Falls Marcus etwas von dem plötzlichen Donnerschlag aufgefallen war, er ließ es sich nicht anmerken. Doch die, die Marcus kannten, hätten gewusst, daß er nichtsahnend war und auch nicht sonderlich auf subtile Regungen oder Mimiken achtete. Zumindest nicht hier im officium des Präfekten bei dessen Worten Marcus nickte. Da Corvinus schon hinter ihm herkam, erübrigte sich ein Hereinholen jenes duumvir. Sogleich schienen die Beide in ein Gespräch zu verfallen, beziehungsweise die ersten Worte wurden gesprochen. So war Marcus ja nicht mehr von Nöten, war er sowieso nie gewesen, schließlich hätte er auch einen einfachen Soldaten mit jener Aufgabe betreuen können. Aber es bot sich an und so hatte er kurzzeitig den Führer für den Aurelier gespielt. Doch jetzt riefen seine Mittagspause und sein Essen, er salutierte noch mal vor dem Präfekt, nickte Corvinus noch mal freundlich zu und verließ dann wieder das officium.
Beiträge von Marcus Flavius Aristides
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Was das Schulterklopfen zu bedeuten hatte, war Marcus nicht ganz klar. Einerseits legte der centurio großen Wert auf die Hierarchie, andererseits kamen dann doch solche jovialen Anzeichen bei ihm durch. Ob es eine Aufmunterung war? Waren die probati so grauenhaft? Als der centurio den Platz verlassen hatte, konnte sich Marcus noch mal der Musterung der probati widmen. Wie immer halt, jung, unerfahren, aber entschlossen allen Widrigkeiten Stand zu halten. Marcus marschierte auf und ab, fühlte sich dabei jedoch seltsam nackt. Irgendetwas fehlte, die Rüstung konnte es nicht sein, die ließ er öfters mal in der Mannschaftsunterkunft zurück. Da fiel es ihm wie die sprichwörtlichen Schuppen von den Augen. Es war sein Optiostab, herrje! Bei Mars zottigem Bart, ohne war die Ausbildung doch weniger würdevoll. Marcus seufzte und hob schließlich an zu sprechen.
„probati, wie es scheint habt ihr euch schon mit dem pilum vertraut machen können. Und scheinbar nicht sonderlich zur Zufriedenheit des centurio. Dem werden wir wohl oder übel abhelfen. Denn eines dürft ihr nicht vergessen und müsst es euch immer vor Augen führen. Für einen richtigen Legionär in den Legionen ist das pilum einer der wichtigsten Waffen, vielleicht sogar wichtiger als das gladius. Denn in einer Schlacht können der Ausgang und der Sieg von den zielgerichteten und disziplinierten pilasalven abhängig sein. Mit einem müden Haufen wie euch, die noch nicht mal eine anständige Distanz mit einem pilum hinbekommen, wird unser Legat mit Sicherheit nicht in die Schlacht ziehen oder in ein Gefecht. Also, jeder nehme sich zuerst ein pilum!“
Mit vor der Brust verschränkten Armen wartete Marcus ab, bis die probati bereit und bewaffnet waren. Erst dann setzte er seine Ansprache fort.
„Es kursieren in all den Einheiten immer wieder Gerüchte von verschiedenen Möglichkeiten der Doppelsalve herum. Manche Ausbilder werden euch vielleicht die Methode des Reihenwechselns erläutern. Eine Reihe wirft, tritt zurück und die nächste Reihe dahinter wird danach ihr pilum abwerfen. So machen wir das jedoch nicht! Beim gladius- und scutumkampf ist das durchaus eine Möglichkeit und ihr werdet das später im Formationstraining noch erfahren. Aber bei der Doppelsalve ist eine andere Herangehensweise viel effektiver. Die erste Reihe wirft, die zweite Reihe reicht ihr pilum nach vorne und wieder werfen die vordersten Männer. Warum machen wird das eigentlich? Kann es sich jemand denken und auch hier laut sagen?“
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Musternd sah Marcus zu den probati. Die Meisten von den Männern kannte er nicht oder nur vom Sehen, und somit auch eigentlich gar nicht. Denn Marcus hatte weder ein gutes Namens- noch ein gutes Gesichtsgedächtnis. So kam ihm Lucullus zwar bekannt vor, aber Marcus hatte keine Ahnung von wo. Irgendetwas mit Essen...Essen? Vielleicht auf der Lagerstube? Marcus dachte einen Moment darüber nach, doch dann rissen ihn die Worte aus seinen Gedanken. Doppelsalven üben? Herrje, als ob er nicht genug zu tun hätte. Aber das war eindeutig das Privileg des centurio, zu delegieren. Etwas von der Situation überrumpelt, nickte Marcus und schüttelte gleich darauf den Kopf.
