Sciurus folgte dem Blick des anderen Sklaven und biss die Zähne aufeinander. Er wusste ebenso gut wie Sica, dass einerseits sein Herr keine Anzeichen einer Strafe dulden würde, andererseits die Strafe jedoch notwendig war. Doch Bestrafung, welche keine äußeren Schäden verursachte, war in der Regel weitaus schlimmer, als diejenige, welche sichtbare Spuren hinterließ. Sciurus schluckte beim Anblick des Eimers, nickte dann jedoch. Er war ein Sklave. Er war ein guter Sklave. Tagein, tagaus diente er seinem Herrn. Die Dinge, welche er für ihn tat, waren in gewisser Hinsicht nicht weniger demütigend. Er trat an den Eimer heran und ging in die Knie.
Ekel stieg in Sciurus auf und er atmete tief durch, um den Würgereiz in seiner Kehle zu unterdrücken. Er starrte auf die Brühe und maß den Inhalt ab. An einem Tag trank er nicht soviel Wasser, wie dort an Flüssigem und weniger Flüssigem enthalten war. Langsam griff er zu dem Eimer und hob ihn an. Sein Mund und seine Kehle wurden zu denen eines anderen.
Und er trank. O, Tierchen, das mit Munterkeit Und er schluckte. Vor meines Mädchens Fenster springet Und er trank. Und dem sie selbst voll Sorgsamkeit Und er schluckte. Im weißen Händchen Futter bringet, Und er trank. Das Sprünge macht wie Pantalon Und er schluckte. Durch seine Späße sie vergnüget Und er trank. Und seiner Drolligkeit zum Lohn Und er schluckte. Von ihr geliebt im Schoße lieget, Und er trank. Das an ihr hängt, dem Busen nah, Und er schluckte. Und ihre Rosenwangen lecket Und er trank. Und das oft viele Reize sah, Und er schluckte. Die meinem Späherblick verstecket. Und er trank. Sonst bin ich wohl vom Neide frei, Und er schluckte. Doch hier da muß ich dich beneiden, Und er trank. Sie koset dich und liebt dich treu, Und er schluckte. Bei mir verhöhnt sie meine Leiden. Und er trank. O lächelte mir doch das Glück, Und er schluckte. Ließ einen Tag mich in dich fahren, Und er trank. Denn mich begnügte nicht ein Blick, Und er schluckte. Sie würde Ledas Los erfahren.
Sciurus setzte den Eimer ab, wischte sich mit der Hand über den Mund und hielt einen Moment inne. Zu rasche Bewegungen würden dafür sorgen, dass ihm alles noch einmal durch den Kopf gehen würde. Er stand langsam auf und drehte sich zu Sica um. Keine Empfindung war auf seinem Gesicht, denn Sciurus dachte daran, wie es einst gewesen und dass das Leben in dieser Villa vorzüglich war. Eines Tages würden sich ihre Rollen tauschen und genauso wenig, wie Sciurus dann Triumph empfinden würde, empfand er nun Schmach.