Eigentlich hatte Marcus es von Anfang an geahnt, daß es mit dem Sklaven nicht wirklich einfach werden würde; er war in Freiheit geboren - schon einmal ein Punkt, der große Schwierigkeiten mit sich brachte - dann auch noch ein Mann, der unbändig stolz war und sich einbildete, kein wirklicher Sklave zu sein. Nun ja, vielleicht würde sich das nach den nächsten Tagen ändern und womöglich würde er endlich beginnen, sich in sein Schicksal zu fügen, denn gerade nach dieser Flucht hatte Marcus nicht die geringste Absicht, Gnade vor Recht ergehen zu lassen. Er musterte den Parther abfällig und schnaubte leise, er würde schon dafür sorgen, daß der Parther nicht vergaß, noch am Leben zu sein und daß jenes Leben zumindest in der nächsten Zeit sehr unangenehm wurde; er hatte sich an seiner Familie vergriffen und das war etwas, was Marcus weder vergaß, geschweige denn verzeihen würde - wer die Familie anrührte, der hatte es mit Marcus verscherzt. Auch die noble Ader, die der Parther im Angesicht eines möglichen Todes dennoch zeigte, rührte Marcus gar nicht. Im Grunde vermochte heute nichts sein von Eis zugefrorenes Herz zu erreichen, jegliche Jovalität war entschwunden und in ihm rumorte nur der grausame und rachsüchtige Anteil der flavischen Familie, der früher die Römer hatte erzittern lassen, als die Flavier noch die Macht des Kaisertums besaßen.
„Egal, ob es Deine Idee war oder nicht, sowohl Chimoron, oder wie er auch heißt, und Hannibal wißen durchaus für sich selber zu entscheiden und dafür müßen beide ihre Konsequenzen tragen. Und Du die Deinigen!“
Dann sah er wieder zu dem anderen Sklaven, seinem früheren Leibsklaven, deßen Eskapaden er bisher sogar immer mit verdeckt hatte, die Morde, der Wahn, der in dem flavischen Sklaven steckte und der ihm von seinem Vater vererbt wurde. Aber der Sklave war schon lange zu weit gegangen und mußte eben mit den Konsequenzen leben, bzw. sterben.
„So ist es!“
, bestätigte Marcus kalt.
„Und Du, Cassim, darfst dabei zu schaun und sehen, was Dir das nächste Mal blühen wird. Deine Strafe erhältst Du danach.“
Beiträge von Marcus Flavius Aristides
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Marcus selber verspürte nicht das geringste Bedürfnis hier das Amt des magister zu übernehmen, einerseits fühlte er sich dazu nicht in der Lage und andererseits auch nicht wirklich komfortabel bei dem Gedanken, er hatte genug andere Dinge zu tun in nächster Zeit, selbst wenn er seinen Pflichten als Salier weiterhin nachkommen wollte, was selbstverständlich war, aber eben nicht mit jener Bürde. Er betrachtete seinen Vetter, der doch immerfort jede Bürde auf sich genommen hatte, ohne zu Murren und zu Klagen, und dem das in letzter Zeit zu oft quittiert wurde, ehedem er auch die jüngeren Mitglieder ansah, die frisch in ihre Reihen gekommen waren, aber schon respektable Männer beide waren.
"Nun, in den letzten Amtszeiten haben die Flavier, meine beiden Vettern, diese Aufgabe übernommen. Vielleicht wäre es angebracht, wenn eine andere Patrizierfamilie nun auch zum Zuge kommt. Wie stände es denn um einen von Euch beiden Aureliern, Dir, Avianus, oder vielleicht Dir, Ursus, wäre einer von Euch bereit, das Amt zu übernehmen?" -
Ein marginal bitterer Zug schlich sich in Marcus Gesicht, ja, sie hatten den Kaiser zurück gebracht, aber in einer Urne und als Asche, nicht lebendig, damit er weiter hier herrschen konnte – jetzt war sein Adoptivsohn der Kaiser und seine Hand bei weitem nicht so stark wie die seines Vaters, doch wohin sie das noch führen würde, würden sie erst später erleben, hoffentlich nicht in derartige Bügerkriege wie vor einigen Jahrzehnten. Marcus nickte knapp als Antwort.
„Ja, bittere Tage für uns alle, doch die Götter werden schon gewußt haben, warum sie es so voll führten und warum die Parzen unser Schicksal so spinnen sollten.“
Ein leises Brummen als Bestätigung.
„Solche Spinner werden wohl nie aussterben. Nun ja, da es meist arme Wichte sind, droht von ihnen auch keine große Gefahr.“
Gleich darauf zeigte sich ein breites Lächeln bei Marcus.
„Man sagt ja schon der cloaca maxima viel nach, wer weiß, was sich bei den Prätorianern alles findet? Aber nein, die Cloacen überlasse ich doch lieber meinem Aedilskollegen, der sich damit herum schlagen darf. Ich denke, es reicht auch, was ich hier gesehen habe. Ich danke Dir, optio*, daß Du mir die Zellen gezeigt hast.“
, meinte Marcus ehe er ihm wieder in Richtung des Tores folgte. Dort nickte er ihm noch mal freundlich zu.
