[Blockierte Grafik: http://www.rollenspiel-germanien.de/Bitmap/avas/77.jpg] | Gunda
Seit der Bestrafung Crispinas war einige Zeit vergangen. Wenn der Herr außer Haus war, hatte Gunda dem Mädchen immer wieder die Tür geöffnet und ihr Speisen gegeben oder sich einfach einmal zu ihr gesetzt, um mit ihr zu reden. Jedoch hatte sie es nie gestatten können, das Mädchen einfach zu befreien, denn damit hätte sie weder sich, noch Crispina geholfen. Stattdessen hatte sie ihren Herrn immer wieder darauf angesprochen und um Gnade für das Mädchen gebeten. Doch Crispus war hart geblieben: Er hatte befohlen, dass sie dort bleiben solle, bis sie ihm Gehorsam versprach. Und das hatte sie noch nicht getan - also blieb sie weiter inhaftiert.
Eines Tages jedoch - wieder einmal war Crispus geschäftlich unterwegs - klopfte es an der Porta. Da Morag im Augenblick unterwegs war, um Asulf zu beschlagen, denn das ständige Reiten in der Stadt schadete seinen Hufen. So trat Gunda heraus. Es war ein Bote des Cursus Publicus mit einer Nachricht von diesem Artorius, wie sie an dem Siegel erkannte. Da sie nicht lesen konnte, wollte sie ihn schon einfach ins Tablinium tragen, als sie Armin im Hof entdeckte. Er schrieb schon wieder etwas auf eine Wachstafel!
Als sie den Jungen so sah, fragte sie sich plötzlich, wo dieser Reatinus eigentlich im Augenblick war - er hatte einen sehr netten Eindruck gemacht und war lange nicht mehr hier gewesen! So ging sie zu Armin und fragte diesen
"Schau mal, kannst du lesen, wo der Brief herkommt?"
Schweigend nahm Armin das Schreiben entgegen und entrollte es. Einen Augenblick überflog er den Inhalt, dann blickte er auf und sah Gunda verwundert an.
"Der Brief ist an Crispina! Ich wusste gar nicht, dass die einen Verehrer hat!"
Nun war auch Gunda verwundert und vergaß dabei ganz nachzufragen, woher denn nun der Brief kam. Crispina bekam Post von diesem Reatinus? Einen Augenblick war sie versucht, Armin zu bitten, den ganzen Brief vorzulesen - dann jedoch schalt sie sich dafür: Das ging nur Crispina und den jungen Mann etwas an!
"Gib' her!"
meinte sie daher knapp, entriss Armin den Brief und wandte sich um. Dann besann sie sich jedoch noch einmal und drehte sich zurück. Den zusammengerollten Brief mahnend erhoben sagte sie
"Verrat's dem Alten nicht! Ist das klar?"
Armin nickte - auf ihn konnte man sich verlassen, besonders, weil Gunda das Gefühl hatte, dass auch er eine Geliebte hatte und dieser die ganze Zeit Briefe auf seine Wachstafel ritzte! Außerdem hatte sie sowieso keine Zeit, sich weiter zu versichern - Crispus konnte jeden Moment nach Hause kommen und wenn er etwas von dem Brief erfuhr, würde Crispina ihn sicherlich niemals zu Gesicht bekommen. Das würde sie sicherlich aufmuntern! Mit schnellen Schritten war sie über den Hof zu Crispinas 'Gefängnis'. Sie schob den Riegel beiseite und steckte ihren Kopf hinein.
"Crispina, ich hab' Post für dich! Von einem gewissen Artorius!"
Sie hielt den Brief hin. In diesem Augenblick hörte man die Stimme von Petronius Crispus, der offensichtlich gerade eben an dem vernagelten Laden vorbeiging. Vor Schreck ließ Gunda den Brief fallen und schlug die Tür zu. Man hörte, wie der Riegel vorgeschoben wurde und die Sklavin sich mit schnellen Schritten entfernte.
Doch der Brief lag im Halbdunkel des Raumes auf dem Boden - bereit, gelesen zu werden!

SKLAVE - MARCUS PETRONIUS CRISPUS