Gracchus winkte ab - er würde sich hüten für Aetius sprechen zu wollen, denn gleich welches Ergebnis, sein Onkel würde ihm ohnehin aus allem einen Strick drehen.
"Jene Angelegenheiten, welche mit Aetius zu bespre'hen sind, solltest du selbstredend mit diesem klären. Meine Frage bezieht sich auf den allgemeinen Rahmen der Eheschließung, denn letztendlich wird sie hier in der Villa Flavia ihren Anfang nehmen. Eine Hochzeit kann schlussendlich nur eine Eheschließung sein, glei'hwohl kann sie hinsichtlich Auswahl und Anzahl der geladenen Gäste auch politisch und gesellschaftlich dienlich sein."
Es war dies Gracchus ein wenig umständliche Art und Weise in Erfahrung zu bringen, welches Ausmaß dem Tiberier für seine Hochzeit vorschwebte.
Beiträge von Manius Flavius Gracchus
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Noch immer an die Schulter des Sklaven gelehnt, schüttelte Gracchus den Kopf, ehedem er seinen Blick hob und Sciurus' Augen fixierte, welche im Schimmer der Nacht noch farbloser schienen als sie am Tage es ohnehin bereits waren.
"Nein, Sciurus, nichts ist vergessen, nichts! Ver..stehst du das nicht, was nun geschieht, dies alles ist noch immer ein Effekt meiner Taten! Oben auf der Kuppe des Berges habe ich gegen einen Kiesel getreten, ich habe eine Lawine ausgelöst, welche bereits den gesamten Hang ver..wüstet, hunderte Leben mit sich gerissen hat, doch nun … nun rauscht sie durch das Tal und wird auch hier alles noch hinfortreißen, was mir lieb und teuer ist! Dieser einfältige Tor, dieser elendigliche ..."
Gracchus' Stimme versagte, doch letztlich mangelte es ihm ohnehin an adäquaten Schimpfworten.
"Was hat er sich nur dabei geda'ht?! Alles, wofür wir gekämpft haben, alles was wir verändern und bewegen wollten, alles, weshalb wir dieses Risiko eingegangen sind, weshalb wir die schlimmste Untat begangen haben, welche ein Römer begehen kann! Als wäre nicht ein Bürgerkrieg bereits genug, als würden wir nicht bereits bis zum Halse in Blut stehen, als wäre dies alles belanglos für ihn! Ich halte das nicht aus, Sciurus, ich kann nicht noch mehr Blut an meinen Händen er..tragen, nicht noch mehr Elend über dieser Stadt, nicht noch mehr Larven in meinem Rücken! Doch ihm … ihm war das alles glei'hgültig! Dieser elende … Verräter!"
Verzweifelt hob Gracchus seine Hände vor das Gesicht, um jenes darin zu verbergen, denn nicht einmal Sciurus mochte er einen Blick auf seine Tränen noch vergönnen.
"Ich habe alles zerstört, alles … für nichts! Für nichts! Meine Familie, Rom, meine Ehre, Faustus …"
Er schniefte leise.
"Er wird mich noch mehr hassen als ohnehin bereits." -
So bald wie möglich. Selbstredend lag es auch in Gracchus' Sinne, die Ehe so bald als möglich bekannt zu geben, respektive zu schließen, denn letztlich hing von dieser Ehe auch maßgeblich jeder weitere Schritt im öffentlichen Leben ab. Andererseits wiederum sehnte er sich danach, dies so lange wie möglich noch aufzuschieben, denn im Grunde war jeder weitere Schritt im öffentlichen Leben nur seiner Familie und Herkunft geschuldet - ebenso wie eine neuerliche Ehe, auf welche er zweifelsohne hätte verzichtet, wäre er frei in seiner eigenen Entscheidung gewesen. Bisweilen träumte er gar von einer gänzlich anderen Form der Ehe, einer Form hehrer Verbundenheit, aufrichtiger Leidenschaft und inniglicher Liebe, in welcher die beiden unvollständigen Teile Platons Kugelmenschen wieder zueinander fanden - und stets war in seinen Träumen Faustus die verlorene Hälfte, welche ihn komplettierte. Abgesehen davon, dass allein der Gedanke an eine solche Form der Ehe in diesen Zeiten jedoch überaus bizarr und undenkbar schien, scheiterte dieser Traum gleichwohl daran, dass Faustus nicht im Geringsten noch seinen verlorenen Seelenpart in Gracchus sah.
"Dies kommt mir ebenfalls zupass. Sofern euch dies genehm ist, können wir die Eintragung der Verlobung in das kultische Register bereits in den kommenden Tagen vor..nehmen lassen."
Schlussendlich war die Zustimmung aller Anwesenden nichts anderes als die Verlobung.
"Bezüglich der Dimension der Feierli'hkeiten werde ich mich gänzlich nach deinen Wünschen richten, Aurelia."
Letztendlich konnten ihre beiden Familien es sich leisten, überaus exzessive Feierlichkeiten zu bieten, andererseits konnte ihr Stand es sich ebenfalls leisten, eine solche Eheschließung nurmehr im kleinen Rahmen zu vollziehen.
