Beiträge von Sciurus

    Sciurus zog seine Tunika zurecht und räusperte sich. "Deine Gemahlin sendet dir Grüße und deinen Sohn Titus nach Rom. Sie selbst befindet sich noch mit deiner Tochter auf einem claudischen Landgut nahe Patavium und möchte dort weiter verweilen bis sich alle Wogen in Rom geglättet haben. Sie ist jedoch der Ansicht, dass Titus als dein Sohn in deiner Nähe sein sollte."
    Der Sklave bemerkte sehr wohl, dass die Erwähnung der Claudia und ihrer Kinder seinen Herrn aus dessen Wohlgefallen riss, er sich nur schwer auf seine Worte konzentrieren konnte.
    "Wie … ist es ihnen ergangen?"
    rang sich der Flavier ab, schwankend zwischen Desinteresse und Pflicht.


    So begann Sciurus in kurzer, präziser Ausführung seinem Herrn zu berichten von der geglückten Flucht aus Rom, dem Weg nach Norden und der Ankunft auf dem claudischen Landgut, der relativen Ereignislosigkeit abgesehen von einigen marodierenden Banditen, den Legionen, welche in weiter Entfernung an ihnen vorbei gen Süden gezogen waren, sowie den Fortschritten in Hinblick auf Bildung und Erziehung, welche Flamma und Titus unter der Ägide ihrer Mutter im Exil erhalten hatten. "Als die Nachricht eintraf, dass Kaiser Cornelius die Proscriptionen annulliert hat, entschied deine Gemahlin, dass somit auch für deinen Sohn keine Gefahr mehr besteht und seiner Rückkehr nach Rom nichts mehr im Weg stand."

    Von den Rändern der Stadt aus schlängelte sich ein kleiner Zug Sklaven, in deren Mitte eine Sänfte getragen wurde, durch die Wege und Gassen von der Porta Quririnalis her zur Villa Flavia hin. An der Spitze dieses Zuges ging Sciurus, Vilicus des Manius Flavius Gracchus und verantwortlich für das Wohl des Titus Flavius Gracchus, der in der Sänfte saß. Einige Zeit nachdem die Kunde vom Ende des Bürgerkrieges auch zur Villa Claudia Rustica nahe Patavium gelangt war, hatte Claudia Antonia beschlossen, den ungeliebten Sohn samt des ungeliebten Sklaven zurück zu ihrem Mann zu senden, während sie selbst und ihre Tochter Flamma auf dem Landgut verblieben.


    Die Reise hatte einige Tage gedauert, während der Sciurus wie stets ohne Widerworte, ohne Murren, aber auch ohne sonstige Emotion alle Fragen des kleinen Flaviers beantwortet oder die Antwort auf einen späteren Zeitpunkt verschoben hatte. Und hätte er sich auch nur einen Hauch Erleichterung zugestanden - was ihm generell als Sklave nicht zustand - so wäre er mit der Ankunft an der Porta Flavia zweifellos erleichtert gewesen, dieses kleine Bündel Verantwortung wieder los zu werden.


    Sciurus klopfte an die Porta und allein sein Anblick brachte den Ianitor Acanthus zum Verstummen. "Sorge dafür, dass Titus Flavius versorgt wird. Ist der Herr im Haus?"
    Acanthus nickte. "In seinem Cubiculum."


    Ohne ein weiteres Wort trat Sciurus über die Schwelle und überließ Titus in der Verantwortung der flavischen Sklaven, welche selbstredend für den kleinen Flavier Sorge trugen. Gemieden von Mutter und Vater war dieser wohl längst daran gewohnt, vorwiegend von Sklaven umsorgt zu werden, so dass er sich schnell wieder in der heimischen Villa einlebte, alsbald seine gewohnten Abenteuer hier forsetzte, wie er sie im patavischen Exil hatte beendet.


    Sciurus indes suchte unverzüglich das Cubiculum seines Herrn auf.

    ooc: ...


    Selbstredend folgte Sciurus der Anweisung der Claudia. Allerdings nicht aus dem Grund, da sie seine Herrin war, sondern nur deswegen, da ihre Aufforderung sich mit den Befehlen seines Herrn deckt, alles erdenkliche zu tun, um Antonia und die beiden Kinder zu schützen. "Ich kümmere mich darum."
    Zwar würde es schwer sein, einem potentiellen Feind zu erliegen und gleichzeitig die letzte Anweisung seines Herrn zu erfüllen, die Familie zur Not mit dem Gladius vor Schande zu bewahren, doch Sciurus hatte nicht vor, irgendjemandem zu erliegen. Das Anwesen war gut genug gesichert, um einige Männer eine Zeit lang abzuhalten und notfalls würde Sciurus eine Möglichkeit finden, jeden einzelnen über die Mauer hinweg zu eliminieren. Selbst wenn es bedeuten würde die Pila der Soldaten mit den Körpern nutzloser Sklaven abzufangen, um sie ihnen anschließend in ihre Köpfe zurück zu schleudern.
    "Auf jeder Seite eines Krieges kämpfen Soldaten. Daher sind nicht alle Soldaten gut", beantwortete er die Frage des jungen Flavius, um sich dann abzuwenden und zu sehen, auf welcher Seite diese Soldaten kämpften.


    "Es sind Soldaten des Kaisers!" flüsterte ein Sklave, von denen sich nach Ansicht des Vilicius viel zu viele im Hof herumdrückten. "Sie wollen mit dem Herrn sprechen." Es klang, als hätte der Mann bereits mit dem Leben abgeschlossen, weil kein Herr anwesend und dies daher unmöglich war.
    Sciurus scheuchte mit einem harschen Befehl Hegesistratus von den Kisten hinunter und stieg selbst hinauf. Er maß die Männer vor dem Tor mit abschätzendem Blick.
    "Ich bin der Herr dieses Anwesens" rief er unbeeindruckt zu den Soldaten hinunter. Sie sahen nicht aus als würden sie der nahen Legio I entstammen. Eher als hätten sie eine lange Reise hinter sich, vielleicht eine missglückte Überfahrt. "Wie ist dein Name, Centurio, welcher Legion gehört ihr an und weshalb habt ihr euch von dieser entfernt?"

