Beiträge von Marcus Artorius Falco

    Wieso so sollte ich sie zu Abschaum zählen? Wie kam sie nur darauf. Mich störte der Abschaum nicht sonderlich, ohne ihn wäre ich arbeitslos. Wieso machte sie solche Anspielungen und kam nicht auf den Punkt? Typisch Frau! Aber wieso sollte ich sie bei mir aufnehmen? Ich kannte sie gar nicht. Zugegeben, bestehlen konnte sie mich nicht, denn es war nichts da, was man stehlen konnte. Und Rom würde auch nicht um mich taruern, wenn ich tot wäre, nein eher gäbe es ein Fest! Also zu befürchten hätte ich nichts. und was war mit ihr?

    "Nun, mein Angebot steht! Doch kennen tue ich dich eigentlich nicht und Vertrauen ist etwas, was man hier in Rom nicht voraussetzen kann und darf. Somit auch die Frage, wieso vertraust du mir in dieser Hinsicht?"

    Was für eine tragische Lebensgeschichte. Doch war ich skeptisch ob es die Wahrheit war. wenn man schon tausende von tragischen Geschichten als Privatermittler als Begründung für ein schlechtes Verhalten gehört hat, dann stumpft man automatisch diesbezüglich ab. Schlimm war es jedoch, dass solche Leute meist selbst ihre eigene Lügengeschichte glaubten.


    "Du armes Ding! Und dann kommst du ausgerechnet hier nach Rom, wo sich der ganze Abschaum niedergelassen hat?"


    Nun, im Grunde war sie ja anscheinend auch nichts anderes, auch wenn sie wohl weniger dafür konnte als andere. Es war immer schwer da heraus zu kommen und nicht wenige wurden rückfällig.


    "Naja... Eine Bleibe wird sich schon finden lassen. Es gibt viele Herbergen und da wird bestimmt eine für dich dabei sein. ich würde dir ja auch zeitweise einen Platz in meinem Reich anbieten, doch ist es nicht sonderlich luxuriös und ein Gästezimmer fehlt!"

    Armes, kleines Ding. So geriet man in diesen Strudel. Konnte ich ihr helfen? Nicht wirklich. Ich war auch nur ein armer Plebejer, auch wenn es mir besser ging als ihr. Hinzu kam, dass man sie wohl suchen würde...


    "Nun, wenn ich fragen darf, woher kommst du denn und wieso bist du von dort überhaupt weg?"


    Hm... Sie sah durchaus nordisch aus. Aber ich war mir nicht sicher. Ich konnte es auch kaum beurteilen, war ich im Norden auch noch nicht gewesen.


    "Wir sollten aber dafür sorgen, dass du nach Mehr aussiehst, wenn du nicht verdächtigt werden willst!"


    Ich schaute auf den Geldbeutel in ihrer Hand.


    "Geld hast du nun ja! Und dann brauchst du erstmal eine Unterkunft! Arbeit wird sich auch schon finden lassen. Auch wenn die 'typischen' Frauenberufe wohl kaum etwas für dich sind!"

    Ich schaute sie streng an. Was wollte sie mir damit sagen? War sie keine Kleinganovin? Ich hätte sie wohl doch lieber ausliefern sollen. Doch was nicht ist, dass kann noch werden. Ich würde ihr aber noch eine Chance geben, denn so war ich ja nicht.


    "So, so! Womit hast du dir einen Namen gemacht, Kleines?"


    Ich betrachtete sie eindringlich. Sie war jung... War sie römische Bürgerin? Wohl kaum! Solch ein Gesindel hatte meistens nicht das römische Bürgerrecht und es kotzte mich an, dass solche Leute ihre Geschäfte auf Kosten des Namens der eigentlichen römischen Plebs machten.


    "Du bist wohl kaum eine römische Bürgerin, oder? D.h. wohl, du würdest im Circus landen!"

    Ich musste lachen.


    "Willkommen in Rom meine Liebe! Ich glaube du hast dir so eben einen Namen gemacht!"


    Ich nahm einen Taler heraus.


    "Für den Wein! Doch lass uns lieber etwas schneller trinken, denn ich glaube hier wird es bald von Soldaten wimmeln! Und jetzt steck bloß das Geld weg!"


