Beiträge von Titus Tiberius Flaccus

    Verdutzt schaute Flaccus die gute Claudia an. Wollte sie ihn in seinem Glauben testen oder ihm gar seinen Gott abspenstig machen? Doch gern ging er auf sie ein.
    Du meinst also, dass meine Worte durch Mercurius beflügelt werden? Aber wenn meine Worte nur die Wiedergabe des Gelesenen sind, sind sie dann noch beflügelt, oder lediglich die Wiedergabe der Literatur, die mir vorlag? Und gilt nicht die Literatur als Kunst? Sprächest du dann dem Apoll die Künste ab, oder der Literatur ihren Stellenwert als Kunst?
    So bleibe ich dabei, dass das Reden, wie Cicero es schon sah, eine Form der Literatur ist, eine Kunst.

    Dann erinnerte er sich der Worte der Flaminca über die Fahrt auf See.
    Mercurius flüstert den Sterblichen ihren Weg ins Ohr, doch tut er dies nicht im Wesentlichen im Auftrag des großen Iuppiter? Und war nicht Apollon auf Seiten der Troer und wider die Griechen und hielt schützend seine Hand über Aeneas, dem Vater unserer Stadt, auf dessen Irrwegen über das Meer?

    Nun, meine Zunge wird beflügelt durch die Worte, die ich las. Vermag nicht einzig die Literatur unsere Zunge zu beflügeln und dem Menschen seine Eloquenz zu verleihen?
    ...und der Rhetorikunterricht in Athenae, fügte Flaccus in Gedanken an.
    Mercurius begleitete mich sicher auf meinen Reisen, auch wenn er sich eher den Kaufleuten zuwenden musste, doch müsste ich nicht dann auch Neptun huldigen, wo doch meine Reisen mich zwangen stets über die Wogen der Meere zu fahren?
    Er zeigte es nicht, doch war er verwundert, dass Claudia ihm als Patrizier in einen eher plebeischen Kult einordnete, wo doch der ehrenwerte Augustus selbst dem Apollon einen Tempel auf dem Palatin erbaut hatte.

    Flaccus verneigt sich leicht vor der jungen Dame.
    Es ist mir eine Ehre, daran teilzuhaben, Claudia Antonia, wenn du und dein Gemahl sich binden. Und gerade jetzt, wo ich wieder in Rom bin, kann es mir nur entgegen kommen, einige Gesichter zu sehen, von denen mir Livia berichtet hatte. Werden die Hochzeitsfeierlichkeiten ebenfalls hier stattfinden, oder nach altem Brauch im Hause der Gemahlin?

    Nun, ich war lange fort. Jahre dauerten meine Studienreisen und stets führte mich mein Weg zu immer mehr Wissen. Trotz der Gefahren auf diesen Reisen, selbst jetzt, als ich im Sturm des Winters nach Brundisium übersetzte, hatte ich stets das Gefühl eine schützende Hand über mir zu haben, eine, die meine Reise begleitete, eine die mich zu meinen Studien führte und mich unterstützte zu finden, wonach ich suchte. Ich bin sicher, dass Apollon, Gott der guten Künste, der Wissenschaft und der totbringenden Krankheiten, mir den Weg zu den Künsten bahnte, die ich suchte, und mich vor Krankheit schützte, selbst in den entlegensten Gegenden des Erdkreises!


    In Flaccus selbst stieg nun nach seiner Rede seine ganze Ehrfurcht vor den Göttern auf und er atmete tief durch. Ja, der Gott muss mit ihm gewesen sein...

    Flaccus wurde durch den Raum gezogen und stand nun vor einer jungen Dame, der er von seiner Schwester vorgestellt wurde. Freundlichst grüßte er sie und lächelte.
    Salve, Claudia Antonia! Ich gratuliere dir zu deinen sponsalia mit Flavius Gracchus! Möge Iuno über eurem Hause wachen und eure Verbindung mit Wohlwollen schützen!
    ...dies müsste er wohl auch bald seiner Schwester wünschen... -.^

    Livia hatte ihm eifrig die Namen genannte, die er sich zu merken versucht hatte; auch wies sie leicht auf die Personen, doch in dem Gedränge der vielen anwesenden Fremden hatte Flaccus die Leute wieder aus den Augen verloren und war daher froh, als er wieder die sichere Hand Livias an seinem Arm spürte, die ihn geleitete. So ließ sich Flaccus auch bedingungslos von ihr am Arm hinterherschleifen.
    Ja, gern! Nur wird mein Geschenk wohl gering ausfallen...
    Hätte er gewusst, dass er hier auf eine derartige Feierlichkeit treffen würde, er hätte sich darauf vorbereitet.