    Für einen Beobachter außerhalb der Villa tat sich nichts, zumindest nichts menschengemachtes. Einige Spatzen hüpften auf der Mauer um das Anwesen umher, flogen alsbald aufgeregt zum Boden hin als sie einige Samenkörner entdeckten, mussten dies Feld doch alsbald einer Taube überlassen, die aus Richtung des Esquilin den Himmel querte und ebenfalls Anspruch auf die Körner erhob. Ab und an nahm ein Fußgänger die Straße, selten nur wurde ein Handkarren vorbei gezogen und einmal jagte eine kleine Gruppe streunender Hunde kläffend vorbei.


    Die Villa, respektive ihre Bewohner, schien dies alles nicht zu tangieren. Sie lag auf der Kuppel des Quirinal als wäre sie in Schlaf versunken, denn jegliches Leben, welches sich dort in ihrem Inneren abspielte, war nur noch ein Flüstern, ein Huschen und Schleichen der Sklaven, von welchen viele schon die Hoffnung aufgegeben hatten, dass jemals einer der Herren wieder kommen würde - und doch wusste auch keiner von ihnen, was er sonst tun sollte, außer abzuwarten, denn trotz der Abwesenheit aller Flavier war hier ihr tägliches Überleben gesichert, so dass nur wenige bisher in eine zweifelhafte Freiheit geflohen waren. Einen Tag lang hatte es ein klandestines Aufatmen gegeben als Flavius Lucullus zurückgekehrt war, doch er war so schnell wieder verschwunden, dass alsbald einige überhaupt daran zweifelten, andere wiederum annahmen, er hätte nur die wichtigsten Schätze aus dem Haus mitgenommen, um endgültig eine weit größere Flucht anzutreten als bisher. Ein Junge war nach Baiae geschickt worden mit einer Nachricht an Flavius Aristides, doch er war nicht zurück gekehrt. Von der aus Rom geflohenen Familie dagegen hatte niemand mehr etwas gehört und niemand wollte den Gerüchten auf dem Forum glauben schenken, dass sie alle von Salinator entdeckt und im Carcer der Castra hingerichtet worden waren. Von Aurelia Prisca, die in das Haus der Aurelier zurückgekehrt war, hieß es dagegen, man hätte sie mit in das Kriegsgebiet verschleppt - und auch dies konnte nur bedeuten, dass sie dort möglichst unauffällig beseitigt werden sollte.


    So tat sich wenig an der Porta der Villa Flavia, denn sofern überhaupt einer der Sklaven des Anwesen verließ, geschah dies an den Seitenausgängen.

    [Blockierte Grafik: http://img232.imageshack.us/img232/9697/acanthusmj4.jpg] | Acanthus


    Ianitor der Villa Flavia zu sein war dieser Tage recht ereignislos, um nicht zu sagen recht eintönig. Der ausgiebigen Denkzeit wegen, welche Acanthus ob dessen blieb, hatte er beinahe schon seine Theorie der Entstehung, der Konsistenz und des Niederganges der Himmelsgestirne vervollständigt und dachte bisweilen bereits über eine neue Theorie über das Sein, des Werdens und Wesens der Regentropfen nach. Und beinahe hatte er schon den lieblichen Laut - seine Existenzberechtigung - vergessen, welcher ertönte sobald ein Besucher von Außen an die Porta klopfte. Beinahe jedoch nur, dass er hastig aufsprang als eben dieser Klang ertönte, ein wenig furchtsam indes in Erwartung, neuerlich nur Soldaten vor der Türe vorzufinden.


    Im Sinne des Imperiums hatte die Gattin des Flavius Furianus nichts zu fordern als nur einen Besuch. Denn im Sinne des Imperiums existierte der römische Bürger Flavius Furianus nicht mehr, somit konnte er also auch nicht mehr nach römischem Recht mit Claudia Catilina verheiratet sein. Im Sinne des Imperiums existierte die halbe Familie nicht mehr und dies war es auch, was die Stimmung im Hause drückte. Obgleich jeder Sklave daran gewohnt war, in einem Haus zu existieren, in welchem zeitweise keiner der Herren anwesend war, so war es ihnen beinahe allen eine Qual in einem Haus zu existieren, in welchem rechtlich kein Herr mehr existierte - denn ob in Verbannung oder auf der Proskriptionsliste war für sie kein Unterschied. Jeden Tag konnte es soweit sein, dass der Kaiser auf die Idee kam, das Anwesen zu beschlagnahmen - gleich wer der tatsächliche Besitzer war, denn wo kein Kläger, da kein Richter - und Kläger gab es augenscheinlich schon lange nicht mehr in Rom. So vegetierte die Sklavenschaft regelrecht dahin, denn was waren Sklaven ohne Herren, wenn nicht nur ein Staubkorn in den Mühlen des Imperiums, welches in jedem Augenblicke hinfortgeweht werden konnte durch den leisesten Windhauch.
    Nur die Dame Aurelia Prisca war ihnen noch verblieben, so dass es am Morgen in den Sklavenquartieren bereits Auslosungen gab, wer ihr das Frühstück durfte bereiten, wer ihr das Essen auftragen, wer ihr die Füße waschen - sofern sie einen anderen als ihre Leibsklaven an sich ließ - und wer sie zu den seltenen Gelegenheiten außer Haus begleiten.


