Beiträge von Sciurus

    Sciurus führte den Besucher bis zum Tablinum. "Wartet einen Augenblick, Herr."


    Er klopfte an die Tür, trat in den Raum und wartete, bis Furianus Kenntnis von ihm nahm. "Herr, Aurelius Cicero, Magistratus von Mantua ist hier. Er bittet um ein Gespräch mit Euch."

    "Nein, dies wäre alles. Ich werde mich darum kümmern." Er nickte Sica noch einmal zu, stand dann auf und verließ den Raum. Eines Tages würde er seinen Herrn ebenfalls um eine eigene Kammer bitten, doch noch war er dazu nicht bereit, auch wenn nicht mehr viel Zeit blieb. Nach der Hochzeit seines Herrn mit der Claudia befürchtete Sciurus an Einfluss auf seinen Herrn zu verlieren. Es würde einiges an Geschick von ihm abverlangen, seine Position weiterhin zu sichern.

    Sciurus trat an die Porta und öffnete. Er blickte den Klopfenden an, schließlich an ihm vorbei und wieder zurück.


    "Salve."

    Sciurus nickte ernst. Dass der Sohn des Herrn die Sklavin anscheinend als Liebesspielzeug hielt, machte es nicht einfach.


    "Zuerst muss ihr soziales Gefüge zerstört werden, so denn sie überhaupt eines besitzt. Die anderen Sklaven des Hauses müssen wissen, in welcher Position sie steht, und was ihnen selbst blüht, wenn sie sich mit dem dummen Ding einlassen. Es geschieht leider immer wieder, dass an sich gute Sklaven in solchen Fällen glauben, für irgendeine diffuse Idee einstehen zu müssen."


    Er blickte an eine leere Wand hinter Sica und dachte nach. "Ihr Lager sollte aus der Sklavenkammer entfernt werden. Wer keine Arbeit leistet, verdient auch keinen Schlafplatz. Dies ist auch der Ansatz, welchen wir gegenüber den übrigen Haushaltsangehörigen vertreten sollten. Womöglich könntest du beim Verteilen der regulären Aufgaben dezent fallen lassen, dass dies Arbeit ist, welche das dumme Ding nicht erledigt hat."

    Zitat

    Original von Lucius Flavius Furianus
    "Sklave, bring mir die Austern."


    Sciurus packte die dürre Sklavin, welche bereits auf dem Weg aus dem Triclinium war, beim Oberarm und deutete mit einem Nicken zu Furianus. Sein Blick funkelte sie böse an, denn sie hätte selbst auf die Worte des Herrn reagieren müssen.


    Das dürre Ding drehte sich um, ging neben der Kline des Herrn in die Knie und nahm seinen Teller auf. Anschließend umrundete sie den Tisch und schöpfte einige Austern auf eben jenen. Sie kehrte zu Furianus zurück, beugte sich leicht nach unten bot dem Herrn die Speise an.

    "Brutus." Sciurus nickte langsam. Er kannte Brutus und dessen Vorliebe. Ließ man ihn gewähren und seiner übermäßigen Energie ein Ventil, so war der Sklave für vieles zu gebrauchen. Ventile fand sich meist von selbst, doch Sciurus war überaus froh, keines davon zu sein. "Ich bin sicher, er ist dieser Aufgabe gewachsen."


    Er dachte über einige Formen der Erziehung nach. Er selbst war nicht ganz unbedarft in diesen Dingen, hatte bereits viele Sklaven brechen und noch mehr sterben sehen, denn er war unter einem strengen Sklavenmeister zu dem geworden, was er heute war. "Ich werde dir helfen, wo ich kann. Meine Kentnisse beziehen sich jedoch eher auf langwierige Methoden, welche einen schlechten Sklaven mit Wissen seines Herrn formen. Kurzfristige Maßnahmen führen allzu oft zur Unbrauchbarkeit. Das vordergründige Ziel sollte es daher sein, den Herrn von der Notwendigkeit zu überzeugen oder ihr auszutreiben, den Herrn zu belästigen."

    Er öffnete und trat ein. "Es ist etwas geschehen." Sciurus schloss die Tür. "Eine Sklavin des Herrn Felix sitz in der Sklavenkammer und heult vor sich hin. Ein dummes, blondes Ding. Laut der Weisung des Herrn Furianus sollte sie in der Küche arbeiten,wo sie nach ihren Angaben mit dir zusammen traf."


