Beiträge von Titus Flavius Milo

    Milo nickte bedächtig mit dem Kopf.
    "Das werde ich tun. Das Gehalt wird natürlich nicht ausschlaggebend für meine Entscheidung sein. Zwar könnte ich auch ohne Probleme vom Vermögen meiner Familie leben, doch manchmal habe ich das Gefühl, dass man tatsächlich von mir erwartet dem auch etwas beizutragen."
    Er runzelte missbilligend die Stirn. Milo war ganz und garnicht der Meinung, dass er unbedingt eine Beschäftigung brauchte. Doch die Blicke, welche man ihm in der Villa teilweise zuwarf, sagten einiges aus.
    "Ich suche mir meine Arbeit lieber nach der Art der Beschäftigung aus."
    Milo zuckte kurz mit den Schultern und winkte dann ab.
    "Doch genug von mir. Wir hatten über die Politik gesprochen. Insgesamt möchte ich dazu noch sagen, wie erstaunlich ich diesbezüglich das momentane Verhalten der Öffentlichkeit finde. Es wird derzeit ausnehmend viel über die verschiedensten Themen diskutiert. Ich spreche natürlich auch von der Rostra. Dennoch ist das meiste reine, hohle Phrasendrescherei. Die wahren, wirklichen Inhalte fallen, so konträr sie teilweise auch sind, stets unter den Tisch. Wer die vergangenen Kandidaturen zum Cursus Honorum mitverfolgt hat, weiß wovon ich spreche. Ich empfinde diese Entwicklung als äußerst unangenehm und durchaus auch beunruhigend. Doch wie kommt es zu diesem Phänomen?"
    Er blickte fragend von einem zum anderen und nahm noch einen Schluck verdünnten Weines.

    Milo hörte dem Gespräch nachdenklich zu und nickte zustimmend. Obwohl er schon seit geraumer Zeit in Rom weilte, hatte er noch nicht viel Gelegenheit gehabt oder wahrgenommen, seinen Vetter Gracchus näher kennen zu lernen. Nun stellte er fest, dass dieser durchaus ein weitaus vernünftigerer Gesprächspartner war als so mancher anderer. Dem besprochenen Thema konnte er derzeit wohl leider noch kaum mehr als seine Zustimmung beitragen. So wandte er sich direkt der Frage des Senators zu.
    "Ja, das habe ich. Auch habe ich mich bereits eingehender über diese Tätigkeit informiert. Man sagte mir, dass zuvor eine Art Probezeit von Nöten ist, in welcher ich als rein freier Redakteur tätig wäre und auf unabhängiger Basis meine Artikel einschickte. Von diesem Angebot werde ich schon Gebrauch machen, so ich denn ein geeignetes Thema finde. Allerdings hat sich am Fest der Fors Fortuna noch eine weitere, äußerst interessante Möglichkeit aufgetan. Wie es der Zufall wollte, kam ich mit einem Septemvir ins Gespräch. Er erzählte mir, dass auch im Cultus Deorum von Zeit zu Zeit noch Scribae gesucht würden. Dies scheint mir Potenzial zu einer äußerst reizvolle Tätigkeit zu bieten. Denn obwohl mir die Belange der Götter sehr wichtig sind, sehe ich meine Fähigkeiten doch eher auf dem Gebiet der Verwaltung und Organisation. Eine Beschäftigung als Sacerdos Publicus, wie mein Vetter Gracchus einer ist, wäre nicht das richtige für mich. Als Scriba des Cultus Deorum wäre ein interessanter Mittelweg gefunden."
    Er blickte kurz zu Gracchus und nickte diesem anerkennend zu, seine Hochachtung für dessen Lebensweg ausdrückend.

    Aus reiner Neugierde hatte Milo sich am heutigen Tage ebenfalls unter das Volk gemischt. Er trug eine frische, helle Toga und ließ Hermes mit einem Weinschlauch hinter sich her trotten. So ließ es sich leben, dachte sich der Patrizier und atmete zufrieden durch. Das Leben des Müßiggangs war letztlich doch um vieles angenehmer als die entbehrungsreiche Zeit, die er bei dem ehemaligen Aedilis Plebis verbracht hatte. Mit einem gutgelaunten Lächeln beobachtete er die Vorbereitungen für die große Parade und spielte mit dem reizvollen Gedanken, sich einer neuerlichen Arbeitsstelle doch zu enthalten. Eigentlich hatte er vorerst genug Geld angespart und für die weitere Zeit dürfte seine Familie ausreichend vermögend sein. Vielleicht würde es sogar möglich sein, sich ebenfalls auf das sardinische Landgut zurückzuziehen. Milo erinnerte sich noch sehr gut an die dort so wunderbare Landschaft.

