Beiträge von Marcus Petronius Crispus

    Während Gunda bereits begann, die Suppe abzutragen, um Platz für den Hauptgang zu machen, beteiligten sich die petronischen Verwandten nun etwas lebhafter an dem Gespräch. Crispus hörte aufmerksam zu und nickte schließlich.


    "Die Curia hätte natürlich auf jeden Fall Vorrang - das müssen wir ja auf jeden Fall erledigen!"


    stimmte er zuerst Marsus zu. Tatsächlich stand diese Sache bereits ganz oben auf seiner Agenda und die Nachricht über den Architekten beschloss er sich gleich zu merken - aufschreiben konnte er sie gerade ja nicht.


    Dagegen verstand er nicht sofort, was Marcellus meinte - ein einziges Projekt, das man als Exerzierplatz nutzen konnte? Ein kombiniertes Amphitheater mit Räumen für die Curia? So recht konnte der Alte sich das nicht vorstellen... - also fragte er nach:


    "Wie meinst du das, Marcellus?"


    Da auch Octavenas Einwand einiger Klärung bedurfte, fügte er auch gleich eine Frage in ihre Richtung an:


    "Und was meinst du mit dem Ausbau des Forum? Mehr Portiken für Händlerstände? Oder eine weitere Basilica?"

    Zitat

    Original von Marcus Petronius Crispus
    Ich schließe mich dem Exodus an. Evtl. bin ich heute Abend nochmal online, falls irgendwas noch dringend wäre - sonst wieder ab Montag nächste Woche ;)


    MfG
    MPC


    Drachenfest vorbei - weiter mit Forenrollenspiel!

    Tatsächlich trat Crispus schließlich beiseite und überließ das Feld dem Centurio, der sich heute als Anhänger des Mithras offenbarte. Was er für ein Ritual abhielt, konnte der alte Petronier nicht verstehen - er kannte zwar auch den einen oder anderen Anhänger dieses östlichen Gottes, der vor allem bei den Soldaten beliebt war - aber selbst hatte er nie das Bedürfnis gehabt, sich dort anzuschließen und wusste somit auch nichts über die Geheimlehren der Religion.


    Was Corvinus hier allerdings vorführte, war auch nicht allzu exotisch, sodass er zwar aufblickte, aber ihn auch nicht davon abhielt. Allerdings fragte er sich einen Augenblick, ob vielleicht Massula auch zu diesem Kult gehört hatte...

    Nach dem Zwischenfall beim Gerichtstag kam der alte Petronier ins Officium der Scribae. Unterwegs hatte er sich noch einmal mit Arminianus Rufus, seinem Accensus, unterhalten und war zu dem Schluss gekommen, dass man hier eine Anfrage würde starten müssen. Allerdings hatte Rufus selbst dafür keine Zeit - also würde die Sache an Marcellus gehen! Dem würde es sowieso nicht schaden, wenn er ein bisschen Erfahrung in Rechtsmaterien gewann!


    Entsprechend trat Crispus auch direkt auf seinen Neffen zu und sagte:


    "Marcellus, ich hab' einen Auftrag: Gerade haben wir festgestellt, dass die Lex Municipalis in Pars XVI scheinbar dem Paragraph 1 des Codex Iuridicialis widerspricht. Genaugenommen geht's um die Frage, ob wir hier Recht sprechen dürfen oder alle Prozesse nach Rom müssen. Kannst du dir die beiden Stellen heraussuchen und ein Schreiben aufsetzen? Ich denke, wir fragen erstmal beim Legatus nach, ob's dafür eine Regulierung gibt..."


    Ein kurzer Blick zeigte dem Duumvir, dass hier im Officium auch Regale mit Buchrollen standen - da gab es sicher auch Ausgaben der Lex Municipalis und des Codex Iuridicialis...

