Beiträge von Titus Tiberius Flaccus


    decemvir litibus iudicandis
    Titus Aurelius Ursus
    Villa Aurelia - Roma


    T. Tiberius Flaccus T. Aurelio Urso s.d.


    In Abgeschiedenheit erreichte mich dein Brief auf Capri, wo ich den Tod meiner Schwester Tiberia Livia lange Zeit betrauerte. Ich trauerte nämlich so sehr, wie sehr ein Mensch nur fähig ist zu trauern.
    Doch auch bei so schwer zu ertragendem Schicksal muss ich mich nun dem Alltag widmen. So stimme ich zu die Hinterlassenschaften meiner Schwester in meinen Besitz zu übernehmen.
    Vale.


    Titus Tiberius Flaccus

    Tiberius Flaccus hatte sich mit der Sänfte bis zu den Gebäuden der Verwaltung tragen lassen. Nun betrat er erstmals einen ihm zugeteilten Raum für die Amtsgeschäfte. Dass er diesen Raum nicht allzu oft aufsuchen würde, war ihm bereits klar. Lieber genoss er den Landsitz der Familie und zog sich eben dort in seine Arbeitsräume zurück, wenn es nötig war. Schließlich konnte das Volk ihn ja auch dort aufsuchen, wenn es etwas wollte. Die ansässigen angesehenen Familie, die in Msienum bereits Residenzen bezogen hatte, wäre so oder so nicht auf die Idee gekommen, ein Officium aufzusuchen, sondern wandten sich in Privatgesprächen an die Magistrate der Stadt.
    Heute jedoch war ein Besuch des Officiums unumgänglich, musste Flaccus sich doch hier gewisser Unterlagen bedienen und seine eingesetzten Schreiberlinge auf ihre Arbeit einschwören und ihnen mitteilen, wie er sich gewisse Arbeitsgänge vorstellte.

    Er setzte den Becher wieder auf dem kleinen Beistelltisch ab.
    Der Kaiser wurde bewusst über nichts informiert, denn ich selbst wies auf eine Benachrichtigung hin. Man setzte Aurelius Cicero auch nicht ab, sondern ernannte, ohne das Wissen des Kaisers, quasi einen Gegen-Comes zum bereits ernannten. Ich will, wenn es für derartiges Vergehen eine Rechtsformel gibt, dagegen angehen. Dazu wäre ich entschlossen, denn macht so ein Beispiel Schule, wäre es wohl nicht das letzte Vorgehen solcher Art.
    Zum Zeitpunkt des Gesprächs konnte Flaccus noch nicht wissen, mit welchen weiteren Unglaublichkeiten die Verschwörer in der Kurie vorgehen würden.

    Sim-Off:

    Vielleicht noch eine kleine Anmerkung zu den Einsprüchen: Der erste erfolgte bereits 1 1/2 Stunden nach Bekanntmachung, die erst heute um 15.oo Uhr gepostet wurde...also SimOn darauf zu verweisen, dass alle es stillschweigend anerkennen, ist unter Umständen etwas früh. :)

    Flaccus nahm sich einen Schluck des Weines und hörte sich die Frage des Hungaricus an.
    Sie wählten ihn mit einer Begründung, die mein vollstes Einverständnis gehabt hätte, jedoch nicht die Vorgehensweise.
    Da man einstmals keinen Comes fand, ernannte der Kaiser selbst Aurelius Cicero zu jenem. Dieser, und das ist wahr, ergriff offenbar die Flucht aus Rom und kam seinem Amt nicht nach. Doch anstatt den Kaiser zu informieren, ihn darum zu ersuchen den Mann des Amtes zu entheben um ordentliche Wahlen durchführen zu können, handelte man eigenmächtig und stellte, während der laufenden Amtszeit, einen anderen Comes auf, ohne den Kaiser zu unterrichten. Man nutzte die Geschäftigkeit des Augustus schamlos aus. Die Begründung war also, dass man eine schnelle Handlungsfähigkeit der Kurie wollte, doch hat nach den Gesetzen und der Geschäftsordnung der Comes keinen wirklichen Einfluss auf das Geschehen der Kurie, so dass es mir als Vorwandt erscheint.