„Nein, keine Fragen, centurio. Doppelsalven, ja wird gemacht.“
Es war auch für Marcus schon ein Weilchen her, daß er jene geübt hatte. Aber so was rostete nicht allzu schnell ein und selber ein pilum zu werfen, selbst zu Demonstrationszwecken, hatte er nicht vor. Marcus sah Avitus an, abwarten, ob er noch was anfügen wollte.
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Marcus gähnte verstohlen und lehnte sich auf seinen rechten Ellbogen. Das Aufstehen vor Morgengrauen war immer noch eine Mühsal für ihn. Und da er jetzt sogar noch vor den probati auf den Beinen sein mußte, bekam er noch weniger Schlaf in der Nacht. Von den Nachtwachen mal abgesehen. Was für ein Hundeleben doch die Soldaten hatten. Na ja, Hunde hatten eigentlich meistens ein besseres Leben, dachte sich Marcus und seufzte leise. In Gedanken ging er die Ausbildungen durch, die er in letzter Zeit übernommen hatten. Es wurden immer mehr, von Tag zu Tag und seine Zeit dafür wuchs jedoch nicht. Eigentlich war schon jetzt Zeit zum Delegieren. Aber er wäre ja schon froh, wenn die nächsten probati von Priscus übernommen werden könnten.
“Gut, das klingt vernünftig. Dann bekommst Du den nächsten Schwung junger probati zugeteilt und wenn ich mit meinen jetzigen fertig bin, kann ich wieder die anderen Neuen übernehmen.“
Musternd sah Marcus noch den Brei seines Gegenüber an. Eine Frage stellte sich Marcus schon seit langer Zeit und eigentlich wollte er sie mal beantwortet finden.
„Sag mal, von optio zu optio und Römer zu Römer. Glaubst Du auch, die legio prima ist besser als jede andere legio?“
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Langsam, aber sicher verschmälerten sich Marcus Augen. Die Worte zu Marcus Einschätzungsfähigkeiten trafen nicht auf fruchtbaren Boden. Marcus war kein Mann, der sonderlich kritikfähig war. Im Gegenteil, er konnte bei manchen Gelegenheiten dort recht empfindlich reagieren. Was er verkraftete war, wenn die Kritik in wohlklingende und eine äußerst geschickte Verpackung verborgen lag. Dort bekam er es nicht mit. Aber hier von einem probatus und vor den Ohren so mancher anderer probati war er doch entschieden reizbarer. Doch in dem Moment sagte Marcus nichts. Er betrachtete nur stumm die Würfe von Sollianus. Er legte den Kopf leicht zur Seite und nickte hin und wieder mal. Ein Speer war geworfen. Für einen Urbaner fand er das Ergebnis ziemlich gut. Marcus bezweifelte, dass viele das so gut beim ersten Wurf hinbekommen würden.
Aber die Legionäre waren hauptsächlich auf die Gruppenkämpfe trainiert und da waren pilasalven in Massen alleine schon eine gefährliche Sache, selbst wenn nicht alle präzise geworfen wurden. Marcus war selber nicht so großartig im Werfen von dem Wurfspeeren. Zwar schon sehr viel besser als noch vor einiger Zeit, aber das gladius lag ihm mehr. Der zweite Wurf, nicht schlecht, nicht schlecht! Marcus nickte zufrieden. Daß der Dritte etwas weiter ging, machte ihm da überhaupt nicht mehr. Marcus hatte genug gesehen.
„Das sieht gut aus, Germanicus. Summa summarum bin ich recht zufrieden mit dem Stand Deiner Ausbildung. Dennoch sehe ich ein wenig Nachholbedarf, was Deine Ausbildung von der Cohortes angeht. Gruppenformationen, Schlachtlinien und pilasalven werden wir jedoch sicherheitshalber mit Dir üben. Aber über den Stand eines normalen und blutjungen probatus bist Du sicherlich. Kannst Du Reiten und Schwimmen? Schon einen Übungsmarsch gemacht?“
Marcus trat an Sollianus heran und sah ihn dann ernst an. Leise, mit Eiseskälte und einer gewissen Autorität in der Stimme gab er die nächsten Worte von sich.
„Und im Übrigen, wage es nicht noch mal, mich hier auf dem Platz in Frage zu stellen. Sobald Du mich aufgeholt hast und mit dem Rang über mir stehst, kannst Du das machen. In einer Taberna außerhalb des Kastells auch. Aber nie und niemals hier auf dem Platz. Hast Du mich verstanden?“
Marcus war zwar oftmals eher ein gutmütiger und freundlicher Mensch, doch im Dienst zog er durchaus seine Grenzen und die hatte Sollianus erreicht gehabt.
