Beiträge von Decimus Pompeius Strabo

    "Na dann schlepp mal weiter!", murmelte ich grinsend.


    Schließlich gab ich noch einen Sack weiter und sprang dann erschöpft vom Karren. Immer dieses verdammte Standesdünkel. Ich war auch mal ein Niemand, ein Peregrinus, der auch durch den Dreck hatte waten müssen, um jetzt da zu sein, wo er war. Aber scheinbar war ich für den Alten etwas Besseres, nur weil ich höhergestellt arbeitete. Verächtlich ausspuckend setzte ich mich auf den Sockel der Säule, wo ich meine Utensilien hatte liegen lassen. Wieder schaute ich auf die Wachstafel und aktualisierte die Liste ab und zu, wenn eine neue Ladung eingefahren wurde. Aber genauere Listen würde sicher der Quartiermeister der Regia machen.

    "Nun ja, Mars muss doch besänftigt werden. Ich habe gehört ihm zu Ehren sollen große Opferungen stattfinden. Das sind aber Dinge, die erst vor kurzer Zeit geschehen sind oder noch geschehen werden. Bitte denke nicht, dass ich respektlos klingen möchte, das ganz sicher nicht. Ich stehe hier in großer Demut vor dir. Aber ich finde es verwunderlich, dass auch allgemein der Betrieb hier träge geworden ist."

    Ich blickte ihn erstaunt an. Da wollte man mit Hand anlegen und dann sowas. Aber ich konnte ihn ja verstehen. Leicht schnaufend antwortete ich ihm.


    "Ich versteh dich, Alter. Aber verzeih, wenn ich gern selbst Hand anlege. Vielleicht hast Du ja eine bessere Idee, wie ich hier einzusetzen wäre...", sagte ich zwinkernd und wischte mir mit einem Tuch den Schweiß von der Stirn. Erwartungsvoll blickte ich ihm entgegen.

    Ich beugte leicht mein Haupt vor dem greisen Priester.


    "Ich verstehe schon.", sagte ich nickend.


    Seine Angst war zwar hier unberechtigt, aber allgemein immer ratsam. Schließlich waren hier im Tempel noch andere Gegenstände, die wertvoll genug waren, um weitere Diebe anzulocken.


    "Ja, meine Fragen sind mannigfach. Aber vielleicht kannst Du ja schon einige davon beantworten. Wenn ich mir die Frage erlauben darf... nach dieser Tat, warum hat es vergleichsweise lange gedauert, bis Maßnahmen in die Wege geleitet wurden?"


    Ich versuchte meine Worte mit Bedacht zu wählen, damit er mich nicht für respektlos hielt. Sicher gab es triftige Gründe dafür und er war nicht schuldig daran.

    Ein steter Strom aus durcheinander wimmelnden Menschen trug die Waren langsam an die Bestimmungsorte. Menschen aus allen Regionen der Provinz schienen hier vertreten zu sein, um sich etwas zu verdienen. Ich bezahlte sie gern, waren sie doch tüchtig und ehrgeizig genug, um die Waren ordnungsgemäß zu transportieren.


    Für einen Moment legte ich Tasche und Wachstafel samt Griffel an einer Säule ab. Dann stieg ich auf einen Ochsenkarren und half den Männern, die Säcke mit Datteln abzuladen. Schon nach wenigen Minuten klebte meine Tunika am Körper und mein Atem ging schneller. Wie hielten diese Träger das nur aus - tagein, tagaus?

    "Es ist ja nicht so, dass ich jedes Geheimnis hinterfrage oder dergleichen. Aber scheinbar gibt es da ein größeres Geheimnis, dem sich noch niemand wirklich gewidmet hat. Sicher, die Priester zetern über den Frevel, aber sie gehen nicht dem ganzen auf den Grund. Diese Diebe müssen doch einen Grund gehabt haben, der über normale Profitgier hinausgeht. Selbst der dümmste Dieb Roms vergreift sich nicht ohne triftigen Grund an den Schätzen der Götter... und das mag mir nicht einleuchten. Da muss mehr dahinter stecken!"

    Dieses bohrende Gefühl, das mich nicht los ließ, trieb mich nun in den Tempel des Mars, wo die frevelhafte Tat geschehen war. Langsam näherte ich mich dem Standbild des Gottes und kniete nieder. Aus meiner Tasche holte ich einen kleineren Brotlaib und eine Karaffe Wein, den ich in die kleine Schale zu Füßen der Statue goss. Schließlich verstaute ich die Karaffe wieder in der Tasche und widmete mich dem Zwiegespräch.