„Dann viel Erfolg bei den Prätorianern und Deinem weiterem Lebensweg, optio Quntilius, und vale bene!“
Erst dann wandte sich Marcus ab, um die castra zu verlaßen, in der er auch einige Zeit als centurio gedient hatte.*SimOff: Zu der Spielzeit war das noch der Fall
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Er konnte sich des Eindrucks nicht erwehren, daß einige sehr neugierige Augenpaare aus der villa ihnen an jenem Abend zusahen, aber welch Wunder, war doch die Flucht unter den Sklaven wohl das wichtigste Gesprächsthema in diesen Tagen; manche, die solidarisch mit den Flüchtenden waren und viele, die hämisch redeten, insbesondere nachdem die Sklaven wieder gefasst wurden. Marcus Augen streiften kurz die Mauern des Anwesens und sein grimmiger Ausdruck wich keinen einzigen Herzschlag lang. Schließlich betrachtete er wieder den Parther. Ein abfälliges Schnauben entwich seiner eigenen Kehle als er die Worte des Sklaven vernahm. Bei dem Mann hatte er durchaus mit so etwas gerechnet, Marcus würde sich jedoch hüten, diesem noch einen Gefallen zu tun. Bei jedem anderen Sklaven hätte er wohl hinter den Worten eine Täuschung erwogen, damit der Sklave Marcus zu genau der anderen Handlung trieb, aber bei Cassim? Nein.
„Nein, so einfach mache ich es Dir nicht, servus! Aber anscheinend hast Du meine Frage nicht verstanden...als wir uns das erste Mal begegneten, sagte ich Dir klar, was Dich bei einem Fluchtversuch erwartet. Und ich verspreche Dir eines, Cassim, Du wirst es wirklich bitter bereuen, jemals diesen Versuch gewagt zu haben und ich werde dafür sorgen, daß Du nicht noch einmal an so etwas törichtes denken wirst.“
Hart war immer noch der Zug um Marcus' Mund und das würde auch in den nächsten Tagen sicherlich so bleiben.
„Die Peitsche, das Brandeisen und jeder Schmerz, den Du in den nächsten Tagen erleiden wirst, der wird noch harmlos sein, was in den nächsten Jahren auf Dich zu kommt. Du kannst Dir sicher sein, daß jeder Schritt, den Du gehst, mit Argus' Augen betrachtet wird. Du wirst die demütigsten und niedrigsten Arbeiten im Haus verrichten, jeder Sklave und wirklich jeder Deiner Mitsklaven wird über Dir stehen. Und ich werde schon dafür sorgen, daß Du keinen einzigen Freund unter ihnen hast. Wer Dich wie Dreck behandelt, der wird es gut haben, jeder, der Dir hilft oder freundlich zu Dir ist, der wird genauso wie Du leiden müssen.“
Marcus würde schon dafür sorgen, daß es für den Parther der Tartaros auf Erden werden würde.
„Du wirst es jeden Tag bereuen, daß Du es gewagt hast, Hand an meine Familie zu legen. Wärest Du nur einfach geflohen, dann wäre es bei weitem nicht so schlimm. Aber so, nein, so wirst Du nicht einfach mit dem Tod davon kommen, Sklave. So nicht! Und Du wirst Dich noch nach Hannibals Schicksal sehnen, sei gewiss.“
Marcus sah zu Hannibal und preßte die Lippen fester aufeinander. Gerade von Hannibal hätte er mehr erwartet, in jeder Hinsicht. Aber für Sklaven aus der flavischen Zuchtlinie galten nun mal noch härtere Bedinungen.
„Du weißt, was Deine Strafe ist, Hannibal? Du weißt, was einen Sklaven aus Deiner Linie nach so etwas erwartet?“
, fragte er darum kalt. -
Schweigend hörte sich Marcus an, was Catubodus ihm zu berichten hatte, es war ein recht ausführlicher und doch auch sparsamer Bericht, der alles wesentliche auf den Punkt brachte. Dann waren die Informationen, die sie über die Sklavin seines Sohnes mitbekommen hatten, also richtig gewesen. Wäre dem nicht so gewesen, womöglich hätte die Flucht von den Sklaven sogar gelingen können, denn schlecht war sie nicht geplant, nur hatten sie den falschen Personen getraut, beziehungsweise sich auch den falschen Balast mitgenommen, eventual hätte Marcus nur einige Vigilen hinter den Sklaven her geschickt und nicht einen privaten Sklavenjäger, der sicherlich eifriger war, stand doch seine Belohnung auf dem Spiel, wenn ihm es nicht gelang jene Sklaven zu fangen. Dennoch, seine linke Augenbraue wölbte sich überrascht in die Höhe als er das über Dido erfuhr, er richtete seinen Blick auf das Mädchen, das einige Schritte weiter hinten zwischen den überlebenden custodes stand. Sie war nicht viel jünger als sein Sohn und schon so abgebrüht, ihren eigenen Vater ans Messer zu liefern? Das Mädchen, das ihnen zwar große Hilfe erbracht hatte, wurde Marcus mit einem Schlag unsympathisch und er beschloß, ein Blick auf diese verräterische Natter zu behalten in nächster Zeit.