    Die Worte des Septemvirs ließen Milo aufhorchen. Diese Arbeit klang ganz nach seinem Geschmack. Er lächelte erfreut und nickte mit dem Kopf.
    "Das klingt nach einer ausnehmend guten Idee, Valerius. Vielen Dank für diesen Hinweis. Ich werde es mir durch den Kopf gehen lassen, bin mir jedoch schon fast sicher, dass ich mich zumindest bewerben werde."
    Er räusperte sich kurz und überlegte, ob er die folgende Frage stellen konnte. Doch hier auf einer Brücke des Tibers erschien es ihm noch weitaus unverfänglicher als später im Bewerbungsgespräch. Insofern entschloss er sich kurzerhand dafür.
    "Ist dir zufällig bekannt, in welchem Bereich sich das zugehörige Gehalt in etwa bewegt?"
    Milo trank einen weiteren Schluck Wein und winkte seinem Sklaven Hermes beiläufig, alle möglicherweise leeren Becher wieder aufzufüllen.

    Zitat

    Original von Manius Flavius Gracchus
    "Salve, Milo. Welch eine Freude zu sehen, dass du dir an den Ludi auch den sakralen Teil nicht entgehen lässt."


    Milo verfolgte die entschwindenden Priester noch mit den Augen, als sein Vetter Gracchus ihn auch schon ansprach. Er hatte ihn bereits unter den Opfernden erblickt und lächelte ihm nun freundlich zu.
    "Salve, Gracchus. Natürlich ist es mir eine Selbstverständlichkeit, auch dem Opfer und Lectisternium der Ludi beizuwohnen. Schließlich handelt es sich trotz aller Spannung bei den Wagenrennen letztlich um den essentiellen Teil. Es sind immerhin die Götter und unter ihnen vor allem Apollo, zu deren Ehren all die Spektakel in diesen Tagen stattfinden."


    Zitat

    Original von Spurius Purgitius Macer
    "Salve Flavius Milo. Schön, dich mal wieder zu treffen. Wie geht es dir?"


    In dem Moment gesellte sich sein ehemaliger Arbeitgeber zu ihnen und erfreut begrüßte Milo auch diesen.
    "Salve, Purgitius Macer. Die Freude ist ganz meinerseits. Mir geht es prächtig und ich genieße noch meine freie Zeit, bevor ich mich wieder einer neuen Betätigung widme. Doch ich möchte dir den Vetter meines Vaters vorstellen, der Sacerdos Publicus Manius Flavius Gracchus."
    Er deutet leicht gen seinen Vetter und wendet sich anschließend diesem zu, um den Senator ebenso vorzustellen.
    "Gracchus, dies ist mein ehemaliger Arbeitgeber, der Senator Spurius Purgitius Macer."

    Milo trank seinen mittlerweile doch etwas aufgewärmten Wein, war er doch besser als garnichts. Er nickte nachdenklich.
    "Anstatt über die Religion der Christen zu spekulieren, sollten wir uns lieber um unsere eigenen Götter kümmern. Allzu häufig muss man in der Acta Diurna von neuerlichen Versäumnissen lesen."
    Er verabschiedete sich mit einem freundlichen Nicken von dem Advocatus Imperialis. "Vale."
    Ein weiteren Schluck Wein später wandte er sich den beiden Verbliebenen zu.
    "Tatsächlich habe auch ich schon darüber nachgedacht, mich in den Dienst des Cultus Deorum zu begeben. " Er nickte Victor zu. "Doch ich fürchte, dass ein so intensiver und enger Dienst an den Göttern nicht das richtige für mich ist. Mir liegen eher die organisatorischen Tätigkeiten, wie ich sie in meiner Zeit als Scriba des Aedils auch ausüben konnte."

    "Danke" meinte Milo freundlich und folgte dem Sklaven hinein. Hermes gab er einen Wink ihm zu folgen, woraufhin dieser gehorsam hinterher lief. Neugierig sah Milo sich in den Räumlichkeiten um und wandte sich dann wieder an den Sklaven, der ihn hineingelassen hatte.
    "Die curia ist wirklich sehr schön. Wem gehört sie? Den Saliern selbst? Gibt es regelmäßige Sitzungen?"

