Beiträge von Manius Flavius Gracchus

    Werte Maesa,


    sehr gerne möchte ich dich in der Flavia willkommen heißen! Dein Konzept, respektive das einer gestandenen römischen Frau mittleren Alters, birgt indes eine Schwierigkeit, sofern du dich in der flavischen Villa einnisten möchtest (was ich begrüßen würde).


    Ab den 30ern ist es für eine Flavia undenkbar, dass sie nicht bereits verheiratet ist, denn wir sind eine sehr rückständige konservative Familie. Es gäbe drei Möglichkeiten (die mir einfallen), dir ein Leben in der Villa Flavia zu ermöglichen.

    1. du bist bereits Witwe. Allfällig noch nicht allzu lange, und dies ist der Grund weshalb du nach Rom zur Familie kommst. Mit ein wenig Trauer (es war zweifellos ohnehin nur eine Zweckehe) würde dir dies einige Jahre Luft verschaffen, bevor wir uns nach einem neuen Gemahl umsehen müssten.
    2. du bist mit einem NSC-Patrizier verheiratet. In diesem Falle bräuchte es natürlich einen guten Grund, weshalb du längerfristig nach Rom zur Familie kommst. Möglich wäre etwa ein Offizier in Britannia oder Germania oder sonstig unwirtlichem Ort, der dort eher mit der Legion verheiratet ist und zudem auch noch seinen Stammsitz in die Provinz verlegt hat. Das ist natürlich ein unmöglicher Zustand für eine Flavia, doch da eine Scheidung nicht in Frage kommt - ein Skandal! -, zieht sie zur Familie nach Rom - selbstverständlich, wer könnte ihr dies in ihrer Situation verdenken! Das gäbe dir die Möglichkeit, dich in Rom als gestandene Frau zu entfalten und sollte sich irgendwann die Gelegenheit für eine ID-Hochzeit ergeben, kann der gute Gatte jederzeit in der Provinz fallen.
    3. du bist Teil einer anderen Gens und mit einem Flavier verheiratet. Dies würde indes bedeuten, dass du aus einer anderen patrizischen Gens entstammen müsstest, d.h. der dortige Gensverwalter zustimmen müsste.

    Sofern dir dies zusagt, bist du herzlich willkommen! Alles weitere, auch bezüglich der genauen Einordnung in die Familie, können wir per PN klären.

    "Ist es nicht allmählich etwas zu heiß, um hier draußen zu sitzen? Du wirst noch Farbe annehmen und aussehen wie ein Landarbeiter!"

    Mit einem verschmitzten Lächeln trat sein alter Freund Scapula über den Gartenweg heran.

    "Sorge dich nicht, ich habe lange genug an meinem Ruf gefeilt. Jedes Kind in Rom, und zweifelsohne auch weit darüber hinaus, weiß doch, dass Flavius Gracchus nicht einen Finger rührt, es sei denn, es ist derjenige, um die Opfer mit Mola Salsa den Göttern zu weihen."

    Auch wenn der Flavier durchaus scherzte, so lag doch ein wenig Wahrheit in seinenWorten, welcher er lange nicht sich bewusst gewesen war. Jahrelang war er in das Gefüge einer konservativen, patrizischen Familie hineingewachsen, in welcher die Sklaven nun einmal ihre Rolle in traditioneller Weise ausfüllten, später dann waren seine eigenen Einschränkungen hinzugekommen, und erst viel später im vertrauten Umgang mit Serapio war ihm bewusst geworden, dass es noch eine gänzlich andere Welt dort draußen gab.

    "Wenn du es präferierst, können wir in das Atrium gehen."

    "Nein, lass nur, seit zwei, drei Jahren habe ich das Gefühl, dass die Sonnenwärme meinen Knochen sehr gut tut. Und den Feldarbeiter wird auch mir wohl kaum jemand abkaufen."

    Als der Cornelius sich neben Gracchus auf die marmorne Bank setzte, war ein leises Knacken zu hören.

    "Du solltest deinen Knochen augenscheinli'h öfter ein wenig Sonne gönnen."

    Scapula lachte.

    "Oh, lass uns nicht über Knochen und Gebrechen sprechen! Dafür bin ich nicht gekommen, dieses Thema kann ich genügend mit meiner Gemahlin erörtern!"

    Ein kleiner Stich durchzog Gracchus' Herz. Er wäre froh, seine Gemahlin würde mit ihm über irgendetwas sprechen, selbst wenn es Knochen und Gebrechen wären. Rasch wollte er das Thema in eine andere Richtung lenken, fort von Gemahlinnen, doch der Cornelier setzte bereits nach.

    "Wie geht es Prisca?"

    Gracchus sackte ein wenig in sich zusammen. Gleichwohl ihre Freundschaft während des Bürgerkrieges einen Dämpfer hatte erhalten, kannte Scapula ihn gut genug, als dass er ihm etwas hätte vormachen können. Darüberhinaus pflegte seine Schwiegertochter, Scapulas Nichte und Mündel, einen engen Kontakt zu ihrem Oheim, ob dessen er ohnehin bestens über die flavischen Familienverhältnisse unterrichtet war. Es war daher auch keine Frage der Höflichkeit - denn diese hätte geboten, zu schweigen -, sondern aufrichtiger Anteilnahme.

