Beiträge von Marcus Flavius Aristides

    Übellaunig- schon den ganzen Tag zog es Cafo am Zeh, wo ihm mal ein Ross der Reiterei seine Zehen gebrochen hatte im Kampfgetümmel- lehnte sich Cafo auf sein Schild und spähte durch den schmalen Schlitz am Tor hinaus auf die Landschaft zwischen dem Kastell und Mantua. Heute waren sie mal von Besuchern oder Anwärtern verschont geblieben, über seinen Köpfen würfelten die Männer oder erzählten von ihren zottigen Geschichten vom letzten Freigang. Mit gerunzelter Stirn wandte sich der groß und hager gewachsene, ältere Cafo um. Ein Lächeln huschte über sein Gesicht als er gleich den ganzen Trupp Frischlinge vor sich ausmachte.

    „Salve, seid ihr von der zweiten centuria die probati?“


    Natürlich war den Soldaten am Tor längstens bekannt, dass die Grünschnäbel mit Wache halten sollten. Das hielt der centurio bei ihnen schon länger so.


    „Tius! Die Neuen sind da!“


    Cafos Stimme dröhnte laut zu den Würfelnden hoch, von oben kam ein leiseres.


    „Wartet mal Jungs, und wehe einer von euch hebt den Würfelbecher, wenn ich weg bin.“


    Dann erschien ein gewichtiger, recht kleingewachsener Mann mit einem dichten Bart. Ächzend kletterte er die Treppe vom Wachturm hinab und trat auf die probati.


    “Sieht mir aus als hätten sie ihren ersten puls genossen!"


    Das war mehr an Cafo gerichtet, der schief grinste und langsam nickte, dabei die jungen Männer nicht aus den Augen ließ. Man wußte ja, einmal unbeaufsichtigt und sie liefen wild wie die Hühner herum, vor denen gerade frische Körner ausgestreut wurden. Ivinius Palitius- kurz Tius genannt- stellte sich mit gespreizten Beinen vor den Männern auf, verschränkte die Arme hinter dem Rücken und sah gewichtig zu ihnen rüber.


    "Wer ist der Verantwortliche von euch?“


    „Fischen? Immerhin. Die vorigen probati waren fast nur allesamt Taugenichtse. Obwohl, einer meinte in einer Schmiede aufgewachsen zu sein. Aber…“


    Appius verstummte, beugte sich über die tabula und schrieb die Angaben des Mannes nieder. Er wollte sich bestimmt nicht vor dem Artorier darüber ergehen, daß er insgeheim glaubte, die Jugend würde immer mehr verkommen und nichts mehr anständiges lernen, kein Handwerk oder ähnlichen Beruf. Appius kniff die Lippen zusammen und sann einen Augenblick über die gesamte Schlechtigkeit der Welt, dann richtete er sich abermals auf und schrieb nur schnell noch eine tabula, die er Imperiosus weiter reichte.


    „Melde Dich zuerst im valetudinarium für die Musterung. Anschließend gehst Du zu der ersten centuria, der ersten cohors. Dein Verwandter ist dort der Befehlshaber. Du meldest Dich bei ihm. Er soll sich um Deine Angelegenheit mit der Rüstung und dem Fahneneid kümmern. Titus Crassus ist zurzeit leider krank, so wird sich dein centurio wohl an einen anderen Soldaten wenden müssen im Rekrutierungsbüro oder Dich damit beauftragen. Mir soll es egal sein.“


    Appius verkniff die Lippen wieder. Das passierte, wenn die Soldaten lieber krank feierten statt zu arbeiten. ER fehlte nie bei der Arbeit und so konnte alles reibungslos ablaufen. Appius wußte noch nicht einmal, ob die Ausrüstungskammer dieser Tage geschlossen war, es hielt ja mal wieder keiner für Notwendig ihn zu informieren. So wälzte er all das auf den centurio der ersten centuria.


    Vale!“


    Dann beugte sich Appius über seine tabulae, die er dem Archivar noch überreichen musste.

    Noch während die probati auf die Pfähle einschlugen, ging Marcus hinter ihren Rücken auf und ab, dann einmal um die Pfähle herum, um auch ihre Haltung von vorne betrachten zu können, während er unablässig sprach.


    „Das gladius ist eine vielseitige Waffe. Ihr könnt damit zustechen, aber auch mit der Seite zuschlagen, es ist scharf genug. Dennoch benutzen wir Soldaten es hauptsächlich darum, um den Feind nieder zu stechen. Ein Stich über den Schildrand oder an der Seite ausgeführt ist für einen römischen Soldaten am Effizientesten. Denn ihr dürft nie vergessen, meist kämpfen wir in einer Schlachtreihe. Fangt ihr an mit der Seite zu schlagen, kann es ganz schnell passieren, daß ihr bestenfalls ausholt und das Nachbarschild Eures Mitsoldaten weg schlagt, Schlimmstenfalls- aber auch das wollen wir tunlichst vermeiden- schlagt ihr eurem Nachbarn den Kopf ab. Also, zustechen, das Schwert dabei blitzschnell nach vorne stoßen und immer auf eure Haltung achten….“


    In dem Moment trat Marcus heran- es war wohl mehr Zufall, daß er wieder Sparsus erwischte- und schlug mit seiner vitis gegen Sparsus Schulter als dieser nach vielen und schweren Übungen zu stach. Marcus schlug nicht allzu hart zu, doch schmerzhaft genug.


    „Müdigkeit! Die Erschöpfung ist euer schlimmster Feind, manchmal arger als der aus Fleisch und Blut. Denn dann macht ihr Fehler und lasst- wie ihr gerade sehen konntet- die Schludrigkeit sich in euren Kampf einmischen. Darum trainiert ihr hier schon bis zum Umfallen. Damit ihr im Ernstfall solche Fehler nicht macht.“


    Marcus nickte Sparsus kurz zu, hatte das nur als Demonstration genutzt und nicht, um die Übungen des Iuliers als mieserabel darzustellen. Suchend sah sich Marcus auf dem campus um und winkte einen seiner centuria heran, der gerade selber am üben war- einen älteren Soldaten.


    „Brutus, behalte die probati im Auge!“


    Brutus, der ältere Soldat nickte. Marcus verschränkte seine Arme hinter dem Rücken und wandte sich den probati zu.