Er sah wieder zu dem Sklavenjäger und nickte.
„Sehr gut, ich bin sehr zufrieden mit Deiner Arbeit, Catubodus. Du hast die Sklaven zurück gebracht und auch mein Eheweib sicher nach Rom bringen laßen. Die versprochene Belohnung ist Dir also sicher.“
Marcus winkte einen Sklaven heran und schickte ihn los, damit dieser sich um die Belohnung kümmerte, während sich Marcus an die flavischen Sklaven wandte, die schon die Geflohenen rein führte.
„Bringt Hannibal und Cassim in einen der Kellerlöcher und schließt sie dort ein, ich will sie erstmal nicht mehr sehen.“
Was Celerina mit ihrem Sklaven machen wollte, überließ er freilich ihr. Während die Sklaven die beiden Sklavenmänner in Richtung des Kellers zerrten, wandte sich Marcus zu Dido und musterte sie kalt und abfällig.
„Du kannst zu Deinem Herrn zurück kehren, aber wir sprechen uns noch!“
Sie hatte noch mal Glück, aber er würde dem Mädchen deutlich machen, wie wenig er von ihr hielt. Schon kam auch der Sklave zurück, mit einer schweren Kiste, die er in beiden Händen trug.
„Deine Belohung, wenn Du willst, kannst Du natürlich nachzählen.“
Marcus machte eine Handgestik und der Sklave überreichte die schwere Kiste an Catubodus. -
Oh ja, welcher Soldat war nicht froh gewesen, daß er nicht die Stelle der Prätorianer eingenommen hatte. Doch Marcus wußte nicht, was mit den Männern der damaligen Leibwache geschehen war. Wurden sie unehrenhaft entlaßen? Verschwanden sie in schwarzen Kellerlöchern oder taten sie heute immer noch ihren Dienst, selbst wenn immer der Makel auf ihrer Akte lasten würde? Oder vielleicht gab es gar keinen solchen? Und womöglich der neue Kaiser nicht ganz unfroh, doch noch seine Chance zum Regieren zu erhalten, ehe auch er, weit früher als sein Adoptivvater, vom Gott des Todes geholt wurde? Das waren alles kurze Gedankenfetzen, die Marcus durch den Kopf schoßen, ehe er langsam nickte auf die Worte des Quintiliers.
„Ja, ich wollte nicht mit den Männern damals tauschen...“
Allerdings hätte er durchaus mit einigen anderen Männern tauschen wollen, nämlich denen, die nicht in Parthien waren.
„...aber auch nicht mit der zehnten Legion an diesem Tag, wenige von ihnen haben den Angriff überlebt und sind mit ihrem Kaiser gestorben.“
Marcus schüttelte noch mal den Kopf, um eigentlich jene düsteren Erinnerungen zu vertreiben und starrte auf den Mann vor sich. Seine Mundwinkel hoben sich ganz langsam an und seine Schultern zuckten marginal. Alle Reiche enteignen? Und was dann? Das Vermögen etwa unter die Armen verteilen? Dann wären die Sesterzen im Nu davon geschmolzen und Rom eine arme Provinz wie Dakien. Er schüttelte abfällig den Kopf.
„Menschen und ihre verrückten Ideen. Als ob man in so einer Welt leben könnte.“
Marcus war zwar nicht reich, nicht wie manch einer in Rom, aber eben auch nicht unvermögend, wahrscheinlich fehlte ihm deswegen jegliches Talent sich in die Welt der ärmeren Bevölkerung zu denken. Marcus sah sich in den Zellentrakten um und hatte keine Ahnung, was noch zu Betrachten war. Geheime Räume, wo politische Insassen verhört wurden. Archive, wo die Listen derjenige waren, die bald in die Dunkelheit verschleppt wurden und nie wieder zu ihren Familien zurück kehrten? Solche Dinge hätte Marcus sicherlich interessiert, aber er war sich sicher, daß selbst jener freundliche Prätorianeroffizier die Tür zu den Geheimnissen nicht einen winzigen Spalt öffnen würde und sich darüber aus schwieg, also versuchte der Patrizier es erst gar nicht.
„Wenn wir hier unten alles wichtige gesehen habe, wohl eher nicht.“ -
Ein halber Tag war noch verstrichen, nachdem der Sklavenjäger mit den custodes und den entflohenen Sklaven zurück gekehrt waren, Marcus hatte die Sklaven in das dreckigste carcerloch werfen laßen, daß sich überhaupt fand; ohne Wasser und ohne etwas zu Essen. Stunden um Stunden hatte er sich in seine Räumlichkeiten zurück gezogen und über alles nach gegrübelt, war in immer finstere und für ihn sehr untypische Gedanken verfallen, hatte sogar einige Becher Wein zu viel zu sich genommen, doch als die Sonne sich gen Horizont näherte, die Schattenwelt immer näher rückte und die mit jedem Moment der vertreichenden horae länger wurden, veranlaßte er, daß die Sklaven aus dem Kellerraum heraus gezerrt wurden. Mit den Händen immer noch hinter dem Rücken gefesselt wurden sie grob von Sklaven nach draußen getrieben und in die Richtung, wo der Garten in dem Hinterhof überging und wo man als Flavier nicht flannierte, sondern schon die Regsamkeit der villa zu spüren war. Erst einige Momente, nachdem die Sklaven dort ankamen, verließ auch Marcus das Haus, um mit verschloßener Miene, hinter dem Rücken verschränkten Armen und festem Schritt sich den beiden Männern zu nähern. Seine Augen streiften sie mit einem verächtlichen und abfälligen Blick, ehe er kurz in Richtung des Himmels sah. Karmesinrot hatte sich der Horizont verfärbt und versprach einen warmen und sehr sonnigen Tag folgend. Einige dunkle Vogelsilhouetten strichen über den Himmel und verschwanden hinter den Wipfeln von schwarzen Baumkronen. Marcus wollte sich nicht die Ausreden der Sklaven anhören, hatte keinen Sinn für ihre Ausflüchte oder Entschuldigungen, die sie anbringen könnten. Früher hatte sich seine Mutter um solche Dinge gekümmert, und ihre Strafen waren drakonisch gewesen; er wünschte sich, es wäre immer noch so, aber heute mußte er darum Sorge tragen.