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Original von Lucius Germanicus Maximianus
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Nach einer kurzen Zeit der gegenseitigen Blicke welche wie eine Ewigkeit schien brach ich den Bann und inizierte ein Gespräch mit Aristides:"Salve. Mein Name ist Germanicus Maximianus. Natürlich, dort auf dem Tisch steht ein Krug mit Essigwasser. Mehr können wir dir leider nicht anbieten, schließlich sind wir im Dienst."
........."Salve, Germanicus. Ich bin Optio Flavius Aristides! Ja, Essigwasser wäre hervorragend. Danke!"
Bei der Hitze an jenem Tag wäre Marcus selbst das Tiberwasser recht. Und man wußte doch, wie schwer die Drecksbrühe von dem römischen Gewässer im Magen lag. So nickte Marcus jedoch dankbar und holte sich von jenem besagten Tisch einen Becher mit dem doch erstaunlich erfrischenden Getränk. Er trank einen tiefen Schluck und noch einen. Wein wäre ihm zwar lieber, aber man mußte während des Dienstes immer in den, und hier war es nicht nur sprichwörtlich, sauren Apfel beißen, selbst wenn er nur in Form von Weinessig bestand. Marcus musterte eine Weile den Strom der Besucher, die ständigen Anfragen und die Bittsteller. Was für ein Andrang. Da konnte man ja froh sein, daß beim Kastell solche Zustände nicht herrschten. Marcus würde da schnell der Kragen platzen. Nachdenklich musterte er dann wieder die Soldaten. Der Kaiser hatte ihm ja in Aussicht gestellt, in die Garde einzutreten. Aber seitdem er das von seiner Tochter und dem Prätorianerpräfekten wußte, war das nicht mehr denkbar. Aber es war schon gut, wie wenig Marcus tatsächlich über das ganze romantische Geplänkel der Beiden wußte. Trotzdem kam er nicht umhin, die ein oder andere neugierige Frage zu stellen. So wandte er sich an Germanicus Maximianus, als dieser wieder einen ruhigeren Moment hatte.
„Sag, Kamerad, bist Du schon lange bei den Prätorianern? Wie ist der Dienst so bei Euch?“
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Original von Marcus Aurelius Corvinus
..."Äh, ja", kam es daher auch kurzzeitig verwirrt aus meinem Mund.
"Ja, ich komme aus Mantua. Ich bin seit rund anderthalb Jahren wieder zurück aus Griechenland. Mein Vater legt wert auf eine gute Allgemeinbildung, deswegen verbrachte ich einige Zeit dort mit dem Studieren von Philosophie, Rhetorik und dergleichen. Und du, .............? Ich gestehe, dass ich deinen Namen vergessen haben muss", gestand ich, obwohl wir schließlich beide wussten, dass er ihn nicht genannt hatte.
.....Etwas ungeduldig hatte Marcus vor der Tür des Präfekten gewartet. Daß er seinen scriba abgeschafft hätte, wußte Marcus natürlich nicht. Es wäre ihm nie in den Sinn gekommen, daß jemand so etwas tun würde. Schließlich wäre für Marcus das eine Notwendigkeit, wenn er einen solchen Posten inne hätte. Marcus würde kein einziges Schriftstück selber aufsetzen oder abschreiben, zumal es für die Nachwelt sicherlich auch besser wäre, wenn er es nicht täte. Wer würde später noch seine, die von Marcus eigene Hand verfasste, Schrift entziffern können? Marcus wandte sich wieder Corvinus zu und nickte im gönnerhaft zu. Als Zeichen, daß es Marcus nichts ausmachte, daß der Patrizier seinen Namen vergessen hatte. Denn die Nicht-Nennung des eigenen nomen hatte Marcus in der Tat vergessen. Und solche Subtilitäten waren einfach zu feinsinnig oder verborgen für Marcus. Er nahm jedes Wort für bare Münze. In dem Moment ertönte die Worte aus dem Inneren des officium.
„Das macht doch nichts. Mein Name ist Flavius Aristides! Wie ich höre, ist der Präfekt in seinem officium! Folge mir doch bitte!“
Marcus öffnete die Tür und trat in das Officium herein. Stumm musterte er die vielen Schriftrollen auf dem Schreibtisch, die Berge von Wachstafeln und bekam dabei ein eisiges Schaudern am Rücken. Der Anblick verwirrte Marcus nur kurzzeitig und er besann sich schnell wieder auf seine Aufgabe. So salutierte er und grüßte den Präfekten passend.