    Natürlich gehörte es gemäß der neuen Lex Municipalis auch zu Crispus' Aufgaben, über das Recht in Mogontiacum zu wachen. Entsprechend hielt auch er Gerichtstage in der Basilica Germanica - selbst wenn er eigentlich herzlich wenig Ahnung von der Materie hatte und stark auf Arminianus Rufus, seinen Accensus, angewiesen war. Im Gegensatz zu dem alten Petronier hatte der nämlich einen Cursus Iuris absolviert!


    Gleich bei seinem ersten Gerichtstag kam es allerdings zu einem Problem, bei dem selbst Rufus überfragt war: Anfangs verlief alles nach Plan: Der Gerichtsstuhl war aufgestellt worden und Crispus hatte, gehüllt in seine Toga Praetexta, darauf Platz genommen. Dann war der Praeco vorgetreten und hatte den Beginn der Verhandlungen verkündet. Daraufhin wiederum waren zuerst zwei kleine Fälle aufgetreten, die relativ schnell zu bereinigen gewesen waren. Beim dritten dann passierte es:


    "Ich klage Iulianus Vindex wegen Betruges an. Er hat mir ein Grundstück verkauft, das ihm gar nicht gehört!"


    erklärte ein bärtiger Gallier. Die Gegenpartei dagegen war ein geschniegelter Römer, der entsprechend in Toga erschienen war und ein strahlendes Lächeln zeigte.


    "Das mag sein!"


    erklärte er großspurig. Dann allerdings hob er den Zeigefinger.


    "Allerdings muss ich nach § 1, Absatz 1, Codex Iuridicialis feststellen, dass dieses Gericht hier überhaupt nicht befugt ist, Recht zu sprechen! Der Gerichtsstand für alle Instanzen ist nämlich kein anderer Ort als Rom! Dieses Gericht hier ist also illegal nach geltendem Reichsrecht!"


    Crispus staunte nicht schlecht - was war denn das für ein Quatsch? Seit er denken konnte, hatte es hier in Mogontiacum ein Gericht gegeben - und das sollte illegal sein? War der Kerl verrückt? Rufus schien allerdings nicht ganz so sicher zu sein, dass diese Behauptung haltlos war, denn er ließ sich den Codex reichen und suchte die Stelle heraus.


    "Er hat Recht, Duumvir. Strenggenommen widerspricht dieses Gericht tatsächlich dem Codex Iuridicialis!"


    "Das is' doch Blödsinn! Es können doch unmöglich alle Leute mit einem Rechtsproblem nach Rom marschieren!"


    gab der Alte verärgert zurück. Aber der Arminianer zuckte mit den Schultern.


    "Sollte diese rechtswidrige Verhandlung weitergeführt werden, werde ich eine Beschwerde beim Kaiser einreichen!"


    verkündete der Iulianus währenddessen mit einem noch breiteren Grinsen. Noch einmal sah Crispus zu Rufus, doch der schüttelte den Kopf und begann vorzulesen:


    "Der Gerichtsstand für alle Instanzen ist Roma, Provincia Italia. Der Codex Iuridicialis gilt für alle Taten, die von Römern im Inland oder Ausland begangen werden. Ebenso für einen Rechtstreit zwischen Römern und Peregrini und Peregrini untereinander, so dies auf Römischem Territorium stattfand."


    Diese Sätze waren sogar für den Petronier verständlich - aber hatte der Kaiser nicht eben erst die Lex Municipalis angenommen, die ganz klar auch Jurisdiktionsvollmachten für den Duumvir vorsah? Er musste sich Klarheit verschaffen!


    "Der Gerichtstag wird unterbrochen."


    sagte er deshalb zum Praeco, der das ganze noch einmal lautstark verkündete. Murrend mussten die Kläger und Beklagten wieder abziehen - Crispus dagegen machte sich sofort auf den Weg in die Curia!

    Der alte Petronier hatte bei seiner Abreise Vala versprochen, ihn zum Stadtpatron von Mogontiacum zu machen. Eigentlich hätte das schon lange passieren sollen, aber erst jetzt nach der Amtsübernahme dachte Crispus endlich wieder daran und setzte das Thema auf die Tagesordnung:


    "Decuriones!