"Steht dir der Sinn eher nach einer ausgedehnten Gästeliste oder mehr nach einem kleinen Kreise?"
Sofern letzter die in Rom anwesende Familie, sowie den Flamen Dialis zur Durchführung der Zeremonie würde umfassen, wäre dies Gracchus durchaus ausreichend, indes war er gewillt seiner künftigen Gemahlin jeden Wunsch zu erfüllen, gleichwohl konnte es allfällig - in Hinblick auf die weiteren Schritte im öffentlichen Leben - ebenfalls vorteilhaft sein, die Gästeliste ein wenig weiter zu fassen. -
Seit einigen Tagen bereits war Cornelius Palma tot, und die auf dieses Ereignis folgenden Senatssitzungen hatten kein Ergebnis gebracht, um die heikle Lage für das Imperium zu entschärfen, waren gegenteilig aus flavischer Sicht geradezu desaströs und ernüchternd. Die flavische Villa war ob dessen noch immer gesichert, die Ein- und Ausgänge blieben verschlossen und bewacht und nur bekannte Gäste fanden Einlass, Sklaven patrouillierten im Garten und Sciurus hatte einige Späher in die Stadt ausgesandt, welche die Stimmung dort im Auge behielten. Der Hausherr indes schwankte beständig zwischen Indignation über die Vorgänge im Senat, Sorge um die Sicherheit der Familie, Zorn über Cornelius Palma und einem Grad an Verzweiflung über die Ursachen der gesamten Misere. An diesem Tage indes, da sich noch immer nichts bewegte in Hinblick auf die alles entscheidende Frage, hatte er die Bewohner der Villa Flavia im Atrium zusammenkommen lassen - nicht nur die flavische Herrschaft, sondern auch die wichtigen Sklaven des Haushaltes.
"Meine Lieben"
, begann er als alle versammelt waren, selbstredend darin nur seine Verwandten inkludierend.
"Die politische Situation ist weiterhin überaus prekär und wird sich augenscheinlich nicht allzu bald ent..spannen. Das Machtvakuum, welches dieser einfältige Cornelier hinterlassen hat, wird auf unbestimmte Zeit fortwähren, selbst wie lange die Tore der Stadt noch geschlossen bleiben, ist nicht abzusehen. Auf den Senat können wir nicht vertrauen, im Gegenteil - ein Großteil dieser Männer hat einst Vescularius Salinator zum Kaiser erhoben, und eben diese Männer haben nun das Gesetz ausgehebelt und Duccius und Vettius zu Konsuln auf unbestimmte Zeit ernannt und die Wahlen des Cursus Honorum ausgesetzt. Erst ein neuer Kaiser wird uns von dem ma'hthungrigen Germanen erlösen, und dieser setzt bereits alles daran, diesen Zeitpunkt so lange wie möglich hinauszuzögern. Beistand erhält er von Senator Decimus, welcher derzeit militärisch der mächtigste Mann Roms ist, so dass es ebenso nicht unwahrscheinlich scheint, dass es eher ein neues Triumvirat als einen rechtmäßig gewählten Kaiser geben wird."
Dass Gracchus bereits Kaiser Duccius vor sich sah, mochte er nicht erwähnen. Mit strengem Blicke bedachte er seinen Sohn, mit welchem er seit ihrem Streit kein Wort hatte gewechselt.
"Minor, du wirst deine Koffer packen und dich für eine Abreise bereit halten. Sobald die Tore Roms geöffnet sind oder sich eine andere Mögli'hkeit bietet, wirst du nach Aegytpus übersetzen. Du wirst deine Studien am Museion in Alexandria abschließen und die politischen Unruhen nur aus der Ferne betrachten."
Die Sicherheit Minors war in Hinblick auf diese Entscheidung zwar durchaus ein relevanter Punkt, doch viel mehr mochte Gracchus sich der häuslichen Probleme entledigen solange die politischen ihm Kopfzerbrechen bereiteten. Weiters war es ohnehin längstens an der Zeit, dass Minor seine Studien in einem der Zentren der Wissenschaft vertiefte, und sofern dies bedeutete, dass die Vorbereitungen zur Hochzeit mit Aurelia Prisca in aller Ruhe ihren Lauf konnten nehmen, war dies nur um so besser - denn obgleich mit den jüngsten Ereignissen die größte Gefahr, welche von den Aureliern ausging, ein wenig vermindert war, so war Gracchus' Beziehung zu diesen - insbesondere Prisca - doch noch immer zu brisant, um das Eheversprechen zu annullieren. Sodann wandte er sich Domitilla zu.
"Von der Öffnung der Stadttore wird es ebenfalls abhängen, ob deine Eheschließung planmäßig stattfinden kann, Domitilla, oder einige Zeit ver..schoben werden muss. Ohne deinen Vater ..."
... hätte Cornelius' Tod zumindest einen positiven Aspekt.