    Ich sah sie ernst an. Da hatte sie sich etwas eingebrockt. Ich bereute es schon fast, sie angesprochen zu haben und an den Lohn wollte ich gar nicht denken, wenn ich sie ausgeliefert hätte. Aber das hätte ich wohl eh nicht gekonnt. Etwas nervös sah ich zur Tür.

    Auch ich nahm auf einem zweiten Stuhl Platz. Als der Wirt kam bestellte ich einen Weinkrug und zwei Becher.


    "Was für ein Spiel? Das ist kein Spiel! Aber wenn du Diebstahl als Spiel betrachtest..."


    Der Wirt kam und ich unterbrach das Gespräch. Ich schenkte uns beiden ein und probierte vorsichtig den Wein. Man konnte nie vorsichtig genug sein.


    "Nun zeig mal her, was du erbeutet hast!"


    Sie hatte wohl keine Wahl und ich hoffte sie würde keine Probleme machen...

    Ich wartete darauf, dass sie sich setzte, denn wenn ich es vor ihr tun würde, wäre sie sicherlich ganz schnell weg und das wäre schade. Ich war neugierig was sie nach Rom trieb. Vor allem, war sie alleine? Rom war ein gefährliches Pflaster. Ich zog einen Stuhl zurück um ihn ihr anzubieten.

    "Setz dich doch bitte!"


    Dann winkte ich den Wirt her. Wo war nur seine Tochter?

    Na toll! Wenn die schon ihren Namen nennen... „Angenehm! Falco mein Name... Ich frage mich, was so ein hübsches Ding wie du hier sucht, Verina!“
    Und ob ich mich das fragte. Sie passte wirklich nicht hier in die Szenerie. Sie aber sah mich verstohlen an und setzte ihre verschränkten Arme auf dem Tisch ab, so dass ihre ohnehin schon großen Brüste noch mehr zur Geltung kamen.
    „Falco! Ich bin kein unschuldiges Kind! Außerdem könnte man dir die selbe Frage stellen! Ich habe dich dort am Haus der Hure herumschleichen sehen!“
    Soviel zum Thema unauffällig. Zumindest gab sie mir Informationen, die ich dringend brauchte. Doch nach diesen hätte ich ohnehin gefragt, auch ohne das man mich beim schnüffeln erwischt. Viel schlimmer war jedoch, dass sie mich nun für einen abenteuerlichen Freier und Spanner hielt, denn dies traf nun gar nicht auf mich zu. Zugegeben, die Hure sah nicht schlecht aus, doch steckte ich mich meine ‚Nase’ nur ungern in ‚Dinge’ in der schon hundert andere Männer ihre ‚Nase’ vor mir steckten. Doch was wollte meine Zielperson dort? Klar, es gab auch Frauen, die auf ihresgleichen standen. Aber ist es üblich, dass man vorher Kuchen aß? Ein sehr außergewöhnlicher Geschmack. Nein, es musste einen anderen Grund für den Besuch geben. Nur welcher das sein sollte war mir bisher nicht klar.


    „Du scheinst ein sehr aufgewecktes Mädchen zu sein, Verina! Ist hier so wenig los oder wieso schaust du anderen jungen Kerlen hinterher?“ Schon spürte ich einen heftigen Schlag gegen meine linke Schulter. „Sehr witzig Falco! Ich habe noch viel mehr gesehen...“ Sie schaute mich triumphierend an. Oh wie ich diese Weiber hasste. Ich setzte einen liebevollen Gesichtsausdruck auf.