    „Ihr macht weiter, bis die Sonne den Wetterhahn an der principia erreicht habt. Brutus hier wird euch im Auge behalten und mir melden, wenn ihr nachlässig euch ertüchtigt. Alle viertel hora dürft ihr eine kurze Pause von 120 Herzschlägen einlegen. Danach sucht ihr die Thermen auf, dann den contubernium zum mittäglichen Essen und danach geht’s auf den Wachgang, meldet euch am Tor bei miles Ivinius Palitius. Iulius, Du sorgst dafür, daß alles so ausgeführt wird. Und morgen früh bringst Du sie wieder hierher. Wenn ich vor euch auf den campus komme, dann wird euch einige unangenehme Sonderübungen blühen. Und seid sicher, ich bin früh am Morgen da.“


    Marcus wartete nicht ab, bis die probati etwas erwiderten, sondern nickte nur Brutus zu und marschierte vom campus herunter, um sein Frühstück einzunehmen und sich um die Belange seiner centuria zu kümmern.

    Einziger Ausdruck von Appius Unmut- eigentlich hegte und pflegte er dieses Gefühl zu jeder Tages- und Nachtzeit, er war nun mal ein miesepetriger, griesgrämiger Mann- waren die unmerklich gespitzten Lippen. Daß er einzig und alleine dem praefectus unterstand, nach dem legatus, gedachte er nicht noch mal gesondert zu erwähnen. So sah er den primus pilus nur kühl an, nickte kaum wahrnehmbar und wartete bis dieser seinen Verwandten als tatsächlich seinen Angehörigen erkannt hatte. Immerhin kein Schwindler, wäre ja noch die Höhe gewesen. Stumm sah Appius dem primus pilus hinter her und fragte sich einen Moment, ob der tatsächlich glaubte, er würde nicht weitermachen, sobald er den Raum verlass. Die rote Liste! Ja, die ganz Rote. Auch noch als faul wurde er hier bezeichnet. Unerhört empfand das Appius- Appius hatte oftmals eine seltsame Art, die Dinge in sein Geist einzuordnen.


    Doch heute Abend würde er seiner Katze einige Angelegenheiten, die heute im Rekrutierungsbüro passiert sind, erzählen können. Niemand hörte ihm so aufmerksam zu, wie sein kleines Kätzchen. Und dann pflegte sie sich stets auf seinen Schoß zu setzen und sich stundenlang kraulen zu lassen. Dann war die Welt für Appius wenigstens für einen kurzen Augenblick wieder in Ordnung. Bis zum nächsten Morgen.


    Klickend- mit dem Griffel gegen den Rand der tabula schlagend- sah Appius auf sein Geschreibsel und die Befehle des praefectus hinab. Er nickte knapp auf die Antwort des Mannes. Neptun...höchst römisch. Doch der praefectus wollte dem Mann auf den Zahn gefühlt haben. Fangfragen? Das Dumme, Appius fielen keine ein. Ob Imperiosus einmal in der Woche Kinderblut trank oder Menschenfleisch aß- das hatte Appius von den Christen gehört- konnte er nicht fragen, außerdem was das wirklich nicht sonderlich subtil. Und da Appius kein Mensch mit originellen Gedankengängen war, setzte er einfach mit seinem normalen Programm weiter.


    „Also keine Geiseskrankheiten, keine lupae? Gut, letztes solltest Du auch nicht einreißen lassen von den Sitten, selbst wenn die Soldaten Dich zu dem lupanar von Mantua verleiten wollen. Ansonsten, was kannst Du so- außer Opferungen? Was opferst Du so als Priesterschüler? Fische? Kannst Du Lesen und Schreiben? Ein Handwerk erlernt oder die Waffenkunst schon mal praktiziert? Etwas, was Du der legio an Fertigkeiten beisteuern kannst?“


    Zwischen drin fiel ihm dann doch noch eine Fangfrage ein. Er hatte mal gehört, daß die Christen es neben Kinderblut auch mit Fischen hatten, was war ihm schleierhaft. Aber gleich darauf, nachdem er die Frage gestellt hatte, fiel ihm auf, daß Fische für einen Neptunpriester doch nicht unpassend wären, abgesehen von Goldringen. Unzufrieden kräuselte Appius seine spitze Nase und gab es mit den Fangfragen abermals auf.

    Mild wärmten die Strahlen der Sonne das Plateau und nur wenig von dem Lärmen der Stadt drang bis zu dem verborgenen Park auf dem mons aventinus hinauf. Und noch lag die Wärme wie ein sanfter und angenehmer Hauch über der Stadt und verwandelte sich nicht in die brütende Hitzeglocke, die im Sommer die Stadt schier zu erdrücken schien. Am Rande bemerkte Marcus noch seinen Sklaven, der die junge Patrizierin zu dem nicht kleinen hortus geführt hatte. Doch mehr als einen unmerklichen Blick schenkte Marcus weder seinem eigenen Sklaven, noch dem Tross von Epicharis- vielleicht Dhara sah er ein klein bisschen länger als die Anderen an, aber unmerklich. Stattdessen richtete Marcus seine Aufmerksamkeit zur Gänze auf die Patrizierin. Marcus Wundwinkel verzogen sich zu einem galanten Lächeln.


    “Wenn Du mir gestattest, das anzumerken? Deine Schönheit erstrahlt heute heller als die Sonne über dem Firmament.“


    War das jetzt nicht doch übertrieben? Noch ehe Marcus die Worte in seine Gedanken formulierte, befand er: Nein, es war nicht so. Schließlich verblüffte ihn Claudia Epicharis durchaus mit ihrer Erscheinung, ihrer Noblesse und ihrer Beauté. Die hauchzarte Röte auf ihren Wangen verlieh ihr eine strahlende Lebendigkeit und einige Herzschläge blinzelte Marcus durchaus bezaubert von der schönen Helena vor sich. Außerdem entging Marcus so- ohne es zu ahnen- vielleicht einem Anschlag auf seine Sehkraft. Doch schon schoß ihm ein anderer Gedanke durch den Kopf: Sie ist eine Frau mit scharfem Verstand. So oder ähnlich hatte es ihr Vater ausgedrückt. Und jene Tatsache, nicht die venusgleiche Erscheinung der jungen Frau, ließ ein verlegenes Gefühl in ihm aufsteigen. Marcus, ganz ruhig, einfach keine Philosophen ansprechen!, mahnte er sich, lächelte weiter und deutete einladend auf die Klinen.