    Die Ankunft der Claudia ließ darob eine Freude in Acanthus emporsteigen, welche sich bis in seine Augen stahl.
    "Willkommen zuhause, Herrin!"
    Weit öffnete er die Porta, um Catilina, ihre Tochter und Sklaven in das Haus einzulassen.





    IANITOR - VILLA FLAVIA

    Sciurus blickte auf den kleinen Jungen hinab, den jüngsten Spross seines Herrn, auf dessen Geburt alle Hoffnung desselben gelegen hatte. Doch seit das Kind geboren war hatte Gracchus die Nähe des Knaben gemieden, sich wieder mehr der Zukunft seines Ältesten zugewandt in der bangen Zuversicht, dass dessen Sehschwäche seine Karriere nicht weiter behindern würde. Um Titus sah der Vater dagegen nur die Schatten der Larven kreisen, sah sein eigens Schicksal fortgeführt, sah nur das Band seines Fluches, welches sich um den Sohn gelegt hatte. Und obgleich dieses Band sie mehr verbinden mochte als alles andere, so fürchtete Gracchus doch den Blick in den kindlichen Spiegel, der ihm all seine Unzulänglichkeiten und Fehler vorhalten mochte. Sciurus dagegen sah weder die Schatten, die sein Herr um sich selbst wahrnahm, noch diejenigen, die Titus umfangen hielten, so dass er dem Jungen nur in der gleichen respektvollen Art und Weise gegenüber trat wie jedem Mitglied des Haushaltes. Dies inkludierte gleichsam, dass er dabei keinerlei Rücksicht auf das kindliche Naturell nahm - nicht etwa, weil er mit diesem wie sein Herr überfordert war, sonder schlichtweg da aus seiner Sicht dafür generell weder eine Notwendigkeit, noch eine Berechtigung bestand. Was er jedoch oft tat, wenn er mit einem der herrschaftlichen Kinder sprach, war in die Hocke zu gehen, denn er war ein Sklave und als solcher hatte er nicht von oben herab mit den Herrschaften zu sprechen. So beugte er auch in diesem Fall sein Knie, um Titus Gracchus zumindest halbwegs auf Augenhöhe zu begegnen.
    "Ich kann leider kaum eine deiner Fragen beantworten. Dein Vater verbündet sich mit anderen Staatsmännern, um zu beenden, was er begonnen hat. Wo er ist, kann ich dir nicht sagen, denn er wusste selbst nicht, wie weit er für diesen Weg gehen muss. Dass der Verscularier ihn zum gesuchten Staatsfeind erklärt hat, lässt aber zumindest darauf vermuten, dass es ihm gelungen ist, Rom zu verlassen."
    Die grauen Augen, deren Farbe an das indifferente Graublau des Horizontes an einem trüben Herbsttag erinnerten, und die beständig die emotionale Kälte widerspiegelten, die in dem Sklaven vorherrschte, fixierten Titus.
    "Ob und wann er hierher kommt, kann ich dir ebenfalls nicht sagen, denn derzeit ist alles möglich - vielleicht hat dein Vater bereits sein Leben gelassen, vielleicht wird er es noch tun müssen, ehedem er dich wiederseht. Vielleicht könnt ihr schneller nach Rom zurückkehren, als gedacht, vielleicht werden wir uns von hier aus noch weiter von der Hauptstadt entfernen müssen, um eure Sicherheit zu gewährleisten. Die Zukunft ist vollkommen ungewiss und wir müssen von Tag zu Tag neu entscheiden, was zu tun ist."
    Sciurus mochte diesen Zustand nicht, denn während sein Herr es gewohnt war im Vertrauen auf seine Sklaven von Tag zu Tag zu leben, so war er es, der dieses Leben plante und organisierte. Er hatte einige Situationen durchdacht, Eventualitäten kalkuliert und Vorkehrungen getroffen, doch ob die Zukunft sich an seine Vorgaben hielt, würde sich erst noch zeigen.
    "Deine letzte Fragen kann ich dir dagegen beantworten, Africa wird nicht unser Ziel sein. Falls wir von hier fort müssen, wird unsere Reise nach Norden, in Richtung Germania, führen."



    Am Tor
    Hegesistratus war der Name des Sklaven, der die Aufgabe hatte, den Tag lang neben dem Tor über die Mauer zu spähen. Noch stand er nicht lange auf dem Konstrukt aus Holzkisten, doch ein wenig fade war ihm bereits geworden, da sich in dem Landstrich vor der Villa nicht viel tat. Um so genauer beobachtete er das Nahen der fremden Männer.
    "Da kommt jemand", wandte er sich an den Sklaven, der hinter dem Tor postiert war, Ariobarzanes. "Mehrere." Er kniff die Augen zusammen. "Zehn oder Fünfzehn in etwa."
    "Oh, oh. Wer?" fragte Ariobarzanes zurück und versicherte sich mit einem Blick und einem nervösen Rütteln, dass der Torriegel fest hinter das Holz geschoben war.
    "Sieht aus ... mhm ... sieht aus wie Soldaten."
    "Soldaten?" Ariobarzanes Stimmlage kletterte eine Oktave nach oben. Sciurus, der flavische Vilicus, der mit der Herrin und ihren Kindern angekommen und die Herrschaft über die Sklaven im Haus an sich gerissen hatte, hatte nicht viel gesagt, nur dass vielleicht Legionäre oder Praetorianer kommen würden - was für den Sklaven kein Unterschied machte, denn Soldaten waren Soldaten. Und dass diese vielleicht angreifen würden. Und dass diese alle Sklaven im Haus umbringen würden ohne mit der Wimper zu zucken. Weil sie jetzt alle Feinde des Imperiums waren. Weil ihre Herrin mit einem Mann verheiratet war, der im fernen Rom irgendetwas getan hatte, von dem sie nicht einmal wussten, was.
    "Ja, doch, ich glaub das eine ist ein Optio. Oder ein Tribun, so genau kenne ich mich da nicht aus. Oh oh ..."
    "Was!?"
    "Jetzt verfallen sie in einen Marschschritt!" Hegesistratus blickte nach unten. "Ist alles zu?"
    "Ja ... ja ... soll ich drinnen Bescheid geben? Und was ist mit Acichorius und Charicleitus? Die sind noch draußen!"
    "Ich sehe sie nicht, sie müssen irgendwo hinterm Anwesen sein. Dann müssen sie jetzt draußen bleiben. Und jetzt sei ruhig, die sind gleich da, vielleicht wollen sie nur nach dem Weg fragen ..."
    "Nach dem Weg? Nach welchem Weg? Dem Weg auf die Latrine? Bei Isis und Anubis, wir werden alle sterben!"Ariobarzanes verstummte mit dem lauten Brüllen, das durch das Tor drang. Legionäre des Kaisers! Sie waren des Todes! Allesamt!
    "Was wollt ihr?" fragte Hegesistratus in weit mutigerem Tonfall als er Mut in sich verspürte. Vor wenigen Wochen noch hätten sie ohne Zögern für die Männer des Kaisers das Tor geöffnet. Aber jetzt waren sie alle Feinde des Imperiums. Wegen eines Mannes, den sie nie im Leben gesehen hatten.