    "Sie befindet sich noch immer auf dem Land, möchte weder die Kinder, noch mich em..pfangen, duldet auch nicht, dass ich ihr Kosmas sende, sondern nur ihren eigenen Medicus. Und Antworten auf meine Na'hrichten lassen immer länger auf sich warten, werden immer kürzer, immer nichtssagender. Ich weiß nicht, was ich noch tun soll"

    , gestand er ein.

    "Ich habe das Wesen der Frauen nie ver..standen, doch durch Priscas offene Art hatte ich zumindest den Eindruck, ich wusste, was zu tun war. Aber nun... "

    Ratlos schüttelte er den Kopf.

    "Vielleicht solltest du dich scheiden lassen. Ohne eine Frau in Rom wirst du nicht mehr weiter kommen."

    Ein wenig energischer schüttelte Gracchus erneut den Kopf.

    "Nein, das kommt nicht in Frage! Solange sie die Familie nicht kompromittiert, kann nur der Tod diese Verbindung lösen. Ich bin ein wenig empört, dass du diesen Gedanken auch nur er..wähnst."

    "Wir leben in modernen Zeiten, mein Freund, gleichwohl sollte keine Frau je deine Zukunft behindern."

    "Nein, ausgeschlossen. Die Zeiten mögen modern sein, doch es gibt Grenzen. Würdest du selbst so weit gehen?"

    "Nein, das würde ich nicht. Ich versuche nur, dir alle Möglichkeiten aufzuzeigen.

    Gracchus nickte zufrieden.

    "Darüberhinaus stellt sich mir ohnehin die Frage welch eine Zukunft dies noch sein soll. Hier in Rom scheint mir alles nur noch zäh und dröge, ver..worren und unwahrhaftig. Sicher, so war es schon immer, und ich habe mich noch nie daran erfreut, geschweige denn es durchschaut. Doch ich habe keine Verve mehr mich durch dieses Gewirr zu bewegen wie durch zähflüssigen Honig."

    "Was willst du dann tun? Dich nach Baiae zu deiner Familie absetzen?"

    "Nein, so verzweifelt bin ich nicht. Ich erwäge ernst..haft eine Reise. Seius berichtet in so farbenfrohen Bildern und klingenden Melodien von seiner Heimat Cappadocia, dass mich eine Ahnung quält, dass ich viel zu wenig von der Welt gesehen habe. Cappadocia, Aegyptus, Hispania, Gallia, Germania, ..."

    "Germania! Ha! Rom ist die Welt! Ich glaube, du warst doch zu lange in der Sonne! Was ist mit dem Flavius Gracchus passiert, dem schon die Wege zu seinen Landsitzen um Rom zu weit sind? Der Reisewagen verabscheut und ein Pferd höchstens zwei Tage lang erträgt?"

    Gracchus lachte auf.

    "Vermutlich ist er einfach alt geworden. Wie viel Zeit bleibt uns noch, um na'hzuholen, was wir unser Leben lang versäumt haben?"

    "Du hast nichts versäumt, mein Freund. Die Provinz ist die Provinz, glaube mir, ich habe genug davon gesehen. Entweder ist sie zu heiß, zu trocken, zu kalt oder zu nass. Entweder ist sie voll ungastlicher Wüste, voll finsterem Wald, voll karger Berge oder voll barbarischer Eingeborener. Entweder es gibt keine ordentlichen Thermen, nichts Ordentliches zu Essen, keine Straßen oder keine Kultur - oder nichts von alledem. Rom, Gracchus, nur Rom ist die Welt, nur Rom zählt!"

    Der Flavier mochte nicht widersprechen, es war ihm zu heiß für einen Disput.

    "Vermutlich hast du recht. Genug Sonne für heute, Iass uns hineingehen, und etwas Kühles trinken."

    Doch war er nicht überzeugt, und der Gedanke ließ ihn noch lange nicht wieder los.

    Selten passte es besser als hier: deplorabel, wahrhaft deplorabel!


    Ich hoffe sehr, wir lesen uns wieder, oder laufen uns noch einmal irgendwo über den Weg. Bis dahin wünsche ich dir alles Gute im RL, und werde wohl ab und an ein wenig Wehmut vergießen in Erinnerungen an alte Zeiten!

    "Nein, Quintus, vier. Vier!"

    Ein wenig barsch schob Gracchus einen Spielstein zurück, besann sich doch im nächsten Augenblicke, deutete mit dem Finger die Sprünge an und versuchte sich an einer sanfteren Klangfarbe.

    "Sieh doch, eins, zwei, drei, vier. Somit landet der Stein auf diesem Feld."

    "Da soll er hin!"

    Trotzig schob Quintus den Stein auf das benachbarte Feld.

    "Das Spiel folgt den Regeln, Quintus. Du kannst die Regeln nicht deinen Wünschen anpassen."

    "Warum nicht?"

    "Weil ..."

    Gracchus stockte. Warum eigentlich nicht?

    "Weil es im Grunde nicht um das Spiel geht, sondern um das Leben. Auch das Leben folgt Regeln, doch diese sind weitaus größer als du. Es steht nicht in deiner Ma'ht sie zu ändern."

    Er schob den Stein zurück.

    "Wohl! Ich mache die Regeln!"