    Die nächsten Worte drehten Sciurus beinahe die Zunge im Halse herum, so sehr widerte ihn das Geschehene an. "Sie war anscheinend nicht arbeitswillig, denn anschließend suchte sie Hilfe bei Herrn Furianus, der sie beschützen wollte." Er musste an sich halten, das Wort nicht auszuspucken. "Den Sinn ihres weiteren Gebrabbels habe ich nicht verstanden, aus irgendeinem Grund hielt sie es bei dem Herrn nicht mehr aus und zog sich daraufhin in die Kammer zurück. Sie berichtete mir überdies, dass sie erst vor kurzem aus der Villa geflohen war."


    Sciurus bedachte Sica mit einem festen Blick. Der Vilicus war für die Sklaven des Herrn Felix verantwortlich und auch wenn Sciurus selbst ihm nicht unterstand, Unruhen würden letztlich auf den gesamten Sklavenhaushalt zurückfallen, das Eigentum des Gracchus mit einbezogen. "Ich werde nicht dulden, dass ein fehlgeleitetes Exemplar den reibungslosen Abaluf in diesem Haus durcheinander bringt, ganz egal, in wessen Besitz es ist."

    Ohne sich anmerken zu lassen, wie seltsam das Verhalten des Furianus auf ihn wirkte, würde kein Sklave doch in solchen Belangen zu scherzen belieben, nickte Sciurus und entfernte sich mit einem leisen "Ja, Herr."


    Er trat zur Tür und wies in den Raum. "Herr, Flavius Furianus ist bereit Euch zu empfangen."

    Der Tisch war aufgedeckt und Sciurus hatte den Herrn Furianus bereits das Triclinium betreten gesehen. Daher führte er den Besucher, oder vielleicht auch Bewohner der Villa, dorthin. "Bitte wartet einen Augenblick."


    Er trat ein und neben Furianus Kline. "Herr, ein Herr, der angibt euer Bruder zu sein, wünscht Euch zu sprechen. Sein Name ist Titus Flavius Milo."

    "Der Herr Flavius Felix weilt auf seinem Landsitz außerhalb Roms." Sciurus musterte das Gesicht des angeblichen Flaviers, eine gewisse Ähnlichkeit war nicht zu leugnen. Und dennoch konnte es ein Hochstapler sein.


    "Im Haus weilen die beiden Herren Gracchus und Furianus. Gracchus ist ein Vetter des Herrn Felix, Furianus dessen Sohn. Möchtet Ihr stattdessen mit einem der beiden sprechen?"

    Direkt nach dem Gespräch mit der einfältigen Sklavin suchte Sciurus Sica auf. Turda war anscheinend ohnehin nicht im Haus und wenn doch, dann konnte sie warten. Doch aufkeimender Widerwille sollte beseitigt werden, noch ehe er sich zu einem ernsthaften Problem wandelte.


    So klopfte Sciurus an die Tür des Vilicus, denn auch ihn hatte er bei der Suche nach Turda in den übrigen Räumlichkeiten der Villa nicht gesichtet.

    Wie ein eiskalter Schauer fuhr Sciurus der Hass durch Mark und Bein. In diesem Augenblick wurde ihm klar, dass dieses dumme Ding genau so enden würde, wie die anderen vor ihr.


    "Dein Herr ist Secundus Flavius Felix, denn er ist der Herr über deinen Herrn."


    Es war still in der Villa, so vernahm er ihre letzten Worte, als er die Tür hinter sich schloss. Traurig schüttelte er den Kopf über solch eine Verschwendung. Mit Cloelia hatte es auf eben diese Weise begonnen.

    Sciurus öffnete die Tür und musterte den Mann, welcher davor stand. Er glaubte sich an dessen Gesicht zu erinnern, konnte jedoch keinen Namen mit ihm verbinden.


    "Salve, was wünscht Ihr, Herr?"

    Er hatte sich also doch nicht getäuscht. Der Sohn der Herrn Felix war verweichlicht und einfältig, was die Erziehung von Sklaven anbelangte. Anscheinend hatte Sica sich jedoch bereits des Problems angenommen.
    Je mehr die namenlose Sklavin erzählte, desto mehr erinnerte sie Sciurus an seine Mutter. Er hatte seine Mutter gehasst. Nichts anderes war ihm von ihr in Erinnerung geblieben, als dass sie den Tag lang gejammert und sich vor ihrer Arbeit gedrückt hatte. Sie war eine schlechte Sklavin gewesen. Sciurus hasste schlechte Sklaven.