    Das Landgut im Besitz der Claudia Antonia lag idyllisch im Schein der blassen Sonne, in trügerisch beschaulicher Ruhe, die über die Gefahr, die ihren Bewohnern drohte, geflissentlich hinwegzutäuschen wusste. Als einer der Sklaven am frühen Mittag mit der Abschrift einer Meldung der Acta Diurna aus Patavium zurückgekehrt war, hatte Sciurus sogleich einen weiteren Sklaven entsandt, um die Nachricht zu ratifizieren. Doch auch dieser hatte nur gleiches zu berichten, so dass dem flavischen Vilicus letztlich keine andere Wahl blieb, als der Herrin des Hauses Bericht zu erstatten.


    Er fand Claudia Antonia in der Nähe ihres Sohnes und obwohl Sciurus diese vertrauten Momente zwischen den beiden sonst nicht zu stören gewagt hätte, so war die Nachricht zu dringlich, um zu warten.
    "Verzeih, Herrin, doch es gibt beunruhigende Neuigkeiten aus Rom." Kurz erwägte er, auf eine weitere Aufforderung ihrerseits zu warten, doch letztlich würde es ohnehin darauf hinauslaufen, dass er fortfuhr. "In der Acta Diurna wurde ein Dekret des Praefectus Urbi veröffentlicht, eine Proskriptionsliste mit folgendem Wortlaut."
    Gänzlich ohne Emotion las Sciurus die Worte von der Tabula in seinen Händen ab. "In nomine imperatoris caesaris augusti proscriptio praefecti urbi. Hiermit erkläre ich folgende Personen zu Staatsfeinden. Jeder Mann hat das Recht, diese Personen straflos zu töten. Ihr gesamter Besitz wird zu Staatseigentum erklärt. Für die Ergreifung der Personen tot oder lebendig wird eine Belohnung von jeweils 2000 Sesterzen ausgesetzt! Hinweise, die zur Ergreifung der Staatsfeinde führen, werden mit einer Belohnung von 1000 Sesterzen vergütet! Sextus Aurelius Lupus. Appius Cornelius Palma. Und Manius Flavius Gracchus."
    Nur kurz ließ er den letzten Namen nachklingen. "Das Dekret wurde bereits am vierzehnten Tag vor den Kalenden des Mars veröffentlicht, wir müssen also davon ausgehen, dass es mittlerweile in den meisten Teilen des Imperiums bekannt ist, zumindest aber in ganz Italia. Ich habe bereits Wachen an den Mauern des Hauses postieren lassen, dazu werde ich einige Sklaven im Gelände patrouillieren lassen."
    Er erwähnte dabei nicht, dass der Haushalt ohnehin nur sehr knapp bestückt war, die Sklaven zudem nicht für solche Aufgaben ausgebildet. In einem anderen Fall hätte Sciurus einige Männer aus Patavium zum Schutz der Claudia und ihrer Kinder angeworben, doch bei der Höhe der in Aussicht stehenden Belohnung wäre es wohl nur eine Frage der Zeit, bis einer von ihnen sie verraten würde - was selbst bei den eigenen Sklaven nicht auszuschließen war.

    [Blockierte Grafik: http://img179.imageshack.us/img179/115/alip.jpg| Ali


    Die Soldaten schienen erst einmal mit den Auskünften zufrieden und Ali beobachtete nur still wie sie weiter in das Haus eindrangen als wäre die Schuld seiner Bewohner bereits bewiesen. Nur Augenblicke später wurde dem Maiordomus bewusst, dass es im Grunde so war - die Herren waren zu Staatsfeinden erklärt worden. Ihre Schuld war damit offiziell.


    Zitat

    Original von Marcus Aemilius Classicus
    ...
    Wer ist das ? fragte Classicus an den Maiordomus gewandt.


    Eine Sklavin wurde in das Atrium geführt und störte Alis nachdenkliche Gedankengänge. "Sie ist nur eine Sklavin", beeilte sich der Maiordomus mitzuteilen. "Sie gehört der Dame Aurelia!" Er hoffte, die Urbaner würden das Mädchen in Ruhe lassen, immerhin gehörte sie nicht zu dem verlorenen Besitz der Flavier.


    Zitat

    Original von Aurelia Prisca
    ...
    "Was ist hier los? Was verschafft mir die Ehre eures Besuchs? Wer von euch hat hier das Sagen?", blaffte Prisca den nächstbesten Urbaner an, ehe sie etwas irritiert blinzelte.
    ...