    „Und du erzählst es mir doch bestimmt jetzt gleich, oder?“
    Ich wusste jetzt schon, dass sie nichts erzählen würde, doch ich wollte die Hoffnung nicht aufgeben, dass sie es doch tun würde. Dummerweise gab sie mich immer auf!
    „Wieso sollte ich es dir erzählen?“ Ich hatte es gewusst, jetzt würden irgendwelche horrende Forderungen kommen. „Weil ich ein so charmanter junger Mann bin und dich lieb darum bitte?“ Sie musste auflachen. „Ha! Da musst du dir schon etwas besseres einfallen lassen, Falco!“
    Ich vergrub mein Gesicht in meinen Händen: ‚Oh Fortuna, wieso tust du mir das an?!’ Doch sie hörte mich nicht und wenn, dann lachte sie sich bestimmt ins Fäustchen. Ich blickte Verina durch meine gespreizten Finger hindurch an. Was konnte ich ihr geben? Was konnte sie ausgerechnet von mir wollen? Ich zupfte mit meinen Händen an meiner Tunika.
    „Verina! Du hast einen armen Plebejer vor dir, der verdammt ist im Leben anderer Leute herumzuschnüffeln und der nicht viel mehr besitzt, als er gerade trägt!“
    Das war gelogen, doch musste sie nichts von meinem Sparkonto wissen. Sie schaute mich prüfend an und musste grinsen. „Nun, dann werde ich mich damit wohl zufrieden geben müssen!“ Ich sah sie entsetzt an. Wollte sie meine Tunika? Hier? Fortuna? „Du willst meine Tunika? Hier und Jetzt?“ Sie musste abermals lachen, ehe sie mich wieder ansah. „Falco, du bist ein Idiot! Ich will nicht die Tunika! Ich will dich! Bin schon lange nicht mehr ausgeführt worden!“ Ich sank zurück in meinen Stuhl und seufzte erleichtert. Es gab die Götter also doch! Doch irgendwie glaubte ich ihr nicht. Sie war ein Schankmädchen oder gab es zumindest vor. Ich blickte sie machohaft an und ignorierte ihre ‚Schmeichelei’. „Nun wenn es nicht mehr ist! Ich stehe dir ganz zur Verfügung, Kleines!“ Sie aber schüttelte nur den Kopf. Was war denn so falsch? „Falco... Verkaufen kannst du dich auch nicht! Kein Wunder das du nichts hast!“ Sie war so nett zu mir. Ob das ein Vergnügen werden sollte? Für sie sicherlich. Der Mann der sie heiraten sollte, tat mir jetzt schon leid.
    „Komm in drei Stunden wieder her, dann habe ich Feierabend. Und jetzt beeile dich sonst verlierst du deine Zielperson!“
    „In drei Stun...“ Was hatte sie da eben gesagt? Woher wusste sie... ? Verdammt! Ich schaute hinüber und sah sie tatsächlich: Sie verließ gerade das Haus der Hure. Ich sah Verina verdutzt an, knallte schnell einige Münzen auf den Tisch und stand auf. „In drei Stunden... Ich werde hier sein!“, sagte ich kurz und zischte hinter der Frau her. Diesesmal würde sie mich nicht abhängen.

    Hatte ich es mir doch gedacht! Sicher, hier in Rom traf man allerhand Gesindel aus dem ganzen Reich: Das Imperium war Rom und Rom war das Imperium. Dennoch sah man es Neulingen meist an.


    "Das habe ich mir schon so gedacht! Nur hier in Rom musst du besser aufpassen. Sicher habt ihr für eure Verbrechen hier eine gute Grundlage, docj das weiß auch die Gegenseite..."


    Ich zeigte auf ein Haus mit einem Hängeschild.


    ".. da ist die Taverne!"

    Ich grinste sie an.


    "Keine Sorge! Ich liefere keine kleinen Mädchen wegen so einem Kavaliersdelikt aus. Ich habe kein Mitleid mit diesem Kerl, auch wenn es genauso gut mich hätte treffen können. Aber du pickst dir wohl immer die größten Fische heraus. Doch bezweifle ich, dass du schon lange hier bist!"


    Bald hatten wir das Ende der Gasse ereicht. Ich behielt sie genau im Auge und blieb immer nah an ihr dran.

    Ich schritt ihr hinterher, denn in der engen Gasse war nur Platz für eine Person. 'Schöner Hintern' dachte ich mir. Ich musste grinsen, was sie ja nicht sehen konnte...


    "Nun, tue ich das denn?"


    Ehrlich gesagt, wusste ich selber nicht, was ich tat. Aber ich hatte Mitleid mit der Kleinen und mit dem Togati halt nicht!

    „Nun, da kann ich dir dann nur Brot anbieten! Wie möchtest du deinen Wein? Wasser dazu?“


    Diese Stimme... Es tat weh ein solches Kind hier zu sehen. Ein Jahr und sie wäre nicht mehr die selbe.