    Milo suchte sich einen Platz, von dem aus er die Zeremonie besser beobachten konnte. Ein gewisses Interesse am Dienst der Priester konnte er nicht leugnen. Doch anders als bei seinem Vetter Gracchus reichte dies nicht aus, als dass er selbst in den Cultus Deorum einzutreten begehrte. Er fragte sich, ob er seinen Verwandten ebenfalls erblicken würde und sah sich die Gesichter der Priester aufmerksam an, soweit es ihm möglich war.

    Ein wenig verblüfft betrachtete Milo den Sklaven. Aus irgendeinem Grund hatte er damit gerechnent, gleich einem Salier persönlich gegenüberzutreten. Er schalt sich innerlich für diesen Gedanken und winkte Hermes wieder zu sich heran.
    "Salve, guter Mann. Mein Name ist Titus Flavius Milo und ich wurde in die Reihen der Salier berufen."
    Beiläufig nahm er das Schreiben wieder von Hermes entgegen und reichte es dem Sklaven. Sodann richtete er sich zu einer geraden Haltung auf, rückte eine Falte seiner Toga zurecht und blickte sein Gegenüber geduldig wartend an.

    In einer frisch gewaschenen, hellen Toga begab Milo sich zum angegebenen Termin in die nördlichen Regionen der ewigen Stadt. Hermes folgte ihm dichtauf und trug im Verborgenen noch einige Wachstafeln, sowie auch einen hoffentlich noch einigermaßen kühlen Schlauch Wasser mit sich. Endlich erreichten sie die curia der collinischen Salier. Zu seinem Leidwesen war die Hitze hier auf dem Quirinal dennoch nicht erträglicher und am Ziel angekommen musste er sich den Schweiß von der Stirn tupfen. Milo atmete noch einmal kurz durch und stärkte sich mit einem kleinen Schluck leicht gesäuerten Wassers. Dann ließ er sich von seinem Sklaven das Schreiben der Salier reichen, überflog es ein weiteres Mal und gab es dann mit einem Nicken zurück.
    "Hier sind wir richtig. Ich bin gespannt, was uns erwartet, Hermes."
    So wandte er sich dem Eingang zu und klopfte an.

    Zwar rang die grandiose Vorstellung des Diokles Milo eine gewisse Bewunderung ab, doch seine Favoriten waren nach wie vor die Lenker der roten Factio. Bestürzt verfolgte er das schlechte Abschneiden des Didiers und murmelte sogar einen kleinen Fluch. Es schien noch einiges an Aufholbedarf bei dessen Training zu geben. Trotzdem erhob er noch seine Stimme, applaudierte und feuerte den Lenker noch einmal an. Zumindest überrunden lassen sollte der sich gefälligst nicht.

    Nachdem er derzeit keiner Arbeit nachging, verfolgte natürlich auch Milo die Ludi Apollinaris genau. Das Opfer und das Lectisternium sollten da nicht fehlen. Die Prozession hatte einen langen Weg zurückzulegen. Von seiner Zeit beim vorherigen Aedilis Plebis her war glücklicherweise er noch gut darin geübt, große Strecken innerhalb Roms zu Fuß zurückzulegen. So machte es dem Patrizier wenig aus, in formvollendet angelegter Toga im breiten Strom mitzulaufen. Er empfand es zudem als angenehme Abwechslung zu dem sonst manchmal etwas tristen Alltag, wieder einmal so dicht auf Tuchfühlung mit dem einfachen Volk zu gehen. Das Gedränge konnte seine gute Laune nicht trüben und auch dem ein oder anderen Unbekannten nickte Milo zur Feier des Tages freundlich zu. Nur seinen Sklaven Hermes hatte er heute zu seiner Begleitung auserkoren. Zufrieden betrachtete er die reichgeschmückten Figuren der Götter. Seine Familie hatte schon immer dem Apollo nahe gestanden, so dass auch Milo dessen Feiertage besonders am Herzen lagen.

    Milo nickte nachdenklich. Der Aedil hatte Recht mit seiner Bemerkung zur verschwendeten Zeit. Dennoch fiel ihm die Entscheidung nicht leicht. Der Vorschlag bezüglich der Acta Diurna überraschte Milo und gefiel ihm sogar. Er konnte insgeheim nur positive Argumente dazu finden, sich aber trotzdem noch nicht so recht begeistern. Zwar lag ihm viel daran, zahlreiche Informationen zu sammeln und stets über die aktuelle Lage im Bilde zu sein, doch dies alles über das Schreiben von Artikeln auch der breiten Öffentlichkeit mitzuteilen behagte ihm weniger. Dennoch beschloss er, sich die Idee noch einmal durch den Kopf gehen zu lassen. Mit einem freundlichen Lächeln verabschiedete sich Milo von seinem nun ehemaligen Arbeitgeber, räumte nach dessen Abgang noch seinen Schreibtisch gründlich auf und begab sich dann seinerseits auf den endgültigen Heimweg.

