Beiträge von Publius Terentius Pictor

    Von meinem Platz aus beobachtete ich weiter die Frau vor mir. Scheinbar hatte sie dort im Schnee etwas gefunden. Etwas, dem sie gerade ihre gesamte Aufmerksamkeit schenkte, denn sie hatte mich bis jetzt noch nicht bemerkt. Lächelnd beobachtete ich sie neugierig und versuchte einen Blick auf das zu erhaschen, was sie in ihren Händen hielt. Doch der Umhang verbarg alles. Ich blickte kurz zum Himmel hinauf, der noch immer so rein war wie das weite Meer. Keine Wolke weit und breit und die Sonne noch immer in ihrer strahlenden Schönheit. Als ich fröhlich seufzend wieder zurück blickte, schwankte die Frau plötzlich.


    Sie klammerte sich an den Stamm des Baumes und hatte die Kapuze zurückgeschlagen. Nun bestätigten sich meine Vermutungen. Doch das war nun nebensächlich, denn offenbar stimmte etwas nicht mit ihr. Ich stand auf und eilte zu ihr. Kurz neben ihr blieb ich stehen und fasste sie behutsam an der Schulter. Um ihren Zustand besser betrachten zu können, beugte ich mich etwas vor und sprach - hoffentlich - beruhigend:


    Alles in Ordnung mit dir?

    Das nun also ist die sagenumwobene Markthalle von Moguntiacum., sagte ich lächelnd und sah mich um. Das Gebäude war weiträumig und lud zum Schlendern ein. Während ich mich in meinen Mantel hüllte, sah ich meine Begleiterin mit einem verschmitzten Lächeln an.


    Ich habe wirklich einiges verpasst., sagte ich ruhig und schaute mich wieder seufzend um. Mehr als einmal bedauerte ich es, dass ich meinen Dienst noch immer in der Colonia tat. Tagein tagaus dieselben Abläufe, jeden Tag dieselben Gesichter. Hier konnte ich endlich einmal wieder echte Stadtluft schnuppern. Moguntiacum kam mir weitaus schöner aus der karge Norden vor.

    Ich beobachtete die junge Prudentierin mit sichtlicher Überraschung. Das hatte ich nun wirklich nicht von der Verwandten eines Senators auf solch einem Gut erwartet. Aber die Überraschungen häuften sich ja anscheinend und so musste ich jede Sekunde auf eine neue gefasst sein. Zum Glück hatte Commodus die Situation gerettet, denn ich hätte es sicher nicht gutgeheißen, wenn sie sich meinetwegen Umstände hätte machen müssen. Doch das zeigte mir zumindest, dass ich es hier mit keiner abgehobenen Adelsgespielin zu tun hatte. Da auch Commodus in seinen Verhältnissen lebte, überraschte mich das nicht weiter.


    "Bleib doch ruhig, Aquilia. Deine Anwesenheit stört doch nicht. Ich hoffe du beehrst uns noch etwas länger mit deiner Person."


    An Commodus gerichtet sprach ich seufzend:


    "Das kann ich mir gut vorstellen. Jedoch höre ich nicht allzuviel gutes vom Senat. Als Militär bin ich schon naturgemäß dem Senat nicht wohlgesonnen. Abgesehen von manchem Senator natürlich...


    Nun, ich hätte vielleicht noch etwas...


    Wie bekommt dir die Anwesenheit der Classis in dieser Siedlung. Wir sind zwar nicht allzu präsent, aber ich würde schon gern wissen, welchen Eindruck die Flotte auf die Zivilbevölkerung hat. Es wäre traurig zu hören, dass wir unseren Dienst tun, ohne bemerkt zu werden."

    Da hatte meine Maskerade des Militärs, der Mogontiacum nicht gerade wie seine Westentasche kannte, voll ins Schwarze getroffen. Lächelnd nickte ich.


    Ich danke Euch. Ich werde vor dem Officium warten. Und es eilt nicht. Lasst euch ruhig Zeit.