    "Mars, ich beschwöre Dich. Der Frevel, der in diesen Hallen stattgefunden hat, soll nicht ungesühnt bleiben. Doch weder kenne ich die Täter noch die Antwort auf die Frage, die so lange in meinem Kopf spukt: wo waren die zuständigen Priester? Wo der Pontifex? Ich werde es zumindest erforschen!", murmelte ich.


    Schließlich stand ich auf und blickte mich im Tempel um. Kein Mensch weit und breit.


    "Ist hier ein Priester?", rief ich in die Leere.

    Ich grübelte weiter und nickte nur. Das Fleisch schmeckte wunderbar. Mit Apetit pickte ich Stücke auf die Löffelspitze und kaute genüsslich. Nach einem guten Schluck Falerner führte ich das Gespräch fort.


    "Da werde ich vielleicht noch einmal Forschungen anstellen müssen, sonst bringt mich meine elende Neugier noch einmal um!"

    Ich nickte dem Optio zu. Der nahm seinen Auftrag aber mächtig wichtig. Wenn ich alles so durchrechnete, waren wir in zwei bis drei Tagen - wenn wir tüchtig ranklotzten - fertig mit dem Feld. Ich wartete einfach ab, wo ich zugeteilt wurde.
    Die Männer mussten ja nicht unbedingt die Meinung haben, ich als Magister Officiorum würde nicht genauso für mein Brot arbeiten wie sie.

    "Die Gegenstände im Tempel sind auf dem Schwarzmarkt einiges wert. Jeder mit zu wenig Respekt vor den Göttern und genug Verständnis für den Wert solcher Gegenstände wäre dazu fähig.


    Aber viel mehr bewegt mich die Frage, warum der Pontifex Germania abwesend ist. Es muss doch einen Grund dafür geben. Kein Pontifex würde freiwillig seinen angestammten Platz verlassen und damit vielleicht die Götter gegen sich aufbringen."

    "Richtig. Nun, dann werde ich Dich mal nicht weiter unnötig beschäftigen. Es war ein gutes Gespräch. Ich hoffe auf eine rasche Antwort aus Rom, sodass hier bald etwas geschehen kann. Vale bene!"


    So stand ich auf und verließ ihr Officium.

    Schmunzelnd nickte ich.


    "Ich muss zugeben, die Acta habe ich diesmal nur überflogen. Nein, ich meine irgend etwas über eine gewisse Decima Valeria gelesen zu haben, die in ihrem heldenhaften Kampf OHNE den Pontifex den Schaden gemeldet hat... merkwürdig..."

    Endlich kam der Wirt und stellte zwei große Teller vor uns. Daneben jeweils einen gut gefüllten Becher. Ich sah Britannia neugierig an.


    "Im Tempel wurde eingebrochen? Wer hat denn diese Meldung gemacht? Davon wusste ich nichts..."

    "Entschuldige, wenn es sich so anhört. Aber ich bin gern wissbegierig und da interessiert es mich natürlich, was die Magistraten den lieben langen Tag so machen. Das hat nichts mit Kontrollieren zu tun. Reine Neugier!"

    Langsam stieg ich vom Pferd ab.


    Es begann geschäftiges Treiben, während Fahrer und Sklaven gleichermaßen damit beschäftigt waren, die frischen Waren so schnell wie möglich in die Kellerräume zu schaffen, wo sie kühl gelagert werden konnten. Ich stand etwas abseits mit Wachstafel und Griffel bewaffnet und kontrollierte, dass auch wirklich alle Waren vollzählig eingetroffen waren. Soweit schien alles in Ordnung zu sein.

    Am Morgen des nächsten Tages bewegte sich die Kolonne aus einigen Ochsenkarren hinauf zur Regia. Aus allen Richtungen der Provinz hatte ich die Waren in Confluentes sammeln lassen. Noch in der Nacht war ich hinübergeritten und nun saß ich etwas schlaftrunken auf meinem Pferd, das neben dem ersten Ochsenkarren einherritt. Endlich kam die Porta der Regia in Sicht. Die Wache würde mich sicher erkennen und nicht extra noch behelligen. Schließlich durchritten die Karren und ich an der Spitze das Tor und alles verteilte sich im Innenhof der Regia.

    "Natürlich. Lass mir einfach die Antwort auf schriftlichem Wege zukommen oder komm einfach in mein Officium. Soweit habe ich alles angesprochen. Es muss einfach dieser Mangel an Kursen bekämpft werden. Aber das schaffen wir schon."

    Ich nickte anerkennend. Hier ging vorerst alles seinen gewohnten Gang. Gemächlich legte ich meine Tasche auf den Tisch vor mir und legte alles weitere Unnötige ab. Wollte ich den Soldaten doch mal zeigen, was ich noch drauf hatte.


    "Wenn es euch nichts ausmacht, würde ich gern persönlich mit Hand anlegen! Egal für was, teilt mich ruhig ein!"