Es gab Dinge, die waren dazu da, namenlosen Handlangern überlassen zu werden. Und es gab Dinge, die mußte ein Mann selbst tun.
Aber mein Leibsklave verstand das nicht. Die ganze Zeit, während wir unterwegs waren, hat er schon versucht, mich wortreich von meinem Vorhaben abzubringen. http://img337.imageshack.us/img337/1619/ravdushara.jpg
"Halt endlich die Schnauze!" zischte ich ihn an. Ich war, in meiner erbärmlichen Verfassung, völlig erschöpft und ausser Atem allein davon, den Quirinalhügel zu besteigen. Darum lehnte ich mich, noch einige Häuser vor unserem Ziel, erst einmal an eine Mauer, und lockerte meine Paenula, atmete durch, solange bis es wieder einigermaßen ging. Ich war nervös, gereizt... zwar hatte ich mir vorhin noch ein bisschen Hanf reingezogen, aber beileibe nicht genug um hier und jetzt kaltblütig zu bleiben.
Ravdushara – er trug den ganzen Kram – verharrte genauso nervös neben mir und ließ den Blick durch die nächtlichen Strassen des Quirinal schweifen. Ein nobles Pflaster, mit all den Villen, Tempeln, Gärten... Es ging schon auf Mitternacht zu, aber manche Häuser waren noch immer festlich hell erleuchtet, und hin hin und wieder zog ein Pulk von Saturnalien-Feierwütigen bei Fackelschein durch die Strassen. Sieh, selbst der Sterne Glanz / erstarb, der Mond wich, Mitternacht zog/ zwischen der Welt nun und uns den Schleier...
"Ich bin der einzige Sklave, unter all den Abertausenden in dieser großen Stadt, der heute Nacht arbeiten muß!" beklagte sich Ravdushara mit gedämpfter Stimme.
"Warum?! Habe ich dir nichts stets treu gedient? All deine Geheimnisse hab ich bewahrt, all deine Launen habe ich klaglos ertragen, in brutale Kämpfe mit... mörderischen Wilden bin ich dir gefolgt, unter Lebensgefahr habe ich dafür gesorgt dass du es selbst in der Wüste noch bequem hast, und natürlich – aber damit will ich ja gar nicht erst anfangen! - habe ich dir zahllose Nächte versüßt, aber du, Serapio, du ziehst mich hier grausam und gefühllos in etwas hinein, was uns beide Kopf und Kragen kosten kann! Warum nur überlässt du nicht auch dies hier einem der Schmierfinken?! -
Oh ja, ich weiß schon, es ist persönlich. Persönlich. - Aber wenn du es unbedingt selbst tun mußt, warum, oh bei Baal-Nessana, bei Al-lat und Manat der Erlauchten, warum lässt du dich nicht lieber von einem Rudel Leibwächter eskortieren, die nichts lieber tun, als andere totzuschlagen, anstelle von... mir friedliebendem, und für solcherlei rohe Abenteuer weitem zu hoch qualifizierten Nabatäer?!"
"Weil ich den anderen, im Gegensatz zu dir, nicht so weit vertraue wie ich sie werfen kann, Tonto" erwiderte ich entnervt. "Und jetzt... hör endlich auf zu quatschen. Oder – geh! Geh nur. Dann tu ich es eben alleine."
Das würde ja gut passen, wenn er mich jetzt auch noch im Stich ließe! Wie all die anderen! Ich starrte ihn herausfordernd an, aber in der Dunkelheit sah ich nur schemenhaft seine Gestalt, und schwach das Helle in seinen Augen.
"Wenn du willst, dass ich gehe, dann mußt du mich schon freilassen." sagte er schließlich heldenmutig.
"Das habe ich sowieso vor." antwortete ich leise... ein bisschen verwundert über diesen Mann, der mir schon so lange diente, und der dann doch wieder ein Buch mit sieben Siegeln war.
Aber egal. Ravdushara war nebensächlich.
Worum es hier wirklich ging, das war die Wahrheit. Die verletzende, schneidende, grausame Wahrheit, die ich ihm, den ich einmal rasend geliebt hatte, ihm, der mich und ganz Rom verraten hatte... auf die schonungsloseste nur mögliche Weise ins Gesicht schleudern würde.
Ich sah die Straße hoch und runter. Kein Mensch war zu sehen. Die Sterne verbargen sich hinter schwarzem Gewölk. Ich zog die Kapuze meiner Paenula auf den Kopf, und griff unter den Mantel, rückte, eher um mich selbst durch diese Geste zu beruhigen, den Waffengurt mit meinem wieder und wieder geschärften Gladius zurecht.
"Komm."
Wir gingen die Strasse entlang, aufrecht und offen, bis wir die Villa Flavia erreichten, dort drückten wir uns in die tintenschwarzen Flecken vor der Mauer, die das Anwesen umgab. Allein der Gedanke, dass er hinter diesen Mauern, nach allem was er mir angetan hatte, glücklich, zufrieden und unbehelligt, und nach allem was er verbrochen hatte, doch noch immer wohlangesehen, erfolgreich, ein "Muster römischer Tugend", sein wunderbares Patrizierleben lebte... das ließ den heißen Zorn in mir aufsteigen, und brodeln, rotglühend wie Lava!!!
Meine Hände bebten vor Rachedurst, als ich von Ravdushara den Pinsel entgegen nahm, und den Farbtopf, dann öffnete er die Blendlaterne einen kleinen Spalt, wobei er das Licht mit seinem Umhang abschirmte. Es fiel auf die Mauer – die eine ganz gewöhnliche Mauer unschuldiger Steine war, solide, aber nicht mal besonders hoch, nicht mal mit messerscharfen Eisenspitzen bewehrt, nur mit einem Streifen roten Mauerwerks oben als Abschluss.
Ich tauchte den Pinsel in die Farbe, klatschte ihn auf die Mauer, und begann in großen, fetten, seine Schuld in alle Welt hinausschreienden Lettern zu schreiben:
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simoff: reserviert....