“Salve, Präfekt. Der duumvir Aurelius Corvinus wünscht Dich in der Angelegenheit des Amphitheaters zu sprechen!“
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Antanzen wäre wohl übertrieben gewesen. Ob Flavius Aristides überhaupt das Talent für solche künstlerische Begabungen hatte, soll mal dahin gestellt bleiben. Vielleicht hatte er ein Faible dafür, aber die Pantomime oder sonstige Bühnenauftritte gehörten nicht dazu. So marschierte er grummeliger Laune auf den Platz und folgte Valens einige Schritte dahinter. Ob einer seiner probati desaströs versagt hat? Oder hatte Marcus gar was falsch gemacht? Marcus wußte es nicht. Aber da er mit leeren Magen immer unleidig war, machte er sich keine Sorgen, sondern verfluchte den Centurio, der ihn bei seiner Pause gestört hatte. Wobei Marcus gerne mehrere Pausen am Tag nahm und jede Gelegenheit nutzte, der Pflicht zu entkommen. Bei Avitus angekommen, salutierte Marcus brav.
„Centurio?“
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An der Wand der Unterkunft gelehnt, ließ sich Marcus die Sonnenstrahlen ins Gesicht scheinen. Was für ein herrlicher Mittag. Die Ausbildungen waren vorbei, die probati auf Wachgang und er hatte eine Stunde lang eine kleine Pause. Sein Magen grummelte zwar, aber trotzdem genoß er einfach nur die warme Sonne. Die Schritte hörte er nicht und erst als er angesprochen wurde, schreckte er auf. Blinzelnd öffnete er die Augen und sah zu Valens. Scharf nachgedacht, erst dann fiel Marcus ein, wer das noch war. Der stete Schatten seines Centurios. Seufzend richtete er sich auf. Arbeit wartete auf ihn. Mit einem Nickten stieß sich Marcus von der Wand ab und zog seine Tunika zu Recht. Seine Rüstung trug er heute nicht, eigentlich nur Teile davon. Aber im Lager war es auch nicht notwendig.
„Gut, danke!“
So folgte Marcus dem Soldaten.
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„Ha, dumme Bauernburschen seid ihr wohl auch nicht. Na, dann müssen wir euch wohl doch nicht noch zu den Hilfslegionen abschieben. Ganz genau so ist es. Und heute und hier werdet ihr alle ein wenig mehr über das pilum lernen, der Speer zum Werfen. Denn wenn ihr eines Tages in der Schlacht stehen werdet, ich bin sicher, daß dies noch kommen wird, dann werdet ihr dankbar für diese unscheinbare, schwere und manchmal lästige Waffe sein.“
Mutius Balbus hielt seine Arme hinter dem Rücken verschränkt und sah jeden probatus mit verkniffener und ernster Miene an. Irgendwie schien er nicht ganz überzeugt zu sein, daß die jungen Männer vor ihm eines Tages wirklich in einer Schlacht bestehen konnten. Aber das brachte wohl das Alter mit sich und in seinen Augen wurden die probati von Jahr zu Jahr jünger und waren fast noch Kinder, wenn sie zu der Legion kamen. Er griff nach einem Speer, der auf einem Haufen lag und hob ihn demonstrativ in die Höhe.
“Das ist ein pilum! Seht es euch gut an. Denn diese Waffe werdet ihr auf Märschen und in den Krieg mit euch führen. Sie wird euer Wanderstock sein und eure liebste Waffe irgendwann. Denn sie hat einfach einen unschlagbaren Vorteil. Sie kann einen Feind schon töten, wenn er noch viele, viele Schritte von euch entfernt ist und euch somit keinen Schaden an Leib und Leben zuführen können. Diese unscheinbare Waffe hat es wahrlich in sich. Sie kann Holzschilde durchdringen, aber auch Rüstungen und sogar die meisten Helme. Jaa, eine ganz feeeine Waffe...“
Balbus lächelte die Waffe liebevoll an. Oh er kannte einige Kämpfe, wo er froh war, das pilum bei sich geführt zu haben. Wie viel Germanen er damit aufgespießt hatte? Ja, auf seinem alten Schaft hatte er die Ritzen und Kerben manchmal des Abends gezählt und mit Stolz bewundert. Jeder tote Germane war für ihn ein Garant für den Frieden in Rom. Sein rechter Mundwinkel zuckte zufrieden. Er riß sich vom Anblick der Waffe los und sah mit wieder grimmigen Gesichtsausdruck auf die probati. Dann drehte er sich um und deutete auf eine Holzwand, die am Ende des Platzes, ungefähr 15 Schritt entfernt, aufgestellt war. Zahlreiche Löcher darin verrieten schon ihren Gebrauch. Er streckte das pilum aus.
