Beiträge von Gaius Pompeius Niger

    Bekümmert sah ich, welche Trauer ich in Didia Fausta mit der Nachricht über den Tod der Flaminca Didia Sinona ausgelöst hatte.


    Ich nestelte aus meinem Gewand ein sauberes Tuch. Dann stand ich auf, trat neben die Sacerda und reichte es ihr für ihre Tränen.


    "Fausta, es tut mir sehr leid..." sagte ich und mir kam augenblicklich in den Sinn, dass ich dies bereits gesagt hatte.


    Währenddessen überlegte ich, wem nun wohl die undankbare Aufgabe zufallen fallen würde, dem Bruder und dem Verlobten der Verstorbenen die traurige Nachricht zu überbringen.

    Wie üblich herrschte geschäftiges Treiben in der Casa Pompeia.


    Eine neue Sklavin war ins Haus gekommen. Etwas schüchtern schien sie mir und für meinen Geschmack zu jung. Danach war eine fremde Sklavin, welche sich nicht wie eine solche benahm, kurz zu Besuch gewesen und hatte eine Nachricht hinterlassen für den Vater meiner Cousinen. Diese Sklavin sah schon interessanter aus, aber sie hatte mehr Augen für Drusilla gehabt als für die Männer der Familia, was wohl auf gewisse Vorlieben schließen ließ.


    Zu guter Letzt hämmerte jemand wie wild an die Eingangstür. Als Drusilla die Tür öffnete, vernahm ich eine herrische Männerstimme.


    "Wer ist das, Drusilla?" rief ich ihr vom Atrium aus meine Frage zu.

    "Senator Didius Falco?", fragte ich Fausta, da ich die Familienverhältnisse der auf so tragische Weise von uns gegangenen Flaminca Sinona nicht näher kannte.


    "Nein.", fügte ich hinzu. "Ich vernahm die schlimme Botschaft erst gestern Abend und bin heute früh gleich als Erstes zum Venustempel geeilt. Ihre Familia kenne ich bisher nicht. Falco ist ihr Ehemann?"

    "Du auch...? Die Welt ist wahrhaft klein. Das wäre eine Überraschung gewesen, dich dort zu treffen.", sagte ich etwas überrascht, während ich mir ein lucanisches Würstchen vom Teller angelte.


    "Eine wahrhaft beeindruckende Stadt. Ich verließ sie nach längerem Aufenthalt vor 8 Monaten, um danach per Schiff mit Abstechern auf einigen Inseln langsam nach Rom zurückzureisen."


    Kurz nach dem Tod meiner Liebsten hatte ich die Stadt verlassen. Zu vieles in der Stadt hatte mich schmerzvoll an sie erinnert.


    Schnell riß ich mich wieder aus diesen trübseligen Gedanken heraus und fragte Drusilla lächelnd "Wann hast du Antiochia mit deiner Anwesenheit beehrt?"

    Das hatte ich befürchtet...


    "Es tut mir sehr leid, dir diese schlimme Kunde überbringen zu müssen. Lass mich dir mein tiefes Mitgefühl aussprechen.", sagte ich zu Didia Fausta und berichtete ihr nach einer kleinen Pause mit behutsamen Worten all das, was mir der Seemann erzählt hatte.


    "Leider gibt es wohl keinen Anlaß, an den Erzählungen des Seemannes zu zweifeln. Nie hätte ich es sonst gewagt dich aufzusuchen und Derartiges zu berichten." Meine Menschenkenntnis hatte mir an jenem Abend sofort gesagt, dass jedes seiner Worte wahr sei.

    Der Priesterin mir gegenüber sah ich die Ungeduld an, worauf ich nun eigentlich hinaus wollte. Es galt nun auf den Punkt zu kommen.


    "Gestern sprach ich mit einem Seemann, der an Bord desselben Schiffes wie die Flaminca war..."


    Ein weiterer Schluck Wein...


    Dieser Seemann... Er berichtete..."


    Bei den Göttern dachte ich, warum ist es nur so schwer, solche Nachrichten zu überbringen? Raus damit, Niger!, sagte ich zu mir selbst.