    Die Erhebung Mogontiacums zum Municipium ist jetzt schon eine Weile her und wir haben schon viel darüber gesprochen, wer dafür wie zu ehren ist. Eine Person haben wir dabei aber bisher vergessen, die auch ganz sicher unseren Dank verdient hat: der Senator Titus Duccius Vala! Er hat unsere Gesandtschaft damals, als wir in Rom ankamen, in seinem Haus aufgenommen und die gesamte Zeit kostenlos versorgt! Außerdem hat er uns den Zugang zum Kaiserhof besorgt und eine Menge einflussreicher Unterstützer eingeworben. Am Ende hat er sich schließlich noch persönlich beim Kaiser für uns verwendet.


    Duccius Vala stammt auch selbst aus Mogontiacum und wir alle wissen, wie fleißig die Duccier immer wieder ihre Kontakte zugunsten unserer Stadt spielen lassen. Deshalb denke ich, dass es doch sehr angemessen wäre, wenn wir ihn bitten, als Patron unseres Municipium in Rom zu fungieren. Damit könnten wir einerseits unsere Dankbarkeit ausdrücken, andererseits wäre es auch gut für uns, denn ich bin sicher, dass dieser Duccier noch Karriere machen wird - meinen letzten Informationen zufolge hat er bereits die Praetur bekleidet und wird sicherlich bald schon einflussreiche Ämter übernehmen, die ihm einen noch besseren Zugang zum Kaiser ermöglichen."


    Fragend blickte der Alte in die Runde - er erwartete natürlich, dass die Duccier ihn unterstützten. Aber es würde sicherlich auch Gegenstimmen geben... - was Crispus nur allzu gut verstehen konnte, denn auch er selbst war ja einmal ein scharfer Kritiker dieser Germanenfamilie gewesen!

    Als der Zug das Forum erreichte, stellten die vier Bahrenträger das Feretrum direkt vor der Curia ab, wo üblicherweise auch die Reden der Magistrate an das Volk gehalten wurden. Crispus war wirklich erstaunt, wie offen die meisten Trauergäste ihren Schmerz zeigten und fragte sich, ob es bei seinem Tod ähnlich sein würde. Andererseits konnte ihm das natürlich auch egal sein - immerhin hatte er ja einen Sohn, der sein Andenken bewahren würde und seine Manen ehren konnte. Mit Lucius hatte er immerhin etwas Sinnvolles fabriziert - und all die Mühe, die er in den Jungen investiert hatte, hatte ausgereicht, dass er auf dem besten Wege war, ein besseres Leben als sein alter Herr zu führen.


    Bis er für immer die Augen schloss, war es allerdings hoffentlich noch einige Zeit hin - anders als bei Massula, der schon so friedlich auf seiner Bahre ruhte. Crispus zupfte noch einmal seine braune Toga zurecht, dann trat er vor, klopfte dem traurigen Elbergiso aufmunternd auf die Schulter und wandte sich an die Menge:


    "Lieber Elbergiso, liebe Freunde, Kollegen und Angehörige von Massula! Ihr Bürger von Mogontiacum!"


    begann er mit einer Anrede aller.


    "Wir haben uns heute hier versammelt um Abschied zu nehmen von einem großen Sohn unserer Stadt, der so überraschend verstorben ist: Faustus Domitius Massula oder auch Valgiso, wie viele ihn nennen! Vor wenigen Tagen noch haben wir mit ihm zusammen die Erhebung Mogontiacums zum Municipium gefeiert - und jetzt hat er uns verlassen. Eine Krankheit hat ihn binnen weniger Tage dahingerafft und wir stehen fassungslos vor seiner Bahre."


    Er machte eine kleine Pause und betrachtete Massulas Leichnam. Dann hob er die Augen wieder und reckte den Zeigefinger empor.