    „Dann nehme ich einen Laib Brot. Den Wein unverdünnt bitte!“


    Der Tag lief einfach zu scheiße, da brauchte ich den Wein. Sie zog ab zur Theke um meine Bestellung fertig zu machen. Ich nutze die Gelegenheit um das Haus weiter zu beobachten. Dann zog ich meinen Geldbeutel hervor und zählte das Geld ab. Viel war nicht mehr da. Wenn das so weiter ging, dann würde dieser Auftrag mir überhaupt nichts einbringen. Es war an der Zeit mal über neue Preise nachzudenken.


    Das Schankmädchen kam zurück mit einem Laib Brot, einem Krug Wein und zwei Bechern. Ich fasste mir an den Kopf. Musste das jetzt auch noch sein? Unter anderen Umständen war dagegen ja nichts einzuwenden, aber bei der Arbeit. Doch konnte ich ihr nicht einfach sagen, dass sie abzischen sollte, wenn ich nicht den Krug Wein über den Kopf gezogen bekommen wollte. Sie war wohl mal ganz froh, sich mit jemanden neuen zu unterhalten. Solange es auch nur bei einer Unterhaltung blieb. So mancher hat sich schon irgendeine unangenehme Krankheit bei einem Schankmädchen geholt. Dies ist besonders für die Männer schlimm, die zuhause ein Weib sitzen haben, der man das dann erklären muss, denn zum einem kostete das wertvolles Geld und na ja... Wir haben nicht das Geld wie die in ihren Villen. Bei denen ist die Frau nicht für den Spaß da, sondern man schläft mit ihr nur, um Kinder zu bekommen. Für die andere Sache sind Sklaven und teure, saubere Mädchen da. Wie viele reiche Schnösel und Patrizier in Wirklichkeit Kinder von der Sklavin sind? Ich selbst sollte so einen Jungen mal entlarven.


    Nun, jetzt saß dieses Mädchen bei mir und sah mich erwartungsvoll an, während sie uns Wein eingoss.


    „Ist das hier ein besonderer Service? Kaufen sie einen Krug Wein und sie bekommen ein Mädchen dazu?“


    Sie schaute mich böse und eingeschnappt an. Prima Falco.


    „Nein, du verstehst das falsch, ein Mädchen als Unterhaltung meine ich!“


    Ihr Blick wurde nicht besser.


    „Zur Unterhaltung! Einfach ein wenig Gesellschaft!“


    Ich wischte mir den Schweiß von der Stirn. Ich hatte die Situation geklärt.


    „Nein, dass ist nicht selbstverständlich. Nur dachte ich mir bei einem so nett aussehenden Kerl wie du, den ich hier noch nie gesehen habe, setze ich mich mal dazu. Mein Name ist Verina!“

    Ich sah sie fragend an. Worauf wartete sie nur? Wenn der Togati noch näher kam und sie eventuell verdächtigen würde, dann müsste ich sie ausliefern.


    "Worauf wartest du? Da entlang! Durch die Gasse! Dahinten kenne ich eine Taverne!"


    Ich deutete den Weg an, der durch eine enge Gasse zwischen den Häusern hindurch führte. Dort würde der Togati eh nicht durchgehen...

    Ich musste lachen... Diese Geizhälse gönnten uns auch gar nichts... Fast hätte ich gerufen 'Da wo es hingehört!', doch ich ließ es lieber.


    "Ich denke es ist Zeit hier zu verschwinden!"


    Ich sah sie fragend an. Was sollte ich mit ihr tun? Den Moralapostel spielen? Ihre Tat war richtig, zumindest dieses eine Mal.

    Sie hatte eine wirklich schlechte Meinungen von den Menschen. Es wäre ja nicht so, dass sie ganz unrecht hat. Es blieb einem oft nichts anderes übrig, als durch Unehrlichkeit durch das Leben zu kommen. Aber ganz so dramatisch war es nun auch nicht. Ja, ich war ein Optimist, auch wenn es die Welt nicht wahr und sie es mich spüren ließ.


    "Och, sei kein Pessimist. So schlimm ist die Menschheit nun auch nicht! Wie sieht es denn mit deinem Tageseinkommen heute so aus?"


    Sie war irgendwie aufbrausend, wenn nicht sogar frech.