"… wird die Zeremonie kaum möglich sein. Ich bin indes zuversichtlich, dass diese Maßnahme nicht allzu lange andauern wird, denn letztendlich ist Rom von der Versorgung von Außen abhängig."
Vermutlich würde Aetius Gracchus die Schuld an all dem geben, und letztendlich war dies nicht einmal allzu fern von der Wahrheit. Der Flavier ließ seinen Blick über die Mitglieder seiner Familie schweifen.
"Die wenigsten von euch waren in Rom als der letzte Bürgerkrieg ausbra'h, die Situation war zweifelsohne eine andere, doch die Gefahr ist in diesen Tagen nicht geringer. Niemand weiß, welche Legionen sich allfällig bereits in Bewegung gesetzt haben, um die Macht mit Gewalt an sich zu reißen, niemand weiß, welche Mächte in Rom sich formieren. Der Senat ist bereits gespalten und die Mehrheit der Stimmen liegt in den Händen einer Fraktion, welchen Traditionen und Gesetze nichts gelten."
Gracchus fixierte seinen Neffen Scato.
"Niemand kann vorhersehen, was geschieht, niemand kann vorhersehen, ob und wann dies eskaliert. Ich werde im Senat gebunden sein, und ... nun, wenn dies eskaliert ... und ich nicht zurückkomme, so obliegt es dir, Caius Scato, für die Si'herheit unserer Familie Sorge zu tragen. Ich möchte dich bitten, darauf vorbereitet zu sein." -
Wie sie zuerst sich gedankenlos und eigenmächtig über Gesetze hinwegsetzten, um nun über einen einzelnen Buchstaben im Gesetz zu debattieren, dies bestätigte Gracchus nurmehr, dass weder dem Duccius, noch dem Decimus nach der indirekten Machtergreifung daran gelegen war, die Wahl des neuen Princeps sonderlich eilig durchzuführen. Dass der Praefectus diesen Einwand darüberhinaus explizit mit den patrizischen Ambitionen hinsichtlich altehrwürdigen Gesetzen und Traditionen verglich und verargumentierte, zeigte nur mehr noch, wie wenig beides ihm galt, gleichwohl eine Arroganz und Vermessenheit, an welche die angeblich patrizische kaum noch konnte heran reichen.
"Allfällig sollten wir einen Grammaticus laden, welcher uns die grammatikalische Korrektheit Cornelius' Wunsches in Hinblick auf das Gesetz akkreditieren kann."
wandte Gracchus ein ohne eine Miene zu verziehen, setzte sodann indes hinzu.
"Alternativ könnten wir wir darüber abstimmen, ob ein Mann - ein Kaiser -, der sich in mehreren Zeilen darüber auslässt, weshalb er keinen Namen nennt und auf welche Weise sein Nachfolger bestimmt werden soll, nicht ebenso klar seinen Wunsch hätte geäußert, wenn der Ulpier ihm dieser geeignete Na'hfolger wäre gewesen - denn dieses Gesetz existiert schlussendlich bereits seit längerem." -
Zitat
Original von Manius Flavius Gracchus
Wieder einmal einige Tage im Ausland und darob bis kommenden Mittwoch höchstens lesend aktiv.
Eine Unpässlichkeit hat dies deplorablerweise verhindert, so dass ich nun doch mehr an- als abwesend bin ... -
Wieder einmal einige Tage im Ausland und darob bis kommenden Mittwoch höchstens lesend aktiv.
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"Am Tag vor den Kalenden des März ..."
murmelte Gracchus in seinen (derzeit) nicht vorhandenen Bart, ehedem er nickte.
"Ja, dies erscheint dur'haus als ein guter Tag. Bezüglich der übrigen Formalitäten, wie lauten deine Vorstellungen?"
Dies war letztendlich die Essenz dessen, um was es am heutigen Tag ging. Gracchus' Gedanken hierzu waren ein wenig divergent, denn einerseits würde er Lepidus ob der Verschwägerung mit dem Duccier selbstredend im Preis massiv drücken wollen, andererseits bestand Aetius auf diese Ehe, so dass es ihm letztlich gleich war, was der Brautvater dafür bezahlen musste solange nur die Hochzeit würde stattfinden. -
Seine Augen geschlossen hob Gracchus das Schriftstück, sog tief Luft ein und es war ihm als könne er einen Hauch von Faustus erschnuppern. Augenblicklich zerstörte dieser klandestine Odeur jeden Verstand, wähnte Gracchus in einem Meer aus pudrigem Malve und samtenen Alizarinrot sich versinkend, gesprenkelt mit süßen Eruptionen honiggelben Schimmerns. Ein Seufzen kroch aus seinem tiefsten Inneren empor, wohlig und doch angefüllt mit endlosem Kummer. Was war dieses Schreiben? Adressiert an den Senator, begonnen mit einem unpersönlichen Gruß, dabei indes durchaus ein legeres Salve und nicht etwa das formelle s.p.d., danach kurze, beinahe abgehakte Sätze. Vieles hat sich verändert - war dies gut oder schlecht? Verändert in Hinblick auf die Anfänge ihrer Beziehung oder auf das Ende? Ich hoffe, dass es Dir trotz allem gut geht - war dies eine Aussage oder ein versteckter Code, ein Fakt oder eine rhetorischer Attacke? Dann eine Ellipse, als wolle Faustus nicht allzu viel von sich selbst in diesen Worten wissen, als wolle er verhindern, dass Gracchus zu viel von ihm würde zu lesen bekommen. Vale bene - nicht einfach nur vale, nein vale bene. Der Absender schlussendlich wieder gänzlich formell. Was hatte dieser Brief zu bedeuten? Zu tief war der Riss zwischen ihnen, zu sehr hatte er Faustus verletzt, zu sehr enttäuscht. Allfällig war es nur eine Erinnerung an seine noch immer bestehende Schuld. Noch einmal sog Gracchus den Duft nach verlorenen Tagen ein ehedem er Sciurus eine Antwort diktierte. Sie fiel mehr als hölzern aus, doch je länger er darüber sinnierte, desto weniger wollten die Worte sich angemessen formen - so dass sie derart unbeholfen schlussendlich auch ihren Weg in die Casa Decima fanden.