    „Es gibt doch nichts Schöneres als einen solchen sonnigen Tag in einem hortus verbringen zu können, meinst Du nicht auch, werte Claudia?“


    Eigentlich hätte Marcus das Wort Elysisch, statt Schön wählen wollen, wenn ihm in dem Moment der passende Ausdruck eingefallen wäre. Aber er war ihm abhanden gekommen auf dem Weg von seinem Geist zur Zunge. Mit einem Lächeln strebte er auf die Klinen zu, wartete bis Epicharis Platz genommen hatte. Selbst wenn man sich auf die Klinen setzte- sie waren dementsprechend arrangiert- konnte man immer noch zur Gänze über die Stadt sehen, auf die vielen roten Dächer, die breiten, aber auch die kleinen und verwinkelten Strassen, die Dächer der großen Tempel, das flavische Theater oder auch die vielen Gärten der reicheren Viertel, die man nur von oben einsehen konnte, da sie- genauso wie der hortus Lucretius oder der hortus Flavia- von einer hohen Mauern vor neugierigen Augen verborgen war.


    Mit einer toga auf einer Kline Platz zu nehmen, war fast genauso schwierig als wenn man von einem Pferd damit absteigen musste, doch nicht gänzlich unmöglich- unzählige Männer vor Marcus hatten es schon bewiesen- und so gelang es Marcus mit Obacht und Vorsicht durchaus. Mit seinem Kinn deutete er dem Orientalen etwas- eine dezente Geste- die dem jedoch vollkommen ausreichte. Der Orientalte wandte sich um und klatschte kurz in die Hände. So braun wie die Farbe von Ton oder der südlichen Erde Italias erschienen die orientalischen Sklaven, die den runden Platz betraten und goldsilberne Platten heran trugen und so leise und gewandt- in ihrer Art sklavischen Lemuren gleichend- die ersten Speisen auftrugen und mit einem leisen Glucksen einen zartrosa Wein in ägyptisches blaues Glas einschenkten. Auf den Tabletts reihten sich gekochte Schnecken in einem Dillschaumsößchen neben halbierte Eier, gefüllt von Olivenpasten bis hin zu Fischcreme, und mit genießbaren Frühlingsblumen und Weinblättern umhüllte kleine Röllchen, in denen eine Mischung aus Käse, Kräutern und Nuss beherbergt wurde. Auf Muscheln hatte Marcus- auf Rat des vilicus des Anwesens verzichtet- sie hätten selbst den Weg von Ostia bis nach Roma nicht genießbar überstanden.


    „Ich hoffe, es bringt Dich nicht in allzu große Verlegenheit, mit der Art der Sitz-, beziehungsweise Liegegelegenheiten? In Baiae ist es üblich, daß die Frauen auf die Art an einem Mahl teilnehmen, wie die Männer es tun. Und der Besitzer dieses Gartens ist eindeutig der Meinung, auch hier sollte es so sein.“


    Marcus war durchaus derselben Ansicht, wie der Besitzer- schließlich pflegte selbst seine Mutter, die in vieler Hinsicht doch sehr sittentreu war, es so zu halten. Und dann konnte es nicht falsch sein oder gar unmoralisch. Auf einen feinen und ovalen Teller wurde Epicharis derweil eine Auswahl der dar gebotenen und mit Frühlingsblumen garnierten Vorspeise dargereicht. Ebenso Marcus, der Epicharis abermals ein Lächeln schenkte und hoffte, daß sich die junge Frau in Essensangelegenheiten nicht vor Männern zierte. Er mochte Frauen, die durchaus einen gesunden Appetit aufwiesen. Einige Herzschläge lang betrachtete Marcus sinnend die junge Frau vor sich, überlegte, ob sie sich nach einer Hochzeit auch als patrizische Furie herausstellen würde oder in ähnliche Weise unerträglich wurde, wie seine erste Frau. Was ihn in Gedanken zu dem ganzen Grund brachte- den er immer nur kurz verdrängen konnte. Aber Marcus dachte nicht daran, gleich mit dem Zaunpfahl ins Haus zu fallen, wie er- in seiner Art- es formulieren würde. Somit schnitt er ein weniger verfängliches Thema an.


    „Dann besuchst Du zurzeit Deine Familie hier in Rom? Leben nicht die Meisten Deiner Familienangehörigen in Mantua?“




    [SIZE=7]/edit: Was ein Buchstabe alles im Sinn ändern kann, erstaunlich.[/SIZE]

    „Körperkraft und Ausdauer ist die Vorraussetzung für euch als Soldaten. Warum sage ich das? Um euch zu schikanieren und somit, einem Vorwand nachkommend, über Felder und den campus zu scheuchen? Nein, alles was ihr hier in der Grundausbildung lernt, werdet ihr als Soldat brauchen. Wenn ihr in der Schlachtreihe auf dem Feld steht, dann werdet ihr noch um jede Runde, um jede Liegestütze, die ihr hier absolvieren musstet, mehr als dankbar sein. Denn dort kann sich der Moment über Leben und Tod davon entscheiden, ob ihr noch eine halbe hora länger oder nicht aushaltet. Darum, übt gut, denn mit dem Können hier, bestimmt ihr über ein langes oder kurzes Leben. Darum werdet ihr am Anfang auch schwerere Schilde haben als später, um euch einzuüben!“


    Mit seinem Kinn wies Marcus auf die geflochtenen Schilde und die Holzwaffen, wovon schon das Schild um die 20 kg wog. Hinter dem Iulier angekommen musterte Marcus prüfend seine Bewegungen, korrigierte nur ein wenig an der Schulterhaltung und nickte sehr zufrieden. Ein Naturtalent, wie es ihm erschien. So ging Marcus auch der Reihe entlang, verbesserte die eine oder andere Position und murmelte etwas leiser zu einem probatus etwas. Schließlich stellte er sich abermals zurück, betrachtete die übenden Männer.


    “Behaltet immer einen sicheren Stand. Wenn ihr merkt, daß euch dieser verloren geht, lieber auf einen Schlag gegen den Gegner verzichten und gewinnt dann eure Ruhe und Sicherheit im Kampf zurück. Kopflos kämpfende Soldaten können wir in einer Schlachtreihe nicht gebrauchen. Die römische Legion beruht auf Disziplin und dem militärischen Genie unseres Volkes. Die Barbaren stürmen drauf los und werfen sich in Schildreihen, kämpfen nackt und ohne viel Geist dahinter. Wir nicht und darum obsiegen wir gegen die barbarischen Horden.“


    Zumindest hatte Marcus das- wie die Barbaren im Krieg kämpften- so gehört und mancherorts auch selber erlebt, wenn auch noch nicht als Soldat. Ob in Afrika oder in Germania, da machte Marcus keine allzu großen Unterschiede.