    Milo hatte die teils hitzigen Gespräche gelassen und aus dem Hintergrund verfolgt. Er hatte ruhig von seinem Wein getrunken und die Gelegenheit genutzt, sich ein Bild von den so unterschiedlichen Männern zu machen. Vor allem das Wesen seines neu entdeckten Verwandten fand natürlich sein Interesse. Anzeichen von Zustimmung oder Ablehnung zu den einzelnen Argumentationen ließ er sich äußerlich nicht anmerken. Erst als das Gespräch wieder dem Ausgangsthema zuwandte, beschloss Milo sich wieder einzumischen.
    "Hatten wir das meiste nicht schon besprochen?" überlegte er und zog die Augenbrauen dabei leicht hoch.
    "Über welche Details wünscht du denn noch informiert zu werden?"
    Beiläufig ließ Milo sich von seinem Sklaven vom Wein nachschenken.

    Milo hatte nicht erwartet, dass der Aedil groß auf sein Lob reagieren würde und kam daher auch nicht noch einmal darauf zurück. Er ging davon aus, dass die Botschaft übergekommen war. Zu den weiteren Ausführungen nickte er.
    "Danke, dass du dich so für mich einsetzen willst."
    Als er diese Worte aussprach fiel ihm insgeheim auf, dass sein eigener Bruder da weniger Engagement zeigte. Doch letztendlich musste und wollte Milo ohnehin lieber auf eigenen Füßen stehen, so dass er Furianus dies nicht im geringsten ankreidete.
    "Der Kaiserhof wäre sicherlich eine reizvolle und neue Herausforderung. Letzlich habe ich großes Interesse daran, mich in unterschiedlichen Gebieten weiterzubilden und einzuarbeiten. Ich möchte Rom in seinen verschiedenen Facetten kennenlernen. Doch von dem, was mir bislang zu Ohren gekommen ist, werden am Hofe des Kaisers ausschließlich Bewerber angenommen, die bereits eine beachtliche Erfahrung in der Stadt-, Regio- oder gar Provinzverwaltung vorweisen können. Da dies bei mir jedoch nicht der Fall ist, rechne ich mir dort sehr wenig Chancen aus. Weil ich zudem nicht vorhabe Rom in absehbarer Zeit zu verlassen, werde ich diese Voraussetzungen auch wohl so schnell nicht erfüllen. Doch es ist ja nicht so, als stünde ich ohne eine Arbeit vor einem unlösbaren Problem. Ich bin schließlich Mitglied einer wohlhabenden Familie und kann eine kurze Zeit der Untätigkeit wohl auch problemlos ohne ein Einkommen überbrücken."
    Milo lächelte leicht. Dass es ihm dennoch unangenehm wäre, der Familie ganz und gar auf der Tasche zu liegen, war eine Tatsache, die er nicht noch zusätzlich erwähnen brauchte. Auf jeden Fall würde er sich weiterhin nach einer neuen Arbeit umsehen, auch wenn er nicht von der Notwendigkeit getrieben das Erstbeste zu nehmen gezwungen wäre.


    Die Schilderungen zu seinem Bruder verfolgte er mit dem notwendigen Ernst. Größtenteils schien sich der Eindruck Macers mit seinem eigenen zu decken, doch zusätzlich konnte er seine eigenen Einschätzungen noch um einiges ergänzen. Milo nickte langsam mit dem Kopf.
    "Danke, dass du mir deine Meinung so offen sagst. Es ist immer sehr hilfreich, die Dinge auch von einem neutralen Standpunkt aus geschildert zu bekommen. Ich denke, das wird mir etwas weiterhelfen. Nachdem seine Amtszeit damit nun auch beendet ist, werde ich dies hoffentlich noch durch einige persönliche Eindrücke ergänzen können."