    Ruhig stand ich auf, nickte ihr noch einmal zu und verließ dann das Officium, um mich draußen niederzulassen. Während ich noch saß, sah ich die kleine Tafel an der Tür, die ich vorher wohl übersehen haben musste. Duccia Clara... das erklärte einiges.

    Sie war gut. Ich konnte mir ein Grinsend nicht verkneifen und überlegte kurz. Warum nicht noch einmal den Unwissenden spielen? Die letzte Möglichkeit, der rettende Ast.


    Wirklich, die Markthalle? Nun, wisst Ihr, auf dem Markt wiederum war ich noch nie. Ich hatte bisher nie das Bedürfnis. Und da Mogontiacum vergleichsweise groß ist, habe ich mich auch noch nie dort eingefunden. Ich muss zu meinem Bedauern also leider gestehen, dass ich den Weg dorthin nicht kenne. Und bei meinem Glück würde mich eine Wegbeschreibung wahrscheinlich nur noch mehr in die Irre führen.

    Noch war nichts verloren. Aber ich hatte dort wirklich einen Eisklotz vor mir. Aber meine Ehre gebot es mir auch, dass ich einmal fragte und dann nicht mehr. Schließlich wollte ich nicht bedrängen.


    Nunja..., begann ich mit einem Schmunzeln auf dem Gesicht.


    Ich war schon sehr lange nicht mehr in Mogontiacum. Alles hat sich so verändert. Ich habe mich einmal sogar verirrt. Nun würde ich gern mittagessen und bräuchte vielleicht jemanden, der mir eine gute Taberna zeigen könnte.

    Ihr Gesicht wandelte sich und wurde etwas verhaltener. Scheinbar hatte ich da etwas getroffen. Es kam nun mal nicht sehr oft vor, dass ein Römer sich so offen für die Germanen interessierte. Mein Lächeln wurde etwas galanter und ich lehnte mich diskret vor.


    Ich bin auf dem Stützpunkt der Classis Germanica in CCAA zu finden.


    Aber ich sehe, dass ich nicht allein mit meinem Interesse an den Germanen bin. Das freut mich sehr. Wie interessiert seid Ihr denn am Germanentum?

    Dass es derzeit keine Kurse gab, überraschte mich in gewisser Weise so gar nicht. Ich hielt die Verwaltung der Schola zwar für äußerst kompetent, aber die konnte auch nichts machen, wenn nur minimales Interesse bestand und sich auch niemand bereit erklärte, Kurse abzuhalten. Trotzdem war das nicht weiter schlimm, denn das Lächeln der jungen Frau machte das wett.


    Nun, ich würde gern einmal meine Germanischkenntnisse aufbessern. Und auch sonst würde ich es gern sehen, wenn die Schola Kurse über Germanen anbietet.

    "Sicher.", sagte ich nickend.


    "Aber ein Besuch beim Duumvir kann nie schaden."


    Die dritte im Bunde noch nicht bemerkend ging ich auf sein Dank ein und schmunzelte.


    "Ich bitte dich. Ich hoffe doch, dass man den Senat zumindest teilweise nach Weisheit besetzt und nicht nur nach ihrer Geldbörse.", sprach ich zwinkernd.


    Als plötzlich jemand dazu kam, wandte ich mich überrascht um. Ich hatte zuerst gedacht, der alte Senator würde allein mit seinen Dienern auf diesem Gut wohnen. Doch da hatte ich mich wohl getäuscht. Lächelnd nickte ich der jungen Frau zu und warf einen Seitenblick auf Commodus, der sie mir als Prudentia Aquilia vorstellte.


    "Angenehm, deine Bekanntschaft zu machen, Aquilia.", sprach ich mit galantem Lächeln und bot ihr einen Stuhl neben dem meinen an.