    Dann betrat Aurelia Prisca den Raum und augenblicklich schrumpfte der Maiordomus in sich zusammen. Es war eine Sache, zu versuchen die Soldaten so im Haus zu empfangen, dass möglichst wenig Schaden entstand. Doch es war eine ganz andere Sache, sich in den Weg der Aurelia zu stellen - und Ali war froh, dass der Mann namens Quintilius ihre Aufmerksamkeit auf sich zog.




    MAIORDOMUS - VILLA FLAVIA

    Zitat

    Original von Faustus Annaeus Milo
    Während die Soldaten der Cohortes Urbanae in die Villa Flavia eindrangen, ...


    Verdächtige Dinge gab es nur wenige in der Villa Flavia - denn obgleich zwei ihrer Bewohner, Gracchus und Flaccus, tatsächlich an der Verschwörung beteiligt gewesen waren, hatten sie gegenteilig zu Tiberius Durus keinen Schriftverkehr mit Beteiligten in den anderen Provinzen geführt. Alles, was in diesem Haus geplant worden war, war stets nur mündlich weiter gegeben worden.


    Auffällig mochte - sofern die Soldaten bis dorthin vordrangen - der kleine Folterkeller der Villa Flavia sein. Obgleich er nur selten benutzt wurde, war er bestens ausgestattet, um einen Menschen vorzüglich darin zu vexieren und zu quälen. Dunkelbraune Flecken - getrocknetes Blut - am Boden kündeten davon, dass dort tatsächlich noch ab und an ein Sklave seine Strafe fand.


    Im Arbeitszimmer des Flavius Gracchus befand sich in einer Ecke eine mit drei Schlössern gesicherte, hölzerne Kiste, die unter einem feinen Tuch verborgen war. Eine Büste des doppelköpfigen Janus befand sich darauf, so als wäre die Kiste nur ein Tisch, um den Gott zu präsentieren. Sofern der Deckel aufgebrochen wurde, fanden sich in dem Behältnis jedoch nur profane Schriftstücke - philosophische Betrachtungen über die Welt der Gedanken, über den Tod und die Liebe, über das Konzept der Götter und des Verhältnisses des Menschen zu diesen, alle ohne Angabe eines Autors.


    In der Bibliothek des Anwesens fanden sich Schriften über Schriften und sofern die Soldaten den ein oder anderen Briefwechsel, welcher dazwischen verborgen war, würden finden wollen, so würden sie wohl oder übel alle Schriftrollen einzeln prüfen müssen. Hernach würden sie jedoch nur feststellen, dass dies schon recht veraltete Briefe aus längst vergangenen Jahrzehnten waren.


    Im Cubiculum des Flavius Gracchus war unter dem Bett eine Schatulle verborgen, deren Deckel Einlegearbeiten aus Perlmutt zierten, und die ebenfalls mit einem kleinen Schloss gesichert war. Zudem stand sie inmitten eines Schutzkreises, der mit weißfarbenem Kalk auf den Boden unter dem Bett war aufgemalt worden und der die Schlafstätte vor garstigen Alben, Lemuren und Larven sollte schützen. Würde die Schatulle aufgebrochen werden, so würden die Soldaten darin nur sechs Briefe finden:
    - An Senator M. Flavius Gracchus, von F. Decimus Serapio
    - Geliebter Aton
    - Geliebter Aton, von Faustus
    - Manius amatus meus, von Faustus
    - Salve Manius, von Faustus
    - Der Sinne beraubt ...


    Würden sie auch in den Schlafräumen der Sklaven suchen, so würden sie unter der Bettstadt des Koches Attalus verborgen in einer Mulde, die mit einem Stück Holz abgedeckt war, ein kleines Vermögen finden - ganze drei Aurei und 27 Denarii -, welches der Sklave im Laufe der Jahre immer wieder heimlich aus der Geldtruhe im Atrium hatte zusammen gestohlen.


    Sonst jedoch würde sich nichts Auffälliges finden, nur der übliche dezente Prunk, der die Behausung einer patrizischen Familie mit Vergangenheit und gutem Geschmack kennzeichnete, Hinweise darauf, dass Geld in diesem Hause ohne Belang, da stets mehr als ausreichend vorhanden war, mehr Schriftstücke und Kunstgegenstände als vermutlich in der gesamten Subura zusammen, sowie im Kontrast dazu überaus karg und spärlich ausgestattete Sklavenquartiere.

    [Blockierte Grafik: http://img179.imageshack.us/img179/115/alip.jpg| Ali


    Zitat

    Original von Marcus Aemilius Classicus
    WER ist im Haus und wo halten sich die Flavier auf, welch nicht in der Villa sind?


    "Von den Herrschaften ist nur die Dame Aurelia Prisca im Haus, die Witwe des Flavius Piso." Auskunft über die Anzahl und Art der Sklaven gab der Maiordomus nicht, denn diese zählten nicht als Personen.


    Auch zählte er natürlich nicht alle Mitglieder der flavischen Familie auf, sondern, abgesehen von Felix, nur jene, die in den letzten Monaten üblicherweise in Rom residierten. "Mein Herr, Senator Flavius Felix befindet sich in seinem Domizil auf Sardinia. Sein Sohn, Senator Flavius Furianus befand sich zuletzt in seiner Landvilla vor den Toren der Stadt. Wie ihr jedoch sicherlich wisst, wurde er von den Praetorianern in der Castra Praetoria festgesetzt und bisher nicht wieder freigelassen." Ali bemühte sich um einen möglichst neutralen Tonfall, auch wenn es ihm schwer fiel, denn er mochte den Herrn Furianus.