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Auf seinem Weg von irgendwo nach nirgendwo - oder vice versa - brachte ein Sklave aus der Villa Flavia eine Nachricht in der Casa Decima vorbei.
Tribunus Cohortis Praetoria Faustus Decimus Serapio, Casa Decima
Salve!
Ich gratuliere dir zu deiner Ernennung zum Tribun der Garde und ich hoffe, dass dies dir endlich auch wieder die dir zustehende Reputation zurückbringen wird, gleichwohl ich ebenfalls hoffe, dass du dich wohl befindest.
Meine Schuldigkeit gegenüber dir und deiner Familie indes bleibt weiter bestehen, darob lasse mich bitte wissen sofern es etwas gibt, bei dem ich dir behilflich sein kann.
Vale bene!
http://www.niome.de/netstuff/IR/SiegelCaduceus100.png
[Blockierte Grafik: http://www.niome.de/netstuff/IR/ManiusFlaviusGracchus.png]
P.S.: Vieles mag sich verändert haben, doch deplorablerweise bleiben die Folgen katastrophal.
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Mit sich und seiner Entscheidung gänzlich im reinen öffnete Gracchus den Mund, um die Frage des Sklaven mit einer plausiblen Entgegnung leichthin abzutun, doch während der Sinn dieser Worte allmählich in seinen Verstand tröpfelte, stieg ebenso ein Anflug von Panik in ihm empor.
"Nun ..."
, begann er ohne zu wissen, was dem sollte folgen. Weshalb konnte er sich an diesen Mann, den die Welt hatte vergessen, entsinnen - und dies nicht nur in einer vagen Erinnerung, nein in unzähligen Einzelheiten? Er entsann sich der buschigen Brauen über blassbraunfarbenen Augen, der kantigen Nase, auf welcher eine feine Narbe verlief, dicken, spröden Lippen, ein wenig abstehende Ohren zwischen graufarben struppigem, von den Winden zerzaustem Haar. Er entsann sich der ausgebleichten, grünfarbenen Tunika, welche in der See sich mit Dunkelheit hatte vollgesogen, an ausgetretene Sandalen in welchen schrundige Füße steckten, eine dünne Lederschnur, welche als Gürtel um den mageren Leib lag. Und er entsann sich des durchdringenden Geruches, welcher ihn an einen Stall voller Ochsen gemahnte, an die raue Stimme, welche der salzige Wind hatte abgeschliffen, die von Schiffen phantasierte, welche durch die Sternenmeere fuhren. Und er entsann sich des klatschenden Geräusches, mit welchem der Mann in den Oceanos stürzte, an die flehenden Rufe, ihm zu vergeben, wenigstens ein Brett ihm zu lassen, an das leise Gurgeln als die Ruder ins Wasser tauchten und das Schiff allmählich wieder voran brachten, und den dunklen Flecken, welcher alles war, was von dem Ertrunkenen noch eine Weile im endlosen Wasser nachhallte. Er erinnerte sich an all diese Details als wäre dies am Vortage geschehen. Die Welt hatte diesen Mann nicht vergessen. Die Welt würde auch ihn nicht vergessen.
"Ich ..."