    "Der Seemann... Er war wohl der Letzte, der die Flaminca Didia Sinona sah. Seinen Worten zufolge wurde er Augenzeuge, wie sie über Bord fiel... Vergeblich versuchte er sie zu retten... Sie ist nun in Neptuns Reich..."

    "In Ägypten war ich nie, Drusilla. So wie du von diesem Land berichtest, ist es aber zweifellos eine Reise wert.", antwortete ich, während ich mir ein weiteres Stück Brot abbrach und überlegte, womit ich es belegen würde.


    "Meine Wege führten mich von den heißen Gestaden Hispaniens über die fruchtbaren Ebenen Galliens bis zu den nebligen Wäldern Germaniens. Von dort zog es mich aber bald wieder in wärmere Gefilde. Meine Füsse durchwanderten Dalmatien und meine Augen sahen das einst stolze Athen. Die Weiten Asias durchstreifend konnte ich mich schließlich glücklich preisen, Antiochia in Syrien sehen zu dürfen, das Juwel des Ostens. Ein wahrer Schmelztiegel der verschiedensten Völker ist diese Stadt, Drusilla."


    Vor meinen Augen zog das bunte Gewimmel in den Straßen und auf den Märkten Antiochias vorüber. An die Liebe dachte ich, welche ich dort fand und die doch viel zu schnell auf schmerzliche Weise endete.

    "Den Aufenthaltsort der Flaminca Sinona kannst du mir nicht nennen, sagtest du vorhin.", fuhr ich fort, weiter nach Worten suchend, um meine Nachricht zu überbringen. Trotz des Weines in meinem Becher hatte ich eine furchtbar trockene Kehle.


    "Ich hörte, sie sei kürzlich zu einer Reise nach Cyprus aufgebrochen und ich gehe wohl recht in der Annahme, ihr habt seitdem keine Nachricht von ihr..."


    Schnell trank ich einen Schluck Wein, während ich Didia Fausta forschend anschaute.

    "Hm, Reisen ist fürwahr eine staubige Angelegenheit.", bestätigte ich Drusillas Worte, mich dabei an meine eigenen Erlebnisse erinnernd. So manchen Tag war ich von früh bis spät mit trockener Kehle unterwegs gewesen. Die unerbittliche Sonne spürend, kaum Wasser zur Hand, geschweige denn Wein. Dieser Durstzeiten gedenkend füllte ich sogleich meinen Becher nach.


    "Wo hast du denn überall deinen Sand geschluckt, Drusilla?" , fragte ich sie, neugierig wo sie überall gewesen sein mochte.

    Ich nahm gegenüber der Sacerda Platz und war dankbar für den mir angebotenen Wein. Würde er mir doch hoffentlich dabei helfen die richtigen Worte für die schlimme Kunde zu finden, welche ich zu überbringen hatte.


    "Trinken wir auf die Venus und ihre schönen Dienerinnen.", prostete ich der Sacerda zu, bevor ich begann weiter zu sprechen.


    "Didia Fausta, du erwähntest vorhin die Flaminca Didia Sinona... Gestatte mir die Frage, seid ihr miteinander verwandt? Die Namensgleichheit zwischen euch führt mich zu der Annahme."

    Flaminca Didia Sinona... Bei der Nennung dieses Namens durch die Sacerdos bewegte mich die traurige Erzählung des Seemannes über ihr Schicksal auf ein Neues.


    Hier im Venustempel wußte man noch nichts davon, wie ich gestern bereits vermutet hatte. Es war richtig, dass ich meine Schritte hierher gelenkt hatte.


    "Didia Fausta, ihr seid genau die Richtige, mit welcher ich sprechen möchte.", antwortete ich dann, stand ich doch dem Namen nach einer Verwandten der Flaminca gegenüber.


    "Sacerdos, ihr habt hier im Tempel sicherlich einen Raum, wo wir vertraulich miteinander reden können. Das was ich euch berichten muß, möchte ich nicht hier in der Eingangshalle vor aller Ohren sagen."