    „Bearbeitet den Pfahl als ob er euer Feind wäre. Versucht ihn an den Beinen, den Oberkörper oder den Kopf zu treffen. Macht Ausfälle und greift den Pfahl immer an. Doch wenn ihr zustecht, passt gut auf euren Arm und eure Deckung auf. Achtet darauf das Schild schön vor euren Torso zu halten, euren Kopf zu schützen und auch euren entblößten Schwertarm. Und das will ich jetzt sehen. Solange, bis ich euch Einhalt gebiete. Auf, auf!“

    Der gestiefelte Kater hätte wohl blaß ausgesehen im Vergleich zu dem primus pilus. Verblüfft, ob der rasanten Schriftübergabe und dem schnellen Erscheinen von dem centurio bemerkte Appius erst einige Herzschläge später, daß der primus pilus nicht geklopft hatte. Ärger stieg in Appius auf, aber wie immer schluckte er auch diesen hinunter, vergrub ihn in einem tiefen Seelenloch und ließ es darauf bewenden. Insgeheim schob er jedoch den primus pilus und die sonstigen Artorier- es schien wohl in ihrer Natur zu liegen- auf eine mentale rote Liste. Und außerdem nahm sich Appius vor, den primus pilus und seine centuria in Zukunft durch seine Arbeit zu strafen. Nein, er würde gewiss ihnen die probati nicht vorenthalten, aber er würde gut überlegen, welchen probatus er bei ihnen unterbringen sollte. Alle Faulenzer, Tunichtgute und Besserwisser würden bei ihm landen. Insgeheim lachte sich Appius über seinen genialen Plan schon ins Fäustchen- ließ sich in seiner unterkühlten Art nichts anmerken- und fixierte einen Herzschlag Imperiosus, der ihm ein wenig zu verdächtig lang gezögert hatte. Den würde er auch noch bei dem brüsken centurio Artorius unterbringen und wenn sie Familienangehörige waren, war das vielleicht noch eine schlimmere Strafe. Schließlich konnte man sich- theoretisch- Freund und Feind aussuchen, nur die Familie nicht. Seine wasserblauen Augen richteten sich jedoch auf Avitus.


    “Dieser Mann stellte sich als Artorius Imperiosus vor. Der praefectus möchte um die Bestätigung seiner Identität wissen. Zudem handelt es sich hier um einen immer noch aktiven discipulus. Aber darum wird sich ebenfalls schon der praefectus kümmern.“


    Natürlich dachte Appius nicht im Traum daran, Avitus- einem der Infanteriesoldaten- eine tabula aus der Verwaltung und somit die Order des praefectus weiter zu reichen. Auf dem Feld und außerhalb der principia konnte der primus pilus ihn gewiss herumscheuchen, aber hier in den heiligen Hallen der Verwaltung hörte optio Carteius nur auf ein halbes Dutzend Männer- die tribuni, aber besonders den praefectus und den legatus. Und auf den Kaiser würde Appius mit völliger Garantie hören- so er jemals, was wohl nicht passieren würde, das Rekrutierungsbüro betreten würde. Aber da der Kaiser für ihn ein Gott war, verstand sich das freilich von selber.


    „Handelt es sich um einen Verwandten von Dir, primus pilus?“

    Prüfend verfolgte Marcus die Bewegungen des probatus und konzentrierte sich allein darauf. Aus dem Grund bemerkte er erst mal die weiteren Zuschauer nicht. Dennoch, das was er da sah und von dem Iulier ausgeführt bekam, das gefiel ihm gut, sehr gut sogar. Denn mit wenig Grundkenntnissen, schließlich hatte sich der probatus als Nichtkenner des Schwertkampfes nicht gemeldet auf seine Frage hin, hatte er das Wesentliche im Schwertkampf erfasst. Und das gefiel Marcus durchaus. Vielleicht würde doch noch der ein oder andere passable Soldat aus dieser Gruppe weiter den Weg in die legio finden. Anerkennend nickte Marcus und trat schließlich an den probatus einen Schritt näher.


    „Hervorragend, probatus. Wirklich, sehr gut. Zwar hättest Du noch ein wenig enthusiastischer auf den Mann, oder den Pfahl, der doch hinter Deine Familie her ist, einschlagen können. Aber ich will mal nicht kleinlich sein. Wenn Dein Gegner nicht gewandt gewesen wäre, dann hättest Du ihm vielleicht auch den Kopf gespalten. Und das hast wirklich noch nie ein Schwert in der Hand gehalten, Iulius?“


    Marcus lächelte jovial und wandte sich auch den anderen probati zu.


    „Du hast Deinen Mitsoldaten schon eine ganz wichtige Sache vorgeführt, probatus. Die Grundstellung. Die Grundstellung ist das Alpha und das Omega in dem Schwertkampf. Immer wenn ihr einen Ausfall macht, kehrt ihr sofort in diese Stellung zurück, denn damit ist der Kampf effektiver, weniger anstrengend und vor allem: Kontrolliert. Denn, probati, ein Kampf ist keine kopflose Angelegenheit, kein wildes aufeinander schlagen, sondern eine Reihenfolge von gut einstudierten Bewegungen. Erst wenn diese Bewegungen euch in Fleisch und Blut übergegangen sind, dann seid ihr in der Lage in dem Gedrängel einer Schlacht, in den Wirren eines Gefechtes stets einen klaren Kopf zu behalten, schließlich müsst ihr nicht mehr über eure einzelnen Bewegungen nachdenken.“


    Mit einladender Geste, erneut, deutete Marcus auf die Kisten und dann die anderen Pfähle.


    “Also gut, ich will, daß jeder probatus sich ein Holzschwert und ein Holzschild nimmt. Iulius! Wiederhole die Grundstellung, die Du schon den Anderen vorgeführt hast und zeige ihnen, wie man aus dem Schlag wieder in diese Stellung zurück verfällt. Schön langsam.“


    Langsam bekam Marcus doch das Gefühl beobachtet zu werden und so wandte er sich um, was er schnell bereute. Natürlich hatte er schon die Gerüchte vernommen, daß er das Amt des senatorischen tribunus übernommen hatte. Dennoch stieß der Anblick von jenem Mann nur die schwarze Galle in Marcus hoch. Hoffend, daß der tribunus vielleicht nicht seinen Blick bemerkt hatte, wandte sich Marcus schnell wieder um und besah sich lieber, was die probati trieben.