    Während Flaccus es seinem Verwandten erzählte, bemerkte er selbst wieder die unglaubliche Verfrorenheit dieses Unternehmens. Doch trotz allen Ärgers über diese neuen "Sitten" versuchte er stoische Würde zu wahren und äußerliche Gefühlsregungen zu unterdrücken.

    Das Ganze wurde zum Possenspiel, und etwas anderes hatte Flaccus von der Amtszeit des Didiers nicht erwartet. Dass Albinus seinen Abstieg allerdings so schnell betrieb, damit hatte nicht einmal der Tiberier gerechnet. Zu dem plumpen Auftreten und der politischen Unzulänglichkeit kam jetzt noch Unwissenheit hinzu, denn eine solche Unverfrorenheit konnte man selbst Albinus kaum zutrauen, dass er tatsächlich alle Tradition in den Wind schlug, um sich selbst zu erhöhen.
    Der Bescheidenheitstopos hatte sich zwar im letzten Jahrhundert ganz besonders herausgebildet, jedoch war er an Albinus gänzlich vorübergegangen.
    Didius Albinus, Lucius Octavius Detritus scheint mir Recht zu haben. Du bist die Axt im Walde. Deine Vorstöße verachten die Sitten der Vorfahren, dein Gehabe missachtet jeglichen respektvollen Umgang. Deine Selbstbezogenheit ist eines Römers nicht würdig und kann von eben jenem kaum ertragen werden. Jetzt noch, vollkommen grundlos, die Absetzung des Octavius zu fordern, eines Mannes, der mir als letzter hier kundig erscheint, ist von so kühner Frechheit, dass sie einen ehrbaren Römer beschämt.
    Du kannst nicht ernsthaft meinen, dass dich die Tradition der Curia nicht interessiert. Wenn du aber deine Worte aufrecht erhältst, so bist du dieses und keines anderen Amtes überhaupt würdig.

    Flaccus nahm den dargebotenen Platz an und setzte sich.
    Einen Becher Wein werde ich sicherlich nicht ablehnen.
    Ich danke dir für deine Gratulation, jedoch bedeutete es keine Mühe, den Sitz für Misenum zu bekommen, wählt man doch für die Stadt gern Männer, die ein gewisses Vermögen mitbringen.
    In der Kurie hat man nichts zustande gebracht. Du selbst hast erlebt, wie man dort diskutierte. Das Gesetz fand bei manchem große Ablehnung, nicht, weil es in dessen Augen fehlerhaft war, sondern weil so mancher eine Gefahr darin sah, dass ihm ein Amt abhanden kommen würde, dessen Einnahmen er für sich wollte. Man interessiert sich nicht dafür, dass Gelder an Beamte der Städte fließen, die längst nicht mehr im Amt sind. Die Städte sind zweitrangig, solange man sich nur im Saal der Kurie hervortun kann, um einen Teil der Finanzen Italias sein Eigen nennen zu können. Im Anschluss wird sich vermutlich noch der ein oder andere auf die Rostra stellen, um sein großes Engagement für die Regiones zu propagieren.
    Da ist es kein Wunder, dass so mancher es auch eilig hat, das Amt des Comes für sich zu beanspruchen, obwohl der Kaiser einen ernannte, dessen Amtszeit weder vorüber ist, noch wurde er vom Kaiser seines Amtes wieder enthoben. Auch deshalb kam ich zu dir, denn ich brauche deinen juristischen Rat, da ich diesem Vorhaben der Kurie nicht zustimmen konnte.

    Der Tiberier lehnte sich zurück, sichtlich ergriffen von den desolaten Zuständen und Verhaltensformen in der Kurie.