    In aufbrausender Wut fegte der Junge mit seiner kleinen Hand alle Spielsteine vom Brett, dass sie klackernd auf dem steinernen Boden landeten, sprang behände von seinem Stuhl und rannte in Richtung des Hauses davon, das strenge

    "Quintus!"

    seines Vaters ignorierend. Matt sank jener auf seinem Stuhl zusammen und begann mit der Linken sich die Nasenwurzel zu kneten. Gracchus hatte keinen Nerv für Kinder, er verstand nicht ihre Reaktionen und undurchschaubaren Emotionen, und mochte sich erst dann mit ihnen beschäftigen, wenn sie bereit waren, die Ideenlehre Platons oder das Vermaß der Ilias zu diskutieren. Doch seit Prisca sich auf das Land hatte zurückgezogen und die Zwillinge in Rom zurückgelassen, hatte der Flavier das Gefühl, er müsse mehr auf die beiden Acht geben. Selbstredend hatten sie eine Amme und Hauslehrer, und wurden - wie alle Bewohner des Hauses - umsorgt, und doch dünkte es den Vater, es mangelte ihnen an etwas. Oder an jemandem. Er selbst war noch jünger als Quintus und Prisca gewesen als sein Vater ihn nach Achaia hatte gesandt, allfällig wäre dies eine Option. Achaia. Oder Baiae, zu ihrem Bruder und in die Obhut ihres Vetters. Ein Seufzen echappierte Gracchus' Kehle, das er mit einem Schluck Wein herunterspülte. Weshalb nur hatte Prisca sich zurückgezogen? Weshalb redete sie nicht mehr mit ihm? Weshalb mochte sie ihre Kinder nicht mehr sehen? Stets war sie eine perfekte Matrone gewesen, doch bald nach der Geburt hatte ein Schatten sie befallen. Beinahe wie der alte Fluch seines Lebens, welchen Gracchus beinahe hatte vergessen, respektive verdrängt über die letzten Jahre hinweg. Doch die Regeln des Lebens waren weitaus größer als er, und sie änderten sich nicht, nur weil er sie eine Weile ignorierte.

    Annaeus Florus' Amtszeit war allfällig unspektakulär verlaufen, indes hatte er zuverlässig seine Aufgaben erfüllt mit einer Gewissenhaftigkeit, welche seine vorangehenden Ämter hatten vermuten lassen, welche indes längst nicht bei allen Kandidaten stets usus war. Dennoch hielt sich Gracchus mit einer Wortmeldung zurück - er grollte dem Annaer insgeheim noch immer ein wenig ob der Anpassung der Lex Germanica Servitium, gleichwohl war er den Tribuni Plebis generell bereits von Stand her abgeneigt. Darüber hinaus war er sich indes gewiss, dass Florus' Pflichtbewusstsein von ihm näher stehenden Senatoren genügend würde gewürdigt werden, so dass er nicht von seinem hohen Ross würde herunter steigen müssen.


    Sim-Off:

    ;)

    Die Amtszeit seines Klienten Seius war alles in allem nicht vollumfänglich rühmlich, doch in den Augen des Flaviers redlich und veritabel verlaufen, denn dass die eigene physische Unzulänglichkeit einer Amtszeit nur allzu schnell eine forcierte Unterbrechung oder gar deren Ende bedeutete, dies wusste er aus eigener, leidvoller Erfahrung nur zu gut. Doch in der übrigen Zeit war Seius seinen Aufgaben vorbildlich nachgekommen, über eine Unstimmigkeit mit Senator Claudius war Gracchus darüberhinaus nicht informiert. Gleichwohl er die brisanten Ermittlungsergebnisse durchaus mit einer brisanten Sachlage in Einklang konnte klingen, gereichte Menecrates Reaktion darob dazu, dass des Flaviers linke Braue sich ein Stück weit empor hob. Mehr noch indes hob sie sich an als Seius in beinahe impertinenter Weise die Urteilsgabe des Praefectus Urbi in Frage stellte, wenn nicht gar ihm Versäumnisse in Hinblick auf sein Amt, in jedem Falle jedoch indirekt ein Agieren wider kaiserliche Anordnung vorwarf. Einige Augenblicke vergaß Gracchus Atem zu holen, mit sich ringend, dem Klienten beizustehen oder ihn zu seinem eigenen Schutze aus dem Senat zu zerren. Doch dies war nicht Ravillas Kandidaturenrede, nicht einmal eine Senatsdebatte. Dies war Ravillas Res Gestae und es war seine Aufgabe, gänzlich allein dem Ansturm des Senates entgegen zu stehen. Einzig suchte der Flavier seinem Klienten mit einem unauffälligen Zeichen seiner Hand zu bedeuten, sich ein wenig zu mäßigen, um nicht zwischen die Mühlen der Macht zu geraten - denn gänzlich unabhängig von Wahrheit oder Anschein blieb Politik stets ein taktisches Abwägen.

    Flavius Gracchus hatte keinerlei Verbindung zu Helvetius Faustus, doch dass Senator Claudius ihn sich als Privatsekretär und Liktor bis hin zum Klienten gezogen hatte, sprach durchaus für ihn. Viel mehr jedoch, dass der Helvetier sich offen dafür hatte ausgesprochen, in seiner Amtszeit gegen die Christianer vorzugehen.

    "Ich befürworte die Zuteilung des Helvetius Faustus zu den Tresviri capitales, da er dort mit seiner Erfahrung und seiner Verve zweifelsohne den besten Beitrag für Rom wird leisten können."

    Immerhin gab es viele Gelegenheiten, zu welchen ein motivierter Tresvir gegen das Christianergesindel würde vorgehen können.