    Eilends erreichte ein Soldat die Mannschaftsunterkunft mit den Räumlichkeiten des primus pilus und gab die tabula, an den primus pilus gerichtet an einen Soldaten weiter, damit diese den ersten centurio der legio erreichte.





    Salve, primus pilus Artorius,


    in meinem officium befindet sich ein Mann namens Artorius Imperiosus, der in die legio eintreten möchte. Du wirst vom praefectus castrorum darum angewiesen, den Mann als Deinen Verwandten zu identifizieren oder ihn als Scharlatan zu enttarnen.


    gez.
    optio Appius Carteius Cirenthius


    Ungnädig bemerkte Appius zudem, daß jener Mann, der doch gedachte ein Soldat zu werden, somit ein Befehlsempfänger, sehr vorwitzig zu sein schien. Appius Nasenflügel weiteten sich marginal, seine Hände waren ineinander verschränkt und er wartete still auf eine mögliche Reaktion aus dem officium des praefectus. Leise und kühl, Appius schrie niemals- vielleicht würde das mal passieren, wenn er tatsächlich ausrasten würde- wandte er das Wort an Imperiosus.


    „Ich bin ein Soldat Roms, kein Priester. Man kann nicht Beides gleichzeitig sein. Die Götter zu ehren oder ihnen als Priester zu dienen, ist ein großer Unterschied.“


    Appius verstummte wieder, sah Imperiosus gnartzig an und sah dann aus dem Fenster, tat so als ob der Anwärter gar nicht mehr in seinem officium war und betrachtete den kleinen Weidenbusch, der vor seinem Fenster wuchs und den er schon seit einigen Wochen rausreißen lassen wollte. Schließlich bedeutete die Natur Chaos und Unordnung, sollte nicht vor seinen Augen obsiegen dürfen. Erstaunlich flink klopfte es an der Tür, Appius sah zu dorthin und meinte noch beiläufig zu Imperiosus.

    „So tritt ein Soldat in ein officium, genau so!“


    Mit einem andeutungsweise Kopfnicken nahm Appius die tabula entgegen, bemerkte abermals zufrieden, wie gut der praefectus die Soldaten im Griff hatte- vorbildlich, sehr vorbildlich, war sein Gedanke- und spähte darauf, begann schließlich die Nachricht an ihn aufmerksam zu lesen und nicht nur ein Mal, sondern auch ein zweites und ein drittes Mal. Nach mehr als 300 Herzschlägen, wo das Schweigen lastend über das officium und die beiden Männer lag, sah Appius auf. Seine Augenbrauen hoben sich ein wenig und er holte tief Luft. Genau musterte er den Mann vor sich. Ein Christ? Auf den Gedanken kam Appius noch gar nicht. Er erschauderte unmerklich und ergriff eine leere tabula.


    „Kommen wir noch mal auf die Götter zurück. Dienst Du einem Gott?“


    Noch während er die Frage stellte, schrieb Appius eilends eine andere Nachricht, stand auf und trat an die Tür, um auch diese an einen Soldaten zu schicken. Insgeheim ärgerte er sich doch, daß er heute seinen scribae frei gegeben hatte, sonst hätte er nicht immer so viel Aufwand mit dem Verschicken der Nachrichten. Ruhig trat er an seinen Platz zu und setzte sich, sah Imperiosus aufmerksam an.

    Deutlich zufriedener lauschte Marcus dem Chor aus Zahlen. Ab und an stützte er seinen centuriostab auf den Rücken eines probatus, der seine Liegestützen- in Marcus Augen- ein wenig zu schwach absolvierte. Nachdem alle bis fünfzig gezählt und sich wieder erhoben hatten, winkte Marcus ihnen zu folgen und marschierte einige Schritte zu einer Reihe von Holzpfählen, die tief in den Boden des campus gerammt waren. An den Holzpfählen waren die Spuren ehemaliger probati deutlich zu erkennen, Kerben waren in sie hineingeschlagen und noch der ein oder andere Holzspan lag zu ihren Füßen. Mit einer einladenden Geste wies Marcus auf einen der Holzpfähle.


    „Iulius, progredi! Siehst Du den Pfahl dort?“


    Gewiss war das nur rhetorisch, denn schließlich hatte Sparsus die Musterung überstanden und somit auch bewiesen, daß er des Sehens eindeutig mächtig war. So wartete Marcus auch nicht auf eine Antwort.


    „Stell Dir vor, Iulius, daß ist Dein Feind. Ob ein grausamer Germane, ein barbarischer Dacer oder ein unbändiger Kelte im Norden Britannias. Er will Dich töten, will das Land der Römer an sich reißen und steht schon fast vor der Tür Deiner Familie, um Deine Mutter zu schänden, Deine Schwester in die Sklaverei zu verkaufen oder Deinen Brüder den Tod zu bringen. Du bist die letzte Verteidigung bevor er seine Schandtaten begehen kann.“


    Den Impuls unterdrückend, seinen Nacken zu kratzen, schwieg Marcus einen Moment. Warfen manche Sklaven so was nicht auch den Römern vor? Nein, Marcus verwarf das gleich wieder, die römische Sache war immer die Gerechte.


    „Oder stell Dir vor, Du stehst inmitten Deiner Kameraden auf dem Kriegsfeld. Vor Dir der anstürmende Feind, die Dich und Deine Mitsoldaten am Liebsten alle abschlachten wollten. Also, zeig, was Du mit einem solchen Feind als römischer Soldat tun wolltest. Greif ihn an.“


    Marcus trat einen Schritt zurück und verschränkte die Arme hinter dem Rücken, musterte aufmerksam den Iulier.




    Sim-Off:

    20 Jahre? Das wäre wohl in Real zu viel verlangt. Nein, wenn man es so wünscht kann man nach 6 Monaten Spielzeit in der legio (nach dem Ende der Grundausbildung) sagen, daß man die zwanzig Jahre vollführt hätte. Demnach ist Dein Charakter in der Zeit aber auch zwanzig Jahre gealtert, was im tabularium vermerkt werden sollte in Deiner Charakterbeschreibung. Du mußt aber auch nicht nach 6 Monaten schon so viel gealtert sein, wenn Du nicht den Anspruch hegst, da schon entlassen zu werden.