    "Der Senator Flavius Gracchus hat mit seiner Familie und Flavius Flaccus das Haus wenige Tage nach Bekanntwerden des Todes des Imperators verlassen. Wohin sie gegangen sind, kann ich nicht sagen, nur der Vilicus Sciurus kannte außer ihnen das Ziel. Dieser ist jedoch ebenfalls abgereist." Obwohl Ali wusste, dass diese Information nicht den geringsten Wert haben würde, im Gegenteil eher noch in die falsche Richtung weisen, fügte er an: "Sofern Flavius Gracchus in den letzten Jahren Rom überhaupt verlassen hatte, hat er sich auf das flavische Landgut nahe Athenae in Achaia zurückgezogen. Möglicherweise sind sie dorthin gereist."




    MAIORDOMUS - VILLA FLAVIA

    [Blockierte Grafik: http://img179.imageshack.us/img179/115/alip.jpg| Ali



    Während die meisten anderen Sklaven sich bei der Ankunft der Soldaten versteckt, manche sogar das Anwesen verlassen hatten, eilte Ali, der Maiordomus der Villa, in das Atrium. Er war kein Held und auch nicht dumm, deshalb würde er sich den Männer nicht todesmutig in den Weg stellen. Dennoch sah er es als seine Pflicht an, sie nicht ohne Wiederworte die gesamte Villa auf den Kopf stellen, vielleicht sogar verwüsten zu lassen.


    "Salvete, die Herren!" kündigte er sich lautstark an und trat dem Mann entgegen, den er als Kommandanten der Truppe erachtete.
    "Ich bin Ali, Maiordomus dieses Hauses, und in Abwesenheit meines Herrn für dessen Haushalt zuständig. Wir alle sind uns darüber bewusst, dass Mitglieder der flavischen Familie in den zurückliegenden Tagen in Verruf geraten sind, und insbesondere ich werde euch und Rom gerne in jeder Hinsicht behilflich sein. Dennoch möchte ich darauf hinweisen, dass dieses Haus Besitz des Senators Secundus Flavius Felix ist, der sich - soweit mir bekannt - nichts zu schulden kommen lassen hat. Im Gegenteil war mein Herr immer ein aufrechter und treuer Bürger dieses Reiches und stets ein Freund der Gens Ulpia!"
    Zweifelsohne war es ein kläglicher Versuch, die Durchsuchung aufzuhalten. Doch Ali wäre schon zufrieden damit, wenn nicht das ganze Haus verwüstet werden würde - denn die Arbeit danach würde wieder nur an ihm hängen bleiben.




    MAIORDOMUS - VILLA FLAVIA

    Zitat

    Original von Eginhard
    Eginhard sah den Ianitor mit einem kalten, höflichen Lächeln an. "Mein Name ist Eginhard. Und ich würde gerne den Hausherrn sprechen."


    [Blockierte Grafik: http://img232.imageshack.us/img232/9697/acanthusmj4.jpg| Acanthus


    "Der Herr ist nicht da!" belferte Acanthus. Es war überflüssig, nachzufragen, welchen Herrn der Mann meinte, denn darüber, wer in der Villa Flavia Felix der Hausherr war, herrschte in Rom bisweilen geteilte Meinung. Doch da überhaupt keiner der flavischen Herren anwesend war - nicht einmal einer der Knaben -, so erübrigte sich dies.


    "Bringst du eine Nachricht?" ließ der Ianitor dann aber doch noch sich zu einer Frage herab, denn jede Information mochte dieser Tage von Bedeutung sein.




    IANITOR - VILLA FLAVIA

    Zitat

    Original von Eginhard
    Es war sicher ziemlich plump und einfallslos, einfach bei der Villa der Flavier anzuklopfen. Eginhard rechnete auch nicht wirklich damit, hier Informationen zu erhalten. Aber einen Versuch war es wert. Und so klopfte er gegen die Tür.


    [Blockierte Grafik: http://img232.imageshack.us/img232/9697/acanthusmj4.jpg| Acanthus


    Nur wenige Besucher verirrten sich derzeit noch an die Porta der Villa Flavia, so dass es geschah, dass Acanthus, Ianitor der Villa, fast ein wenig im Traumland dämmerte als es diesmal klopfte. Allerdings nur fast, denn bei dem gewohnten Laut war er hellwach, erhob sich und öffente das kleine Sichtfenster in der Porta.
    "Wer bist du und was willst du?" schnauzte er Eginhard an, der weder aussah wie ein Soldat, noch wie ein wichtiger Besucher. Gleichzeitig kam sein Gesicht Acanthus bekannt vor, wenn auch nicht vertraut.




    IANITOR - VILLA FLAVIA

    Zitat

    Original von Aurelia Prisca
    ...
    "Nun sag schon schon, was du weisst! ... Weisst du im übrigen etwas davon, ob auch die Aurelier fort aus Rom sind?", klang es drängend, aber gleichzeitig auch bittend aus Priscas Mund, als sie Acanthus mit ihren Fragen regelrecht durchlöcherte.


    [Blockierte Grafik: http://img232.imageshack.us/img232/9697/acanthusmj4.jpg| Acanthus


    Auch wenn Acanthus selbstredend bereit war, all seine Informationen mit Aurelia Prisca zu teilen, so gab er doch dem Jungen an der Porta ein unmerkliches Zeichen, dass dieser die Türe wieder schließen und verriegeln sollte, sobald der Besitz der Aurelia im Haus war - inklusive ihrer Sklaven. Er selbst wies durch den Eingang zum Atrium hin. "Bitte lass uns ein wenig weiter hinein gehen. Auch wenn die Straßen leer gefegt scheinen, hat Rom seine Augen und Ohren überall."