Langsam richtete er seine Augen auf die wieder eingefangenen Flüchtlinge und er bemerkte durchaus, daß sie sehr geschafft aussahen und sie mit einigen Blessuren wieder kamen, besonders Hannibal, der ganz eingefallene Wangen hatte und auch sonst schon mit halben Schritt sich dem Hades näherte. Dennoch kam in dem Augenblick wirklich bei Marcus kein Mitleid auf, im Gegenteil, sie hatten seine Frau entführt, ihm höhnisch mit der Flucht ins Gesicht gelacht und dann noch den Sklaven von seiner Verwandten mit hinein gezogen. Mehrere Tausend Sesterzen hatte es ihn gekostet, diese Sklaven und insbesondere seine Ehefrau wieder zurück zu bekommen, wobei man bei Letzteren wohl kaum von 'zurück' sprechen konnte, da sie sich aus Rom entfernt hatte und andeutete, für eine lange Weile nicht zurück zu kommen. Wer konnte es ihm da verdenken, daß er einfach stinkwütend auf die Sklaven war? Hannibal ignorierte Marcus jedoch vorerst noch und fixierte den parthischen Sklaven, ahnend, daß er der Quell der Rebellion war, obwohl er es auch Hannibal zu traute.
„Du erinnerst Dich sicherlich noch an unser erstes Gespräch, nachdem Du in die villa Flavia gekommen bist. Was habe ich Dir gesagt, wenn Du fliehen solltest?“ -
Das kommt ganz auf das Forum an, die meisten RPG Foren, die ich kenne, haben es über Monate oder länger drin
Aber ja, es ist schade, daß die Leute nicht vermerken, ob es noch offen ist - schlichte Faulheit. -
Natürlich gehörte weit mehr dazu, als nur eine bulla zu tragen, um ein richtiger römischer Bürger zu werden, aber da würden sich die Flavier sicherlich auch nicht lumpen lassen, damit dem Jungen auch eine paßende Bildung zu kommen würde und er nicht als ungebildeter Plebejer in der subura enden würde, also nicht, wenn es nach Marcus ging, selbst wenn der Vater des Jungen eine schmähliche Ignoranz seinem Sproß gegenüber zeigte. Marcus lächelte erfreut, als er das von Bridhe hörte, natürlich freute er sich, daß sie die Traditionen respektierte und nicht aus dem Grund, daß sie als Sklavin verschleppt wurde, den Römern grollte und nicht wollte, daß ihr Sohn auch einer wurde. Darum winkte er freundlich ab.
„Du mußt mir nicht danken! Das ist der Sohn von Caius und somit mein Neffe, es ist meine Pflicht, daß er als Mitglied unserer Familie auch die Chancen erhählt, die ihm gebühren. Deswegen brauchst Du Dich auch nie scheuen, wenn Du etwas brauchst, es mir zu sagen. Ja?“
Es war ein reged und munteres Treiben auf dem forum, dem Herzen des Imperium, das gleich zu Füßen des Kaiserpalastes lag, und Marcus mochte es eigentlich immer auf dem Platz zu sein, aber heute störte ihn die Hitze, die sich unter seiner toga noch verdoppelte. Er litt ganz schrecklich sogar und seine Hautfarbe war schon deutlich röter als es gesund für ihn war.
„Ich würde sagen, zur Feier des Tages könnten wir irgendwo einkehren und die berühmten Lucius Lucullus' Mahle versuchen zu übertreffen. Was hälst Du davon?“ -
Oh ja, Marcus konnte es sich gut vorstellen, wie einige Querköpfe in der Menge von selbiger gelyncht wurden. Der alte Kaiser war sehr beliebt gewesen und das Volk hatte ihn doch schon zu Lebzeiten wie einen Gott angebetet, und es war der Wille des Kaisers gewesen, daß sein Adoptivsohn sein Nachfolger wurde. Selbst wenn dieser eher ein schwacher und selten anwesender Regent war, wie man hin und wieder hörte, und zu der Meinung selbst Marcus mittlerweile gekommen war. Aber dennoch, er war der Kaiser, und Marcus in dieser Hinsicht wohl doch zu simpel gestrickt, um deswegen zu glauben, daß der Kaiser nicht mehr Kaiser sein sollte, nur weil er ständig mit dem Tod kämpfte. Der frühere Kaiser wird sich schließlich dabei etwas gedacht haben und solange der Frieden gesichert war, war es für Marcus gut. So einfach war es für den Patrizier.