    "Aber wir werden ihn nicht vergessen, diesen gutherzigen Mann! Wir alle, die wir uns versammelt haben, werden uns an die eine oder andere Begebenheit erinnern: Vielleicht an einen Plausch auf dem Forum oder eine Diskussion in der Curia, vielleicht ein Abendessen in der Casa Domitia oder die gemeinsame Arbeit in der Regia. Jeder hat ganz persönliche Erinnerungen, aber daneben wird auch Mogontiacum, ja ganz Germania Superior sich seiner erinnern:


    Als ein Niemand kam er vor vielen Jahren hierher, als Sohn eines Galliers und einer Sugambrerin, der im wilden Osten aufgewachsen war, ein einfacher Handwerker ohne Kontakte und Freunde hier. Nachdem er in Confluentes keine Arbeit gefunden hatte, ist er damals hierher nach Mogontiacum gekommen und hat in der Provinzverwaltung als einfacher Scriba angeheuert. Mit Sparsamkeit und hoher Leistungsbereitschaft machte er dann seinen Weg: Damals noch in der Großprovinz Germania machte der Statthalter Annaeus Modestus ihn zum Magister Officiorum und damit zum Leiter der gesamten Verwaltung. Dort war er auch direkt beteiligt, als die Provinzen geteilt wurden und neue Strukturen geschaffen wurden - aus dem Magister Officiorum wurde dabei ein Princeps Praetorii, der nicht nur den Statthaltern Arbeit abnahm, sondern auch eigenständig in Rom nachfragte, wenn es Unklarheiten gab. Entsprechend wurde er später auch mit einer Diploma für seine Tüchtigkeit ausgezeichnet.


    Aber nicht nur bei seiner Arbeit in der Regia zeigte er höchstes Engagement: Privat zeigte er sich als tüchtiger Geschäftsmann, der nicht nur privat ein wenig fischte, sondern auch eine Imkerei und eine Töpferei unterhielt. Zusätzlich schloss er sich auch der Freya Mercurioque an, um seine Produkte besser verbreiten zu können. Außerdem bildete er sich gern weiter - egal ob auf dem Gebiet der Architektur oder dem Recht.


    Vor allem zeigte er sich aber auch als unermüdlicher Arbeiter für die Civitas, die ihn aufgenommen hatte: Auch wenn er nie ein städtisches Amt bekleidete, so fand er doch Aufnahme in den Ordo Decurionum und begleitete jahrelang das politische Geschehen in unserer Stadt mit kritischen Beiträgen und guten Einfällen. Besonders verdient machte er sich dabei vor einigen Jahren, als Diebe sich mit der Stadtkasse davongemacht hatten. Vor allem seinem Einsatz ist es zu verdanken, dass ein Großteil des Geldes sichergestellt und die Täter geschnappt werden konnten! Zuletzt war er schließlich auch fleißig dabei, wenn es um die Diskussion der Lex Municipalis ging, die wir letztlich auf den Weg bringen konnten. Deshalb ist es auch wohlverdient, dass kommende Generationen ihn auf der Ehreninschrift dort hinten wiederfinden werden, wo die besonders engagierten Decuriones bei diesem kommunalen Kraftakt geehrt werden."


    Er deutete auf die Inscriptiones, die man nach dem Beschluss der Curia vor kurzem auf dem Forum angebracht hatte.


    "Das sind nur ein paar seiner Facetten, die er hatte. Leider hatte ich wenig Gelegenheit, den guten Massula privat kennenzulernen, aber ich habe von ihm gehört und kannte ihn als einen großherzigen Mann, der beispielsweise Heimatlose bei sich aufnahm und ihnen eine Existenzgründung ermöglichte. Auch seine Sklaven und Bediensteten behandelte er immer gut, ja aß sogar mit ihnen zusammen in der Küche und war ihnen eher ein Freund als ein Herr.


    Sie müssen ihn nun loslassen, genauso wie diese Stadt und jeder von uns. Aber wie gesagt: Wir werden ihn nicht vergessen und er kann uns allen auch weiterhin als Vorbild dienen. Für jeden Fremden, dass man es hier in Mogontiacum zu etwas bringen kann. Für jeden Bewohner der Stadt, dass man sich einbringen muss für die Civitas. Und für Decurionen, dass man die Bodenhaftung behalten soll! So wollen wir heute und alle Tage an ihn denken!"