, versuchte er noch einmal einen Satz zu finden, ehedem die schreckliche Wahrheit dieser Erkenntnis ihn übermannte, sein Leib unmerklich zu beben begann, und er schlussendlich schluchzend an Sciurus' Schulter endete. Der Oceanos war seine Hoffnung gewesen, die Arme der Insania seine Flucht - doch nicht einmal dieser Ausweg war ihm vergönnt. -
Das Ergebnis dieser Abstimmung war wahrhaft skandalös, doch letztlich war Gracchus' Vertrauen in den Senat bereits seit jener Zeit verloren, da genau jene Männer, die Consul Duccius nun seinen Freibrief eingeräumt hatten, die Machtergreifung des Usurpators Vescularius hatten ratifiziert. Es war wieder einmal ein Beleg dessen, warum nicht jeder Einfaltspinsel aus der Provinz nach zwei Amtszeiten in den Senat sollte aufgenommen werden, der Beleg dessen, dass es einst einen guten Grund hatte gegeben, nur die Elite des Reiches über das Wohlergehen dessen bestimmen zu lassen - denn augenscheinlich dachte hier niemand mehr an das Wohl des Reiches. Gracchus sah bereits den Consul auf Lebenszeit Duccius vor sich, welcher alle Verfügungsgewalt an sich riss, da es nie wieder einen Kaiser würde geben da jegliche Abstimmung von vorneherein nur abgewiesen, blockiert oder geschönt würde.
"Du kannst es drehen und wenden wie du willst, Duccius, die Art, wie du diese Diskussion und Abstimmung geführt und bewertet hast, zeigt bereits, womit wir in den kommenden Wochen zu re'hnen haben. Unsere Kritik wurde mitnichten gehört, denn schlussendlich hast du im Zuge der Forcierung der Abstimmung allen Anwesenden den Mund verboten wie ein Paedagogus seinen Schülern, so dass nicht einmal alle Bedenken ausgesprochen, geschweige denn ausgeräumt werden konnten!"
Die Aussetzung der Wahl bedingte für die übrigen Ämter des Cursus Honorum schlussendlich auch ganz praktische Probleme, was indes niemanden zu interessieren schien. Gracchus wandte sich Iulius Centho zu.
"Auch die Vögel werden fliegen, wie Consul Duccius es beliebt."
Würden die Vögel also nicht gegen die Abstimmung fliegen, so würde niemand diese Entscheidung ernst nehmen können - womit man sich die Mühe zweifelsohne konnte sparen, es sei denn man wollte dem Volk eine Sicherheit vorgaukeln, welche es nicht gab. Zweifelsohne indes war dies durchaus eine Idee, welche es detaillierter zu überdenken galt, denn zwar würde es schwer werden, ein geeignetes Prodigium in die Stadt zu schmuggeln, doch letztlich war Rom auch bei geschlossenen Toren kein abgeschlossenes System.
"Ich kann Senator Purgitius nur zustimmen, am heutigen Tage ist es für jeden aufre'hten Römer eine Schande, Teil dieses Gremiums zu sein!"
Da er augenblicklich keine Möglichkeit mehr sah, in dieser Runde eine konstruktive Diskussion zum Wohle Roms zu führen, verließ auch Gracchus die Curie - weniger lautstark und mit mehr Contenance als Senator Purgitius, doch keinesfalls weniger echauffiert. -
Gänzlich in seine eigenen Gedanken versunken bemerkte Gracchus nicht das Herannahen des Sklaven, sah nur den Schimmer des Lichtes, welches auf der Oberfläche des Wassers vor ihm sich spiegelte, welches er ob dessen für ein Glühen aus der Tiefe empor hielt, ein Licht, mit welchem die gütige Insania ihm den Weg wies. Ein leises Lächeln schlich sich auf sein Antlitz als sie ihn zudem mit ihrer Wärme umfing, ob dessen die nachfolgende allzu reale Stimme Sciurus' jählings aus der Blase der ihm imaginierten Welt ihn riss, dass Gracchus erschrocken herum fuhr.
"Sciurus!"
nannte er den Namen, gleichsam ein Tadel ob der Klandestinität, mit welcher sein Sklave war aufgetaucht, wie auch Erleichterung über seine Person, denn keinen Menschen würde Gracchus in diesem Augenblicke bei sich wissen wollen. Nach einigen Herzschlägen, in welchen er den Schrecken abschüttelte, blickte Gracchus über die Schulter zurück auf den Teich und als er sich wieder Sciurus zuwandte, kräuselte erneut ein Lächeln seine Lippen.
"Ich ... gehe in den Oceanos und werde vergessen."
Da auf dem Antlitz seines Gegenübers sich weder Verständnis, noch die angemessene Freude über dies abzeichnete, fühlte sich der Flavier bemüßigt, sich zu erklären.
"Auf meiner ersten Überfahrt nach Achaia befand sich ein Dieb an Bord, ein Peregrinus aus der Rudermannschaft, der eines Nachts den Kapitän bestohlen hatte. Am nä'hsten Morgen ließ der Kapitän diesen Mann schlichtweg über Bord in den Oceanos werfen. Ich beobachtete wie er strampelte und mit den Armen ruderte, wie er einige Male versank und wieder auftauchte, doch bald schon schlugen die Wellen ein letztes Mal über ihm zusammen. Er versank, und von diesem Augenblicke an war er ver..gessen. Ich fragte meinen Onkel, der mich auf der Reise begleitete, ob die Strafe des Kapitäns ohne ein Gerichtsverfahren re'htens gewesen war, doch er hieß mich nur zu schweigen. Ich fragte einige der Ruderer nach diesem Manne, doch sie schüttelten nur den Kopf, letztlich wagte ich gar den Kapitän zu fragen, doch er erinnerte sich an nichts und bellte mich an, dass ich aufpassen solle, was mein von der Sonne getrübter Verstand mir eingab. Der Oceanos hatte diesen Mann von der Welt getilgt, Sciurus, es war als hätte er niemals existiert, die Welt hatte ihn einfach vergessen."