„Das ist gut, schließlich war es schon ein Schock genug für uns, den Tod des Kaisers hin nehmen zu müssen. Tragisch das Ganze damals.“
Daß ausgerechnet die Pfeile den Kaiser zu treffen vermochten, damit hatte Marcus niemals gerechnet, hatte an dem Tag davon jedoch nichts mitbekommen, beziehungsweise in der Schlacht, als sie vorne kämpften und mit Mühe und Not versuchten, eine ganze Legion vor dem sicheren Tod zu retten und sich durch eine Pechfeuerwand zu kämpfen. Marcus blinzelte, als der rote Schein in seinem inneren Auge vorbei blitzte und versuchte noch im Keim die Erinnerungen zu ersticken, von denen er immer noch träumte, besonders die Todesschreie hunderter Männer direkt neben ihnen und doch waren sie verdammt, dem Gemetzel nur zu sehen.Darum war es ihm natürlich nicht unrecht, daß der Mann, dieser gefangene Querulant, seine Aufmerksamkeit auf ihn lenkte. Und oha, ungewöhnliche Ideen? Sofort wurde Marcus' Neugier geweckt. Er hatte immer mit Freude den Idioten und Irren auf dem forum romanum gelauscht, dabei wie im Theater etwas zu sich nehmend und sich deutlich prächtiger amüsierend, als während der gehobenen Vorstellung einer Komödie. Frag ich? Nein...oder doch? Marcus wippte einige Atemzüge auf seinen Zehenballen auf und ab, dann hielt er es nicht aus.
„Ungewöhnliche Ideen? Tatsächlich...was...ähm...meint er denn?“ -
Verwaltung? Ein Wort, das Marcus sofort dazu brachte, abzuschalten. Primidingsbumswas? Was war das nur? Marcus hatte keine Ahnung, er hatte sich noch nie um diese ganzen Schreiberdinge gekümmert, weil es ihn schlicht langweilte. Und er sich nie vorstellen konnte, in so eine Struktur einzutauchen. Irgendwann in seiner Kindheit war er von einem griechischen Lehrer damit belästigt worden, genauso wie mit den Ämtern in den Provinzen, etc. etc. Aber auch da waren seine Gedanken auf Wanderschaft gegangen, während sein Leibsklave Hannibal alles mit aufschreiben musste. Er träumte in den Lektionen lieber von seinem kleinen Boot, das er mit einer Hand steuern und mit der anderen Hand segeln konnte und kaum größer als eine Nussschale war. Natürlich hatte Marcus deswegen reichlich wenig vom Unterricht mitgenommen und konnte jetzt nicht sagen, ob Piso einen großen Sprung auf der Karriereleiter gemacht hatte. Aber da der jüngere Mann deutlich mit Stolz im Tonfall sprach, schien also doch damit etwas erreicht zu sein – zumindest für Piso.
„Na, dann, meinen Glückwunsch dazu, Aulus. Nur verroste mir nicht hinter den Schreibtischen des Kaisers. Die Gefahr, ein grummelnder, miesepetriger alter Knilch zu werden ist an der Stelle doch sehr groß. Und die Senatoren sind ja auch nicht wirklich besser...“
Marcus nickte bedeutungsvoll, ganz als ob er ja absolut die Ahnung davon hätte. Hatte er natürlich nicht, denn er kannte wenig Leute aus dieser Ecke: der Verwaltung des Kaisers. Aber er stellte es sich so vor, zumal es als Römer nicht ausblieb, sich in seinem Leben mit der harten Bürokratie des Imperiums auseinander setzen zu müssen, so unterschiedlich konnten die Subjekte dort ja nicht sein.
Fast hätte Marcus lachen müssten, als er die Begeisterung bei Piso sah. Aber immerhin schmolz somit der letzte, womöglich grimmige Ausdruck weg, der jedoch mehr den Ereignisse der letzten Tage und nicht der Anwesenheit von seinem Vetter zu zu schreiben war. Ein marginales Schmunzeln war stattdessen bei ihm zu sehen.
„Meine Finger werden zwar etwas eingerostet sein und klobig, aber mit ein wenig Freude an der Sache wird das schon wieder. Hm, ist die cena nicht gleich?“
Draußen war das Rumoren schon deutlich zu hören; Marcus legte den Kopf etwas zur Seite als er lauschte und nickte, sich selbst bestätigend.
„Lass uns doch erst Essen gehen und womöglich kommen wir ja nach der cena zu der erbaulichen Musikhora.“ -
Oha, etwas zu spät, aber besser als nie
Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag, Ursus.