    Nachdenklich blickte der Flavier zum Himmel empor, an welchem nicht ein Wölkchen sich zeigte, beinahe suchend als könne er dort in der Ferne nicht nur das Wissen über sein eigenes Wesen finden, sondern auch die ferne Vergangenheit. Hatte er je nach Macht gehungert, oder war er in sie hinein getrieben worden, wie er glaubte? Und hatte Seius nicht recht, vereinte er nicht selbst durchaus eine nicht unbeträchtliche Menge an Macht? War sie ihm Selbstzweck oder Wirksamkeit im Dienst eines höheren Wohls? Schweigend verrannen einige Augenblicke, in welchen nur das leise Plätschern des Brunnens zu hören war und das Summen einiger Bienen, welche am stets reich gedeckten Gabentisch des flavischen Gartens sich labten.

    "Ist es Hunger, welcher einen zur Pflichterfüllung treibt? Mein Schicksal war forciert durch meine Herkunft und meine Geburt. Dem Erstgeborenen unserer Familie ist es bestimmt, einen Weg im Militär zu gehen, dem Zweitgeborenen den Weg in den Cultus. Für mich gab es schli'htweg nie eine andere Wahl. Selbst als mein Bruder ... starb ..."

    , ein kurzes Zögern verriet die aufgestaute Emotionalität, welche diesem Ereignis noch immer anhaftete, denn mitnichten war Animus zu diesem Zeitpunkt verstorben, hatte die Familie nur derart in Schande gestürzt, dass Gracchus' Vater dafür hatte Sorge getragen, dass sein Tod in den Archiven vermerkt worden war.

    "Als mein Bruder starb fiel seine Pfli'ht an mich, doch zu diesem Zeitpunkt war es bereits zu spät, mein Weg bereits gezeichnet."

    Allfällig war es weniger ein Hungern, als mehr eine Sucht gewesen, weshalb auch dem Streben niemals eine Sättigung entgegen zu setzen war, sondern nur eine Überdosis oder Entzug - in beidem Falle endgültig.

    "Bin ich gesättigt? Wer weiß. Das Leben und der Augustus haben mir eine Diät aufoktroyiert, welcher ich pflichtbewusst nachkomme - zumindest daran hat sich nichts geändert. Früher einmal strebte ich danach, Flammen Dialis zu werden, denn welches Amt sonst könnte mehr Pflichterfüllung gegenüber Rom, den Göttern und der Familie, wiewohl höchste Tugendhaftigkeit be..zeugen."

    Ein schmales Lächeln kräuselte seine Lippen als er an diese Zeit zurück dachte. Damals schien alles möglich, zumindest aus ideologischer Sicht.

    "Nach dem ... Bürgerkrieg ..."

    Wieder zögerte Gracchus kurz. Auch diese Jahre lagen lange zurück, und doch gereichte allein die Erwähnung jener Epoche dazu, in ihm einen Schatten des Grauens zu evozieren.

    "Als die Option ge..geben war, die Kür eines neuen Flamen Dialis, hatte ich meine Ideale verloren, hatte die Geschichte doch bewiesen, dass es weder eine eindeutige Pfli'hterfüllung für Rom, noch Wahrheit, noch Tugendhaftigkeit in dieser Zeit gegeben hat."

    Bis auf Minor und Decimus Serapio kannte niemand die vollumfängliche Wahrheit in Bezug auf Gracchus' Pflichterfüllung, Wahrheit und Tugendverlust in dieser Zeit, doch selbst im Dunkel der offiziellen Geschichte, in welcher die Flavier von Salinator verfolgt, Gracchus' Vetter Furianus durch den Usurpator ermordet worden und er selbst pro­skri­biert worden und darob mit seiner Familie aus Rom geflohen war, ließ durchaus genügend Raum für verlorene Ideale und Träume.

    "Später glaubte ich, zumindest das Amt des Rex Sacrorum könnte mir noch immer offen stehen, könnte eine Möglichkeit sein, meinen Idealen ein wenig näher zukommen"

    , respektive seine Schuld zu mindern,

    ", doch der Augustus beorderte mich zum Pontifex pro magistro."

    Ein leises Seufzen echappierte Gracchus' Kehle, denn allfällig war dies der göttliche Ausgleich der Gerechtigkeit, ihm ein Amt aufzubürden, auf das er vom Throne seiner altehrwürdigen Familie stets ein wenig blasiert hatte herabgeschaut.

    "Ein Amt, das durchaus begehrt ist, vereint es doch gleichsam den Einfluss des Collegium Pontificum auf der einen, wie den Einfluss des Pontifex Maximus"

    , insbesondere eines nicht allzu tief an kultischen Belangen interessierten,

    "auf der anderen Seite, und darob einen nicht unbeträ'htlichen Einfluss gerade auch auf die Politik. Ein Amt somit für jene, welche nach diesem Einfluss hungern, welche die Welt unmittelbar dirigieren wollen. Ein Amt indes geschaffen nicht aus kultischen Traditionen oder Erfordernissen, sondern aus der Notwendigkeit des modernen Staatskonstruktes, und damit wenig geeignet indes für jene, die der Welt in ihrem Ideal entgegen streben, dem Ideal als Prinzip und der Wahrheit als erste Tugend."