Eine tiefe Traurigkeit überkam Gracchus, ein leiser Anflug von Zaudern, doch letztlich wischte er alle Bedenken beiseite.
"Wenn es eine Möglichkeit gibt, der Welt mich vergessend zu machen, so ist es meine Pfli'ht, sie zu ergreifen. Ich kann nicht gut schwimmen und ich werde nicht rudern, noch strampeln. Ich werde schlichtweg mich den Wellen überlassen und untergehen. Die Welt wird mich ver..gessen, und … so es gütige Götter gibt, werde allfällig auch ich vergessen." -
Ein wenig ratlos schüttelte Gracchus den Kopf.
"Cnaeus Aetius ist ein überaus berechnender Mann. Was auch immer Tiberius Lepidus ihm geboten oder versprochen hat, es ist zweifelsohne von nicht geringem Wert"
, suchte er die Entscheidung seines Onkels zu erklären. Obgleich es selbstredend keine Beweise gab und auch kein Flavier dies jemals würde laut aussprechen - nicht einmal innerhalb der Gens -, so war doch in der Familie durchaus bekannt, dass Aetius nicht nur berechnend, sondern skrupellos war, dass er zur Erreichung seiner Ziele gar über Leichen ging, wenn dies auch üblicherweise nicht die seiner eigenen Familienmitglieder waren. Da jedoch Gracchus sich hinwieder nicht konnte vorstellen, was dies sein sollte, das der Tiberius seinem Onkel versprechen konnte, hegte er darüber hinaus auch die Befürchtung, Cnaeus Aetius könnte schlichtweg der Senilität des Alters anheimgefallen sein, was er indes ebenso wenig wollte aussprechen, galt doch der Respekt gegenüber den älteren Verwandten als gleichsam ungeschriebenes, gefestigtes Gesetz seiner Familie wie die Unmöglichkeit einer Ehe in die Plebs. Nach der Hochzeit allfällig würde er dies mit Prisca teilen können, doch noch war die Ehe nicht mehr als ein Versprechen.
"Gibt es denn schon einen Zeitpunkt, zu welchem die Spiele angeda'ht sind, Aurelia?"
suchte er darob das Thema zurück auf die Hauptangelegenheit des Abends zurück zu lenken, da auch der Termin der Hochzeit durchaus bereits würde festgelegt werden können. -
Auch Gracchus stimmte nicht nur gegen die konstruierte Notwendigkeit und die Außerkraftsetzung geltenden Rechts, sondern ebenfalls gegen die abgewürgte Diskussion, welche ihm gleichsam Garant dafür war, dass es den Consuln keineswegs um das Wohle Roms ging, sondern schlichtweg um ihre eigenen Machtbefugnisse. Demnächst würden vermutlich die Diskussionen zu möglichen Kaiserkandidaten ebenfalls derart abgehandelt: ein Vorschlag des Duccius, Diskussion verwehrt, abstimmen. Und eben dieser Missbrauch konsularischer Macht war es, welcher in solchen Zeiten durchaus gefährlich war.
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Ungeheuerliche Worte in den Hallen des Senates, welche Usus, Traditionen und Gesetze des römischen Reiches außer Kraft setzten und beinahe schon der Lächerlichkeit Preis gaben, auszusprechen, schien seit dem Tode Cornelius' schon mehr die Regel als die Ausnahme zu sein. Zuerst mussten die Senatoren das wahnwitzige Testament des Kaisers vernehmen und nun forderten die Consuln einen Dispens - denn obgleich dies in einer Bitte formuliert war, so drohten sie für den gegenteiligen Falle doch direktwegs mit Chaos, Anarchie und Unfrieden. Die Consuln Duccius Vala und Vettius Bolanus, ein machthungriger Homo Novus und ein farbloser Konformist, in Absprache mit dem Stadtpräfekten, ohnehin bereits der militärische Herrscher der Stadt, welcher direkt ihnen Rückenwind, beinahe einen Sturm schon, in die Segel blies - das nächste Triumvirat römischer Herrschaft, welches unter sich den Augustus ausklüngelte, allfällig bei einem Würfelspiel, allfällig am Ende auf militärische Kosten des Reiches. Beinahe mochte der Gedanke aufkommen, dass sich für dieses Triumvirat gerade der Höhepunkt eines ausgeklügelten Planes manifestierte - und niemand würde dies wohl weniger nachvollziehen können als Gracchus, der sich schlussendlich ebenfalls einst dazu hatte entschieden, das Ableben eines in Hinblick auf den Staat apathischen Kaisers zu beschleunigen und einen eigenen Kandidaten auf den Thron zu bringen.