    Das war alles, was der Alte sich zurechtgelegt hatte - im Grunde nicht viel mehr als eine Aufzählung der öffentlichen Verdienste des Domitiers, aber immerhin. Persönlich dachte Crispus in diesem Moment auch wieder daran, wie Massula damals Octavena als Ehefrau abgelehnt hatte - wäre das nicht geschehen, wären sie jetzt womöglich enge Freunde?


    Mit traurigem Gesichtsausdruck ging der Petronier noch einmal auf den zurückbleibenden Sohn Massulas zu und reichte ihm die Hand, dann auch der übrigen Familie und ein paar anderen Trauergästen.

    "Eine Mindestwohnzeit ist aber schon aufwändig, Duccius! Warum sollten wir das verlangen?"


    bemerkte einer der Decuriones. Ein anderer sagte:


    "Und was ist nun mit römischen Bürgern? Ich wäre dafür, sie sofort und ohne Gebühren aufzunehmen!"


    "Wieso sollten wir römische Bürger sofort aufnehmen? Sie kennen diese Stadt genauso wenig wie Peregrini aus Germania Superior - wahrscheinlich eher noch schlechter! Für sie sollten die gleichen Bedingungen gelten wie für alle anderen!"


    warf dementgegen ein Dritter ein, woraufhin der erste sich wieder meldete:


    "Für das römische Bürgerrecht muss ich auch nicht ein Jahr in Rom wohnen! Und zahlen muss man auch nichts!"


    An dieser Stelle beschloss Crispus sich wieder einmal einzumischen, nachdem nun die einzelnen Aspekte hin- und hergingen:


    "Das römische Bürgerrecht bekommt man nur, wenn man lange im Dienst Roms war, als Soldat oder als Politiker wie hier in Mogontiacum! Aber es is' auch etwas anderes - römische Bürger gibt's im ganzen Imperium, Municipes soll es eigentlich nur hier geben und wir müssen darauf achten, wer bei uns zu Wahlen zugelassen sein soll!"


    "Trotzdem steht ein römischer Bürger deutlich höher als ein Municeps hier in Mogontiacum! Er kann theoretisch in Rom den Volkstribun wählen - wieso sollte er dann nicht hier in Mogontiacum einen Duumvir bestimmen können!"


    warf wieder der Vertreter der römischen Bürger ein. Dagegen hatte sein Widersacher natürlich sofort Einwände:


    "Aber diejenigen, die nicht in Rom sind, wählen auch nicht mit. Und soweit ich weiß, spielen die Volkstribunen in Rom sowieso keine so wichtige Rolle mehr..."


    "Ich denke, wir müssen uns nicht zu sehr an Rom orientieren - wir haben hier ja ganz andere Interessen. Also ich wäre auch dafür, dass wir eine Mindestwohnzeit haben - dann wissen wir auch, dass die Wähler sich schon ein bisschen in Mogontiacum auskennen. Allerdings stellt sich dann natürlich die Frage, was passiert, wenn ein Municeps wegzieht - verliert er dann das Bürgerrecht?"


    Crispus sah fragend zu Marsus.


    "Und zu den Milites: Du würdest sie also prinzipiell vom Bürgerrecht ausschließen, Duccius? Das finde ich problematisch - viele haben ja gute Beziehungen zu unserer Bevölkerung und kennen sich auch gut hier aus..."


    Abgesehen davon waren Soldaten natürlich durchweg potentielle Wähler für den Veteranen Crispus...

    Zuerst nahm der Pontifex den Wein und goss ihn mit der Patera über die Stirn des Schafbocks, danach ließ er sich auch Mola Salsa reichen und rieb sie zwischen die gekringelten Hörner. Dazu sprach er eine Weiheformel, mit der er das Tier den beiden Gottheiten weihte. Dieses hatte kurz aufgeblickt, als ihm der Wein auf die Nase getropft war, doch nun neigte er den Kopf wieder zum Boden. Der alte Petronier war dagegen schon beim nächsten Part und griff an seinen Gürtel, wo das Culter, das rituelle Opfermesser der Pontifices, hing. Mit diesem fuhr er über den Rücken des wieder fröhlich kauenden Bocks.