    Milo musste etwas schmunzeln. Er hatte im Verlaufe der Amtszeit schon häufiger gemerkt, dass der Aedil mit sich selbst äußerst kritisch war und sehr hohe Anforderungen an seine eigenen Leistungen stellte. Selbst wenn eine Aufgabe vollumfänglich und sogar vorbildlich erledigt war, ging Macer darüber noch einmal streng mit sich ins Gericht. Sein Scriba teilte diese Bedenken im besprochenen Fall jedoch nicht und äußerte das auch.
    "Es tut mir leid, doch in Bezug auf deine Amtszeit kannst du dir keinerlei berechtigte Vorwürfe machen. Auch wenn du dich gerne noch mehr um die Mensa Ponderaria gekümmert hättest, hat sie schon so wirklich einwandfrei gearbeitet. Die Spiele waren gut organisiert und von hervorragender Qualität und Kreativität. Selbst die Kontrolle der Märkte ist stets reibungslos und zuverlässig abgelaufen. Ich kann leider keinerlei ernstzunehmende Mängel an deiner Amtsführung feststellen."
    Er lächelte entschuldigend und hob leicht die Schultern zum Zeichen, dass sich in dieser Hinsicht leider nichts ausrichten ließ.


    Dann wurde Milo wieder ernst. Er hatte schon länger überlegt, ob er Macer die folgende Frage stellen konnte und sich letztlich dafür entschieden. Das Thema beschäftigte ihn sehr und es gab nach Aristides Weggang leider wenige Menschen in Rom, mit denen er darüber sprechen konnte.
    "Doch wenn du erlaubst, möchte ich dir auch noch eine andere Frage zu deiner vergangenen Amtszeit stellen. Wie es das Schicksal unserer Kindheit wollte, ist mein Bruder Furianus getrennt von unserer Familie in Britannien aufgewachsen. Ich selbst lebte bei Verwandten und Freunden in Baiae. Bis vor kurzem wusste ich nichts von seiner Existenz, so dass ich ihn persönlich kaum kenne. Auch jetzt, während meiner Zeit in Rom, hatten wir leider nur wenig Gelegenheit für ausführlichere Gespräche. Seit dieser Erbangelegenheit sehe ich ihn noch dazu aus einer etwas distanzierten Position. Wie würdest du mir als Unbeteiligter, der jedoch einigermaßen eng mit ihm zusammengearbeitet hat, deinen Eindruck von ihm beschreiben?"


    Die weiteren Überlegungen ließen ihn kurz nachdenken, bis er schließlich auf die Frage des Aedils antwortete.
    "Über meine eigene Zukunft bin ich noch nicht zu einem festen Entschluss gekommen. Gerne würde ich weiter als dein Scriba arbeiten, doch ohne dass du Arbeit für mich hast wäre dies wohl nicht sonderlich sinnvoll und zum Nichtstun möchte ich dir natürlich nicht auf der Tasche liegen. Aber ich sehe dies nicht als Problem, da wir unseren Kontakt meiner Meinung nach auch ohne ein festes Arbeitsverhältnis gerne weiter fortsetzen können. Wirst du dich in der nächsten Zeit denn einer festen Tätigkeit widmen? In Bezug auf deinen Amtsnachfolger bin ich momentan noch einigermaßen skeptisch, da ich ihn nur von seiner Kandidatur auf der Rostra her kenne. Es fällt mir schwer, ihn einzuordnen und ich bin mir nicht sicher, ob ich an einer Zusammenarbeit interessiert wäre. Hast du vielleicht eine Empfehlung oder auch eine andere Idee für mich?"

    Milo blinzelte überrascht, als sich noch ein weiterer Unbekannter einmischte und sich sogar für die Reputation seines Bruders einsetzte. Er musterte den Fremden aufmerksam und erkannte ihn von vorhin wieder. Als jener seinen Namen nannte, wurde Milo endlich klar, warum dieser sich so für Furianus einsetzte. Er lächlte leicht ob der Ironie dieses Aufeinandertreffens und ergriff als Nächster wieder das Wort.
    "Selbstverständlich wollte ich mitnichten die Leistungen des Aedilis Curulis schmälern. Er hat ebenso eine äußerst produktive Amtszeit abgeliefert und seinen Posten mit Bravour erfüllt. Ich sprach nur vornehmlich den Aedilis Plebis an, da ich seine Arbeit als sein Scriba aus nächster Nähe erleben durfte und seine Leistungen mir daher in ihren konkreten Ausprägungen am geläufigsten sind."
    Dann wandte er er sich der formalen Vorstellung zu und deutete nacheinander auf seine Gesprächspartner.
    "Advocatus Imperialis Tiberius Durus, Septemvir Valerius Victor und mein Name ist Titus Flavius Milo. Du scheinst meinen Bruder Furianus zu kennen."
    Er lächelte leicht und beobachtete die Reaktion des anderen Flaviers.