    Allfällig war es gut so, dass das Schicksal, dass der Augustus über Gracchus hatte verfügt, blieb ihm doch auf diese Weise erspart, selbst über sich richten zu müssen und sich der einen oder anderen Seite zuweisen zu müssen - was zweifelsohne nur zu schmerzhafter Wahrheit hätte führen können. Eine Hummel brummte zwischen Ravilla und Gracchus hindurch, dass jener den Kopf wandte und sich des jungen Zuhörers wieder gänzlich bewusst wurde, wiewohl der Tatsache, dass seine Ausführung sich zweifelsohne anhörten wie das Lamentieren der Alten.

    "Verzeih, ich wollte dich nicht mit der Rückschau meines Weges ennuyieren. Um deine Frage zu be..antworten - ich habe stets nach der Erfüllung meiner Pflichten gehungert, und ich bezweifle, dass dieser Hunger je vergehen wird, gleich wohin dies führt."

    Nicht einmal dann, wenn es von fadem oder gar ungustiösem Beigeschmack geleitet war.

    "Nach was hungerst du, Seius? Was treibt dich an, hunderte von Meilen von deiner Heimat entfernt dich in dieses unbekannte Labyrinth einer Stadt zu stürzen, dich gar den Minotauren entgegen zu stellen? Welche Wirksamkeit erhoffst du dir auf dem Zenit deines Lebens?"

    Aufmerksam lauschte der ältere Flavier dem jungen Seius. Er war noch nie der Ansicht gewesen, dass die Älteren das alleinige Anrecht auf Wissen und Erfahrung hatten. Die Welt war viel zu groß, um behaupten zu können, dass ein einzelner Mensch in seinem Leben alles hätte lernen können, was es zu wissen gab. Selbst das Studium einer Universität gab einem nicht jene Fülle an Erkenntnis, denn bereits das Wissen einer einzigen Universität überstieg oftmals die Möglichkeiten des einzelnen, selbst wenn er sein gesamtes Leben mit Studien verbrachte - und dann hatte er nur das Wissen einer einzigen Universität absorbiert. Gracchus war also der Ansicht, dass es für ihn immer etwas neues zu erfahren gab, auch in fortgeschrittenem Alter. Insbesondere natürlich auch jenes Wissen der Fremde, die er nie hatte bereist, nach der er sich zwar oft sehnte, von welcher die Faktizitäten einer Reise und deren Schrecken ihn jedoch stets abhielten. Die Machtverhältnisse in der Provinz Cappadocia erinnerten ihnen ein wenig an die Geschichte Roms, denn letztendlich gründete sich auch die Macht der Patrizier auf den Besitz des fruchtbaren Landes. Erst später hatte der Handel an Bedeutung gewonnen und auch Männern niederen Geschlechtes Reichtum eingebracht. Einen Augenblick lang schwankte Gracchus, ob er sich nach einer solchen Zeit würde zurücksehnen - in welcher die einfachen Bürger an ihn durch Hunger waren gebunden - oder ob er den Fortschritt begrüßte, in welchem die Klienten durch ein weitaus komplexeres Band gebunden waren, das auf mehr Gegenseitigkeit beruhte als Nahrung und Hunger. Nein, letztendlich war er doch froh in der Gegenwart zu leben, denn sich statt mit den Wissenschaften, dem Kult, der Philosophie und Muse mit Ackerbodenbeschaffenheiten, dem Spiel der Witterungen oder den Einflüssen von Schnecken und Maden auf Wurzelgüte von Getreide beschäftigen zu müssen, dies war wahrlich nicht seine Sehnsucht.

    "Ich sehe Parallelen zu den von dir beschriebenen Verhältnissen in Cappadocia und der Vergangenheit Roms, gehe indes mit deiner Einschätzung konform, dass ein solches System hier nicht mehr erfolgverspre'hend wäre. Die Politik in Rom gründet sich zum einen auf Vergangenheit - die Herkunft eines Mannes, und damit weit zurück liegend ebenfalls auf Grundbesitz -, zum anderen bietet sie auch jenem, der gebildet und tatkräftig ist, eine Chance - allerdings nur in Verbindung mit Unterstützung jener Männer, welche bereits in der Politik etabliert sind, deren Masse aus altem Adel indes längst ver..wässert ist mit einst besitzlosen Aufsteigern. Nachdem der Mann in Rom an Nahrung gesättigt war, blieb allzu oft nur der Hunger nach Macht."

    Ein Anklang von Bedauern durchzog Gracchus' Stimme. Als junger Mann hatte er geglaubt, Rom wäre angetrieben durch die virtutes, angeführt von Männern, welche nach dem Wohle des Reiches strebten. Von diesem Glauben - diesem Traum - war längst nichts mehr übrig, und allfällig auch nicht mehr viel von dem Gracchus, welcher einst ein solcher Mann hatte werden wollen.

    "Insofern will ich dir gerne helfen, deinen Weg durch das Labyrinth zu finden, doch musst du dich in A'ht nehmen, denn hinter jeder Biegung könnte ein Minotaurus lauern."