    Allerdings packte einer der Opferhelfer nun den Strick und zerrte das Tier von der Wiese weg hin zu dem gepflasterten Tempelvorplatz, wo der Altar bereits rauchte. Das Schaf blökte zum Protest, gehorchte aber doch, während Crispus mit ein paar Schritten vor den Altar trat. Als wäre es abgesprochen nickte er den drei Discipuli zu, von denen einer wohl die Aufgabe des Herolds übernehmen würde.

    "Gut, wenn du fertig bist, kannst zu mir ins Officium rüberkommen, dann schauen wir uns mal die verschiedenen Aufgaben an."


    erklärte Crispus und nickte - offensichtlich war sein Neffe hochmotiviert und bereit, sich in die Verwaltung einzufügen. Zwei hervorragende Voraussetzungen für gute Arbeit!


    Damit hob der Alte noch einmal den Grußfinger und ging dann hinüber...

    Nachdem Crispus sich ja einen persönlichen Scriba zugelegt hatte, musste dieser auch im Noch-Arbeitsbereich der Duumvirn untergebracht werden. Und was bot sich da besser an als das Officium der offiziellen städtischen Scribae? Deshalb führte der erste Weg des frischgebackenen Duumvir mit seinem frischgebackenen Scriba wieder genau dorthin.


    "So, Marcellus, hier kannst du arbeiten."


    Mit einer einladenden Geste präsentierte er den kleinen Raum, in dem mehrere Scribae saßen. Zielstrebig ging der Alte auf Bolanus zu, der so eine Art "Leitender Scriba" in der Stadtverwaltung war.


    "Palfurius, das hier ist Petronius Marcellus, mein Neffe. Er wird mir während meiner Amtszeit als Scriba Personalis zur Hand gehen und braucht einen Arbeitsplatz!"


    Dann wandte er sich wieder an den jungen Petronier.


    "Das hier ist Palfurius Bolanus, der leitende Scriba. Er hat eine Menge Erfahrung in allen Fragen der Stadtverwaltung. Wenn du also Fragen hast, wende dich am besten an ihn."

    Das Gespräch zwischen Marsus und Crispus wurde unterbrochen, als der Alte bemerkte, wie Marcellus die Duccierin anstarrte und dies auch prompt auf die Nase gebunden bekam. Erst jetzt wurde ihm klar, dass diese Naha wirklich ein ganz ansehnliches Mädchen war - kein Wunder, dass ein junger Bursche wie sein Neffe da große Augen bekam! Aber er würde aufpassen müssen - zu den Ducciern hatten sie inzwischen wirklich genug Beziehungen, da würde kein Petronier mehr einheiraten!


    Aber mit solchen Schmalzigkeiten würde der Junge wahrscheinlich sowieso keinen Blumentopf gewinnen... - entsprechend belustigt schaute der alte Petronier drein.


    "Da hab' ich ja genau den richtigen als Scriba - ein richtiger Poet! Ich hoff', deine Briefe werden auch so hübsch!"


    kommentierte er die Worte seines verdutzt dreinblickenden Neffen.

