Die Kälte in ihren Augen sah Mela nur kurz, denn dann senkte er den Blick und auch den Kopf. Diese Schelte hatte er wahrlich verdient, wenngleich es auch ein bisschen Livillas Schuld gewesen war, dass sie allein fortgegangen waren, was Helena in ihren nächsten Sätzen bestätigte. Als ihre Stimme nicht mehr so eisig und schneidend klang, sondern langsam wieder ruhiger wurde, weil augenscheinlich der ärgste Zorn ausgesprochen war, sah Mela zerknirscht auf und in ihre Augen.
"Ich hoffe, dass Iulius Constantius ihren Vater bereits darüber in Kenntnis gesetzt hat. Ich bat ihn darum, ihm in seinem Brief mitzuteilen, dass ich im Valetudinarium liege. Numerianuns ist mein Decurio, ich bin Duplicarius", sprach er. Schließlich wollte er nicht, dass er zurückkehrte und feststellen musste, dass man ihn aus Unkenntnis über seine Lage aus der Legio komplementiert hatte. Die zwei Wochen Urlaub, die er gehabt hatte, waren schon längst verstrichen.
Die Worte, die Helena dann sprach, musste Mela ersteinmal verdauen. Er sah Helena an und schluckte, um den Kloß aus seinem Hals zu treiben, sah dann auf den Boden des Atriums, für dessen Schönheit er in diesem Moment den Sinn nicht fand, und sogleich wieder auf und zum Impluvium in der Mitte des Atriums. Mela atmete tief ein und hielt die Luft dann an, schloss die Augen und fuhr sich mit Daumen und Zeigefinger über die Augen, dann erst atmete er langgezogen aus. Helena schien in diesem Moment nicht gegenwärtig zu sein. Er konnte nicht fassen, was sie da eben gesagt hatte, wenngleich es doch ins Bild passte, das Livilla ihm auf dem Esquilin gegeben hatte. Warum im Namen der Götter hatte sie ihn dann so behandelt in Germanien? Warum hatte sie ihm diese Blick zugeworfen, warum sich so verhalten? Mela zwang sich zur Ruhe. Seit Tagen konnte er an nichts anderes als an Livilla denken. Und nun war er hier, sie in Reichweite, aber er konnte sie nicht umarmen und sie herzen, weil er es aus Liebe getan hätte und nicht, weil er einfach nur ein Freund sein wollte wie jeder andere. Stumm erhob sich Mela und ging zwei, drei Schritte von der Bank fort, den Kopf gehoben. Dann senkte er ihn und nach einer halben Ewigkeit kamen zwei Worte über seine Lippen, die kaum vernehmbar waren.
"Ich...verstehe."