    Sanft und schaukelnd bewegte sich die ebenholzfarbene, flavische Sänfte durch die dicht gedrängten Strassen Roms, gesäumt links und rechts von zwei Leibwächtern, die der Sänfte und den darin verborgenen kostbaren Inhalt den Weg durch das römische Gedränge bahnten und alle unliebsamen Zwischenfälle oder Pöbeleien verhinderten, die so manches mal das Erscheinen einer noblen Sänfte in der Stadt hervorrief. Vorbei am forum romanum, dem flavischen Amphitheater und östlich des palatinus, hinauf die Strasse, an dem Tempel des Divus Claudius vorbei, in Richtung des mons aventinus strebte die Sänfte. Schon nahe der Stadtgrenze bog die Sänfte in eine gepflasterte Seitenstrasse zu und hielt vor einem großen steinernen Torbogen.


    Aus den weit geöffneten hortustoren, von zwei dunkelhäutigen Sklaven bewacht, lief hastig ein junger Mann heran und warf sich vor der Sänfte auf den Boden, um mit seinem Rücken als Treppe zu dienen. Ihm folgte ein groß gewachsener älterer Mann in einem langen, prunkvollen orientalisch bestickten Gewand, sein Gesicht war aufgequollen, wenngleich aufs äußerste gepflegt und geziert mit verhaltener Schminke um sowohl seine Augen als auch seine Lippen. Trotz seiner vollen Leibesmitte kniete sich der Orientale erstaunlich geschmeidig vor Epicharis auf den Boden und berührte mit seiner Stirn den Boden ehe er sich schweigend wieder erhob.


    “Edle domina, sei willkommen im hortus Lucretius. Wenn es Dir beliebt und Du so gnädig sein möchtest, bitte ich Dich untertänigst mir zu folgen, oh Du strahlende Sonne am Firmament des römischen Himmels und honorable Claudia.“


    Mit rauschendem Gewand drehte sich der Orientale um und führte Epicharis an dem vergoldeten Tor vorbei, in deren geschwungenen Metallstreben Gestalten von grotesk verzerrten Gesichtern eingeschmiedet waren. Ein Garten, der kein Ende zu nehmen schien und von hohen Mauern gesäumt wurde breitete sich vor Epicharis Füßen aus, ebenso ein Weg, der aus weißen Marmorsteinen gemischt mit Bruchsteinen aus purpurnem Amethyst und goldgrauen Pyrit bestand und im Sonnenlicht in strahlenden Farben funkelten. Am Rande des Weges sprossen zarte Frühlingsblumen, die sorgfältig geschnittenen Sträucher erwuchsen in vielen Grüntönen, kleine Wasserbäche rieselten von einer Marmorstufe zur Nächsten. In den alten Bäumen, Pinien, Zypressen, Zedern, Zitronenbäume und zartraschelnde Kirschbäume sangen ungezählte Vögel und priesen mit ihren hellen Stimmen den sonnigen Tag.


    Gemessenen Schrittes führte der Orientale die Herrschaft den Weg entlang. Zahlreiche Vogelvolieren -aus goldenem Metall geschmiedet -standen im Garten verteilt, gefüllt mit Papageien bis zu zarten und kleinen bunten Vögeln. An einer Voliere strich eine goldrot getigerte und geschmeidige Katze entlang, deren Augen gierig zu den Vögeln hinauf sah. Vor einer elegant geschwungenen, hölzernen Brücke blieb der Orientale einige Herzschläge lang stehen und deutete auf die mit einer Balustrade versehene Brücke, die über ein großes marmornes Wasserbecken führte, an deren Grund sich große und dunkle Krokodile tummelten. Eines dieser riesigen Flußechsen lag am Rande des Beckens, was mehrere Schritt im Boden eingelassen war, und sonnte sich träge in den warmen Frühlingsstrahlen.


    „Sorg Dich nicht um die heiligen Tiere im Wasser, sie können die Mauer nicht erklimmen, domina!“


    Sicheren Schrittes überquerte der Orientale das große Wasserbecken und trat auf einen kreisrunden Platz, gesäumt von Buschmalven und Jasminsträuchern. Der Platz war mit ebenso weißem Marmor bestreut, glatt geschmirgelte und runde Steine, die dieses Mal mit Chrysoberyll- von blaugrün bis zu einem tiefen blau schimmernd, aber auch tiefrot und violett leuchtend- vermengt waren. Zwei Klinen mit einem purpurnen, satten Stoff und einer strahlend goldenen Borte bezogen standen in der Mitte des Platzes und auf einem kleinen Plateau. Am Rande des Platze säumten dezent bemalte marmorne Statuen in fantastischen Tiergestalten den Platz, eine Hydra beugte ihre Schlangenköpfe zu ihrer Nachbarin, einer Echidna vor, die mit ihrer Nymphengestalt zu einer Sphinx hinüber sah.


    Neben einer lebensechten Steinsirene stand Marcus Flavius Aristides und sah über die treppenartige Terrasse, die sich anschloss und einen atemberaubenden Blick über die Stadt und den Tiber bot, auf Rom hinab. Als Marcus die Schritte hinter sich vernahm, wandte er sich zu dem ankommenden Tross um, holte tief Luft und trat auf die Ankommenden zu. Seinen linken Arm hielt er vor seinem Bauch, damit die Falten der- passend zu der seines Sklaven- roten toga nicht verrutschte, die am Rande ein schmales goldenes Band aufwies. Darunter trug Marcus eine weiße tunica, die in der Mitte einen breiten rotgolden gemusterten Streifen aufwies und dazu die schwarzen calcei patricii. Mit einem höflichen Lächeln neigte er, vor Epicharis angekommen, den Kopf.


    Salve, verehrte Claudia Epicharis. Es ist mir eine Freude, daß Du die Zeit für dieses kleines Treffen finden konntest. Ich hoffe, es war nicht zu unangenehm in der Sänfte bis zum Aventin?“

    Man sollte vielleicht auch in diesem Zusammenhang bedenken, daß nicht jeder Soldat den Aufstieg zum optio oder zum centurio erlebt. Wenn ich das mal vermuten darf? Wohl die Mehrheit der Legionäre nicht. Diese bleiben sehr wahrscheinlich die meiste Zeit ihres Lebens und ihrer Dienstzeit in dem Rang eines miles, was jedoch nicht bedeuten muß, daß sie schlechte Leistungen erbracht haben.