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In einer äußerst schlechten Laune traf der Sklave Marcus Flavius Aristides an, der zwar schon gestern von der Befreiung seiner Ehefrau erfahren hatte, jedoch im gleichen Atemzug mitgeteilt bekam, dass Epicharis nicht nach Rom zurück kehren würde, sondern zu ihrer Verwandtschaft reiste. Hispania oder irgendwo in Griechenland? Marcus konnte das von dem Sklaven nicht erfahren. Somit war schon mal seine Laune, die sowieso in der letzten beiden Wochen den Tiefstand seit langer Zeit erreicht hatte, noch weiter nach unten gewandert und die Sklaven um ihn herum traten auf ihren Zehenspitzen an seiner Tür vorbei, denn in den Tagen galt Aristides sicherlich nicht als leutselig, wie einst, sondern als reizbar und jähzornig, der bei jeder Kleinigkeit schon an die Decke gehen konnte. Mit dementsprechendem Ingrimm marschierte Marcus den Gang in Richtung des Herzens der villa, das atrium. Die Arme hatte er hinter seinem Rücken verschränkt und drehte immer wieder mit gerunzelter Stirn und einem harten Zug um dem Mund an dem goldenen Siegelring, den er in diesen Tagen - ob der Geschäftlichkeiten - immer trug. Seine Schuhe klackten laut auf als der über den steinernen Boden trat und schließlich in der Mitte, neben dem impluvium, stehen blieb. Seine Augen fuhren über die versammelte Mannschaft hinweg, die doch reichlich rampuniert, aber noch recht lebendig aussahen. Bewußt vermied er es im Moment, allzu lange mit dem Blick auf den geflohenen Sklaven zu verweilen und sah lieber zu dem Sklavenjäger.
„Salve, wie ich sehe, warst Du erfolgreich. Vielleicht kannst Du mir berichten, was vorgefallen ist?“ -
Appius drehte den Griff des stylus zwischen seinen Fingern hin und her und überlegte, angestrengt, grübelnd und jegliche Manöver durch gehend, mit denen er den Flaviern, die er plötzlich und in einem spontanen Entschluß allesamt auf seine Antipathieliste setzte, doch noch eines auswischen konnte oder seine Beamtenmacht dazu nutzen, um ihnen zu zeigen, daß sie doch nicht so mächtig waren, wie sie es früher doch so getan haben – die Tatsache, daß damals die Flavier auch einen Kaiser gestellt hatten und heutzutage schon lange nicht mehr auf diesem Zenit waren, sondern eher der Winterdämmerung entgegen strebten, selbst wenn immer wieder junger und enthusiastischer Nachwuchs das zu verhindern versuchte, mal mit mehr, mal mit weniger Erfolg, das schob Appius beiseite. Fast hätte er auch einen Strick finden können, als die junge Mutter sagte, daß die Anerkennung vor der Geburt statt fand, aber sie fügte noch an, daß es danach genauso paßierte. Das kurze triumphale Zucken um seine Mundwinkel verwandelte sich wieder in die verkniffene Linie, die mitten durch sein blaßes Frettchengesicht zog.
„Also gut...“
, grummelte er und bohrte den Griffel besonders tief in die Wachsschicht hinein und hinterließ dort mit seiner kleinen, sehr akkuraten Schrift all jene Informationen, die ihm die junge Mutter gegeben hatte. Anschließend zog er lange Rollen aus gutem Leder gefertigt heraus, gutes Pergament, um schweigend, eisig schweigend, die Daten zu übertragen, damit sie später den großen Rollen mit den Bürgerlisten angefügt werden konnten. Nachdem er alles getan hatte, drehte er das Pergament herum.
„Hier bitte unterschreiben, der Bürge soll hier unterschreiben, da ja der Vater scheinbar unabkömmlich zu sein scheint.“
Unabkömmlich betonte Appius mit einem deutlichen, doch für ihn untypischen ironischen Tonfall. Marcus bedachte ihn dafür mit einem marginalem Zucken seiner Augenbraue, ehe er nach vorne trat und an der gedeuteten Stelle seinen Namen setzte. Die einzigen Wörter, bei denen er nicht Rechtschreibfehler hinein brachte, jedes andere Wort ihrer Sprache war vor seiner Schwäche diesbezüglich nicht gefeit und seine Konfabulationen der Orthographie endlos.
„Das wars!“
, schloß Appius an, und streute Sand über das Pergament, damit die Schrift ja nicht verwischte. Er senkte seinen Kopf und schien die Drei nicht mehr beachten zu wollen. Marcus berührte Bridhe sanft am Ellbogen und deutete mit dem Kinn auf den Ausgang, deren Tür er auch vor ihr öffnete, damit sie mit dem Kind hinaus treten konnte. Erst draußen und vor der großen Eingangshalle, in der mild scheinenden Sonne und am Herzen des Imperium, dem großen Forum, blieb er stehen und wandte sich mit einem gutmütig-freundlichem Lächeln der ehemaligen Sklavin zu.
„Nun, da klein Caius ein Bürger ist, wenn auch noch ein Kind, gibt es etwas, was er unbedingt braucht und was ihm sein Vater schon längst hätte geben sollen.“
Marcus zog etwas aus den Falten seiner toga hervor und hielt diesen kleinen, sehr römischen Gegenstand aus gutem und sehr fein gearbeitetem Leder über die Brust des Kindes – eine bulla, die der Junge bis zu seinem Mannwerden tragen sollte und musste, wenn er einer der römischen Bürger und Jungen sein wollte.