    Bei der Hitze des Sommers durfte die Aufbahrungszeit eines Leichnams nicht zu lange dauern. Entsprechend hatte Crispus sich bereit erklärt, die Bestattung für Domitius Massula zu organisieren, der so jäh einer kurzen, aber heftigen Krankheit erlegen war. Denn leider gab es keinen anderen Domitier in Mogontiacum, der diese Aufgabe hätte übernehmen können - Clemens, Massulas Sohn, war schon vor ein paar Jahren verstorben, seine Frau war nie in der Stadt gewesen und an seinen anderen Sohn Elbergiso hatte man zwar einen Boten geschickt, doch wohnte er in Autunnacum viele Bootsstunden den Rhenus hinab. So hatte der alte Petronier die Vorbereitungen übernommen und als der verbliebene Sohn Massulas schließlich ankam, war alles vorbereitet. Elbergiso war allerdings ein ziemliches Häufchen Elend - offensichtlich schmerzte ihn der Tod seines Vaters sehr, denn er war sehr still und brach in Tränen aus, als er am Leichenbett des Domitiers stand. Schließlich erklärte er, dass er nicht in der Verfassung war, die Grabrede auf seinen alten Herrn zu halten. So übernahm auch diese Aufgabe Crispus, der sich sowieso schon etwas mit den Hausangestellten unterhalten und ein paar Worte vorbereitet hatte.


    Am Abend war es dann schließlich so weit: der Leichenzug sollte beginnen. Und natürlich waren alle gekommen, um von ihrem Freund und Mentor Abschied zu nehmen:

    http://img851.imageshack.us/img851/9981/mella1.jpg Zuerst kamen wie üblich die Flötenspielern, die Crispus von den Tempeln angeheuert hatte - Pontifex zu sein hatte in diesem Sinne doch einige Vorteile. Sie spielten eine getragene Musik, die gut zu dem Geheule der Klageweiber passte. Angeführt wurden diese von Mella, der Frau des Schusters, der damals in Massulas Haus seinen Laden gehabt hatte. Jahrelang hatte sie sich um den Domitier gesorgt, als sei er ihr Sohn, hatte ihn gemaßregelt und auf ihn Acht gegeben. Nach Bekanntwerden seines Todes war sie dann eine der ersten gewesen, die in der Casa Domitia Totenwache hielten,

    http://www.bilder-hochladen.net/files/hlfb-30-65b9.jpgund dem Leichnam nicht mehr von der Seite gewichen. Doch jetzt, wo es ans endgültige Abschied nehmen ging, war sie tränenüberströmt und klagte: "Valgiso, warum hast du nicht auf mich gehört? Hättest du ein bisschen auf deine Gesundheit geachtet! So musste es ja kommen, du dummes...dummes Mannsbild!" Die letzten Worte erstickten in einem Heulen und Schniefen. Wieder schneuzte sie sich in ihr Taschentuch, wobei sie fast stolperte. Dann ging sie weiter.


    Etwas weiter hinten folgte auch Mellita im Block der Klageweiber. Die Sklavin war erst vor kurzem in den Haushalt Massulas gekommen, hatte aber genug Zeit in der Casa Domitia verbracht, dass sie wusste, was für ein guter Herr der Gallier gewesen war. Entsprechend war auch sie bedrückt, ohne dies aber so offen zu zeigen wie Mella. Sie ging mit gesenktem Haupt, eingehüllt in ein dunkelbraunes Tuch und voller Sorge, was die Zukunft bringen mochte - sie würde wohl in den Besitz eines anderen wechseln. Aber wie würde der neue Herr sein? Man sagte, Massulas zweiter Sohn war ein Bauer - aber das Landleben war nichts, worauf die junge Sklavin sich wirklich freute...