    Und was die Sim hier angeht: Auch da würde ich nicht schlechte Leistungen einem Spieler unterstellen wollen, der nicht befördert wurde innerhalb von 6 Monaten. Das kommt schließlich auch sehr auf die legio darauf an, ich habe schon motivierte und schreibfleissige Spieler gesehen, die viele Monate auf eine Beförderung gewartet haben, dagegen in manchen Einheiten die Leute nur so hochgepuscht wurden, obwohl sie nichts wirklich "geleistet" haben. So pauschal sollte man die ganze Angelegenheit eben nicht aburteilen.

    Ein Soldat aus dem Rekrutierungsbüro erreichte das officium des praefectus und reichte die tabula an einen der scriba weiter, damit diese an den praefectus selber weiter gegeben werden konnte.



    Ave, praefectus castrorum Matinius,


    in meinem officium befindet sich ein Mann namens Artorius Imperiosus, der in die legio eintreten möchte, zurzeit sich jedoch noch im Dienste des cultus deorum als discipulus befindet. Wie soll in dieser Hinsicht verfahren werden, dominus?


    gez.
    optio Appius Carteius Cirenthius


    Unschlüssigkeit machte sich in Appius breit. Einen noch dienenden Priester oder Priesterschüler in die legio aufzunehmen erschien ihm ein wenig unpassend. Doch ob Mars oder ein anderer Gott dem Mann tatsächlich ein Zeichen gegeben hatte, wagte Appius nicht zu Hinterfragen. Ein unbestimmtes: „Hmh!“ entrang die erste Äußerung seinem Innersten. Da würde er wohl dem praefectus eine kleine Nachricht zukommen lassen, dieser würde die ganze Angelegenheit entscheiden müssen. Stumm und kalt sah er zu Imperiosus, wollte schon die tabula ergreifen, um all die zusätzlichen bürokratischen Vorgänge abzuwickeln als ihn die zweite Äußerung stocken ließ. Mein Freund? Appius Augen weiteten sich marginal, seine Lippen wurden zu einer schmalen Linie und kalte Wut stieg in Appius auf. Zur Gänze, stocksteif, richtete sich Appius auf und sah Imperiosus mit einem Blick an, der selbst im Hochsommer alles zum Gefrieren gebracht hätte.


    "Hör mir jetzt gut zu, Artorius, du bist hier in der legio und nicht unter Freunden. Ich bin nicht Dein Freund, war es nie und werde es, mit absoluter Sicherheit, niemals in Deinem sterblichen Leben und selbst darüber hinaus sein. Einen Soldaten in der legio sprichst Du, insbesondere er höher steht, mit seinem Rang oder mit Herr an. Ich bin optio, somit will ich nur dies als Anrede von Dir hören. Hast Du mich verstanden?“


    Abweisend sah Appius abermals auf seine tabula hinab. Er war arg versucht den Artorier einfach raus zuwerfen und ihn an eine andere legio oder die Flotte in Misenum zu verweisen. Das dringende Gefühl einfach eine Waffe zu packen und schreiend, mordend und tobend durch die prinicipia zu rauschen wurde an so einem Tag wieder überwältigend. Doch Appius beherrschte sich abermals und ergriff den Griffel, umschloss mit seiner Hand diesen wie einen Dolch und stieß ihn in das Wachs hinein.


    „Und Du hast es nicht für nötig befunden, dem cultus deorum Deinen Austritt aus ihren Reihen mitzuteilen? Wie sieht es denn aus, wenn Du ein Zeichen bekommst, daß die legio nicht mehr das Richtige ist? Wirst Du dort genauso desertieren, wie Du den Dienst an die Götter aufgegeben hast?“


    Appius stand auf und trat zur Tür, winkte einen Soldaten heran und reichte ihm die tabula, damit er schleunigst damit zum praefectus lief. Erst dann ging Appius wieder zu seinem Schreibtisch zurück und setzte sich auf seinen Stuhl.

    Unzufrieden schüttelte Marcus seinen Kopf, klopfte dabei mit seinem Stab auf seine Hand und sah den probatus durchdringend an. Vielleicht war es streng, aber Marcus hatte in der Zeit als centurio gelernt, daß man mit der milden Art bei manch einem Soldaten nicht weiter kam und so griff er zu jenem Mitteln, die ihm wirksamer erschienen.


    „Ich sagte, ich wiederhole mich ungerne. Fünfzig Liegestütze für alle deswegen! Laut zählen. Für jedes Mal, wo ich eine Frage wiederholen muss, wird euch dasselbe blühen. Allen von euch! Verstanden? Auf, auf! Wir haben nicht den ganzen Tag Zeit.“


    Schon während die Ersten runter gingen und ihre Liegestützen begannen, ging Marcus an der Reihe von probati vorbei, seine Rüstung klapperte leise bei jedem Schritt und der Stock klatschte immer und immer wieder in seine Hand, wie ein ständig über den probati schwebendes Damoklesschwert, jederzeit bereit auf sie herunter zu fahren.


    „Allgemein gelten gladius, pilum und pugio als die Angriffswaffen und das scutum als Verteidigungswaffe. Dabei ist das gladius für den Nahkampf und das pilum,wo es das Schwere und das Leichte gibt, für den Fernkampf geeignet. Doch ist diese Aufteilung- Angriffs- und Verteidigungswerkzeug- eigentlich völlig unzureichend. Denn man kann jeden Gegenstand zu einem Angriffswerkzeug machen. Nicht nur das gladius ist für den Nahkampf zum Angriff geeignet, sondern auch das scutum, das schwere Holzschild. Das Schild kann Nasen und Knochen brechen oder den Angreifer auch einfach wieder zurück stoßen. Daneben wehrt das scutum effektiv Schwert und Pfeile ab. Und der allergrößte Vorteil zeigt sich beim Kampf mit dem Schwert und dem Schild, daß selbst ein ungeübter Kämpfer eine Auseinandersetzung mit bewaffneten Gegnern überleben und bestehen kann. Doch hier werdet ihr in den nächsten Wochen immer und immer wieder den Kampf damit üben. Denn ungeübt sollt ihr in der Tat nicht bleiben.“

    Langsam ließ Appius seinen Griffel auf die Wachstafel sinken. Sein Gesicht bekam einen noch kühleren Ausdruck, das Pendant von einer aufgebrachten Miene bei ihm. Starr sahen seine Augen an Imperiosus vorbei und Schweigen herrschte im Raum. Vorwitzige Anwärter konnte Appius noch sehr viel weniger ausstehen. Erst platzt der junge Mann hinein, entschuldigt sich nicht für sein Verhalten und scheint ihn auch noch herausfordern zu wollen. Appius Griffel stieg in die Höhe, fast wäre er versucht einen Strich über die tabula zu machen und den Mann davon zu schicken. Schließlich hatte ihm der praefectus die Macht dafür erteilt. Das Gefühl durchdrang ihn abermals, milderte seine eiskalte Wut und er ließ den Griffel dann doch etwas mehr sinken. Vielleicht hatte der Artorier heute einfach Glück, Appius an einem guten Tag erwischt zu haben.