„Ahala, vortreten! Nimm den Speer und werfe ihn von hier aus gegen die Wand. Vorwärts!“
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Stille! Marcus verharrte hinter eine Säule und lauschte in die Dunkelheit hinein. War da nicht das Geräusch einer Tür gewesen? Und wieder, aber dieses Mal kam das leise Klicken von einer anderen Seite, mehr aus der Richtung des Haupteinganges. Marcus spähte in die Richtung. Wahrscheinlich waren es die ausgeschickten Soldaten. Mit einer Hand am Gladius, was er blitzschnell ziehen konnte- um seine Waffen kümmerte sich Marcus durchaus- schlich er langsam weiter. Dabei entging ihm die wohnliche Situation eines Tribuns ganz und gar nicht. Wie nett! Lohnte es sich doch glatt, zu dem Posten hochzustreben. Marcus musste kurz grinsen, aber der Ernst der Situation- die Eindringlinge- verlöschten das sofort wieder. Langsam hatten sich seine Augen an die Dunkelheit gewöhnt und er nahm die nächtlichen Konturen sehr viel besser wahr. Da war schon der Gang, in denen er die Gestalten hatten verschwinden sehen. Marcus schlich an die Wand heran und drückte seinen Rücken dagegen. Dann spähte er in den dunklen Gang hinein. Irgendetwas in seinen Augenwinkeln ließ ihn herumfahren. Sein gladius zischte durch die Luft und verharrte dicht vor dem Gesicht eines erschrocken drein blickenden jungen Mannes. Er trug eine Sklaventunika und einen einfachen Krug in der Hand.
Mit Todesangst in den Augen starrte der junge Mann Marcus an, dicht die gladiusspitze vor sich wissend. Marcus erwiderte einen Moment dies grimmig, dann ließ er die Schwertspitze herunter sinken. Erleichtert atmete der junge Sklave auf. Einen Finger an seine Lippen legend, deutete Marcus mit seinem Kinn auf den Flur. Der Sklave sah ihn stumm an und nickte langsam. Erneut warf Marcus einen prüfenden Blick in den Gang. Doch niemand schien dort zu lauern. Langsam bewegte sich Marcus in den Gang hinein. Der Sklave folgte ihm mit dem Krug in der Hand und sah nicht minder misstrauisch, aber auch verwundert in die Dunkelheit hinein. Schritt für Schritt tauchte Marcus tiefer in die Schwärze hinein und blieb immer mal wieder stehen. Da war schon die erste Tür. Marcus nickte dem Sklaven zu und deutete auf die Tür. „Öffne sie!“ deuteten dabei Marcus Lippen lautlos. Dabei trat Marcus an die Wand heran neben der Tür und hielt sein gladius bereit. Mit dem Rücken zur Wand wartete Marcus bis der Sklave den Türgriff in der Hand hielt und fragend zu Marcus rüber spähte. Marcus nickte und der Sklave riß die Tür auf...
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Es schien doch erst ein Tag zu sein wie jeder Anderer. Trübes Wetter mit ein paar Sonnenstrahlen, die übliche Einöde während der Wache, dieselben Witze, die die Wachleute rissen, und natürlich das heimliche Würfeln. Es hatte langsam wieder am Tor begonnen und der Würfelvorfall war schon fast vergessen. Jedoch fast nur. Denn immer wenn der Soldat von dem Vorfall Wache hielt, waren alle noch ein wenig gehemmt in seiner Gegenwart zu würfeln. Schließlich wäre er fast an einem Würfel gestorben, schon erbärmlich für einen Soldaten. Als dann die vielen Soldaten sich dem Tor des Kastells näherten, sprangen die Wachsoldaten oben auf dem Turm von ihren Stühlen auf und riefen eine Warnung an ihre Kameraden unten. Die richteten sich schnell auf und sahen etwas mißtrauisch auf die herankommenden Reiter zu. Als sich der Tribun vorstellte, trat einer der Soldaten nach vorne. Er salutierte vor ihm.
„Salve, Tribun. Natürlich, wenn Du mir folgst?“
Der Soldat wandte sich um und winkte einem anderen miles mitzukommen. Die beiden Soldaten geleiteten Seneca in das Kastell hinein und in Richtung der Verwaltungsgebäude.