    Der Gang zum Atrium hin verstärkte wohl den Eindruck eines verlassenen Hauses, denn während hier sonst in üppiger Art und Weise mehrere Kandelaber mit Öllampen für einen goldenen Glanz auf Büsten, Statuen und Wandzier Sorge trugen, waren an diesem Tag nur zwei Lampen entzündet und spendeten ihr trübes Licht.
    "Ich kann dir nicht genau sagen, was die flavische Familie mit dem Tod des Kaisers zu tun hat, doch der Praefectus Urbi hat es auf mehrere patrizische Familien abgesehen. Die Villa des Senators Tiberius Durus wurde von den Praetorianern gestürmt, er selbst und seine Familie von diesen umgebracht. Es gibt derzeit keine verlässlichen Informationen, aber auch bei den Claudiern, den Fosliern, den Sergiern und auch den Aureliern sollen sie gewesen sein. Außerdem wurde Senator Vinicius Lucianus verhaftet. Die Senatoren Flavius Furianus, Vinicius Hungaricus und Cornelius Scapula sollen ebenfalls im Carcer sitzen, aber genau weiß es niemand."
    Natürlich ließ der ein oder andere Soldat sich eine Information abkaufen, aber auch die einfachen Soldaten, die in der Stadt für Ordnung sorgten, wussten oft nur Halbwahrheiten und Gerüchte.


    "In der Nacht nach der Senatssitzung, in welcher der Praefectus Urbi die Senatoren über den Tod des Imperators informiert und die Ausgangssperre damit begründet hat, hat Herr Gracchus angeordnet, dass seine Frau und die beiden jüngeren Kinder die Stadt mit seinem Vilicus verlassen. Und auch er selbst hat Rom in Begleitung des Herrn Flaccus und des jungen Minimus, sowie eines Freigelassenen verlassen."


    Acanthus zuckte leicht mit den Schultern und legte eine betrübte Mine auf. "Wir haben nichts mehr über ihren Verbleib gehört, aber ... aber der Praefectus Urbi hat Flavius Gracchus' Namen auf eine Proscriptionsliste gesetzt. Daher ist davon auszugehen, dass ihnen die Flucht gelungen ist - oder aber der Praefectus braucht nur noch einen Vorwand, um ihre Leichen zu präsentieren. Außerdem ist davon auszugehen, dass es nicht mehr lange dauern wird, bis die Praetorianer noch einmal vor unserer Porta stehen."


    Er seufzte schwer, denn auch wenn er nicht in Gracchus' Besitz war, so war die Zukunft des flavischen Haushaltes in diesen Zeiten doch ungewiss, da alle Flavier fern Roms weilten. "Wirst du hier bleiben, Herrin?" Ein wenig Hoffnung schwang in seiner Frage mit. Ali, der Maiordomus, führte derzeit das Regiment in der Villa, doch der Ianitor mochte sich lieber auf eine der Herrschaften verlassen, als auf den alten Sklaventreiber.




    IANITOR - VILLA FLAVIA

    [Blockierte Grafik: http://img232.imageshack.us/img232/9697/acanthusmj4.jpg| Acanthus


    Auch ohne dass derzeit noch ein einziger Flavier in der Villa wohnte nahm Acanthus, seit langer Zeit Ianitor der Familie, seine Aufgabe überaus ernst. Schlussendlich war er das erste Bollwerk des Anwesens, jeder musste an ihm vorbei, gleich was oder wen er im Hause suchte. Da die Porta jedoch von Innen mit einem Balken gesichert war, gab es keinen Grund zur erhöhten Wachsamkeit. Es dauerte daher sogar ein wenig länger als sonst bis er sich auf das Klopfen hin erhoben hatte und das kleine Fenster in der Tür öffnete, um nach draußen zu sehen.


    "Wer bist du und was willst ...", begann er schroff dem Sklaven ins Gesicht zu blaffen, erkannte jedoch einen Augenblick später, wer da vor der Türe stand. "Oh", korrigierte er sich, suchte hastig den Hintergrund ab, ob irgendwelche Soldaten in Lauerstellung lagen, schloss dann jedoch die Klappe, um mit Hilfe des stets präsenten Jungen hinter der Türe den Balken zu entfernen.


    Er öffnete die Türe und wandte sich an Prisca. "Willkommen zuhause, Herrin!" Er senkte seine Stimme, so dass nur sie ihn hören konnte. "Es ist keine gute Zeit, zurück zu kommen. Die gesamte Familie hat Rom verlassen, und die Praetorianer waren hier, um mit Flavius Furianus zu sprechen."




    IANITOR - VILLA FLAVIA

    In der gleichen Nacht verließen auch andere Bewohner die Stadt, aus ganz ähnlichen Gründen wie Cornelius Palma. Der Aufwand, der hierfür betrieben worden war, war jedoch um einiges geringer, die Vorbereitungen weit weniger sorgfältig. Zum Anbruch der Nacht fuhr ein schäbiger Händler aus Ostia mit einem Ochsenkarren beladen mit Getreide und Mehl durch die Porta Salutaris in die Stadt hinein, wobei er eine kleine Diskussion mit den Soldaten am Stadttor darüber führte, ob die Zutaten für Opferbackwaren, die er zum Templum Serapidis, dem Templum Quirini und dem Capitolium Vetus mit Iupiter-, Iuno- und Minervatempel bringen sollte, tatsächlich lebensnotwendig waren oder nicht. Letztlich jedoch ließen sie ihn passieren, denn gerade in dieser Zeit der Unsicherheit wollte es sich niemand mit den Göttern verscherzen, und der Händler feilschte mit der spitzesten Zunge, immerhin ging es um seinen Lohn - der vernichtet wäre, wenn das Getreide und Mehl in einigen Tagen schimmeln würde weil er kein geeignetes Lager dafür hatte und sich vor den Toren Roms die Füße in den Bauch stehen müsste.