    Flaccus war der Prozession weiter gefolgt. Eine gute Gelegenheit, denn seit seiner Abreise, hatte sich doch Einiges verändert. Zum Beispiel schmückte ein weiterer Tempel der Venus nun die Tempelbezirke Roms.
    Der weiße Marmor erstrahlte noch hell, die bunten Bemalungen des Tempels waren frisch und das Dach mit seinen Tonziegeln leuchtete im Sonnenschein rot wie die Glut, welche - durch die von Venus verliehene Schönheit an eine Frau - bei einem Manne im Herzen ausgelöst wurde.
    Eine leichte Brise des Aeolus wirbelte die vielen Blütenblätter auf dem Tempelplatz empor, die nun angestrahlt von der Sonne glitzernd in der Luft zu schweben schienen.
    Immer mehr Leute ströhmten herbei, bewusst, oder angezogen von der prächtigen Zeremonie, welche die sacerdotes hier ausrichteten...

    Zitat

    Original von Marcus Vinicius Hungaricus
    Das ist wohl wahr. Eine jede Zivilisation stützt sich auf Schriften, auf Überlieferungen. Ohne die wären wir wertlos, weil ohne Geschichte. Ein jeder Mann sollte lesen und sich Wissen aneignen und diese dann weise einsetzen. Das erste ist leicht, das kann jedes Kind lernen. Das zweite ist schon schwieriger, da man sich dazu motivieren und disziplinieren muß. Doch das dritte ist das Schwerste von allem, vor allem weil man sich selber nicht einschätzen kann und auch darf, ob man weise ist oder nicht.


    Hungi lächelte.


    Ich selbst würde mich nur zu gern viel öfter den Schriften widmen, den Reden Ciceros, den Lehren Platos, den juristischen Kommentaren Labeos, Proculus' oder Iavolens. Doch leider, leider, ist es mir aufgrund meines Berufes nicht vergönnt.


    Flaccus war erfreut, dass Hungaricus doch auch ein Mann der geistigen Tätigkeit war, keineswegs ungebildet. Bestätigend nickte er dem Vinicier zu. Als dieser geendet hatte, schaute er zu dessen Verlobter, seiner Schwester, und aus seinem eher kühlen Gesicht lächelte er sie vorsichtig an, es war wohl ein weniger freudiges als vielmehr besorgtes Lächeln.
    Dann wandte er sich an die beiden.
    Du sprichst Wahres, Hungaricus. Die Ämter lassen einem Mann nicht immer die Muße, dem Studieren der Schriften nachzugehen, die Frauen auch nicht!
    Zumindest vermochte Livia, als sie kleine Kinder waren, ihm das ein oder andere Mal gehörig auf die Nerven zu gehen, auch wenn er sie stets liebte.
    Aber bitte, ich muss dem Paar der hier veranstalteten sponsalia doch noch gratulieren!
    Etwas hilflos schaute er sich suchend um.

    Trotz der Reden der Kandidaten auf den rostra, zog die pompa des Venuskultes die Aufmerksamkeit der Massen am Forum auf sich. Einige geschminkte Mädchen liefen in bunten Gewändern mit Bändern vorne weg. Weiter in der Mitte folgten Flötenspieler, die dem Klang ihres Instrumentes mit ihren Bewegungen folgten. Zwischen den Gruppen der Musizierenden bewegten sich die saltatores und saltatrices und tanzten ausgelassen. Einige der Tänzerinnen machten gar den Mädchen aus dem hispanischen Gades Konkurrenz, als die Schönheiten in ihrer - trotz der Kälte - leichten Bekleidung die Hüften zum Rhythmus der Musik kreisen ließen. Jene waren für einen Festzug zu Ehren der Göttin Venus von angemessener Statur, wie Flaccus eindrucksvoll feststellen musste, als sie dicht an ihm vorbeitänzelten...