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Ein kurzer Marsch durch das Kastell, an einigen patrouillierenden Soldaten vorbei, an einer fabrica, wo ein Schmied gerade einige Rüstungen reparierte, und dann waren sie schon über die via praetoria zur principia gekommen. Schnellen Schrittes, die Begrüßung des Tribuns erweckte eilige Geschäfte, brachte sie den Tribun zum Vorzimmer des Legaten. Der Soldat salutierte.
“tribunus Iulius Seneca wünscht den Legaten zu sprechen!“
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Die ganze Sache mit dem magistratus war Marcus eigentlich völlig egal. Abgesehen davon, daß er durchaus eine tiefe Loyalität zu seinem Legaten inzwischen empfand. Schließlich war er schon in Germania sein Legat gewesen und hatte Marcus ebenso auserkoren gehabt, für die legio prima. Und da er sich nur peripher betroffen fühlte, hegte er auch keinen Groll in sich. So lachte er leise- dunkel, warm und mit seiner doch eher unbeschwerten Art- und nickte zustimmend.
„Ja, da magst Du durchaus Recht haben, duumvir. Aber da der Legat unser Befehlshaber und Anführer ist, verstehst Du sicherlich, daß unsere Verpflichtung und Unterstützung jenem Mann gilt, der über Leben und Tod eines Jeden von uns entscheiden kann. Also wollte ich Dich nur vorwarnen, daß die Verwaltung von Mantua hier nicht mehr so angesehen ist. Aber tritt ein, duumvir. Ich führ Dich zum Präfekten.“
Mit einem freundlicheren Gesichtsausdruck- ja, Marcus war durch einige wohlgesetzte Worte durchaus zu beeindrucken- nickte er Corvinus zu und drehte sich schließlich zum Tor um. Er konnte ja nicht ahnen, daß er doch einen Grund hätte, jenem Aurelier zu grollen- seine Tochter. Unwissend, ahnungslos und blauäugig- obwohl er doch braune Augen hatte- wandte sich Marcus an den Soldaten am Tor.
„Catulus, los, lauf deinem Kameraden nach. Er soll nicht den Legaten benachrichtigen. Aber flott!“
Der Soldat salutierte schnell und verschwand im Inneren des Kastells. Zufrieden richtete Marcus wieder seine Aufmerksamkeit auf Aurelius Corvinus bis er bereit schien. Dann marschierte auch Marcus auf das Tor des Kastells zu und mitten in die Höhle des Löwen - für einen magistratus aus Mantua wahrscheinlich.
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Die via praetoria entlang laufend führte Marcus den Besucher aus Mantua höchstpersönlich durch das Lager. Anfangs recht schweigend, doch immer mal wieder musterte Marcus den Aurelier. Bei jedem dritten Schritt- es schien eine recht seltsame Marotte zu sein- tippte sich Marcus wieder mit seinem Lieblingsspielzeug gegen seine Rüstung. Klock, klock! Die Schritte seiner genagelten Stiefel untermalten das noch und das leise Klappern seiner lorica segmantata machte dies schon zu einer kleinen Musikkomposition, was jedoch mit jeden Ton die Wörter Gewalt und Krieg vermittelte. Zielstrebig ging Marcus mit dem Besucher auf die Gebäudekomplexe in der Mitte des Lagers zu, das Herz der Legion- Sitz des Präfekten und Legaten. Und wieder stromerten Gedanken in Marcus Geist herum. Das passierte schließlich seit er in der Legion war immer öfters. Es war schon komisch, daß zwei Patrizier in so seltsamen Positionen nebeneinander herliefen und beide sich nie zuvor begegnet sind. Aber Marcus grübelte einen Moment, konnte sich jedoch weder an den Namen, noch an das Gesicht des Mannes neben ihm erinnern.
„Kommst Du aus Mantua, Aurelius?“
Eine einfache Frage, doch zeugte sie eigentlich nur von Marcus Verwirrung, daß er den Aurelier nicht einzuordnen wußte in sein Weltbild, sein Gesellschaftsgefüge und seinen sonstigen Gedanken. Daß er sich selber noch nicht vorgestellt hatte, war ihm völlig entgangen. Er hatte es schlichtweg vergessen. Nicht aus Böswilligkeit, sondern weil es die Situation nicht erfordert hatte und somit das Ganze für ihn unter den Tisch gefallen war. Als er die Frage stellte, betrat Marcus gerade den Gang der principia und kam zum officium des Präfekten. Ein scriba? Nein, keiner in Sicht. Marcus sah sich einen Moment suchend um. Dann ging er zur Tür und klopfte schlicht.