    "Salve.", erwiderte ich freundlich ihren Gruß.


    "Ja, ich denke du kannst mir helfen. Mein Name ist Gaius Pompeius Niger. Ich möchte mit eine der Oberen deines Kultes sprechen. Am besten mit der ranghöchsten Priesterin, die momentan verfügbar ist."

    ...zu überbringen ist nicht das Schönste auf der Welt und auch ich konnte mir Besseres vorstellen.


    Dennoch... Ich hielt es für meine Pflicht. Unschlüssig war ich mir über die zu wählenden Worte.


    So betrat ich den Tempel der Venus und sah mich nach einer Priesterin um, welcher mir weiterhelfen konnte.

    Es war wirklich ein großes Familientreffen. Perilia und ihre Schwester Drusilla, Gracchus der Vater der beiden. Dazu Castus, Frugi, Scaurus und ich. Und immer weitere Besucher strömten zur Tür herein, auch wenn nicht alle der Familia anzugehören schienen.


    "Wie lange warst du in Africa?", fragte ich Frugi. Wie ich selbst schien er weitgereist zu sein.

    Ich ging zum Wirt und bat ihn um einen Schlafplatz für den kleinen Seemann.


    "Er hat Schreckliches erlebt und ist mit Mühe und Not dem Tode entkommen. Lasst ihn seinen Rausch bei euch ausschlafen..."


    Einige Münzen wechselten den Besitzer und ich selbst machte mich auf den Weg. Überlegend, wohin ich meine Schritte zuerst lenken sollte...

    "Didia Sinona... Sie muß sehr schön sein..., gewesen sein..., da du sie mit der sagenhaften Helena vergleichst..."


    Der neue Wein kam und ich beeilte mich einen Becher davon in meine Finger zu bekommen.


    Mein Gegenüber schien genug getrunken zu haben. Seine Worte wurden zunehmlich undeutlicher...

    Weg war der volle Becher. Nicht so schlimm, dachte ich. Der arme Seemann mir gegenüber brauchte ihn viel dringender, so durcheinander wie er war. Wenigstens würde ihm der viele Rebensaft heute nacht einen festen Schlummer spenden, auch wenn ich ihn um den morgigen Tag nicht beneidete.


    "Die Nachricht vom spurlosen Verschwinden einer Flaminca, von ihrem Tode, dass wäre sicher Stadtgespräch in Rom... Ich hörte jedoch noch keinerlei solche Gerüchte... Du scheinst der erste Bote zu sein, der diese ...Nachricht nach Rom bringt.", stellte ich fest.


    Um das soeben Gehörte richtig einordnen zu können, fragte ich nach...


    "Es war also die Flaminca des Venuskultes und ihr Name ist Sinona...?"
    Zu kurz erst war ich in Rom, als das ich ihren Namen hätte kennen können.

    "Du solltest Neptun ein Opfer bringen, mein Freund.", sprach ich und trank meinen Becher leer, bevor die nächste Lage kam.


    "Eine leibhaftige Flaminca, sagst du..."


    Besonders gut kannte ich mich mit den Rängen innerhalb der Priesterschaft nicht aus. Aber das ein Flamen und dessen weibliche Entsprechung, die Flaminca, ziemlich weit oben in der Priesterschaft angesiedelt waren, soviel wußte ich.

    Immer gebannter hatte ich den Worten des unbekannten Seemannes zugehört und war inzwischen selbst von seiner traurigen Geschichte tief ergriffen. Gemeinsam hatten wir einen Becher und noch einen und noch weitere Becher getrunken.


    Bei seinen eigenen Worten schien der Seemann alles nochmals durchlebt zu haben und ich sah ihm seine Erschütterung an.


    "Freund..." hub ich vorsichtig an zu reden.. ""Eine wunderschöne Geschichte. Tieftraurig..."


    "Danke den Göttern das sie dich retteten..., wollte ich ihm Trost zusprechen.


    "Erzähl weiter." bat ich ihn dann.


    "Wie..?" und "Weißt du...?", fragte ich.