    Der Himmel über mir war so blau und wolkenlos, dass man es für einen wunderschönen Sommertag halten konnte. Nur unten auf der Erde herrschte Frost, der aber nicht weniger schön anzusehen war. Alles in allem meinte es das Wetter gut mit mir. Auch der Ritt in den Süden lief weitestgehend ohne Komplikationen. Nur an einigen Stellen war das Pferd etwas geschlittert, hatte sich aber bei Fortuna nichts getan. Jetzt war das Wetter noch immer wunderbar. Auch die Sonne sandte wärmende Strahlen nach unten und so ließ sich die Kälte besser aushalten.


    Noch immer schlendernd folgte ich den Spuren. Die Tiefe und Ausprägung ließ darauf schließen, dass es sich nicht um einen Mann handeln konnte, die waren oftmals schwerer und mit einer größeren Fußlänge bedacht. Nein, das sah mir eher nach einer Frau aus. Die Füße waren lang genug, dass es sich um eine erwachsene Frau - oder zumindest ein weibliches Wesen mit ausreichende Fußlänge - handeln musste. Die Schrittlänge entsprach in etwa der meinen und ließ daher auf ein langsames Schritttempo schließen. Da die Spuren noch relativ frisch und nur etwas am Rand verweht waren, durfte sie noch nicht soweit entfernt sein.


    Ich freute mich richtig über diese geistige Betätigung. Das prüfte meine Beobachtungsgabe und ich wusste noch immer, wozu meine damalige Ausbildung gut war. Alltagstauglich bis in die letzte Haarspitze. Wenn ich meinen Nautae klar machte, dass sie mit ihren Kenntnissen im Winter Frauen nachstellen konnten, würden sie sicher die Grundausbildung mit Auszeichnung bestehen. :D


    Als ich um eine Kurve bog, sah ich plötzlich am Baum hundert Schritt vor mir eine Gestalt, die dort kauerte. Da sie mir den Rücken zugewandt hatte, konnte ich nicht erkennen, um wen es sich handelte. Die Frau - ich tippte ins Blaue - war in einen dicken Umhang gehüllt und so konnte ich nichts von ihrer Gestalt erkennen. Lächelnd und mit reichlich Neugier setzte ich mich auf einen Baumstumpf, der noch recht frisch an der Wegbiegung stand. Ruhig beobachtete ich die Frau und wartete einfach ab.

    Auf den Ruf von innen trat ich ein und erblickte hinter dem Schreibtisch nicht einen langweiligen Scriba, sondern zu meiner Freude ein weibliches Wesen. Da hatte ich all die Jahre gedacht, die Bürokratie wäre träge und hässlich. Wie man sich doch täuschen konnte. Lächelnd schloss ich die Tür hinter mir und ging dann vor den Schreibtisch.


    Salve. Mein Name ist Terentius Pictor. Ich würde mich gern erkundigen, wie der aktuelle Stand in der Schola ist, wann wieder Kurse erwartet werden und dergleichen. Im Norden bekomme ich davon leider nicht allzuviel mit.


    Das cingulum militare, der beschlagene Gürtel an meiner Hüfte, zeigte nach außen meine Militärzugehörigkeit. So konnte sie vielleicht erraten, dass es mir als solcher besonders schwer war, Informationen aus der "Außenwelt" einzuholen. Aber den ersten Lichtblick dieses Tages hatte sie mir bereits unbewusst geliefert. Meine Laune konnte nicht mehr besser werden.

    "Nun, mir als Militär könnte es eigentlich egal sein. Der Stützpunkt wird über andere Wege als die Siedlung versorgt und kann autark fungieren. Die Siedlung wird jedoch wissen, was zu tun ist.


    Dein Alter ist deiner Weisheit entsprechend und ich hoffe, dass dir noch ein langes Leben beschieden ist. Schließlich sieht man Prudentier hier nicht oft."

    Ich ließ die Kolonne noch einmal ausrichten, bis sie wieder Marschbereitschaft hatte. Doch irgendwie musste ich den Jungspunden mitgeben, was ich dem verletzten Nauta mitgegeben hatte.