    Starr stand der Flavier inmitten Serapios Versuch der Umarmung, einzig seine linke Braue hob sich, als Faustus ansetzte zu erklären, dass er immer ist...war... Was war er? Das Gegenteil von unglaublich leicht? Allfällig stimmte dies gar, zweifelsohne stimmte dies. Hatte er sein Leben lang damit gehadert, ein Gefühl der Leichtigkeit außerhalb seiner höchst privaten Mauern zu zeigen, so war ihm als gäbe es seit einigen Jahren diese Leichtigkeit nicht einmal mehr in seinem Innersten. Das Leben in all seinen Facetten wog schlicht zu schwer - sein Erbe, die Pflichten, die Laufbahn, die Ämter, Caius, Leontia und Quintus Tullius, Antonia und Prisca, die Kinder, Konspiration und Mord, Bürgerkrieg und Verrat, Flucht und Verdrängen, Sciurus und die Christianer, selbst Faustus, das Sehnen und Bangen, Verstecken und Verleugnen - dies alles lag auf ihm wie eine dumpfe Schicht Staub und Geröll, welche beständig ihn hernieder drückte und bei jedem Atem in seine Lungen sich ätzte. Er war kein Atlas, der mühelos die Welt mit all ihrem Grauen auf seinen Schultern balancierte. Einen Augenblick lang fielen seine angespannten Schultern herab, als indes Faustus zu einem Angriff überging.

    "Sciurus?"

    Eine Couleur des Unglaubens färbte Gracchus' Stimme.
    "Er war ein Sklave!"
    Zweifelsohne ein besonderer - früher zumindest -, welchen der Flavier mehr als nur geschätzt hatte - durchaus auch zur Befriedigung seiner Bedürfnisse -, aber eben doch nur ein Sklave.
    "Ebenso könntest du mir vor..werfen, mich eine jede Nacht in meine Bettdecke zu schmiegen!"
    Gracchus selbst wäre durchaus gerne Faustus' Bettdecke, welche sich allabendlich um seinen nackten, noch immer muskulösen Körper legte und die Nacht mit ihm durfte verbringen.

    "Und Seius!"
    Deplorablerweise konnte der Flavier nicht ganz so viel Empörung in seine Stimme legen wie er sich wünschte, denn Seius Ravilla war durchaus eine Augenweide, der Gracchus nicht wäre abgeneigt gewesen, hätte die Gelegenheit sich geboten. Doch die Gelegenheit hatte sich nicht geboten, und er war nun einmal auch kein junger Alkibiades, der in Ausschweifungen die Welt sich untertan machte.
    "Seius ist ein Abkömmling nobler Familien, der in Rom noch keine Ver..bindungen besitzt. Die Gastfreundschaft gebietet es mir, als Patron ihm eine Bleibe zu gewähren bis er eine angemessene Unterkunft be..ziehen kann. Bis auf den besiegelnden Handschlag habe ich ihn nicht ein einziges Mal berührt."
    Seine Schultern spannten sich wieder an.
    "Und mitni'hten nicht ist er mir unter die Haut gegangen!"
    Gracchus zögerte. Was genau bedeutete dies überhaupt? Er hatte augenblicklich angenommen, dass es zu viel, dass es alles bedeutete, doch was, wenn nicht? Und weshalb rechtfertigte er sich, obgleich er doch nicht mehr sich hatte vorzuwerfen als einige fantasievolle Gedanken - welche indes aus der Situation der Gastfreundschaft heraus entstanden waren und keinesfalls das Patronatsverhältnis aus diesen Gedanken heraus.
    "Was soll dies überhaupt bedeuten? Er ist dir unter die Haut ge..gangen? Hast du ... ?"

    Wie das Schwert des Damokles schwebte die unausgesprochene Frage über ihnen.

    Bestätigend nickte der Flavier, obschon in der Erinnerung die Mühsal seines Amtes überdeckt war durch die Erfolge jener Zeit.
    "Das Aedilat ist zweifelsohne eines der arbeitsreichsten Ämter des Cursus Honorum, gleichwohl eines der kostträchtigsten. Doch auf dieser Stufe angelangt stehen üblicherweise einige Mitstreiter an der Seite eines Mannes - Klienten und politische Zöglinge -, auf welche er sich ver..lassen kann. Zudem ist es der Beginn jener Ämter, in welchen du nicht nur effektuierend oder deliberierend tätig bist, sondern einen bestimmenden Einfluss geltend machen wirst - auf die Politik, wie auch auf das Volk, etwa durch die Wahl der auszurichtenden Spiele oder deine politischen Vorhaben."
    Interessiert lauschte er sodann Ravillas Ausführungen zu den Witterungsbedingungen in Cappadocia, den Unterschieden zu Italia und den Schlussfolgerungen, welche er daraus zog.
    "Ich muss gestehen, die Landwirtschaft konnte mich nie sonderlich reizen. Meine Studien umfassten selbstredend Grundkenntnisse, doch die praktische Umsetzung habe ich seit jeher lieber den Verwaltern unserer Güter überlassen. Dass indes die natürliche Umgebung, inklusive der Gegebenheiten der Landwirtschaft und Witterung eine Kultur prägt, ist ein interessanter Aspekt. Sagt man nicht den Germanen nach, sie wären in ihrer Denkweise beschränkt, da sie in ihren Wäldern hausen und so bereits ihre Sicht beschränkt ist? Der Schluss liegt also nahe, dass ein Mann aus Capadocia sehr vernetzt denkt, sofern er aus den Flusstälern stammt, oder sehr weitsichtig, so er aus dem Hochland kommt."
    Das Gedankenspiel gefiel dem Flavier.
    "Was also wird man über die Männer Roms schlussfolgern können?"

    Sim-Off:

    Ich bin mir dessen bewusst, dass es bereits für eine Wahlbeeinflussung zu spät ist, doch für Rollenspiel ist es nie zu spät und allfällig kann es noch als Basis für späteres Zusammenspiel dienen.