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Jetzt war der Napf tatsächlich doch noch leer geworden. Aber trotzdem würde Marcus heute Abend noch einen kleinen Ausflug in die Stadt machen, um ein bisschen was vernünftiges in den Magen zu bekommen. Ein wenig Ente, ein guter Wein...ein hübsche Frau, so konnte man wieder leben. Auch als Soldat musste man ab und an dem Genuß frönen. Marcus schob den leeren Napf zur Seite und verschränkte die Hände auf dem Holztisch.
„Ja, wäre nicht schlecht, wenn Du ein Wörtchen mit Appius wechselst, Optio! Meine Anweisungen würde er mit Sicherheit sabotieren. Und zur Ausbildung, also, wie ist es Dir lieber? Wechseln wir uns bei einem Probatus ab, damit er in den Genuß von zwei Ausbildungsstilen kommt oder dann lieber doch einfach ein Probatus an Dich, einer an mich? Mir ist es ziemlich egal, wie wir es machen.“
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Hm...also das mit zivilen Personen, ja, das sehe ich ähnlich. Aber mir geht es eigentlich nicht auf, warum ein Magistrat oder ein Duumvir in dieser Hinsicht flexibler als ein Soldat sein soll. Vielleicht ein klein wenig, aber eigentlich sollte er auch in "seiner" Stadt bleiben.
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...denn als Aussenstehender kann man schwer die Zeitlinien anderer Charaktere sehen. Nemen wir zum Beispiel meine Wenigkeit. Kurz nach unserer Ankunft in Italia haben wir alle ziemlich fleißig in Roma und in Mantua gepostet. Synchron teilweise. SimOn ist das jedoch durchaus zu begründen. Wir waren einige Tage im Kastell und hatten dann Urlaub. Ich versuche das zeitlich auch unter einen Hut zu bekommen und auch im Spiel einfließen zu lassen. Nicht immer ist das möglich. Für einen Außenstehenden sieht es jedoch vielleicht so aus, dass ich gerne an vielen Stellen gleichzeitig poste, aber eigentlich hat es im Spiel durchaus eine zeitliche Begründung und Logik in sich.
Oder jetzt muss ich beruflich, als Leibwächter, wieder in Roma posten. Aber ich kann dafür nicht die Ausbildung in Mantua sein lassen, damit ich nicht doppelt poste. Das wäre arg unfair gegenüber den anderen Spielern. Und trotzdem versuche ich da auch ein wenig das Bild abzurunden, in dem ich dann mal einen NPC Ausbilder dort simme. Aber wie gesagt, Zeitlinien überschneiden sich manchmal.
So scheint es mir auch bei Makro zu sein. Mir ist es auch lange komisch vorgekommen, dass er in Rom gepostet hat, aber nicht in der Legio. Aber ich wußte nicht, daß er es noch vor der Grundausbildung angefangen hat. So sollte man vielleicht durchaus vorsichtig sein mit schnellem Aburteilen.
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Sim-Off: kp...macht mir ja weniger "Arbeit"
Nur mit Mühe und Not konnte Marcus ein breites Grinsen unterdrücken als er den probatus auf den Pfahl einschlagen sah. Wenn das ein Germane gewesen wäre, ein Straßenräuber oder ein gemeiner Mörder, er hätte nicht wirklich zu lachen bei der Verbissenheit, die dieser Mann mit dem Schwert ans Tage legte. Da sich Marcus unbeobachtet wähnte, kratzte er sich grübelnd am Nacken und sah Sollianus zu. Was er sah, war nicht schlecht. Sogar ziemlich gut. Aber...hm, ganz überzeugt war Marcus dann doch wieder nicht. Wenn er auch die Fähigkeiten von Sollianus weit über einem Probatus einschätzte. Noch eine Weile ließ er Sollianus mit dem Holzpfahl kämpfen und beobachtete wie einige Holzspäne fielen. Ja, ja, wo gehobelt wurde...da...da..., Marcus überlegte,...kein Preis? Das war zu viel verlangt, gleichzeitig Ausbildung und dann noch Sprichwörter aufzählen!
„Genug! Gut, gut, Germanicus. Das ist in der Tat nicht schlecht. Für einen miles ausreichend. Aber an der Grundtechnik kannst Du durchaus noch feilen. Sie wird im Eifer des Gefechtes ein wenig schludrig, finde ich. Aber dazu kommen wir dann später! Du hast auch pilumwerfen gelernt? Auch in der Formation und mit dem Salvenwurf? Oder nur alleine?“
Marcus drehte sich um und sah sich suchend nach dem kleinen Troßjungen um, den er immer mal wieder mit kleinen Aufgaben betraute. Der Bengel war von irgendeinem der Soldaten der kleine Bastardsohn und schon seit einiger Zeit als Hilfe für die Soldaten rekrutiert worden. Der Troßjunge kam schließlich schnell heran gelaufen.