    Flaccus hatte sich die Zeit im Atrium recht gut vetreiben können. Der Tiberier hatte hier schließlich die Möglichkeit, die neuesten architektonischen Geflogenheiten genauer zu betrachten. Waren die Haustypen doch auch alle gleich, so ließen die Baumeister stets neue Einfälle in ihre Planungen mit einfließen.
    Als der Hausherr dann erschien, wandte sich Flaccus mit einer grüßenden Geste an ihn.
    Vinicius Hungaricus, sei auch du mir gegrüßt! Ja, der Aufenthalt in Achaia dauerte länger, als ich ihn geplant hatte, und auch nach meiner Rückkehr lief Vieles anders als gedacht. Ich zog nach Misenum, bin dort Mitglied der munizipalen Kurie und auch in der Curia Italica. Jetzt, da ich wegen eben jener Sitzungen in Rom weilte, wollte ich mir diesen Besuch nicht mehr nehmen lassen.
    Wie ich sehe, hast du die Bauarbeiten an deinem Haus abschließen können. Du beweist einen feinen Geschmack.

    Das Atrium hatte nun eine wieder akzeptable Form angenommen. Die Arbeiten am Haus, die seine Schwester nach Einzug hatte vornehmen lassen, waren offensichtlich zu einem Ende gekommen. Es war keine Domus Tiberia, aber ein Haus von nobilitärem Aussehen.
    Flaccus nickte dem Sklaven zu und wartete, das Atrium betrachtend, auf den Herrn des Hauses.

    Überrascht über die heutige Freundlichkeit vinicischer Sklaven trat Flaccus einen Schritt vor.
    Salve, ich wünsche den Hausherrn, Vinicius Hungaricus, zu sprechen.
    Dass man ihn hier wenigstens vom Gesicht her noch kannte, davon ging Flaccus aus und hoffte, dass die Freundlichkeit des Ianitor nicht trog.

    Wenn schon in Rom, so besuchte Flaccus einmal die durch seine Schwester angeheiratete Verwandschaft, auch wenn dies nicht ohne klaren Grund geschah. So stieg der Tiberier aus der Sänfte und ließ an die Pforte klopfen.

    Viele Worte ohne Inhalt. Nicht eine meiner Fragen wurde bisher beantwortet! Noch zudem werden fadenscheinige Gründe vorgeschoben, da nach Gesetz und Ordnung die Kurie völlig unabhängig vom Amte des Comes arbeitet und dessen Wahl völlig unnötig ist für deren Arbeit.
    Vielmehr unterstütze ich, dass Decimus Verus mit dem Recht ausgestattet wird in der Vertretung des Aurelius Cicero, die er innehat, an den Sitzungen der Kurie teilzunehmen.
    Da ich es hier offenkundig muss, werde ich mich wiederholen: Der Comes Aurelius Cicero wurde vom Kaiser eingesetzt und damit gilt seine Amtszeit bis zu dessen Absetzung oder Ablauf derselbigen. Bis dahin vertritt ihn der Magister Scriniorum, der dies derzeit auch tut.
    Wer den Princeps Curiae Ferrius Minor nun zu einer Wahl drängt, die nicht genehmigt ist, drängt ihn zu einer Tat, die vor den Praetor gebracht werden wird.

    Es war gar nicht zu übersehen, dass so mancher es ganz besonders eilig hatte, sich Posten und Ämter zuzuschustern. Dass es dabei nicht im Geringsten um Italia ging, war nach der Debatte über den Vorschlag der neuen Lex deutlich geworden.
    Nun ist die Amtszeit des vom Kaiser eingesetzten Comes nicht vorüber. Um mich nur zu erkundigen: Mit welcher Grundlage wählt die Kurie auf eigenen Entschluss über den Kopf des Kaisers hinweg einen neuen Comes? Mit welcher Grundlage entscheiden wenige Männer über dieses Vergehen, Didius Albinus, der du es so eilig hast, und Ferrius Minor, der du dem Gremium vorsitzt?
    Warum ist eine so schnelle Entscheidung so wichtig, wo uns doch gerade die Lex Octavia et Aelia dargelegt wurde. Wären nicht die Senatsbeschlüsse hierzu abzuwarten?

    Nach reiflicher Überlegung und Abwägung der Worte, entschloss sich Flaccus ebenfalls seine Meinung kundzutun.
    Verehrte Sodales, mir erscheint das Gesetz keine großen Einschnitte in die Angelegenheiten der Städte zu machen, doch könnte es die überregionale Verwaltung ordnen. Diese strukturelle Reform räumt das Chaos auf und würde Italia durch die vorgesehenen Ämter stärken, wenn ich die Worte der Lex Octavia et Aelia richtig deute.
    Daher kann ich mich der Meinung der beiden Comites Octavius und Aelius, sowie der Meinung des Rechtsexperten und Senators Vinicius nur anschließen. Ich werde diese Neuerungen begrüßen.