"Ist es ohne einen designierten Augustus bereits so weit gekommen, dass wir beginnen Recht und Gesetz, auf welchen dieses Imperium basiert, außer Kraft zu setzen? Annuitätsprinzip und Iterationsverbot wurden schlussendlich nicht grundlos eingeführt, sondern aus dem Gedanken und der Gefahr heraus zu ver..hindern, dass die Macht eines einzelnen Mannes im Staate zu groß und dieser gegen den Augustus übermütig wird. Wann wäre es dringender vonnöten die Macht eines einzelnen im Staate zu begrenzen als in jenen Tagen, da wir nicht einmal einen Augustus haben, welcher über diese Ma'htfülle wachen und ihr Einhalt gebieten wird?"
Er blickte die Konsuln an.
"Und obgleich wir wohl alle wissen, dass diese Gefahr ob des edelmütigen Altruismus' eurer Entscheidung selbst..redend niemals gegeben ist, so bedenket das Signal, welches dem Volk gegeben wird. Der Kaiser ist kaum tot und der Senat setzt bereits die Grundgesetze des Staates außer Kraft! Denn nichts anderes ist dieser Paragraph des Codex Universalis, welcher bestimmt, dass einzig und allein der Imperator Caesar Augustus das Recht besitzt, einen solchen Dispenz im Cursus Honorum zu gewähren - ein grund..legendes Gesetz des Imperium Romanum!"
Allfällig sollte der Senat die Gelegenheit ergreifen, noch einige andere Gesetze abzuändern, womöglich jene den Imperator Augustus betreffend.
"Dass dieser Dispenz vonnöten ist, die Stabilität des Reiches zu gewährleisten, sehe ich indes nicht. Ver..trauen und den Senat auf seiner Seite hat schlussendlich noch jeder Mann, welchen wir zum Consul wählen - denn andernfalls würde er die Wahl nicht gewinnen. Die notwendige Erfahrung mit der Situation, dass der Senat über einen kaiserlichen Na'hfolger zu entscheiden hat, hat niemand, weder die Kandidaten, noch die beiden amtierenden Consuln. Und Unterstützung in Hinblick auf die alltägli'hen Aufgaben eines Consuls kann den neuen Consuln zweifelsohne in Person geeigneter Consulare gestellt werden, sofern sie dies wünschen." -
Trist und eisig hing die winterliche Nacht über Rom, einem schweren Tuche gleich oder einer staubigen Schicht, unter welcher das Atmen schwer fiel, zerfaserte Wolken zogen über das Firmament, dass die Sternenfunken und die halbe Scheibe der Luna unter ihnen verschwanden und wieder auftauchten, Ertrinkenden im Oceanos gleich, welche wieder und wieder der Oberfläche des Wassers entgegen strebten, um verzweifelt nach Luft zu schnappen. In die Dunkelheit hinein war Gracchus in seinem Cubiculum erwacht, in das trübe Dämmerlicht der Öllampen auf dem Flur hinausgetreten, um das fahle Schimmern zum Hortus hin wieder hinter sich zu lassen. Er kannte jeden Schritt in diesem Garten, der seit seiner Kindheit sich nicht allzu sehr hatte verändert, dass er auch in der Nacht seinen Weg fand über den kalten Stein hinweg, über das taufeuchte Gras, welches an den Rändern seiner Haussandalen seine Haut kitzelte und ihn an eine Elegie des Kallimachos von Kyrene entsann. Den mahnenden Geistern seiner Vorfahren gleich taxierten die Schemen der steinernen Musen seinen Weg als er an ihnen vorübereilte, ein Käuzchen sandte seinen Ruf ihm hinterher als er den arbor felix passiert und gemahnte ihn an längst vergangene Versprechen, längst vergessene Lügen, und erst die dunklen Umrisse des kleinen Teiches ließen in seinem Schritt ihn verharren. Einem mundus gleich lag die starre Oberfläche des Wassers vor ihm, schwarzfarben und endlos, vergessend, vergebend, bereit ihn ohne Vorbehalte in sich zu verschlingen. Gracchus sehnte sich so sehr danach, vergessen zu werden, vergebend, vorbehaltlos verschlungen zu werden. Die Welt hatte augenscheinlich sich erneut gegen ihn verschworen, nicht nur im großen, sondern ebenso im kleinen. Minor zürnte ihm noch immer ob der bevorstehenden Ehe mit Aurelia Prisca, ob dessen Gracchus nicht sicher war ob er verärgert, enttäuscht oder schlichtweg verwirrt sollte sein war, doch gleich welche Emotion dies in ihm selbst evozierte, dass Minor ihm derart zürnte destruierte gänzlich sein väterliches Selbstverständnis, gleichsam er nichts dagegen konnte unternehmen ohne zudem noch den letzten Rest an parentaler Autorität einzubüßen. Sein Onkel Aetius hinwider war entweder der Senilität anheim gefallen oder aber scheute keinerlei Mittel mehr, um aus dem fernen Ravenna ihn zu traktieren, und war ob dessen gar bereit, seine Tochter