    In der Schlacht ist jeder auf sich angewiesen. Der Nauta hatte Glück, denn das hier ist noch die Übung. Wer in der Schlachtkolonne auf der Flucht stürzt, wird zurückgelassen und vom Feind rücksichtslos niedergemacht.


    Ich wusste, dass das Gesagte angekommen war und gab den Marschbefehl.


    DOPPELTES TEMPO!!!

    Sim-Off:

    Wahre Worte. Hauptsache sie stimmen hier auch ;)


    Das weiß ich nur zu gut, alter Mann., dachte ich mir.


    "Sicher. Nun, dann werde ich nicht den Gang scheuen und ihm auch einen Besuch abstatten. Sollte jedoch dort keiner wirklich Auskunft geben können, muss ich schwer um die Stadt bangen. Nun, ungeachtet dessen, erlaube mir die Frage nach deinem Befinden und deinen Plänen für die Zukunft. Ein weiser Senator, wie du es bist, bereichert diese Stadt."


    Die Worte waren wahrheitsgemäß und ohne Heuchelei. Ich respektierte die Weisheit dieses Mannes sehr, denn Alter war in diesem Fall mit Wissen gepaart, was unter den Senatoren Roms sicher nicht oft der Fall war.

    Sim-Off:

    Also Sir Alec Guinness hat auf mich nicht wirklich den Eindruck eines Greises gemacht :D Aber gut.


    Ich nickte und überlegte, ob es sich lohnen würde, den Duumvir noch einmal zu befragen.


    "Nun ja, das mag gut sein, aber bestimmte Tätigkeiten müssen doch auch bis in den Stützpunkt vordringen. Das taten sie aber nicht. Berichtige mich ruhig, aber zumindest aus der letzten Zeit sind mir keine Aktivitäten des Stadtvaters zu Ohren gekommen."

    Ich musterte den Mann vor mir. Er machte den Eindrück eines Mannes in gesetztem Alter. Dass er hier nicht oft herauskam, war vielleicht ungewöhnlich, aber er hatte in diesem Alter sicher seine Gründe.


    "Wann war das?"

    Ich nahm dankend Platz und sah ihn dann weiter freundlich lächelnd an.


    "Nun, ich komme wegen der Stadt zu dir. Lange habe ich auf dem Stützpunkt gearbeitet und würde gern wissen, wie deine Meinung zur Lage in der Stadt ist. Da der Duumvir ja durch Inaktivität glänzt, möchte ich mir solche Informationen aus erster Hand holen. Als Militär bin ich nun einmal darauf angewiesen, da ich nicht oft Zeit finde, mit den Stadtbewohnern zu sprechen. Der Dienst in der Flotte nimmt mich voll in Anspruch."

    Scheinbar war er ernsthaft umgeknickt. Nach vorn schrie ich:


    KOLONNE HALT!!!


    Noch während die Männer langsam hielten, betrachtete ich den Knöchel des Nauta, der bereits anschwoll. Das sah nach einer Verstauchung aus, soweit ich es aus meiner Erfahrung mit Verletzungen beurteilen konnte. An Octavianus gewandt sprach ich ruhig.


    Dich kann ich hier nicht entbehren. Such dir zwei Nautae, die den Mann zurück zum Stützpunkt bringen. So weit sind wir nicht entfernt.

    Ich musste nur wenige Minuten warten, als der Senator eintrat. Ich stand auf und erwartete eine Begrüßung. Stattdessen nur eine Frage. Wie oft wollte man noch bestätigen, dass meine Eltern mir den Namen Publius Terentius Pictor gegeben hatten? Doch ich wusste, dass Commodus an sich in einem guten Ruf stand und so wollte ich ihn nicht vor den Kopf stoßen. Freundlich lächelnd nickte ich.


    "Salve, Senator. Ja, ich bin Terentius Pictor."