    Am Tempel der Minerva angelangt breitete sich die Menschenmenge auf dem Platz des Forums des Nerva aus. Die Priester und Opferhelfer begaben sich nun zum Aufgang des Tempels der gefeierten Göttin. Im Inneren des Tempels wurden der Göttin bereits Weihrauch und Trankopfer dargebracht.
    Vor dem Tempel befand sich der Altar, an welchem bereits an im Boden eingelassenen Ringen ein Rind gekettet war; bei diesem öffentlichen Opfer wollte man schließlich nicht kleinlich sein. Flaccus stellte sich neben dem Opfertier auf und verhüllte seinen Hinterkopf mit einem Teil seiner Toga, während einer der Victimarii bereits den Culter, das Schlachtmesser, gezückt hatte. So folgte nach der Waschung und Trocknung der Hände nun das Gebet, das ordnungsgemäß und um Versprecher zu vermeiden, von einer Schriftrolle abgelesen wurde.
    "Favete linguis!" ...erschallte eine Stimme, um die Menge vor dem Opfer zur Ruhe aufzurufen.
    Minerva, Herrin Roms, Beschützerin der Handwerker und Künstler
    Himmlische der Dichter und Lehrer!
    Nimm an die Gaben, die wir dir darreichen!
    Nimm an die Speisen und den Trank!
    Nimm an das stolze Rind mit geschmücktem Kreuz!
    Nimm an, was wir dir stets zu deinen Tagen bringen!
    Leite die Hände der Handwerker und Künstler!
    Leite den Verstand der Dichter und Lehrer!
    Schütze die Werke, die sie schaffen!
    Minerva, Herrin Roms, Beschützerin der Handwerker und Künstler
    Himmlische der Dichter und Lehrer!
    Nimm an die Gaben, die wir dir darreichen!

    Es war geschafft und das Gebet ohne einen Versprecher, der die ganze Opferhandlung hätte stören können, gesprochen.
    Dem Rind wurde die kostbare Decke von Rücken genommen und die Mola Salsa über den Nacken gestreut. Der Victimarius zog mit dem Culter die rituelle Linie über den Rücken bis zum Schwanz des Tieres.
    Aufgrund der Größe des Rindes stand auch ein Opferhelfer mit Hammer bereit, um mit geübtem Schlag das Tier vor dem Opfer bewusstlos zu machen.
    Mit der Frage "Agone?" und der Antwort des Flaccus...
    AGE!
    ...erfolgten nun der Schlag und das Aufschneiden der Schlagadern und der Kehle des Tieres. Die Tibicines spielten während des gesamten Zeremoniells weiter auf ihren Flöten und übertönten damit jeden Laut, der unerwünscht gewesen wäre.

    Schon lange bevor man den Zug der Menschen überhaupt hatte sehen können, vernahm man die durch die Straßen schallende Musik der Tibicines, der Flötenspieler. Dieser Tag galt ihnen, und so waren es Scharen von Spielern und auch Tänzern, die quer durch die Straßen Roms zogen, um Minerva und auch Iupiter zu huldigen. Die meisten von ihnen waren bunt gekleidet, viele trugen Masken. Dem Prozessionszug der Spieler und Tänzer, dessen Lärm die Straßen erfüllte, folgten - wie so oft an öffentlichen Feiertagen - eine Schar von Menschen, unter anderem Handwerker und viele ärmere Lehrer der Elemetarschulen, die nach und nach in der Tradition sich dieses Fest ebenfalls zu eigen machten.
    Langsam nun näherte sich der Zug dem Forum Nervae, über welches er hinweg zum Minervatempel ziehen würde, um dort der Göttin durch Priester zu opfern.
    Zunächst bog er über die Via Sacra auf das Forum Romanum und näherte sich somit dem Zentrum Roms.
    Flaccus, dem das Opfer am heutigen Tage zugedacht worden war, befand sich im Zug hinter den Tibicines und Tänzern, welche die Prozession anführten.