    Hungaricus schien wenigstens ein interessiertes Gesicht zu miemen, auch wenn er den Schilderungen des Flaccus wohl wenig abgewinnen konnte.
    Nun, das einst unter den Pharaonen erbaute Museion beheimatet, auch nach dem Brand, noch hunderttausende Papyri und die Angestellten arbeiten zu Tag und bei Nacht, um Kopien zu erstellen und literarisch wie philologisch tätig zu sein. Das, was du gehört hast, ist eine Geschichte. Literarisch gesehen drückt sie nur aus, welch ungeheure Zahl an Schriften dort eingelagert ist. Es ist mit Abstand das geistige Zentrum der Literatur!


    Flaccus lächelte und freute sich, bei Hungaricus doch wenigstens in diesem Bereich Interesse geweckt zu haben.

    Zitat

    Original von Marcus Vinicius Hungaricus
    ...Und ich hoffe, daß die Götter mir weiter gewogen sind, sowohl was meine Arbeit angeht als auch was die Ehe mit deiner Schwester betrifft.


    Zweiteres hoffte Flaccus für Hungaricus auch! -.^


    Zitat

    Ich für meinen Teil werde versuchen, daß es ihr so gut wie möglich ergehen möge.


    Auch das hoffte Flaccus im Interesse des Hungaricus -.^ und hörte ihm gespannt zu, im Augenwinkel kurz zu Livia blickend.


    Zitat

    Doch genug von mir. Wenn hingegen einer eine Reise tut, kann er mehr erzählen. Was hast du in Achaia etc gemacht? Studienreisen vielleicht?


    Während der Worte des Vinicius Hungaricus nickte Flaccus ein paar mal bestätigend und holte bei der Frage tief Luft um dann zu antworten.
    Ja, Studienreise kann man es wohl nennen. Der grobe Verlauf meiner Reise sah so aus, dass ich zunächst in Athenae verweilte und dort an eienr Rhetorikschule lernte. Beeindruckende Bauten sind in Athenae zu bewundern, dass muss man den Griechen lassen. Dann führte mich mein Weg über Cyprus, wo ich eine Zeit lang dem Venuskult beiwohnte, nach Syria, etwas im Landesinneren liegt Palmyra, von der du sicher schon gehört hast. Dort, in dieser geschäftigen Handelsstadt lernte ich das Handelswesen. - Wusstest du, dass Seide aus den Tiefen Asias stammt, wo der Wagen des Sol seinen Lauf nimmt? -
    Ohne die Antwort überhaupt zu erwarten sprach er direkt weiter...
    Nach eineinhalb Jahren dort brach ich auf nach Aegyptus. Es war einer der Höhepunkte meiner Reise, die Bibliothek Alexandrias behütet die gesamte Literatur des orbis terrarum. Auf meiner Rückreise blieb ich abermals auf Cyprus, dann ging es recht schnell...

    ...Und Flaccus fand das officium der Flaminca. Dort angekommen sah er auch wieder Claudius Constantius, der sich ebenfalls zu Claudia begeben hatte. Jetzt musste er hier auch noch warten. Nur kurz verdrehte er die Augen, aber es würde sicher seine Gründe haben, wenn Tiberia Claudia gerade nicht zu sprechen war.
    So raffte Flaccus seine Toga und setzte sich auf einen der hingestellten Stühle.

    Ich war lange Zeit weit entfernt von Rom, ich vermag es nicht den neuen Augustus einzuschätzen...doch milde soll er sein. Ich wünsch dir für dein Vorhaben den Beistand deiner vergöttlichten Ahnen, Claudius Constantius!
    Ich bin hier, um dem Kult des Apoll beizutreten, meine Schwester sagte mir, dass ich hier vorstellig werden solle.


    Flaccus drehte sich um, schaute nach links und rechts, suchend, ob denn jemand komme.