Domitilla an den Tiberius zu verschachern, von welchem Gracchus nicht sicher war, ob er schlichtweg alert oder intrigant war. Von Faustus' Verbleib hatte er seit dem Gespräch mit Cornelius in der Regia nichts mehr vernommen, doch zweifelsohne zürnte ihm dieser nur mehr noch als zuvor, da Gracchus sein Wort nicht hatte gehalten. Cornelius Palma indes war ein Fall für sich selbst und auch hierbei wusste Gracchus nicht ob er lachen sollte oder weinen oder beides zugleich, hatten die Götter den Kaiser doch schlichtweg von der Welt hinweggefegt - nach allem, was sie hatten getan, nach allem was geschehen war um ihn auf den Kaiserthron zu schaffen, und dazu noch ehedem Gracchus ihn konnte zur Rede stellen bezüglich seines Verhaltens in der Regia. An den Cornelier selbst wollte Gracchus nicht einmal mehr denken, denn der Gedanke an ihn, an seine Selbstsucht und Machtzerfressenheit bescherte dem Flavier Übelkeit. Die Konspiranten hatten ihr Leben riskiert für ihn, das ihrer Familien, manch einer hatte sein Leben gelassen, sie hatten Tod und Verderben über das gesamte Imperium gebracht, eine Ära des Schreckens und Leides, sie hatten gelogen, betrogen, gemordet - doch Palma war dies letzten Endes alles schlichtweg egal gewesen. Töte und herrsche! Nach meinem Tode soll Deukalion meine Knochen überspülen! - so hatte frei nach Straton von Sardis augenscheinlich die Maxime des Cornelius gelautet, und Gracchus hatte nicht unwesentlich dafür Sorge getragen, dass es überhaupt soweit gekommen war. Am Ende war all dies vergeblich gewesen und welcher Irrsinn noch würde folgen, dies wussten nur die irrwitzigen Götter, doch Gracchus wollte nicht mehr die Verantwortung tragen für noch mehr Leid und Verderben über Rom. War es die Welt, welche schlichtweg nicht mehr ihren Bahnen folgte, welche die Gesetze der Vernunft hatte hinter sich gelassen, oder war er es selbst? Zweifelsohne gab es nur ein plausibles Ende dieses Gedankenganges, denn zu lange spürte er bereits den süßen Hauch der Insania in seinem Nacken. Sie war seine letzte Tugend, nachdem Dignitas, Honestas und Veritas ihn hatten verlassen, sie war die verlorene Muse, welche in ihren Armen ihn umschlossen hielt, welche ihm Trost gab in einer Welt aus Wahn. Sie war es, welche ihn nährte einer Mutter ihr Kinde gleich, sie war es welche ihre Wärme ihm schenkte, ihre bedingungslose Güte.
"Per aspera ad insania ..."
, murmelte er leise und trat einen Schritt auf den Oceanos zu. Er mochte den Wahsninn der Welt nicht mehr ertragen, er mochte die Last seiner Welt nicht mehr tragen, er mochte nurmehr vergessen, vergessen werden. -
Als das Testament verlesen war brauchte auch Gracchus einige Herzschläge, um den Inhalt zu realisieren, ehedem er seine Hand anhob und seine Stirn dort hineinsinken ließ – was Jahrhunderte später einmal als sogenannter facepalm würde bezeichnet werden. Zu Beginn seiner engeren Relation zu Cornelius Palma hatte er geglaubt, einen fähigen Mann zum Kaiser erkoren zu haben, später dann suchte er über dessen Skrupellosigkeit hinwegzusehen im Gedanken an das Wohle Roms, noch ein wenig später hatte er feststellen müssen, dass Palma nicht weniger ignorant als Valerianus sich gab, doch dieses Testament übertraf seine schlimmsten Befürchtungen. Kleine funkelnde Sterne und ein Schleier dumpfer Schattigkeit legten sich über Gracchus' Blick bei dem Gedanken, was er Rom hatte angetan, mit welchem Schrecken und Gräuel er Rom hatte überzogen für diesen Kaiser - für nichts.
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Voller Ingrimm verfolgte der Vater den Abgang des Sohnes, die Augen zusammengekniffen, die Kiefer aufeinander gepresst, im Bemühen die in ihm brodelnden Gefühle im Zaume zu halten.
"Dieser Eindruck beschleicht mich ebenfalls"
, knurrte Gracchus grimmig als Minor bereits außer Sicht war, und wusste doch im gleichen Augenblicke, dass sein Sohn ihm weitaus similärer war als es ihm behagte. Zornig - weit mehr über letztere Tatsache als das Aufbegehren seines Sohnes - schlug er die Türe zum Gemach der Claudia zu, und ein wenig zürnte er auch ihr, dass sie ihn mit den Sorgen und Nöten der Erziehung ihres Sohnes schlichtweg alleine hatte zurückgelassen. Sie hatte stets gewusst wie mit ihren Kindern umzugehen war - ihm dagegen waren alle drei bisweilen ein einziges Rätsel, gleichsam wie es ihre Mutter ihm gewesen war. -