„Willkommen in der Familie, Caius Flavianus Aquilius!“ -
Vere!
Und zu Neudeutsch, ja, es ist richtig so
Rein mit Dir, Onkelchen, und willkommen in der Familie. -
@Catu: Gute Besserung
Da ich dezent gefragt wurde, ob ich wieder an- oder noch abwesend bin...ich bin es beides nicht ganz. Ich hab ja schon wieder ein paar Beiträge geschafft, aber die Sporadität wird noch etwas länger anhalten, wobei schon mal mein Vetter andere Überlegungen ausgeräumt hat.
Nehmt es mir nicht übel, wenn ich mal Tage nicht im IR bin oder da bin, aber keine Postings schreibe, vergessen tue ich niemanden, bestimmt. -
Die Sonne geht auf, der Himmel der Literatur und der schönen Beiträge verliert die triste graue Farbe.
Welcome back, Vetter. -
[Blockierte Grafik: http://img366.imageshack.us/img366/8029/appius2vq9.jpg] | Appius Carteius Cirenthius
Womöglich sah man es erst auf den zweiten Blick, aber in dem Raum, in dem Appius arbeitete, gab es nichts überflüssiges, kein Möbelstück zu viel, was nicht einem arbeitstechnischen Zweck diente, kein unnötiges Grünzeug, keine Vasen, kein Zierzeug, es war schlicht, spartanisch, richtig gehend streng soldatisch, eben von der Büste des Kaisers abgesehen, die er jeden Morgen und jeden Abend liebvoll und ergeben mit feinem Olivenöl polierte, so daß der Stein den ganzen Tag sanft schimmerte. Und wenn sich ein Staubkorn unverschämterweise auf das Haupt des Kaisers verirrte, wurde dieser Deliquent sofort von Appius lequidiert. Aber es war Appius ganz eindeutig anzusehen, daß er Bridhe und natürlich ganz besonders Aristides für ein überflüssiges Interieur des Raumes betrachtete, was ein Wischmob am Besten sofort weg gefeudelt hätte. Doch bis auf das ständige Zucken seiner linken Backenmuskeln, der eisige Blick seiner fahl blauen Augen, verzog er kaum eine Miene, es war mehr die ganze Abneigung, die durch seine steife und besenverschluckende Haltung heraus schrie, was er eindeutig dachte. Seine Augen verirrten sich nun auf das Bündel mit dem Kind, das die junge Frau in ihren Armen hielt.
„Flavius Aquilius? Der ehemalige Quaestor und Priester?“
Natürlich las Appius die acta und natürlich war er deswegen immer gut informiert über das Who is Who von Rom und ganz besonders den Schmarotzern, die mit ihren Ämtern Macht erreichen wollte, die alleine dem Kaiser gebührte- so natürlich Appius bescheidene und für ihn allein zählende Meinung. Daß sich der Flavier wieder zu rühren schien und seine ahnungslose und von ungebildeter Dummheit - laut Appius' Meinung - geprägter Klappe aufmachen mußte, behagte Appius ganz und gar nicht, kalt sah er zu Aristides als jener meinte:
„Er ist der Sohn von Flavius Aquilius, das kann ich bezeugen.“
Mißtrauisch beäugte Appius Aristides und setzte schneidender Stimme nach.
„Bist Du bereit, es vor den Göttern zu schwören? “
- „Ja, das bin ich. Bei Iuppiter und Mars, dem Vater der Römer, bezeuge ich, daß dieser Junge der frei geborene und anerkannte Sohn von Flavius Aquilius ist und ihm das Recht als Bürger des Imperiums zu steht.“Ob es ihm zustand, das hatte Appius zu entscheiden, so fand es zumindest Appius selber, der von Aristides zu Bridhe wieder seinen Kopf richtete.
„Wie alt ist der Junge, sprich, wann genau wurde er geboren, wo erblickte er das Licht der Welt, und wann hat der Vater ihn anerkannt?“ -
Scheinbar war die Kunde, daß an jenem Abend wieder die Familie zusammen essen würde und das mit einem Rückkehrer und dem Sohn seines Bruders, wohl noch mehr flavische Ohren erreicht, was Marcus nicht wunderte, die Sklaven waren in diesem Hause doch schnell damit, es herum zu erzählen und manche eben so klug, es auch den Familienmitgliedern mitzuteilen. Eigentlich hatte Marcus das Abendessen sonst, wie in den letzten Tagen, alleine eingenommen, war ihm doch in jenen Zeiten nicht gerade nach Gesellschaft; doch die Familie und die Kunde von Furianus' Rückkehr hatte Marcus aus seinem Zimmmer heraus getreiben. Natürlich war Marcus als Familienmensch sehr erfreut, seinen Neffen wieder zu sehen, von dem er auch sehr viel hielt, schon von je her seitdem sie sich das erste Mal im Garten in der villa Flavia begegnet waren, lang schien es her zu sein und bevor Marcus den Weg eines Soldaten gewählt hatte. Zudem schmeichelten Marcus die Worte von Furianus gerade ungemein, denn seitdem er vierzig geworden war, was immerhin noch nicht lange her war, meinte Marcus wirklich alt zu werden, vorher konnte er sich immer noch einbilden, kaum das dreißigste Lebensjahr hinter sich gelaßen zu haben, seine Mundwinkel hoben sich gleich um deutliche Längen und seine Augen funkelten gutmütig-glücklich für den Augenblick und er begrüßte seinen Neffen ebenso freundlich mit der verwandtschaftlichen Umarmung.