    Die Kandidaturenreden waren eine der ersten Senatssitzungen, welche Gracchus nach langer Absenz wieder besuchte. Ein wenig Schatten lag noch um seine Augen und er war noch ein wenig blass um die Nase, auch hatte er etwas an Gewicht verloren, doch sonstig fühlte er sich durchaus gut - körperlich zumindest. Geistig indes fühlte er sich schlecht vorbereitet, ob dessen er sich kaum zu Wort meldete. Ikarus hatte ihm die aussichtsreichsten Kandidaten vorgelesen und ihm diejenigen genannt, welche unter der Ägide freundschaftlicher oder strategischer Verbündete standen, doch die Hälfte dieser Namen hatte der Flavier bereits wieder vergessen. Allfällig hätte er sich besser eine andere Sitzung für seine Rückkehr erkiesen sollen als diese Aneinanderreihung von Namen, Gesichtern, ihren Geschichten und Pläne. Der Helvetier konnte daher zuerst nicht seine Aufmerksamkeit fesseln, Gracchus’ Gedanken verabschiedeten sich bei unbedeutender Zweig der auf dem Lande lebte und wanderten zu einem Brief, den er aus der Regia hatte erhalten und noch offiziell beantworten musste. Beinahe hätte er darob die Erwähnung der Christenbrut überhört, beinahe zum Glück nur! Denn mit diesem Thema traf der junge Helvetier einen Nerv bei dem Flavier, welcher älter war als der Kandidat selbst! Insbesondere, dass Helvetius Faustus so offen von ausmerzen und Christenfreies Rom sprach, qualifizierte ihn augenblicklich. Grimmig nickte der Senator und kannte zumindest nun einen Namen, den er sich merken, und welchem er in der Abstimmung sein Votum würde geben.

    Blinzelnd trat Gracchus in die Sonne des Frühlings hinaus, die bereits jetzt heiß vom Himmel brannte. Doch der Flavier genoss diese Wärme auf seiner Haut, in diesem Augenblicke gänzlich vernachlässigend, was dies für die vornehme, patrizische Blässe würde bedeuten. Er war ohnehin schlichtweg zu alt, noch auf solcherlei gesellschaftlichen Firlefanz zu achten. Zu alt. In der Tat.

    Du trägst zu viel kalte Feuchtigkeit in deinen Knochen, Herr. Das kommt mit dem Alter. Dies hatte Kosmas ihm wahrhaftig ins Gesicht gesagt. Ausgerechnet Kosmas, welcher als Medicus zwar bereits seit Jahrzehnten im Dienste der Flavier stand, indes doch selbst nicht jünger war als Gracchus! Er glaubte nicht daran - nicht an das Alter, noch daran, dass dies der Auslöser für seinen schwächlichen Zustand über die Wintermonate hinweg gewesen war. Es war ... schlichtweg kein guter Winter gewesen, nicht mehr und nicht weniger. Der Flamen Dialis Ovius Lyso war alt. Die Senatoren Tullius und Trebonius waren alt. Doch er, Flavius Gracchus, war in den besten Jahren, und höchstens ein wenig aus der Form! Mit einem Schnauben quittierte er diesen Gedanken und folgte dem Rundweg durch den Hortus vorbei an den lieblichen Statuen der Musen, vorbei an dem kleinen Faun und den Rosenbüschen des Felix, an seinem liebsten Mandelbaum, unter welchem die Bank aus schwarzem Marmor stets ein schattiges Plätzchen gewährte, an dem Springbrunnen mit dem kecken Pan vorbei und zurück zum Haus. Dort nahm er zur Erfrischung ein Glas Wein zu sich - welch eine Wonne nach all den Wochen warmer Brühe und warmen Gewürz - und Kräuteraufgüssen, welche ihm auf Geheiß Kosmas' waren serviert worden! Allein dies schon ein Grund, schnell wieder zu Kräften zu kommen. So gestärkt fühlte der Flavier sich bereit, sich wieder seinen Pflichten zu widmen, denn er hatte sie viel zu lange vernachlässigt - im Haus, in der Regia und im Senat.

    Da mein Jahreswechsel-Urlaub sich schon wieder dem Ende zuneigt muss ich mich nun doch anstelle eins Posts mit einer Entschuldigung melden. Ich habe im Herbst eine neue Aufgabe übernommen, die mich nicht nur übermäßig forderte, sondern auch meine kreative Energie verschlang. Ich hatte gehofft während meines Urlaubes könnte ich wieder aufholen, doch wie ihr lesen konntet (respektive nicht), hat dies nicht funktioniert. Momentan bin ich sehr unschlüssig, wie meine Zukunft im IR aussieht, indes bin ich (noch) nicht bereit für das Exil. Ich habe in den letzten Tagen einiges für mich sortiert und hoffe, dass damit an den kommenden Abenden oder zumindest Wochenenden etwas mehr Kreativität übrig bleibt und ich alsbald wieder zur Geschichte des IR beitragen kann. Versprechen mag ich nichts, doch üblicherweise geben sich solche Stoßzeiten immerhin auch irgendwann wieder.

