Es gab kaum eine angenehmere Überraschung dieser Tage für Gracchus als ein unangemeldeter Besuch Serapios, gleichwohl die Nähe des Geliebten in Kombination mit jener Reduktion auf einen freundschaftlichen Umgang dem Flavier bisweilen als schlimmeres Übel erschien als ihn weit fort in der Fremde zu missen. Ab und an trug er sich mit dem Gedanken, dass dieses Leidenschaft allfällig irgendwann zu einem Abenteuer musste verkommen, welches durch die Gewohnheit schlussendlich seinen Reiz verlor, ja dass Faustus selbst im Verrinnen der Zeit seinen Reiz würde verlieren müssen. Doch Gracchus sah in Faustus die ihn ergänzende Seele, deren Anziehung nicht auf Reizen basierte, sondern dem Streben nach der Vervollständigung der verlorenen Einheit. Allfällig indes war es auch nur die Distanz, welche sie stets in der Öffentlichkeit - selbst in den meisten Räumlichkeiten ihrer beider Zuhause - umgab, welche Gracchus' Sehnen nicht minder werden, ihn stets auf ein Neues entfachen ließ, und Serapio mit jedem Jahr, das verging, ihm begehrlicher machte. Dem epischen Heroen gleich trat Hephaistion auf ihn zu, in eine Melange aus unschuldiger Frische und männlicher Verwegenheit gehüllt, und nur einen winzigen Augenblick lang vermochte das leidige Thema Sciurus die klandestine Euphorie in Gracchus' Herzen zu trüben.
"Frage nicht"
, winkte er sodann auf die Frage ab.
"Ich sehne mich nach den Senatsferien, oder besser noch nach dem Tage da ich Minor schlichtweg all diese Pflichten überantworten kann und in der Curia nur noch mein Einverständnis geben muss."
Es gab nur wenige Menschen in seinem Leben, welchen gegenüber er in dieser Hinsicht ehrlich war, doch Faustus kannte weitaus dunklere Seiten seines selbst. Er bot ihm einen kühlen, noch reichlich verdünnten Wein an, welcher indes von solcherart Güte war, dass er selbst in dieser Mischung einen angenehm samtig-fruchtigen Charakter aufwies. Als er ihm das Glas reichte, streiften Gracchus' Finger für einen Augenblick Serapios Hand, was einen wohligen Schauer in ihm evozierte.
"Wie geht es dir? Du siehst ... ein wenig müde aus. Ich weiß, du darfst mir nicht beri'hten, doch ich hoffe das Imperium ist nicht in Gefahr."
Auch wenn ein schalkhaftes Lächeln die Lippen des Flaviers umspielte - er wusste, dass das Leben eines Praetorianers nicht unablässig aus heldenhaften Ermittlungen und Einsätzen bestand, sondern durchaus auch aus Routine und Bürokratie -, so lag doch auch ein wenig Sorge in seiner Stimme - schlussendlich wusste man nie, wann das Imperium, respektive der Augustus tatsächlich in verborgener Gefahr schwebte, oder aber Serapio kurz vor einer Mission in die Ferner stand.