„Lucius, hol drei pila! Zwei Schwere und ein Leichtes. Aber flott, Junge!”
Gesagt, getan. Kurze Zeit später hatte der Junge die Übungswurfspeere gebracht und legte sie schwer atmend neben Marcus und Sollianus. Marcus sah zu den Waffen und nickte zufrieden. Einen Blick schenkte er noch den anderen Probati, doch die übten immer noch fleißig weiter. Mit dem Kinn deutete er auf die Waffen.
„Gut, zeig mir mal, wie Du es gelernt hast mit dem pilum umzugehen. Und bitte, durchbohre heute keinen der probati. Das bringt nur unnötigen Papierkram mit sich. Und ich hasse Papierkram! Vorwärts und fang ruhig an.“
Marcus trat wieder ein paar Schritte zurück. Wenn er sich vorher einen Scherz erlaubte hatte, ließ er sich es nicht anmerken. Und zum Teil stimmte es ja auch. Er haßte es, Berichte zu schreiben und Dokumente auszufüllen. Dafür sollten eigentlich nur scribae tätig sein und nicht ein Soldat.
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Schlag um Schlag, Angriff um Angriff! Balbus, der Ausbilder, ließ die beiden Männer in ihrer Vorführung, ohne ein Kommentar zu sagen, gewähren. Die Schläge auf das Holz oder zu Anfangs auf ein gladius übertonten seine leisen grummeligen Töne. Er kratzte sich zwischenzeitlich am etwas schlecht rasierten Kinn und nickte hin und wieder. Manchmal zog er die Augenbrauen zusammen, doch es war schwer zu erkennen, ob es ein Zeichen der Unmut oder des Mißfallens war. Doch dann trat er auf die beiden Männer zu und drängte sie mit einigen ruppig gesprochenen Worten zurück.
„Auseinander, das reicht! Jaaa...Jaaa...doch, das sieht doch schon mal nicht schlecht aus. Wie es scheint, habe ich doch nicht nur die faulste und nutzloseste probatibande der gesamten legio prima. Aber bildet Euch ja nichts drauf ein.“
Balbus sah finster von Ahala zu Nepos, nur an seinem Mundwinkel zuckte es ganz kurz. Hätte er beinahe gelächelt? Es sah fast so aus.
„Also gut, dann übt mal weiter. Und jetzt in schön langsamer Schlagfolge wieder. Angriff, Verteidigung, Angriff...und so weiter! Ihr kennt das ja und es wird euch in einigen Tagen zum Hals raushängen. Aber erst wenn ihr die Schlagfolge im Schlaf beherrschen könntet, erst dann habt ihr eine bessere Aussicht aufs Überleben im Gefecht. Also, dann voran! Ich will die gladii auf die scuta schlagen hören.“
So ging es mit dem Schwertkampf weiter. Der Tag verging, der Nächste darauf und dann noch Einer. Tag ein, Tag aus wurde geübt. Immer wieder mussten die probati viele Schlagkombinationen durchgehen, am Pfahl und dann wieder im Zweikampf gegeneinander. Zwischendrin scheuchte sie optio Mutius Balbus über den Exerzierplatz, um ihre Ausdauer zu trainieren. Dabei ließ er ihnen wenig Pausen oder Gelegenheiten, wo sie hätten frieren können. Lange Rede, kurzer Sinn, die Zeit verstrich! Und so war es dann ein gutes Stück später im Herbst. Die Sonne schien, es war nicht allzu kalt (wie es in Germania gewesen wäre) und wieder wurden die probati früh auf den Exzerzierplatz getrieben. Schon einige Wochen waren vergangen und immer noch stand Mutius Balbus, statt ihres ersten Ausbilders, auf dem Platz als sie eintrafen. Ein Haufen von Speeren lag hinter dem Ausbilder aufeinander geschichtet. Als alle probati da war, rührte sich Balbus aus seiner leicht abwesend wirkenden Starre. Im Herbst und Winter wurde er immer grummeliger und griesgrämiger, was auf seine alte Wunde am Bein herrührte. Sie schmerzte da besonders höllisch. Und so sah er auch recht finster aus als er auf die Waffen deutete.
„Wie ihr seht, hat heute eure armatura an dem gladius und scutum vorerst ein Ende. Wir kommen nun zum Kampf mit dem pilum. Doch bevor wir anfangen. Wer kann mir den Unterschied zwischen einem bei uns gebräuchlichen pilum und einer hasta erklären?“