Platz im Collegium Pontificium noch wert, wenn in der Ferne sein Vetter nicht wie befürchtet, wie längst geglaubt dem Tode Anheim gefallen war?
    "Darauf möchte ich mit dir anstoßen, Caius, eine Amphore leeren, zwei und mehr, bis ich das Glas nicht mehr halten kann und dass mich mein Kopf in Tagen noch daran erinnert, dass nichts so wertvoll ist, wie das Leben selbst, dass jeder Tag ein Stück denjenigen gehören mag, welche im Leben bedeutsam sind, denn allzu leicht werden diese daraus entrissen. Keine Arbeit, keine Pflicht könnte dem Gespräch, der Zeit mit dir voran stehen, Caius, niemals. Niemals wieder."
    Als wären sie zwei Vettern, welche nichts weiter waren denn Vettern, legte Gracchus Aquilius einen Arm um die Schulter und führte ihn mit sich zum Peristyl der Villa hin.



    /Link eingefügt

    Vergebens war die Hoffnung, Aquilius würde ihn denn einfach ziehen lassen, doch vermutlich war dies der Preis, dass jener sich überhaupt hatte aufstellen lassen, was doch eher gegen sein sonstiges Naturell schien. Reihum hoben sich die Becher, hier und da von einem Wort begleitet, welches Gracchus in beinah beschämter Weise über sich ergehen ließ, hatte er doch nichts weiter getan, denn seine Pflicht erfüllt. Den Becher, welcher mittlerweile in seine Hand hatte gefunden, ließ er dabei gesenkt, denn nichts lag ihm daran, sich selbst zu beweihräuchern. Endlich denn verstummten die Worte, der Wein war zur Genüge zu seinen Ehren hinab geschluckt, Gracchus selbst saß als einfacher Sodalis im Rund und lehnte sich zurück.

    Wie ein Peitschenhieb schlugen die Worte seiner Schwester durch Gracchus' Geist, obgleich es nur ein Flüstern gewesen war hallten sie in seinen Ohren wider wie ein lauter Schrei, das Kreischen einer Harpye. Sein Körper versteifte sich, die Muskeln angespannt, bereit, jeden Gegner abzuwehren, im Innen wie im Außen.
    "Sei nicht insipide, Minervina."
    Viel weniger klang es überzeugt, als er feste Überzeugung in jene Worte hatte hinein legen wollen, ob dessen er schlussendlich auf den Hinweis verzichtete, dass der Aberglaube Flüche betreffend nur etwas für das einfache Volk sei. Er wusste es. Er wusste mit jeder Faser seines Körpers, seines Geistes, seiner Existenz.
    "Es ist, wie die Parzen unser Schicksal haben bemessen, auch dann, wenn uns all dies unglaublich und ungerecht mag erscheinen. Dem Leben Respekt zu zollen und den Verstorbenen diejenige Ehre zukommen lassen, welche sie verdienen, dies ist, was uns bleibt und was wir angehalten sind, zu tun."

    Allmählich kamen Gracchus Zweifel auf, ob er dem gegenwärtigen Gesprächsthema noch gänzlich konnte folgen, womöglich mit seiner Beteiligung am Inhalt desjenigen ein wenig vorbei gezielt hatte. Im Grunde galt seine Kritik der Veröffentlichung einer fehlerhaften offiziellen Verlustmeldung, doch augenscheinlich war die Meldung nicht eben offiziell durch die Legion herausgegeben worden, so dass Gracchus ob dessen nur mehr derangiert war, da er bisherig hatte angenommen, die Acta Diurna würde in solchen Belangen direkt aus der Quelle schöpfen.
    "Nicht der Kommunikation einer Legion im Allgemeinen galt meine Kritik - dass diese unmöglich zu unterbinden und dies nicht eben förderlich für Moral und Disziplin wäre, mag gar mir einleuchten - sondern derjenigen welche auf offiziellem Wege publiziert wird. Augenscheinlich jedoch fehlt mir nicht nur in Belangen des Militärwesens, sondern zudem ebenso in jenen des staatlichen Zeitungswesens ein extensiver Einblick, wie ich eben feststellen muss, weshalb ich wohl mich nicht weiter möchte erdreisten, an eben jenen Dingen Kritik zu üben, zu welchen mir das notwendige Verständnis fehlt. Einzig jene Tatsache bleibt ob dessen, dass eine fälschliche Verlustmeldung nicht eben zu jener Nachhaltigkeit gereicht, wie eine tatsächliche dies tun mag, für einige Tage und Wochen jedoch durchaus ebenso disruptiv scheint."