    Milo nickte noch nachdenklich zu den Worten des Septemvirs, als sich plötzlich noch jemand einmischte. Es war durchaus Überraschung über diese Manieren in seiner Miene zu lesen, doch kommentierte er dieses Verhalten nicht, da es sich um einen Advocatus Imperialis handelte. Allmählich bekam Milo das Gefühl, dass sie schon seit geraumer Zeit irgendwie belauscht wurden. Zwar waren es keine Geheimnisse, die die beiden Männer ausgetauscht hatten, doch ein gewisses Unbehagen verursachte dieser Verdacht in ihm. Er versuchte jenes vorerst zu verdrängen und sich auf das Gespräch zu konzentrieren.
    "Diese Tendenz ist wohl nicht zu übersehen. Doch so ist das nun einmal in der Politik und mit den Wahlen. Das Volk wählt denjenigen, der sich auf der Rostra am Besten verkauft. Es bleibt uns stets nur zu hoffen, dass die Magistrate auch über ihren Auftritt auf der Rostra hinaus die nötigen Fähigkeiten für ihr Amt mit sich bringen. Allerdings bin ich stolz darauf, in der vergangenen Amtsperiode für einen solchen Mann gearbeitet zu haben. Der Aedilis Plebis Purgitius Macer leistete wahrhaft vorbildliche Arbeit, was ich aus eigener Beobachtung bezeugen kann. Es ist sehr beruhigend, dass es solche Männer noch immer gibt und sie sich noch immer im Rahmen dieser Ämter so einsetzen."

    Milo bemerkte die Irritation seines Gegenübers nicht, da er sich gerade vom Wein nachschenken ließ. An einem warmen Tag wie diesem quälte ihn der Durst gar sehr. Allmählich dachte er jedoch darüber nach, den ohnehin verdünnten Wein noch etwas mehr verwässern zu lassen, um nicht schon so früh am Tag die Kontrolle zu verlieren. Mit frisch gefülltem Becher beantwortete er so die Frage des Septemvirs.
    "Tut mir leid, da bin ich etwas überfragt. Persönlich hatte ich leider nicht die Zeit, der großen Zeremonie beizuwohnen. Man sah schon Aktivität auf den Straßen, doch der feierliche Umzug der tibicines ist mir wohl leider entgangen. Ich gehe natürlich davon aus, dass alles ordnungsgemäß abgelaufen ist. Alles andere wäre schließlich ein handfester Skandal und sicher längst in der Acta Diurna zu lesen gewesen."

    Milo konnte nur mit den Schultern zucken. Er wusste es nicht.
    "Vielleicht gibt es Advocati oder Banken, die sich um die Aufbewahrung kümmern. Doch inwiefern dies von Vorteil sein könnte, ist mir nicht bekannt. Vielleicht liegt es am raschen Wandel der Zeiten, dass die Menschen ihr Testament häufiger zu ändern wünschen und der Zugriff auf diese Weise einfacher und schneller vonstatten geht. Doch ich spekuliere nur..."
    Er winkte ab, da es wohl ohnehin die eigene Angelegenheit der Leute war, wo und wie sie ihre Dokumente aufbewahrten. Die Hauptsache war, dass die offenen Fälle damit nun beigelegt werden konnten. Auf die Frage des Aedils hin machte er zuerst ein nachdenkliches Gesicht, traf jedoch recht schnell eine Entscheidung.
    "Besonders auffällig waren während deiner Amtszeit wohl vor allem die Spiele. Als großes, gesellschaftliches Spektakel waren sie wohl am ehesten dazu geeignet, die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit auf sich zu ziehen. Ich bin der Meinung, dass dir deren Ausrichtung sehr gut gelungen ist und mit Stolz auf dieses Kapitel zurückblicken lässt. Als Scriba hatte ich natürlich darüber hinaus noch weitere Einblicke, die der Aufmerksamkeit der breiten Masse hingegen wahrscheinlich eher entgangen sind. Da fiel mir zum Beispiel die Mensa ponderaria auf, welche besonders reibungslos arbeitete. Nachdem sie von deinen Amtsvorgängern scheinbar ein wenig vernachlässigt worden war, konnten die Bestände an Maßen und Gewichten wieder vorbildlich komplettiert werden."