    Am Capitolium Vetus, seiner letzten Station, halfen dem Händler zwei Tempelsklaven beim Ausladen seiner Waren und verzogen sich hernach schnell wieder aus der kühlen Nacht in das Innere der Tempelküche. Bevor der Händler jedoch wieder auf seinen Karren aufsitzen und sich auf den Rückweg begeben konnte, wurde er rücklings von einem stämmigen Mann, der sich urplötzlich aus der Dunkelheit schälte, niedergeschlagen, in den Hof eines Wohngebäudes gezerrt und dort in eine große, hölzerne Kiste gesperrt, nachdem er ihm den Beutel mit den Münzen vom Gürtel geschnitten hatte. Ob man den Händler in den kommenden Tagen finden würde und ob er dann noch am Leben wäre, interessierte den Stämmigen nicht. Gerade noch rechtzeitig bevor eine nächtliche Patrouille der Praetorianer das Capitolium Vetus passierte, schwang er sich auf den Ochsenkarren und fuhr zur Villa Flavia.


    Nachdem dort rasch zwei weitere Körbe auf den Wagen geladen worden waren, eine Frau neben dem stämmigen Mann Platz genommen und ein weiterer Mann die Zügel des Ochsen ergriffen hatte, setzte das Gespann seinen Weg fort durch die Straßen Roms zur Porta Collina.


    Obwohl es geradezu unmöglich war, selbst unter den gegebenen Umständen, den Warenverkehr in die Stadt hinein und aus hier hinaus kontrollieren, so vertrieben sich die Soldaten an der Porta Collina mit ein wenig Arbeit die Zeit, in dem sie ab und an einen der Wägen überprüften. Ein Wagen mit leeren Hühnerkäfigen passierte das Tor ohne ihr Interesse, doch als Sciurus den Ochsen mit dem leeren Getreidekarren durch das Tor führen wollte, trat ihm ein Urbaner in den Weg.
    "Name, Herkunft, Art der transportierten Waren, Bestimmungsort der Waren", ratterte der Soldat mit militärischer Strenge herunter und hielt Sciurus eine Fackel dicht vor die Nase. Der Sklave zuckte zurück, doch bevor der Urbaner ihn weiter bedrängen konnte, antwortete der Mann auf dem Wagen.
    "Gaius Porcillius Tarpeianus aus Sulmo, wohnhaft in Ostia. Ich habe Getreide zu den Tempeln des Capitolium Vetus gebracht."
    Der Soldat schwang seine Fackel zu dem Mann auf dem Wagen um und beleuchtete sein Gesicht, dann flüchtig das der Frau neben ihm, um sich wieder dem Mann zuzuwenden.
    "Und wer sind die anderen zwei? Und warum verlässt du die Stadt nach Norden, wenn du aus Ostia kommst?"
    Völlig ruhig beantwortete der Mann auch diese Fragen, verfiel nach ein paar Worten in einen regelrechten Plauderton, als würden er und der Soldat in einer Taberna bei einem Becher billigen Wein sitzen.
    "Das ist mein Weib, Tertia, und das mein Sklave Bactulus. Wir wollen nicht nach Norden, sondern nach Osten, nach Hadria. Dort kommt in ein paar Tagen neues Wintergetreide aus den Ostprovinzen an. Ich habe leider keine feste Anstellung und muss sehen, wo ich an Waren komme und der Cultus Deorum kauft das Getreide nun einmal da, wo es am billigsten ist. In Hadria ist das Getreide immer billig, weil es halt auch nicht von so guter Qualität ist wie das aus den Südprovinzen. Ich frag mich schon manchmal, ob die Götter das nicht merken, aber vermutlich ..."
    "Das reicht!" fiel der Urbaner ihm schroff ins Wort. " Du kannst weiter." Er trat zurück und schwenkte die Fackel ein wenig. "Los, setz dich in Bewegung und verstopfe nicht die ganze Straße!"
    Sciurus zog an den Zügeln, dass der Ochse sich in Bewegung setzte, und ließ seinen Körper noch einige Augenblicke in Anspannung. An der Weggabelung hinter der Porta führte er das Gespann auf die Via Nomentana, fort von Rom.


    Einige Meilen die Straße entlang wechselten die beiden Weidenkörbe mit den flavischen Kindern, Claudia Antonia und Sciurus an einem kleinen Gehöft das Reisemittel und stiegen auf ein Pferdegespann um. Der stämmige Mann fuhr mit dem Ochsenkarren eine andere Strecke weiter, um Karren und Vieh in einigen Tagen auf einem Dorfmarkt zu verkaufen.


    Das Pferdegespann legte am folgenden Tag nur wenige Pausen ein. Einmal hielten sie an einer Quelle, um sich zu säubern. Ein andermal erstand Sciurus auf einem Markt in einer kleinen Stadt ordentliche Kleidung und passable Mäntel für Antonia und sich selbst, dazu einige warme Decken, in welche die Kinder auf dem Wagen gehüllt wurden, die am späten Vormittag aus ihrem tiefen Schlaf erwacht waren. Als gewöhnliche Reisende, nicht wohlhabend, doch ebenso wenig schäbig, setzten sie ihren Weg fort, sprachen mit niemandem viele Worte, bis sie nach mehreren Tagen eines der claudischen Landgüter in Antonias Besitz erreichten.

    [Blockierte Grafik: http://img232.imageshack.us/img232/9697/acanthusmj4.jpg| Acanthus


    Ohne sich seine Gedanken über diese Tatsache anmerken zu lassen, schüttelte Acanthus den Kopf. "Ich bedaure, doch Senator Flavius Furianus befindet sich nicht in der Villa."
    Schon seit geraumer Zeit bevorzugte Furianus seinen Landsitz vor den Mauern Roms, selbst an den Tagen, da der Senat zusammenkam.


    "Zuletzt weilte er auf seinem Landsitz* außerhalb der Stadt." Es hatte wenig Sinn, den Praetorianern diese Information vorzuenthaltenen, war sie doch in Rom allgemein bekannt.



    Sim-Off:

    *Vermutlich hier.



    IANITOR - VILLA FLAVIA