"Dir hat die Sonne von Ägypten aber auch gut getan, wie ich finde. Wie fandest Du die Provinz, Lucius, ist es nicht herrlich dort?"
, fragte er als er justament die leichten Schritte hinter sich vernahm und das Eintreten von einer jungen Frau; Marcus mußte nur kurz schauen, ehe er die junge Frau wieder erkannte, die er zwar in den letzten sechs Jahren kein einziges Mal mehr gesehen hatte, aber davor umso öfter:
"Vera, mea puella bella, wie schön, daß Du nach Rom gekommen bist. Dann bist Du aus Griechenland zurück? Wo warst Du noch mal? Athen?"
Auch Vera kam nicht umhin, in die Arme von Aristides geschloßen, als sich Marcus wieder abwandte, erspähte er, daß sich Furianus erneut auf dem Platz, den zeitweilig Gracchus, dann er, eingenommen hatte und marginale Irritation keimte wieder in ihm auf, aber Marcus war zu gutmütig und viel zu jovial gegenüber ganz besonders seiner Familie, als daß er darin einen beabsichtigen Affront erkennen wollte. Außerdem konnte Marcus sowieso keinen Gedanken daran verschwenden, denn schon trafen die nächsten Familienmitglieder ein, Piso, der es schaffte, daß Marcus breit grinsen mußte, als dieser Furianus ansprach, schnell wandte Marcus den Kopf in eine andere Richtung und schien nach den Sklaven mit Wein zu spähen, während sein Mundwinkel immer noch heftig zuckte.Auch Marcus erwiderte das warme und freundliche Lächeln, das er an Antonia gab. Obwohl zugeheiratet, gehörte sie schon lange gänzlich zur Familie und nicht nur, weil sie die Ehefrau seines engsten Vertrauten in der Familie war, sondern weil sie selber eine bewundernswerte und graziöse kluge Frau war, die Marcus Zuneigung auf eine dezente und sehr angenehme Art gewonnen hatte. Und dermaßen Ungestüm schien wiederum Celerina zu sein, die die Energie eines Wirbelwindes in sich zu tragen schien und das wohl durch ihre Ehe mit dem Aurelier, der in dem Zusammenhang auch völlig bedeutungslos in Marcus' Augen war, nicht gemindert war.
"Salvete!"
, grüßte Marcus alle freundlich und wandte sich um, um auf einer der Klinen dann doch Platz zu nehmen; mißbilligend betrachtet er hinwieder, daß wohl die alten und schier eingemotteten Stühle wieder hervor gezogen worden waren. Altmodisch, unpraktisch und völlig verquer empfand Marcus, der doch in Baiae aufgewachsen war, diese Stühle. Und meinte nicht seine Mutter einst: Wenn schon die Töchter und die Ehefrau des Augustus auf Klinen gelegen haben, dem Kaiser, der die Gesetze für Anstand und Benehmen verabschietet hat, warum sollte es dann nicht auch für eine Patrizierin standesgemäß sein? Und Marcus schloß sich natürlich sofort ihrer Meinung an, wie bei fast allen Dingen im Leben. Endlich kam auch ein Sklave mit dem Appetit anregenden Wein, den er an die Familienmitglieder reichte und auch Marcus tat sich an dem Tropfen gütlich, dabei dem munteren Plappern der Frauen lauschend. -
Wirre und unsichere Tage waren es stetsfort, wenn ein neuer Kaiser in die Stadt kam, wenn ein neuer Mann die Macht über ein riesiges Imperium ergriff, nachdem doch so viele Hände lechzten und viele Einflußreiche sich darum streiten würden, die Oberhoheit darüber zu haben. Es wunderte Marcus dann doch, daß es relativ friedlich und im Einvernehmen - scheinbar - der Meisten war, daß der jetzige Kaiser die Nachfolge seines Adoptivvaters angetreten war. Vieles war wieder wie früher und einiges doch so viel anders, Marcus war dem früheren Kaiser aus ehrlicher Überzeugung treu und loyal gewesen, wurde von ihm einst schwer beeindruckt, und zu dem neuen Kaiser, den man fast nie sah, hegte er nur das Pflichtgefühl, was man wohl als Römer haben sollte und als ehemaliger Soldat.
"Gab es damals Aufständige oder Unruhestifter gegen den neuen Kaiser?"
, fragte Marcus in Gedanken daran, daß er die wirkliche Machtübernahme nicht erlebt hatte, war er doch damals noch bei der Prima gewesen. Einen Blick um sich werfend, folgte er dem optio in die Zelle hinein, musterte das dunkle Interieur und natürlich ganz besonders den Gefangenen. Die Hände hinter dem Rücken verschränkt, wandte er seinen Kopf wieder zu dem Quintilier.
"Wessen hat sich der Mann schuldig gemacht?"