    Auch Gracchus konnte sich ein Schmunzeln nicht verkneifen als Menecrates das 'aber' aufgriff. Im Senat waren sie nicht immer einer Meinung - wiewohl der Claudier allein ihres Standes wegen ihm politisch dennoch zumeist näher war als viele andere -, doch in den seltenen Aufeinandertreffen in Ausübung amtlicher oder gesellschaftlicher Pflichten war Menecrates ein überaus angenehmer Gesprächspartner, so dass Gracchus sich einerseits nicht wunderte, weshalb Minor ihn als Mentor und Freund schätzte, andererseits ein wenig die Distanz zwischen ihnen selbst bedauerte, gleichwohl er vermeinte die in der Vergangenheit liegenden Gründe dafür zu kennen, welche er nicht weniger bedauerte. In diesem Augenblicke indes suchte er die Last seines Lebens in die Tiefen der Erinnerung hinab zu drängen und sich gänzlich auf die Gegenwart zu besinnen - welche nicht gar so grauenhaft sich zeigte, dennoch bedenklich war für Rom.

    "Ich kann dir nur beipflichten, es sind die Fremdländer, welche das Ungleichgewi'ht bedingen. Sie nehmen aus der Waagschale der Annehmlichkeiten Roms, doch sie geben auf der anderen Seite nichts hinein - sei es aus Unwissenheit, aus geistiger Begrenzung oder aber Niedertracht. Die Unwissenden kann man lehren, ebenso die friedfertigen Beschränkten. Den Niederträ'htigen indes kann man nur Einhalt gebieten, doch je mehr ihre Zahl wächst, desto schwieriger wird dies. Es ist wahrhaft deplorabel, dass die Subura so zentral liegt und damit ein zentrales Problem erzeugt."

    Einen Augenblick fragte der Flavier sich, ob es nicht einfachere Wege gab, die Subura zu befrieden - Wohnverbote für Nichtrömer, oder gleich der Abriss des ganzen Viertels und eine Erweiterung der Foren.

    "Die Weihe des Bauplatzes stellt keine Besonderheit dar, letztendlich handelt es sich um ein profanes Gebäude, so dass der Bauherr dies übernehmen kann."

    Profan im Sinne der Kultgesetze, im Gegenzug zu einem sakralen Gebäude wie etwa einem Tempel, welcher den Göttern in ihren Besitz übergeben werden sollte.

    "Erst wenn das Gebäude mit einem Zweck angefüllt wird - der zwar noch immer profan ist, jedoch mit den stadtrömischen, sakralen Gesetzen in Konflikt gerät -, dann sind gesonderte Maßnahmen notwendig."

    Kurz sann Gracchus über die Frage des Claudiers nach, hatte er dies doch im Detail noch nicht durchdacht.

    "Da die Besonderheit das Pomerium betrifft, und das Collegium Pontificum für dieses zuständig ist, sollte die Weihe durch einen Pontifex geschehen. Ich werde dies im Collegium ankündigen, so dass wir vorbereitet sind."

    Zwar würde die Zeremonie nicht allzu außergewöhnlich werden, dennoch war es besser, dies zuvor zu prüfen. Der Weg vor ihnen nahm eine leichte Biegung, die Menschen um sie her waren noch immer zahlreich. Da sie noch immer ein gutes Stück von Menecrates' Amtssitz entfernt waren, die Angelegenheit der Statio Gracchus jedoch abgeschlossen schien, wechselte er das Thema - nicht ohne jedoch die Zustimmung seines Gesprächspartners zu suchen.

    "Sofern diese Angelegenheit damit hinlänglich er..örtert ist, möchte ich gerne eine weitere ansprechen, sofern es dir recht ist, welche ebenfalls die Sicherheit der Stadt tangiert. Es geht um die Sekte der Christianer."

    Gleichwohl ihre weibliche Emotionalität ihn ein wenig in Bedrängnis brachte, so gereichten Stellas Tonfall, wie ihre Wortwahl und das Aufbegehren in Form der unscheinbaren Bewegung dazu, dass Gracchus' linke Braue missbilligend sich empor hob.

    "Halte an dich, Tiberia"

    , wies er sie zurück auf ihren Platz, die Couleur seines Tonfalles nun deutlich kühler.

    "Vergiss nicht, wer und wo du bist!"

    Seine Gemahlin allfällig hätte einen solchen Ton ihm gegenüber anschlagen dürfen, die Kaisern selbstredend, und Flavia Agrippina - diese jedoch nicht, da ihr dies zustand, sondern lediglich ob Gracchus' Furcht vor der gebieterischen Matrone -, doch sonstig wohl keine Frau. Indes wusste der Flavier nur zu gut, dass die Christianersekte allzu leicht einem Menschen den klaren Verstand konnte rauben, daher fuhr er etwas milder fort.

    "Rom wurde nicht an einem Tage erbaut, und es wird nicht an einem Tage fallen! Diesem Übel ist nur durch Umsi'ht beizukommen."

    Letztendlich lag genau darin die Schwierigkeit. Gegen eine christianische Armee hätte Gracchus längst eine Legion ausgehoben und sie dem Erdboden gleich gemacht - zumindest gestaltete dies sich in seinen Gedanken derart. Doch allein viele andere mächtige Männer zu überzeugen gegen dieses Pack vorzugehen, konnte eine zeitraubende Angelegenheit werden, welche gut vorbereitet werden wollte. Nichts scheiterte schneller und nachhaltiger im Senat als hastig und unüberlegt dahingeworfene Gesetzesinitiativen.

    "Kopfloses Handeln wird dieses Unterfangen nicht begünstigen. Darob mäßige dich, übe dich in Geduld und Vertrauen, und überlasse das Handeln jenen, welche dazu berufen sind."

    Mehr gab es diesbezüglich für ihn nicht zu sagen, denn schlussendlich würde er politische Taktiken nicht mit einer Frau besprechen.