    "Dummes Ding," sagte er ohne eine Regung in der Stimme. "Rennst fort, weil du zu schwach bist, deine Strafe zu akzeptieren. Rennst zu deinem Herrn um dich auszuweinen. Was glaubst du wer du bist? Deine Taten zeigen, dass du nicht einmal soviel wert bist, wie das Schwein, welches heute Abend auf den Esstisch der Herren kommt. Dass du weißt, was geschieht, macht es nur schlimmer, denn es zeigt, dass du nicht einfach nur begriffsstutzig, sondern dumm bist."


    Er ging einen Schritt auf sie zu, packte ihr Haar und zog daran ihren Kopf nach oben, so dass er ihr Gesicht sehen konnte. "Um deiner selbst willen solltest du tun, was man dir sagt. Faules Pack werde ich in dieser Villa nicht dulden, denn es geht zu Lasten aller. Wenn du das nicht einsehen willst, der Herr findet ausgesprochenes Vergnügen an Hinrichtungen im Circus." Er ließ ihren Kopf los und wandte sich ab um endlich die stinkende Kammer zu verlassen.

    Sciurus hätte dem Sohn des Herrn Felix nicht zugetraut, dass er eine Sklavin auf dererlei Weise züchtigte, wie es bei dem jungen Ding augenscheinlich geschehen war. Doch anscheinend hatte Furianus bereits mehr von seinem Vater gelernt, als es den Anschein hatte.


    "Dein Herr hat dich also dafür bestraft, dass du geflohen bist? Dies ist sein gutes Recht. Warum bist du geflohen? Weißt du denn nicht, was daraufhin geschehen muss?" Sciurus faszinierte dies auf eine merkwürdige Weise. Schon bei dem dummen Ding hatte er versucht hinter die Beweggründe der Sklavin zu gelangen. Doch sie war vorher den Löwen angerichtet worden.

    Als sie den Kopf hob, versteifte sich Sciurus. Die blonden Haare, die geröteten Augen und die zusammengekauerte Gestalt, dies alles erinnerte ihn an seine Mutter. Das Bild, welches ihm im Gedächtnis geblieben war, zeigte sie eben so, in einer ähnlichen Kammer, weinend, als man ihr ihren Sohn endgültig entriss. Unwillkürlich trat Sciurus auf die junge Frau zu, hielt jedoch einige Schritt vor ihr inne. Da er nicht wusste, wessen Eigentum sie war, war er nicht sicher, in wieweit er sich überhaupt darum kümmern sollte, denn sein Herr hatte keine weiblichen Sklaven. Doch er blieb.


    "Ich bin Sciurus, Leibsklave des Flavius Gracchus. Wer ist dein Herr und was ist geschehen?"

    Nie war Turda dort, wo man sie brauchte. Nicht dass Sciurus sehr oft das Bedürfnis hatte, die alte Sklaven um etwas zu bitten, doch manches mal ließ es sich nicht vermeiden, hielt sie doch die unangefochtene Herrschaft über die Küche und alle Bereiche, welche im Hause auf Reinlichkeit ausgelegt waren. Sciurus glaubte, dass selbst Sica Respekt vor ihr hatte, auch wenn er sich nichts von ihr sagen ließ.


    Zwar vermutete Sciurus Turda kaum in der Sklavenkammer, doch da er sie in der restlichen Villa nicht gefunden hatte, beschloss er auch hier nachzusehen. Er öffnete die Tür und war beim Anblick des Nachtlagers wieder einmal froh darüber, seinem Herrn so nahe zu sein. Beinahe hätte er das Häufchen Elend übersehen, welches auf einer Decke hockte und leise Geräusche von sich gab. Da es ungewöhnlich war, dass ein Sklave zu dieser Zeit keine Aufgabe hatte, trat Sciurus in den Raum hinein.


    "Was tust du hier? Hast du nichts zu tun?" Seine Stimme klang mehr verwundert, denn anklagend.

    Mit einem Päckchen unter dem Arm erreichte Sciurus die Villa Claudia. Er klopfte und wartete geduldig, bis der Ianitor die Tür öffente.