    http://img268.imageshack.us/img268/3798/panphilosk.jpg

    http://imageshack.us/a/img651/9167/homer2k.jpg

    http://img818.imageshack.us/img818/8180/boduo2k.jpg

    http://img825.imageshack.us/img825/749/msufak.jpg Hinter den Klageweibern folgte auch schon das Totenbett, das auch von engen Vertrauten des Domitiers getragen wurde: Links trugen Pannphilos und Homer, rechts Sufa und Boduognatus. Alle vier machten einen miserablen Eindruck: Der bärtige Ianitor hatte die Augen wie üblich zu Schlitzen verkniffen, musste jedoch hin und wieder mit seiner freien Pranke darüber wischen, um die Tränen herauszubekommen, damit er überhaupt etwas sah. Auch sein Bart und sein Haar waren zerzaust und er wankte langsam hin und her, sodass seine Mitträger ihre liebe Mühe hatten, die Balance der Trage zu halten. Nicht besser sah es auch bei Homer aus, der heute irgendwie besonders dürr wirkte und den Kopf hängen ließ, um ständig irgendetwas wie "Pourquoi lui?" vor sich hinzumurmeln. Auf der anderen Seite stolperte Boduognatus einfach nur dahin und blickte trübselig umher - seine herunterhängenden Mundwinkel wie immer versteckt hinter dem prächtigen Schnurrbart. Der gutherzige Sufa dagegen machte wieder keinen Hehl daraus, wie nahe ihm der Tod des Domitiers ging: Er trug zur Feier des Tages eine dunkle Kappe und weinte einfach stumm, sodass die Tränen sein langes Gesicht hinabkullerten und sich am Kinn sammelten. Er war es auch gewesen, der am Morgen ein paar nagelneue Schuhe vorbeigebracht hatte, die der Tote jetzt auf seiner letzten Reise trug.
    Tatsächlich wirkte der Leichnam am ruhigsten von allen Umstehenden, geradezu als würde er sich still und leise darüber amüsieren, wie man ihn so durch die Abendsonne trug. Denn obwohl seine Augen bereits etwas eingefallen und seine Muskeln vollständig erschlafft waren, machte er doch den Eindruck eines Schlafenden.


    Hinter ihm kam seine verbliebene Verwandtschaft, das hieß Ebergiso, der sich trotz des Sonnenscheins in einen dunkel Mantel gehüllt hatte, der von einer Bronzefiebel gehalten wurde. Ihn stützte Atto, der auch zum Haushalt des Domitiers gehört hatte. Danach kamen schließlich die verbliebenen Trauergäste: Crispus und einige andere Decurionen, dann verschiedene Geschäftsfreunde, Freunde und Bekannte, darunter

    http://img716.imageshack.us/img716/6783/rectuskl.jpg

    http://img710.imageshack.us/img710/4316/calvuskl.jpgTasgetius, der ihm am Morgen noch einmal die Haare geordnet hatte, Notker, Laelius Cinna und Teutomalius, mit denen er damals auf der Suche nach dem Banditen Hermipus um Bernstein gefeilscht hatte und natürlich alle,

    http://imageshack.us/a/img64/7180/euphorbuskl.jpgdie in seinem Obstgarten, seiner Fischerhütte und der Töpferei gearbeitet hatten. Natürlich durfte aber auch die Provinzverwaltung nicht fehlen, der der Domitier vorgestanden hatte: Allen voran ging Euphorbus, der jahrelang sein persönlicher Sekretär gewesen war. Er schien bemüht, besonders würdevoll zu wirken, wie er in einer dunkelgrauen, fast schwarzen Tunica dahinstolzierte und dabei ein etwas seltsames Gesicht machte - offensichtlich versuchte er seine Gefühle einfach zu verbergen. Der dicke Ovius Rectus dagegen trottete dagegen einfach vor sich hin, das Doppelkinn auf die Brust gestützt und mit halb geschlossenen Augen, als würde er schlafen. Und Furnius Calvus mit seinen wie immer völlig verstrubbelten Haaren blickte drein wie ein begossener Pudel. Auch sie vermissten ihren alten Kameraden und Vorgesetzten.


    Nach diesen engeren Bekannten, Kollegen und Freunden folgten zahlreiche Bewohner Mogontiacums. Viele kannten den kauzigen Gallier vom Sehen, manche hatten schon mit ihm zu tun gehabt, wenn es um Fragen der Provinzverwaltung oder persönliche Anliegen im Ordo Decurionum ging und jeder wusste um die wichtige Rolle, die er für die Stadt und die Verwaltung gespielt hatte.


    So schob sich ein beachtlicher Trauerzug von der Casa Domitia hin zum Forum, wo die Trauerrede stattfinden sollte, ehe man die sterblichen Überreste dieses großen, und doch so volksnahen Mannes vor den Toren der Stadt den Flammen übergeben würde...