    „Warst oder bist Du discipulus? Wurdest Du aus dem Dienst ehrenhaft oder unehrenhaft entlassen?“


    Ob man überhaupt aus dem Götterdienst ehrenhaft entlassen wurde, wußte Appius nicht sonderlich genau. Er hatte zwar mal einen Bruder im cultus gehabt, aber der war dort immer noch und mit ihm gesprochen hatte Appius schon seit zehn Jahren nicht mehr. Und viel außerhalb der legio hatte Appius in den letzten achzehn Jahren auch nicht mehr erfahren. Sein Leben drehte sich nun mal gänzlich um seinen Dienst.




    Sim-Off:

    Wenn Du keinen NPC spielst, brauchst Du Deine Sig auch nicht zu unterdrücken.

    Langsam, aber sicher bekam Marcus Hunger. Sein Blick schweifte über den campus und er beobachtete eine Weile schweigend die anderen Einheiten in ihren Übungen. Er nickte andeutungsweise auf die Antwort des probatus, wartete noch einen Augenblick, ob jener etwas anfügen wollte. Dabei sah er auch kurz zu dem Iulier, der immerhin schon die Waffen herausgeholt hatte, und wandte sich schließlich zu dem anderen Mann um, der ihm geantwortet hatte.


    „Anwendung? Wofür und in welcher Art werden diese Waffen gebraucht? Welche Waffen lassen sich in Angriffs- und welche in Verteidigungswaffen einordnen? Gibt es noch eine Unterscheidung bei den pila?“


    Marcus wartete noch nicht mal einen Herzschlag, in dem er den Himmel musterte und kurz überlegte, ob der Tag wohl schlechtes oder gutes Wetter bringen würde. Doch dann taxierte er abermals die probati.


    „Und etwas ausführlicher dieses Mal. Ich möchte meine Fragen nur ungerne wiederholen müssen. Und je öfter ich das machen muss, desto unleidiger werde ich. Und das wird euch mit Sicherheit nicht gelegen sein.“

    Prüfend sah Marcus von einem der Männer zum Nächsten. Immerhin hatte einer von ihnen schon mal ein gladius gehalten. Um Marcus Mundwinkel zuckte es marginal als er an seine Kindheit zurückdachte. Wie er versucht hatte, die großen Gladiatoren nach zu äffen, was viel spannender war als sich mit den öden griechischen Texten zu beschäftigen. Mit seiner vitis deutete Marcus auf eine hölzerne Kiste, die einige Schritte entfernt stand.


    „Iulius, nimm Dir ein Schwert und ein Holzschild aus der Kiste.“


    Ohne das abzuwarten ging Marcus abermals vor den Männern auf und ab, hielt seinen centuriostab hinter dem Rücken verschränkt. Wenn auch Marcus sonst kaum den Stab für körperliche Bestrafung benutzte, ihn einfach nur stets mit sich herum trug, weil er ihn so sehr mochte, so hatte er ihn schon das ein oder andere Mal in der Ausbildung genutzt. Vom Korrigieren der Haltung bis dahin, einem probatus mal einen leicht schmerzhaften Klaps zu erteilen.


    „Das gladius! Hier werden wir mit dem Holzschwert üben, damit ihr euch nicht aus Versehen ein Auge ausstecht zu Beginn. Schließlich habt ihr dann weder Anspruch auf ein Stück Land und müsst euer Leben als Krüppel fristen. Aber zurück zum Kampf! Einem Soldaten stehen mehrere Waffen zu Verfügung, das gladius ist nur eines davon. Kommt euer Gegner bis ungefähr auf Armeslänge an euch heran, so kommt diese Waffe zum Einsatz, in Kombination mit dem Schild, das scutum. Kann mir jemand die Waffen aufzählen, die ein Legionär immer bei sich hat? Und auch ihre Anwendung?“

    Ausdruckslos notierte sich Appius alles und sah auf die tabula hinab. Das mit den lupae glaubte Appius dem Mann auf keinen Fall. Selbst er, Appius, war schon einmal bei einer lupa gewesen. Was für ein desaströses Erlebnis! Es schauderte Appius immer noch, wenn er an die Frau zurück dachte, die ihn schier mit ihrem ganzen Körper fast erdrückt hätte. Das war das letzte Mal, dass sich Appius auf eine Frau eingelassen hatte. Kalten Blickes sah Appius auf und musterte Imperiosus mit seinen wasserblauen Augen, die einen Stich ins Gräuliche hatten. Kombiniert mit seiner spitzen Nase, den Ratsecken und seiner dürren Erscheinung hatte Appius etwas frettchenhaftes in dem Moment an sich.


    „Da Du weder als tribunus hier anfangen wirst, noch als centurio weiß ich nicht, was Dir das Examen bringen soll. Aber immerhin zeigt das mehr Einsatz als die sonstigen Faulenzer, die hier auftauchen. Bist Du mit centurio Artorius verwandt, Artorius?“


    Appius konnte den primus pilus nicht ausstehen, nebst den über 50 anderen centuriones der legio. Auch die meisten anderen Offiziere, weder die von der Infanterie noch von der Reiterei. Auch den neuen tribunus- er kannte ihn zwar nicht, aber so war das nun mal bei ihm- mochte er jetzt schon nicht. Und auch den über 6000 Soldaten im Kastell brachte er nur Abneigung entgegen. Es gab eigentlich nur zwei Männer in der ganzen legio, die Appius respektierte. Zum einen der legatus- er war vom Kaiser geschickt und den Imperator verehrte Appius in höchstem Maße- und dann noch der praefectus, der schon zwei Mal den richtigen Ton bei ihm angeschlagen hatte. Aber der Letzte war noch auf Probezeit bei ihm.


    „Was hast Du vorher gemacht? Beruf oder Ähnliches?“