    "Salve, ich bringe eine Botschaft und ein Präsent für Claudia Antoia von ihrem Verlobten Flavius Gracchus. Sie möge sich ante diem XIV KAL MAI DCCCLVI A.U.C. (18.4.2006) bereithalten von ihm abgeholt und zur Hochzeitsfeierlichkeit der Tiberia Livia und des Vinicius Hungaricus begleitet zu werden."


    Er überreichte dem Ianior das Paket und verließ die Gefilde der Villa daraufhin.


    Sim-Off:

    WiSim.

    Seine Schritte verlangsamend blickte Sciurus unter der Kapuze hervor und sah sich um. Er war sich sicher, dass niemand ihm gefolgt war, dennoch wartete er einige Minuten an einer Ecke um ganz sicher zu gehen. Schließlich schlenderte er langsam zu der Tür hinüber und klopfte zweimal kurz hintereinander, wartete und klopfte dann dreimal. Er hörte, wie mehrere Riegel zur Seite geschoben wurden, dann öffnete sich die Tür und ein verdreckter Mann starrte ihn aus einem wachsamen Auge an. Das andere Auge des Mannes war von einer milchigen Schicht überzogen und als er Sciurus erkannte, stellte er sein beinahe zahnloses Grinsen zur Schau. Er zog die Tür weiter auf und nickte in den spärlich beleuchteten Raum hinein.


    Sciurus durchquerte das Zimmer zielstrebig und öffnete die Tür zu einem Gang. Ein Mann und eine Frau saßen an einem Tisch und würfelten. Sciurus bemerkte mit einem kurzen Blick die Waffen, welche neben ihnen bereit lagen, doch als er an ihnen vorbeitrat reagierten sie in keiner Weise auf ihn. Es folgte eine weitere Tür, dann stand er im Reich des Mannes mit der Vogelmaske. Es erstaunte Sciurus immer wieder, wie sich die Umgebung des Mannes diesem anpasste, ganz egal in welchem Unterschlupf er sich verkroch.


    Sciurus trat auf ihn zu. "Weshalb hier?"
    "Der Consul rührt in der Suppe der Cloaca Maxima herum. Kein Schatten ist mehr im Reich zu sehen, die Stadteinheiten erleuchten alles hell mit ihren Fackeln."
    "Weshalb? Wen suchen sie?"
    Ein keckerndes Lachen war unter der Vogelmaske zu hören. "Ihren eigenen Unrat, den Abfall der Zivilisation. Die einen schmeißen es achtlos hinab und der Consul holt es nun wieder hinauf. Ein kluger Mann. Er hat erkannt, dass verstopfte Kanäle kein Wasser fassen können. Normalerweise löst sich dieses Problem von selbst, denn das Wasser findet immer einen Weg und spült früher oder später die Kanalisation wieder frei. Doch manch einer hat eine feine Nase und hat es gar nicht gern, wenn der Gestank seiner eigenen Exkremente die Stadt flutet. So räumen sie nun heraus, was ihrer Ansicht nach nicht dort hinab gehört und renovieren nebenbei unser Reich. Solange dies währt, ist die Kanalisation was sie ist, die Kanalisation."
    "Ich verstehe. Weshalb hast du mich rufen lassen?"
    "Es ist nichts, was dir Schwierigkeiten bereiten sollte. Ich brauche Informationen. Das übliche vorerst, doch falls es sich ergibt, wäre es gut, wenn du ein wenig an der Oberfläche kratzen und in die Tiefe blicken könntest." Der Mann mit der Maske reichte Sciurus eine Schriftrolle.
    Dieser nahm die Rolle entgegen und las sie. Er nickte und gab sie zurück. "Hat Sica die Ware schon griffbereit?"
    "Er hat nichts erwähnt. Ich werde es dich wissen lassen, wenn es soweit ist. Du kannst gehen." Der Mann mit der Vogelmaske legte die Schriftrolle in ein Kohlebecken, wo sie sofort Feuer fing und schnell zu Asche zerfiel.


    Sciurus drehte sich um und verließ den Raum. Er durchquerte den Gang und das dahinter liegende Zimmer wortlos. Der Zahnlose entriegelte die Tür und ließ ihn hinaus. Bevor er hinaus trat zog Sciurus seine Kapuze über den Kopf. Schließich verließ er das Haus und machte sich auf den Rückweg zur Villa Flavia.